Beteiligung war über Erwarten groß, sämtliche verfügbaren Wagen wurden verwendet, manche Passagiere konnten trotzdem keinen Sitzplatz bekommen und mußten stehen. In Nagold vergnügte man sich in verschiedenen Wirtschaftslokalen in ungezwungener Weise und nur zu bald verstrichen die wenigen geselligen Stunden. Um 7 Uhr 20 abends führte das Dampfroß die meisten Ausflügler wieder der Heimat zu, welche über den Ausflug und die angenehme Fahrt wohlbefriedigt waren. — Am Erscheinungsfest gedenkt das Museum Nagold in Altensteig einen freundnachbarlichen Besuch zu machen. — In den letzten Tagen des alten Jahres gingen so starke Regengüsse nieder, daß die Nagold am Morgen des Neujahrsfestes an mehreren Stellen über ihre Ufer trat. Auch von verschiedenen anderen Gegenden liest man jetzt Berichte über vorgekommene Ueberschwemmungen, namentlich haben der Neckar, die Rems, die Murg wieder schlimm gehaust. Seit Freitag früh hat der Regen nachgelassen und die Wasserfluten haben sich rasch vermindert. — Am gestrigen Sonntag abend hielten der Liederkranz undKrtegerverein im Gasthof zur »Linde" die Weihnachtsfeier. Wie gewohnt, war die Beteiligung wieder eine sehr zahlreiche und die Unterhaltung eine gehobene, gewürzt durch die trefflichen mit vielem Beifall aufgenommenen Gesänge des Liederkranzes. Die Feier verlief in schönster Harmonie.
* (Eingesendet.) Der Jahreswechsel erinnert an eine in das Geschäftsleben tief einscheidende Mahnung. Die Bedürfnisse für die Winter- saison sind gedeckt, der Weihnachtstisch ist geschmückt und eitel Freude in den Häusern eingekehrt. Der Geschäftsgang wird bald ein etwas ruhigeres Gepräge annehmen und ermöglicht es den Handwerkern, auch den Jahresabschluß in ihren Büchern zu machen. Rechnungen werden ausgefertigt. Gegenrechnungen laufen ein. Gewiß dürfte daher die Aufforderung, die erhaltenen Rechnungen sofort, d. h. sobald als möglich zu bezahlen, eine zeitgemäße und berechtigte sein. Wiederholt schon haben wir auf die nachteiligen Wirkungen des langen Kreditgebens und Kreditnehmens hingewiesen. Freilich ist es nicht möglich, diesen Uebelstand vollständig abzuschaffen, allein zur Regelung desselben sollten sich Handwerker, Kaufleute und Konsumenten in geeigneter Weise die Hand reichen. Die langen Zahlungsfristen, welche ein Teil der größeren Geschäfte ihren Kunden gewährt, üben indirekt auch einen nicht zu leugnenden schädlichen Einfluß auf die mittleren und kleineren Geschäftsleute aus. An diese werden seitens der Käufer die gleichen Bedingungen gestellt, trotzdem dieselben begreiflicherweise mit bedeutend geringeren Mitteln arbeiten und so auf eine möglichst rasche Einziehung ihrer Ausstände angewiesen sind. Und gerade in der gegenwärtigen Zeit ist es doppelt wünschenswert, dem Mittelstand — Handwerkern und Kaufleuten — entgegenzukommen. Nicht nur
die allgemeine Verteuerung der Lebensmittel und der gesamten Lebenshaltung, nein, auch die Rücksichten auf die geschäftlichen Auslagen derselben — seien es Ausgaben für Lohn und Material oder für bezogene Waren — machen den Konsumenten die Regelung ihrer Verbindlichkeiten zur Pflicht. Zu bedauern ist es, wenn nicht momentane Zahlungsunfähigkeit, sondern Bequemlichkeit und Nachlässigkeit die letzteren veranlaßt, die Kleinmeister auf spätere Zeiten zu vertrösten. Freilich liegt auch manchmal ein Teil der Schuld auf Seiten der Gewerbetreibenden selbst. Die einen sind nicht an eine genaue Buchführung gewöhnt und lassen vielleicht aus falscher Scheu oder überflüssigen Rücksichten Wochen und Monate verstreichen, ehe sie zur Feststellung ihres Guthabens kommen, von anderen ist trotz wiederholter Aufforderung eine Rechnung nicht oder einfach nur schwer zu bekommen. Es sollten daher beide Teile, Lieferant und Konsument, darauf bedacht sein, durch wechselseitiges Entgegenkommen die Verpflichtungen vom alten Jahre rasch zu begleichen, dann allein ist es möglich, das neue Jahr auf solider Grundlage frisch und froh zu beginnen.
* Nagold, 31. Dezbr. Nach einer Bekanntmachung des hiesigen K. Oberamts vom gestrigen Tage wird seit dem 26. ds. der 30 Jahre alte Gerichtsschreiber Karl Bäder von hier vermißt. Derselbe hat am erwähnten Tage von Pfrondorf aus eine Reise nach Reutlingen behufs ärztlicher Konsultation angetreten und ist seither nicht wieder zu seinen Angehörigen zurückgekehrt. Es liegt die Vermutung nahe, daß dem Vermißten irgend ein Unglück zugestoßen ist. Unter Bekanntgabe des Signalements werden sachdienliche Mitteilungen an eingangs erwähnte Behörde erbeten.
* Freud enstadt, 31. Dez. Die letzten Tage u. Nächte brachten bei heftigen Stürmen gewaltige Regengüsse. Die hiesige meteorologische Station verzeichnete heute früh einen Niederschlag von 58 mm. Infolgedessen ist der For- bach sehr stark und reißend geworden und hat in Friedrichsthal an den erst Heuer nach den Zerstörungen vom 24. November 1890 wiederhergestellten Uferbauten ziemlichen Schaden an- gertchtet. Der Schaden trifft das Königliche Hüttenwerk.
* Stuttgart, 31. Dez. Der Neckar hat Hochwasser. Der Festplatz bei Cannstatt ist teilweise überschwemmt. Die Verbindung zwischen Berg und Cannstatt ist unterbrochen.
* Stuttgart, 30. Dez. In einer leyt- willigen Verfügung traf der verewigte König Karl die Anordnung, daß sein Nachlaß an Leibweißzeug, an Zivilkleidern und an Uniformen, also die gesamte Garderobe, in das Eigentum desjenigen Teils seiner Dienerschaft übergehe, welcher am meisten um die Person des Königs beschäftigt war: Kammerdiener, Lakaien u. s. w. Man kann hierin einen charakteristischen Zug erkennen, welcher der Herzensgute des verewigten Monarchen in vollem Maße entspricht. Es be
darf wohl kaum der Bemerkung, daß es sich um einen sehr erheblichen Wert handelt, der diesen königlichen Dienern testamentarisch zugewendet wurde.
* Stuttgart, 1. Jan. Dem Vernehmen nach wird unser Königspaar sich außer nach Berlin und München auch nach England begeben, zur Teilnahme an der Hochzeit des Herzogs von Clarence mit der Prinzessin v. Teck, deren Familie zu unserem Königshause in den engsten Beziehungen steht. Die Berliner Reise soll noch vor dem Geburtstage des Kaisers erfolgen.
* (Die württemb. Rechtspflege im Jahr 1890.) Aus dem Bericht des Justizministers an den König über die württemb. Rechtspflege im Jahr 1890 geht hervor, daß in genanntem Zeitraum sich die Kosten für dieselbe auf 4042 397 Mk. beliefen. Die Soll- Einnahmen der Justizbehörden an Sporteln, Gerichtskosten. Geldstrafen rc. beliefen sich auf 8 036 060 Mk., von denen aber einige 100 000 Mk. uneinbringlich waren. 1890 wurden im Ganzen 5 Todesurteile gefällt, die aber sämtlich vom ff König in lebenslängliche Zuchthausstrafen verwandelt wurden. Was die freiwillige Gerichtsbarkeit anbelangt, so fielen 1890 bei derselben 46291 Inventuren und Teilungen an. Die Ausgaben des Staates für unsere Notariatsinstitute, abgesehen von den Pensionen und Gratialien der Notare, beliefen sich an Besoldungen, Wohnungsgeldzuschüssen ec. auf 571633 Mark. Die Notariats- von Notaren angesetzten Sporteln auf 852 928 Mark. Konkursverfahren wurden 1890 595 anhängig gemacht, gegen 571 im Vorjahre und 628 im Jahr 1888.
* Leonberg, 1. Jan. Nach alter Sitte versammelte sich gestern wieder die hiesige Einwohnerschaft bei einbrechender Dunkelheit auf unserem Marktplatz zur Feier der Jahreswende. Von den Fenstern der altehrwürdigen Häuser strahlten unzählige Lichter in festlichem Glanz und unter Posaunenbegleitung sang die Gemeinde abwechselnd mit Chören des Liederkranzes und Frohsinns die Choräle: Ach wiederum ein Jahr verschwunden, Großer Gott wir loben dich, Lobe den Herrn, Nun danket alle Gott.
* Großbottwar, 30. Dez. Eine Ueber- raschung wurde lt. „St. A." in den letzten Tagen dem hiesigen Kaufmann H. zu teil. Vor etlichen Jahren war in dessen Laden ein Einbruch verübt worden. Der Einbrecher, der sich in der Hoffnung, eine volle Ladenkasse vorzufinden, getäuscht sah, ließ in seinem Aerger Essig, Oel und andere Flüssigkeiten aus den Gefässen laufen. Für diesen und noch andere Einbrüche verbüßt derselbe nun im Pönitentiar- haus in Stuttgart eine längere Strafe. Der Gefangene hat sich dort, wie es scheint, so gebessert, daß er voriges Jahr den geschädigten Geschäftsmann brieflich um Verzeihung bat und ihm vor einigen Tagen durch Anweisung an das Stadtschultheißenamt eine aus seinen Er-