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Erscheint wöchentl. »mal! Dienstag, Donners­tag und Samstag und kostet in Altensterg 90 ^ im Bezirk SO außerhalb 1 das Quartal.

Samstag den 7. Movör.

EinrückungSpreiS der lspalt. Zeile für Altensteig und nah« Umgebung bei lmal. Einrückung 8 ^ bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8

1891.

Amtliches.

Schullehrer Lechler in Kreßbach. OA. Freuden­stadt, welcher sich u. a. durch seinen Fleiß und seine Leistungen an den Winterabendschulen pro 1890/91 ausgezeichnet hat, wurde mit einer Prämie bedacht.

Gestorben: Kaufmann Koch, Sulz a. N.; Privatier Völker, Stuttgart; Bierbrauereibesitzer Zöppritz, Cannstatt- Stuttgart.

D Die Friedensfreunde.

In diesen Tagen treten in Rom nicht weniger als drei Vereinigungen zusammen, welche es sich zur Aufgabe machen, den Weltfrieden dauernd zu begründen. Es sind dies der in­ternationale parlamentarische Kongreß, ein all­gemeiner Kongreß, an dem auch Nichtparlamen­tarier teilnehmen, und schließlich veranstalten auch die italienischen Radikalen noch eine größere Versammlung, die auf eine Friedenskundgebung hinauslaufen soll.

Seit einer Reihe von Jahren besteht der Dreibund, dessen ausgesprochener Zweck die Aufrechthaltung des Friedens ist und ihm macht jetzt das französisch-russische Bündnis Konkurrenz, von dem die Franzosen behaupten, daß cs gleich­falls als eine Friedensbürgschaft aufgefaßt zu werden verdiene. Nach alledem ist der Friede so wohl gesichert, wie man es nur irgend wün­schen kann, und trotzdem wird man das Gefühl nicht los, daß der bestehende Friede nur ein Uebergangszustand ist, in welchem sich alle Mächte auf die Zeit der großen und allgemeinen Abrechnung vorbereitcn.

Man hat es in diesem Jahrhundert schon wiederholt und erfolgreich mit dem Mittel ver­sucht, welches der römische Friedenskongreß als Arcanum gegen den Krieg in Vorschlag brachte: die internationalen Schiedssprüche. Durch Schiedsspruch wurden im Laufe der Zeiten schon sehr viele diplomatische Streitfälle beigelegt und cs braucht in dieser Beziehung nur an die Ala­bamafrage und an den Karolinenstreit erinnert werden. Ein Mittel, das sich so gut bewährte, dürfte auch in Zukunft allgemein angewandt werden in Fällen, bei denen es sich n ckt um

Lebensfragen der Völker, nicht um nationale Empfindlichkeiten handelt.

Italien z. B. wäre sicherlich nicht dafür zu haben, dierömische Frage" durch einen Schiedsspruch lösen zu lassen; für Deutschland existiert dieelsaß-lothringische Frage" gar nicht, welche seit zwei Jahrzehnten der franzö­sischen Politik Inhalt und Richtung giebt; Eng­land würde sich um keinen Preis der Welt aus Aegypten herausschicdsrichtern lassen und für Rußland bildet die bulgarische Frage ein Blüm- lein Rührmichnichtan und kein Preis wäre so hoch, daß er das Zarenreich zur Verzichtleistung auf seinen Einfluß in Bulgarien veranlassen könnte.

Die Deutschen sind iui großen und ganzen gutmütige Leute. Von uns aus sind Abgeord­nete nach Rom zur Teilnahme an den Friedens­kongreß gegangen, nachdem ihnen die Versiche­rung gegeben worden war, daß daselbst die elsaß-lothringische Frage nicht berührt werden solle. Es wird abzuwarten sein, ob dieses Ver­sprechen Erfüllung findet; aber es entspricht eigentlich den Zwecken des Kongresses nicht, ein solches Versprechen zu geben. Im Gegenteil: während die elsaß - lothringische Frage vor 20 Jahren mit Blut und Eisen gelöst worden ist, müßte es Aufgabe des Friedenskongresses sein, diese Lösung als eine historisch gewordene auch bei demjenigen Teil zur Anerkennung zu bringen, welcher bisher nur immer auf die passendste Gelegenheit gewartet hat, die That- sache rückgängig zu machen. Denn wenn jetzt Europa in Waffen starrt, so liegt dies doch nur daran, daß ein einziger Staat sich noch nicht mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung aller Nationen auszusöhnen vermocht hat.

Ter Krieg von 1870 ist von Frankreich nicht etwa nur von Napoleon allein fr-vol heraufbeschworen worden; dos linke Rhein- ufcr sollte ausgcsprochencrmaßen der Preis des französischen Sieges, des militärischen Spazier­ganges nach Berlin, sein. Das Kriegsglück hat anders entschieden und Deutschland hatte da­durch ein Recht und die nationale Pflicht seine

bedrohten Grenzen besser zu schützen. Es that dies, indem es deuisches Gebiet zurücknahm, welches ihm einst ohne Krieg, im tiefsten Frieden geraubt worden war. Sobald Frankreich einsehen wird, daß dieGeschichte seinen Länderraub wieder ausgeglichen hat, daß ihm nur genommen wurde, was ihm eigentlich nie gehörte und daß dieser Verlust für seine Machtstellung absolut nicht ins Gewicht fällt sobald es für sich selber keine empfindsamere Ehre beansprucht, als es andern Nationen zu­gesteht sobald Frankreich dies ehrlich und aufrichtig als seinen Standpunkt kennzeichnet, ist der europäische Friede auf lange Zeit hinaus gesichert, denn der Russe tritt nur darum so anmaßend auf, weil er bei allen Zettelungen auf die Unterstützung des unzufriedenen Frank­reichs rechnen darf.

Brächte der Kongreß in Rom fertig, daß diese Anschauung der Dinge die herrschende wird, und daß sich in Frankreich ein geistiger Umschwung vollzieht, dann wollten wir ihn und mit uns alle Völker preisen. Er hat aber das bessere Teil der Tapferkeit die Vorsicht gewählt und geht der brennendsten Frage fein säuberlich aus dem Wege. Unter diesen Um­ständen sind seine schönsten Resolutionen voll­ständig nutzlos und Deutschland wird sich auch fernerhin lieber auf seine starken Waffen, als aus die Friedens-Agitationen des interparlamen- tarischen Kongresses verlassen.

Württembergischer Laudtag.

Kammer der Abgeordneten.

Stuttgart, 3. Nov. (135. Sitzung.) Präsident v. Hohl eröffnet die Sitzung abends 5V» Uhr und mach: Mitteilung über den Em­pfang der Adreßkommission durch S. M. den König. Nachdem die Adresse verlesen und überreicht worden war, richtete S.M. der König überaus huldvolle Worte an die Komm., die ungefähr folgendermaßen lauten: Ich danke Ihnen für die Worte und Gesinnungen, welche Sie in der Adresse niedergelegt haben. Die­selben beweisen mir, daß die Worte, die ich in

Der Wlinde.

Novelle von Alphon se de Launay.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Wäre der Blitz neben ihr eingeschlagen, die gute Dame hätte nicht verstimmter und vernichteter dastehen können, als sie bei dieser Nachricht that. Stumm, die Arme schlaff herabhängend, betrachtete sie abwechselnd ihren Mann und den Arzt mit wirren Blicken, bis ihr schließlich zum Bewußtsein kam, wie sonderbar dieses Betragen erscheinen mußte, da ein solches Glück nur Anlaß zu den lebhaftesten Freudenbezeugungen bot.

Ich Litte um Verzeihung, mein Herr," sagte Madame Berard. Sie werden überrascht sein, daß ich diese Kunde nicht mit mehr Be­geisterung begrüße und daß ich Ihnen noch nicht gedankt habe! Aber diese frohe Nachricht ist so unwahrscheinlich und wunderbar, sie erweckt in mir die Erinnerung an so viele Leiden, so viele leere Hoffnungen, daß sie mich bis ins innerste Herz hinein getroffen und meine Gedanken ganz verwirrt hat. Erlauben Sie, daß ich mich ein wenig erhole."

Ach, liebe Adele, goldenes Herz," brach Antoine aus.Sehen Sie, Herr Doktor, wie die arme Frau von diesem großen unerwarteten Ereignisse getrosten ist! Ja, wenn man viel erlitten hat und die Thür sich immer nur öffnete, um das Unglück, das Mißgeschick hereinzulaffen und es tritt endlich einmal durch Zufall das Glück ein, so kennt man es nicht wieder und es flößt nur Mißtrauen ein. Beruhige dich, Adele, der Herr sagt nicht die Unwahrheit; er hat mir alles auseinandergesetzt, sein Mittel ist unfehlbar."

Also, mein Herr," unterbrach Madame Berard,Sie glauben. Sie behaupten, daß das Augenübel meines Mannes heilbar ist?"

Auf Ehre und Gewissen, ich behaupte es."

Ach Gott, andere Aerzte halxn dasselbe gesagt, und wir haben

immer in bester Hoffnung gelebt! Die immerwährenden Enttäuschungen waren wohl die grausamsten aller Martern, die wir erduldet haben. Dort bei uns, in X., haben auch fünf oder sechs Aerzte . . ."

O, was das betrifft," unterbrach sie Antoine,davon sprich nicht! Die Leute verstanden nichts, denn sie konnten nicht einmal die richtige Ursache für ein Uebel seflstellen, das nicht an mir allein gefunden wurde, sondern für welches schon Hunderte von Heilungsfällen bekannt waren! Hier, der Herr Doktor hat keine zwei Stunden gebraucht, um sich von allem zu vergewissern; er sagte mir sofort, um was es sich handelte! Du weißt, ich bin gewarnt genug, um mich Illusionen hinzugeben, aber mein Vertrauen zu diesem Herrn ist ohne Grenzen! Ich bin sicher, er wird halten, was er verspricht."

Gott gebe, mein Freund, daß du nicht mit einer neuen Enttäusch­ung einen neuen und den größten Verdruß erfahrest", sagte traurig Ma­dame Berard,denn das würde das Maß vollmachen."

Denke an keine Enttäuschung mehr, mein Herz", rief Antoine be­geistert aus.Ein neues Leben voll Licht und Glanz steht mir bevor! Eine Auferstehung wird es für mich sein! O, Herr Doktor, Sie werden einen neuen Menschen schaffen."

Nun gut," sagte lächelnd Wianowitsch,lassen Sie uns aber auch jetze keine Zeit mehr verlieren. Meine Ungeduld ist so groß wie die Ihrige. Ich werde heute noch alles vorbereiten und morgen werde ich Sie holen kommen."

Aber Madame Berard zeigte sich nicht so eilig.

Herr Doktor," unterbrach sie den Arzt,lassen Sie uns erst die Sache noch einmal unter uns beratschlagen. Sie werden gewiß zugeben, daß solche folgenschweren Entschlüsse erst nach reiflicher Ueberlegung gefaßt werden dürfen! Lasten Sie uns dazu noch zwei oder drei Tage Bedenkzeit."