* Chemnitz, 18. Seht. Im August wur­den aus dem hiesigen Konsulatsbezirk nach Ame­rika nur für ca. 960,000 Mk. Textilwaren exportiert gegen nahezu zwei Millionen im August 1890.

* Görlitz, 17. Sept. Die 45. Haupt­versammlung des Gustav-Adolf-Vereins wählte für die große Liebesgabe von 18,000 Mk. die Gemeinde Wangen in Württemberg.

* Eisenach. Ein Bahnarbeiter fand kürz­lich auf dem Bahnhofe ein Portemonnaie mit einem Inhalt von rund 6000 Mark. Er machte sich sofort daran, den Verlierer dieser wertvollen Geldtasche aufzufinden, was ihm schließlich auch gelang. Und so händigte er der weinenden Dame, welche das Portemonnaie ver­loren, ihren Schatz wieder aus. Die Dame, gerührt ob dieses Edelsinnes des schlichten Ar­beiters, öffnete, schnell bereit, die Börse und übergab dem ehrlichen Finder großmütig zwanzig Pfennige! Von der Gesetzmäßigkeit des Finderlohns scheinen Verliererin und Finder nichts zu wissen.

Ausländisches.

* Wien, 17. Sept. Der aus München wegen verschiedener dunkler Geschichten unfrei­willig abgereiste Journalist Joseph Morgenstern hat von dem Wiener Erkenntnisgerichte zwei .Jahre schweren Kerkers erhalten. Zugezogen hat sich Morgenstern diese Strafe durch einen höchst frechen Erpressungsocrsuch an dem Baron Moriz Königswarter, welchem er nach glücklich herausgelockten 25,000 Gulden weitere 100,000 Gulden abjagen wollte. Als Königswarter klagte, hatte Morgenstern die Kühnheit, vor seiner Verhaftung noch schnell den Baron zum Zweikampfe zu fordern.

* Wien, 18. Septbr. In hiesigen aristo­kratischen Kreisen ist das Gerücht verbreitet Jo­hann Orth sei nicht tot, sondern habe an den jüngsten chilenischen Kämpfen hervorragend teil­genommen.

* Triest, 18. Sept. Auf der im Bau be­griffenen Privatbahn nach Olivieri ist ein Tunnel eingestürzt. 52 Arbeiter wurden unter den Trümmern begraben. Bis jetzt sind 20 Tote herausgeschafft; man fürchtet, daß auch die übrigen tot sind.

* Klagenfurt, 17. Septbr. Der Zahn­techniker Kubowski stand heute vor dem Schwur­gericht, angeklagt wegen des Verbrechens des Totschlages, weil er seinen Freund, den Forst­wart Nicolini, mit einem Waidmesser ermordet Hatte. Kuboskt hatte nämlich seine Gattin in der Wohnung des Junggesellen Nicolini, mit dem sie nach ihrem eigenen Geständnis ein Ver­hältnis unterhielt, in ünAianti ertappt. Die Gattin wurde heute als Zeugin vernommen. Die Geschworenen sprachen Kubowski gänzlich frei. Das Publikum nahm die Freisprechung mit großem Beifall auf.

* Rom, 18. Sept. Des Ministerpräsidenten Rudini Organ, dieOpinione" erkennt in der

Rede des deutschen Kaisers in Erfurt ein Zeichen für den Ernst der Lage.

* Paris, 17. Sept. Ausgenommen die Hetzblätter, konstatiert die gesamte Presse die glänzende Aufnahme desLohengrin" und drückt ihre Befriedigung über die energische Unter­drückung der Manifestationsversuche, sowie die Hoffnung aus, daß die gestrigen Vorkommnisse für die Tumultuanten eine Warnung seien. Fünfzig Verhaftungen von 1184 Personen wur­den aufrechterhalten. Morgen findet die zweite, Montag die dritte Ausführung des Lohen- grin statt. Die Boulangisten sollen beabsichtigen, ihre Kundgebungen zu erneuern und hoffen bei einer der nächsten Vorstellungen auch in das Innere der Oper zu gelangen und die Auffüh­rung zu stören.

^ * * Paris, 18. Sept. DerTemps" mel­det: Bei der Einfahrt des französischen Dampfers Amerique" in den Hafen von Salonichi wur­den die üblichen Salutschüsse von den englischen und türkischen Schiffen erwidert, von den ita­lienischen nicht. Auch der zweite Salutschuß ist von italienischer Seite unerwidert geblieben. Der französische Botschafter in Konstantinopel wurde von diesem Vorfälle verständigt.

* Paris, 19. Sept. Die Menschenmenge vor dem Opernhaus verhielt sich gestern nacht fortdauernd ruhig; keinerlei feindselige Kund­gebungen noch Ruhestörungen fanden statt. Einige junge Leute, welche zu sehr lärmten, wur­den verhaftet. Im Ganzen wurden etwa 160 Verhaftungen vorgenommen. Die Vorstellung desLohengrin" wurde sehr beifällig aus­genommen.

* In der deutschen Ausstellung in London ist dieser Tage ein Diamantendiebstahl vorge­kommen, durch welchen eine Hanauer Firma um 10000 Mk. geschädigt wird. Dieselbe war hier durch die Firma Döbbel vertreten und ließ ein kunstvolles Halsband, wie auch andere Schmuckgezenstände ausstellen, welche jetzt sämt­lich verschwunden sind.

* Petersburg, 19. Septbr. In vielen Gouvernements steht ein Haferausfuhrverbot bevor, da die Hungersnot im Innern des Lan­des erschreckend zunimmt.

* Wie aus Petersburg gemeldet wird, hat sich die russische Finanzverwaltung trotz der ungünstigen Finanzlage veranlaßt gesehen, den Kleingrundbesitzern der von Mißernte betroffenen Gouvernements die weitestgehenden Begünstigun­gen betreffs der Steuer- und Abgabenrückstände einzuräumen. Diese Begünstigungen haben sich auf die Dauer von 2 Jahren zu erstrecken. Diese Maßregel sei, so heißt es in der Meldung, bezeichnend für den Umfang des durch die Miß­ernte verursachten Notstandes.

* Salonichi, 18. Sept. Das italienische Mittelmeergeschwader, bestehend aus 4 Panzer­sregatten, hat hier geankert.

Handel und Verkehr.

* Tübingen, 19. Sept. Die Hopfenernte,

welche durch das warme, trockene Wetter einen sehr raschen Verlauf genommen, geht mit Schluß der Woche ihrem Ende entgegen. Die Qualität des Hopfens ist entschieden bester wie fernd, die Quantität ist jedoch vielfach hinter den Schätz­ungen zurückgeblieben, da die Dolden im all­gemeinen sehr klein geblieben sind. Im Laufe dieser Woche sind auf der städt. Wage ca. 30 Ballen zum Preise von 5060 Mk. pro Ztr. abgewogen worden.

* Stuttgart,19. Sept. (Kartoffel-, Kraut- und Obstmarkt.) Zufuhr: 600 Ztr. Kartoffeln, Preis 4 Mk. bis 5 Mk. pr. Ztr. Zufuhr: 4000 Stück Filderkraut. Preis 12 bis 14 Mark pr. 100 Stück. Zufuhr 400 Ztr. württ. Mostobst, Aepfel und Birnen. Preis 4 Mk. bis 4 Mk. 50 Pf. pr. Zentner.

* Ludwigsburg, 18. Sept. Wie ge­wöhnlich nach den Manövern, findet auch Heuer der Verkauf einer größern Anzahl ausraugierter Militärpferd: gegen Barzahlung im öffentlichen Ausstretch statt, und zwar: am Mittwoch den 23. September, vormittags derjenigen des Dra­goner-Regiments und des Feldartillerie-Regi- ments und am Mittwoch den 30. September vormittags 9 Uhr derjenigen des Ulanen-Regi- ments.

Haus- und Landwirtschaftliche-.

r (Gutes Fleisch.) Dasjenige Fleisch ist am zuträglichsten, welches von Tieren stammt, die den richtigen Grad der Mästung erreicht haben, und von solchen, welche auch die genügende Ge­sundheit anzeigende Lebhaftigkeit aufweisen. Lei­der aber wird sehr oft in unsinnigster Weise gemästet, indem man so viel in die Tiere htnein- stopft, als man nur irgend kann, ohne zu be­denken, ob auch alles verdaut werden kann. Deshalb ist vor allen Dingen Wert auf eine gute Verdauung zu legen. Ein hinreichend star­kes Tier kann viel, sehr viel fressen; verdaut es dann auch gehörig, so wird es auf natür­lichem Wege fett, bleibt dabet gesund und lie­fert auch gutes Fleisch. Die Güte des Fleisches beruht indessen nicht darin, daß das Fett in großen Schichten abgelagert ist, sondern das­selbe muß zwischen den Fleifchfasern liegen, so daß, wenn man das sichtbare Fett entfernt, da­durch gutes Fleisch nicht fettarm gemacht wird. Das beste Fleisch liefern gut ausgemäsiete, ausgewachsene, im ersten Lebensjahre kastrierte Ochsen, wenn sie 45 Jahre alt geworden find. Auch das Fleisch von vorzüglich gemästeten, 45jährigen Kühen, welche nicht trächtig ge­worden sind, ist sehr gut. Solches Fleisch lie­fert kräftige Braten, und gutes Siedfleisch. Altes Fleisch ist meist zäh Md saftlos, schwer verdaulich, liefert aber bessere Suppen. Gutes Fletsch erträgt das Kochen, ohne sich zusammen- zuziehrn und an Gewicht zu verlieren, während schlechtes Fleisch einschrumpft Md verfällt.

Verantwortlicher Redakteur: W. Riet«, Mtmstrig.

XII.

In einem Hause der eleganten Goethestraße war eine junge, blüh­ende Frau damit beschäftigt, den Tisch im Speisezimmer zu decken. Jede Ihrer Bewegungen verriet, daß sie als Hausfrau hier walte.

Von Zeit zu Zeit unterbrach sie sich, um einen liebevollen Blick auf ein allerliebstes, etwa zweijähriges Mädchen zu werfen, das in einer Ecke am Kindertischchen saß und mit einer großen Puppe ein leises Zwiegespräch zu halten schien.

Jetzt blickte die junge Frau mit dem Ausdruck der Befriedigung auf den Tisch, glättete das Tafeltuch mit sorgsamer Hand und ließ sich auf das Sofa nieder.

Käthchen, komm' zur Mama!"

Augenblicklich ließ das Kind seine Puppe im Stich und eilte zur Mutter, die das kleine Geschöpf lächelnd an sich drückte.

Nun, Käthchen, bist du noch nicht hungrig? Oder willst du auf den Papa warten, um mit ihm die Suppe zu essen?"

Käthchen schien unschlüssig. Es wäre ihr allerdings nicht unwill­kommen gewesen, schon jetzt ihren Appetit zu befriedigen, andererseits aber wußte sie aus Erfahrung, daß der Papa weit nachsichtiger war im Punkt ihrer Abneigung gegen die Mittagssuppe, die sie mit der gan­zen Kraft ihrer zwei Lebensjahre verabscheute.

Die Mutter redete ihr zu, da sie die Gedanken des kleinen Schalks wohl verriet, und suchte die ihr nur zu gut bekannte Abneigung zu bekämpfen.

Unter diesen diplomatischen Verhandlungen zwischen Mutter und Tochter rückte die Zeit allmählich vor. Jetzt wurde draußen im Vor­zimmer die Klingel der Korridorthür hörbar.

Der Papa, der Papa!" jubelte die Kleine bei diesem Klang und kletterte vom Schoß der Mutter herab.

Auch diese hatte sich erhoben und ging zur Thür.

Es war wirklich der Papa, der eintrat. Er küßte die kleine Tochter, die ihm entgegengeeilt war, um sich an ihn zu hängen, auf die frischen, lachenden Lippen, dann gab er den Kuß, den er von dem Kinde genommen, auf kurzem Wege an die Mutter ab, während er Rock und Hut weglegte.

Endlich, Theodor," sagte die junge Frau, ihn am Arme zum Tisch führend.Das Frühstück scheint etwas lang geworden zu sein."

Ja, liebe Olga," erwiderte Theodor,es gab da viel zu thun: Bekanntschaften zu machen oder zu erneuern, Begrüßungsreden anzuhören, selbst einige offizielle Tiraden zu drechseln und was eben sonst z« einem Dejeuner mit obligaten Trinksprüchen bei Champagner und Rhein­wein gehört."

Während das Dienstmädchen die Suppe austrug, entwarf der junge Ehemann eine oberflächliche Schilderung der Feierlichkeit, deren Schauplatz am Vormittag das Haus Marfeld gewesen war. Natürlich konnte es nicht fehlen, daß die Person des jungen Handelsherrn, dessen Ankunft schon mit allgemeinem Interesse entgegengesehcn worden war, eine eingehende Beschreibung erfuhr.

Denke dir, Olga, wie sonderbar oft der Zufall spielt! Dieser Herr Robert Marfeld, nebenbei gesagt ein ganz netter, liebenswürdiger Mann mit sehr viel Takt und Anstand, ist seiner Zeit sehr innig be­freundet gewesen mit jenem Tormann, na, du erinnerst dich doch?"

Das leichte Rot, das in den Wangen Olgas aufstteg, und der finstere Ausdruck in ihren Blicken beantwortete die Frage des Gemahls in bejahendem Sinne. (Fortsetzung folgt.)

* (Lesefrucht.) Die Händ' ans Werk, die Herzen himmelan, so wird allein ein gutes Werk gethan.