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Erscheint wöchentl. Lmalr Dienstag, Donners­tag und SamStag und kostet in Mensteig SO ^ im Bezirk SO außerhalb 1 das Quartal.

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Dienstag dm 22. Seplvr.

EinrückungSpreiS der Ispalt. Zeile für Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 ^ bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8

1891.

Bestätigt wurde die Wahl des approbierten Arztes vr. meä. Gilly von Ueberlingen, zum Stadt-und Armen­arzt in Haiterbach.

Die'auf der Enz und Nagold für die Dauer vom 9. Aug. bis 20. Sept. angeordnete Floßs^erre wurde bis zum 30. d. Mts., abends, verlängert.

Die Abitur ientenprüfung hat u. a. mit Erfolg bestanden: Erwin Sannw ald, Sohn des Fabrikanten Sannwald in Nagold.

Gestorben: Kaufmann Hummel, Mösfingen; Ar­beitshausverwalter Hennes, Vaihingen a. E.; Pfarrer Pfizenmaier, Göttingen; Löwenwirt Neef, Untertürkheim.

D Die Christeuverfolgimgell in China.

Kaum eine Woche vergeht, ohne daß die Post aus China Schilderungen von Greuel bringt, welche dort gegen Fremde oder zum Christentum bekehrte Chinesen begangen werden. Die Vertreter der europäischen Mächte haben schon verschiedene Male Protest gegen die Un- thätigkeit der chinesischen Behörden gegenüber den Greuelthaten eingelegt, aber ein Erfolg ist davon nicht zu spüren, die Fremdenhetze dauert fort.

Deutschland ist an den dortigen Vorgängen nächst England und Frankreich am meisten in­teressiert; in Schanghai haben viele deutsche Firmen Niederlassungen und unser ostasiatischer Handel teilt sich fast gleichmäßig zwischen China und Japan. Das Volk der Chinesen ist ein völlig in sich abgeschlossenes und erträgt die Gegenwart der Fremden auf seinem Grund und Boden nur unwillig. Seit dem Jahre 1842 ist China den Ausländern erschlossen, der wich­tigste chinesische Seehafenplatz ist gewissermaßen der Zentralpunkt des ausländischen Verkehrs. Ein ungeheures Kapital ist dort festgelegt mnd wird von den gegen die Fremden aufgeregten chinesischen Volksmassen bedroht, so daß ein energisches Eingreifen der europäischen Mächte notwendig erscheint.

Allerdings wird es sehr schwer werden, dieOrdnung" wieder herzustellen bezw. auf- rechtzucrhalten. Die Regierung Chinas ist kaum mehr als ein Scheinwesen; die wirkliche Macht des jetzt 16jährigen Kaisers gegenüber den Vize­königen, Gouverneuren und Tatarengeneralen ist nicht eben groß. Die letzteren befolgen einen kaiserlichen Befehl nur dann, wenn er in ihren Kram paßt und ihnen Nutzen bringt. Aber auch die Macht dieser Zwischenpersonen ist be­schränkt; die Lokalbehörden sind so ziemlich selbständig und wenn sie ihre Steuern abliefern, läßt man sie eben machen, was sie für gut be­finden. Es läßt sich begreifen, daß unter sol­chen Umständen volkstümliche Bewegungen sich durch kaiserliche Befehle nicht unterdrücken lassen. Und die Fremdenhetze ist volkstümlich. Den Fremden wird alles in die Schuhe geschoben, was dem chinesischen Volke lästig ist.

Die Erbauung von Eisenbahnen z. B. ist einer der Hauptgründe zur Erbitterung gegen die Europäer. Den Chinesen sind die Gräber besonders heilig und diese werden errichtet, wo es gerade einen Platz giebt im Garten, auf der Landstraße, in den Reisfeldern hier und da. Die Bahnbauten machten zuweilen eine Verlegung von Gräbern notwendig und fast regelmäßig kam es darüber zu blutigen Tu­multen. Ein anderer Dorn im Auge sind den Chinesen die Missionen, denen der Volksmund auch alle möglichen Schandthaten andichtet und deren Wirksamkeit daher eine außerordentlich beschränkte ist. In den letzten Wochen sind mehrere Missionshäuser niedergebrannt und ihre Insassen mißhandelt oder gar getötet worden.

Solche Ausschreitungen finden denn wohl auch ihre Ahndung, indem der oberste Mandarin der betreffenden Provinz ein paar arme Teufel hin­richten läßt, aber gebessert wird dadurch nichts, da die eigentlich Schuldigen frei ausgehen.

Die obersten Mandarinen sind nämlich im Grunde mit der Fremdenhetze einverstanden, denn sie fürchten das Eindringen des europäischen Geistes. Der Sohn des Pariser Gesandten Chinas soll aufhetzerische Proklamationen ver­faßt und öffentlich angeschlagen haben. Die Greuelszenen in Chung-tse werden gerade als auf seine Anstiftung erfolgt bezeichnet. Man hat noch nicht davon gehört, daß gegen ihn irgendwie eingeschritten worden sei; wohl aber hat man vernommen, daß zwei derRädels­führer" hingerichtet wurden. Ob es die rechten Personen waren, darum kümmert sich die chine­sische Justiz nicht viel. Es gehört keinesweges zu den ungewöhnlichen Vorkommnissen in China, daß, wenn im Fall eines Kapitalverbrechens ein Delinquent notwendig herbeigeschafft werden muß, irgend ein armer Bursche sich gegen eine seinen Hinterbliebenen auszubezahlende Summe hin­richten läßt, damit derGerechtigkeit" Genüge geschehe, der betreffende Mandarin eine Aus­zeichnung erhalte und zugleich der notleidenden Familie des freiwilligen Justizopfers für eine Zeit geholfen sei.

Es soll in China eine geheime Gesellschaft Kolarwui" (Verein der alten Brüder") be­stehen, deren Endziel die Vertreibung des fremden (Mandschu-) Herrscherhauses ist und welcher nun von der Regierung die Greuel in die Schuhe geschoben werden. Es ist möglich, daß die Ver­schwörer darauf ausgehen, die Regierung in Konflikt mit den europäischen Mächten zu bringen, um dabei im Trüben fischen zu können. Jeden­falls ist die Angelegenheit ernst genug, um die Aufmerksamkeit der Mächte in hohem Grade in Anspruch zu nehmen.

Laudesaachrichteu.

Alten steig, 21. Septbr. Die Bau­arbeiten an unserer Bahnhof-Anlage schreiten rüstig voran. Das Stationsgebäude mit Güter­schuppen und die Lokomotiv-Remise sind im Rohbau vollendet und der Einbau wird emsig betrieben. Eine alte schöne Sitte hat bei dieser Gelegenheit die hohe Bauleitung hochgehalten, nämlich den Handwerksleuten ein Richtfest zu bereiten und zwar wurde den Zimmerleuten der Richtschmaus am Donnerstag abend im Wald­horn, den Maurern und Steinhauern am Sams­tag abend in den 3 Königen gegeben. Seit 14 Tagen ist man mit den Auffüllungsarbeiten beschäftigt und wird das nötige Material am Hafnerwald, zu welchem Zwecke eine größere Fläche abgeholzt wurde, gewonnen. An der Straße nach Nagold ist man mit dem Legen der Schienen beschäftigt und vom Bahnhof Na­gold aus ist das Schienengeleise schon auf eine größere Strecke gelegt. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Betriebseröffnung der Bahn in einigen Monaten erfolgen können.

* Freudenstadt, 17. Sept. In tiefe Trauer wurde die Familie des Fabrikanten M. in Baiersbronn versetzt. Dessen 1?^ Jahre alter, einziger Sohn geriet auf bis jetzt noch unaufgeklärte Weise in die an der Fabrik vor­beifließende Murg und wurde erst nach längerem Suchen in derselben tot aufgefunden. Die so­fort angestellten Wiederbelebungsversuche waren ohne Erfolg.

Horb, 17. Sept. Zu dem Brande in Rexingen wird demN. Tgbl." geschrieben: Soeben, 7 Uhr 45 Min. morgens, ertönen die Feuersignale. In dem 4 Kilometer von hier entfernten Rexingen ist ein großer Brand ober­halb der Wirtschaft zum Kreuz ausgebrochen. Die hiesige Feuerwehr eilt rasch der Unglücks­stätte zu. Mächtige Rauchwolken türmen sich am Himmel auf und geben Kunde von der großen Ausbreitung des Brandes. Verbrannte Strohhalme, die über den ziemlich hohen Berg durch den leisen Wind zu uns getrieben, geben Zeugnis von dem heftigen Elemente. 8 Uhr 30 Minuten abermaliges Feuerstngnal. Die 2. Abteilung der Feuerwehr wurde aufgeboten, um den Bedrängten zu Hilfe zu eilen. 13 Ge­bäude, Wohnhäuser und Scheuern stehen in Brand, darunter mehrere Doppelhäuser. Schrei­ber dieser Zeilen eilte selbst zur Brandstätte. Welch ein schauerlicher Anblick! Ein rauchendes, glimmendes, glühendes, stellenweise lichterloh brennendes Chaos. Furchtbar wirkte hier des Feuers Macht. Und welches Terrain, nichts als Hügel, jähe Wege, enge Fußpfade, unsichere Staffelgänge, teilweiser Wassermangel, alles stand zur Bewältigung des Feuers hindernd im Wege. Die Feuerwehren sämtlicher umliegender Ortschaften waren in rastloser Thätigkeit, um dem zerstörenden Elemente Einhalt zu thun. Wenn man bedenkt, daß alle Gebäude voll­gepfropft waren von dem reichen Erntesegen, so kann man sich leicht ein Bild von dem schrecklichen Brande machen.

* Stuttgart, 19. Septbr. Daß wir eineteure Zeit" haben, verspürt gegenwärtig nicht nur derjenige, welcher von der Hand in den Mund lebt; auch der Beffersituierte schüttelt bei Betrachtung der immer höhere Ziffern aufwei­senden Wochenrechnung bedenklich den Kopf. So letz freilich, wie unsere Verhältnisse in den op­positionellen Blättern geschildert werden, sind sie noch lange nicht. Ein wirklicher Notstand ist nicht vorhanden und auch nicht zu befürchten, das wissen die Unzufriedenen wohl. Ihre Hetzerei hat aber einen tieferen Grund, der jedoch längst durchschaut worden ist. Die beste Illustration zum Notstand geben zur Zeit der Verkehr auf der Eisenbahn u. den verschiedenenKirchweihen", wo man gegenüber früheren Jahren eher eine Zu- als eine Abnahme sieht. Namentlich in der Residenz und deren Umgebung, wo die Arbeiter­schaft das weitaus größte Kontingent stellt, geht es dermalen hoch her und die weite Bahnhof­halle bietet dann jedesmal am Abend, wenn die Ausflügler von ihrer Kirchweihstimmung heim­kehren ein charakteristisches Bild. Eine unge­heure Menschenmenge entsteigt den einlaufenden Zügen und drängt sich den Ausgängen szu, so daß die angrenzenden Straßen sie kaum fassen können um heim zu gehen? o nein! Erst wann die Ausflügler in die Stadt zurückkommen, werden die an schönen Tagen vorher ziemlich leerstehenden internen Wirtschaften und zwar häufig bis zum Erdrücken gefüllt. In Heilbronn find kürzlich auf einer Herbstfeier nicht weniger als 13 Eimer Wein getrunken worden, was auch das Gegenteil von einem Notstand beweist. Da­mit soll der Ernst unserer Zeit übrigens nicht in Abrede gestellt werden und es sind diejenigen durchaus nicht zu loben, von welchen er absicht­lich verkannt wird.

* Stuttgart, 17. Sept. Wie überaus traurig es dieses Jahr mit dem Ertrag der Weinberge in Württemberg im Allgemeinen be-

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