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Mr. 104.

Erscheint wöchentl. »malt Dienstag, Donners­tag und Samstag und kostet in Wtensteig SO ^ im Bezirk SO außerhalb 1 das Quartal.

Dienstag dm 8. SeptVr.

EinrückungSpreiS der Ispalt. Zeile für Wtensteig ^ o/» . und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 ^ 18"1.

bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8

D Kaiser Wilhelm in Oesterreich.

Kaiser Wilhelm ist am Abend des Sedan­tages zur Teilnahme an den österreichischen Manövern nach Schwarzenau abgereist. Der Kaiser von Oesterreich, welcher im Vorjahre den schlesischen Manövern beiwohnte, will jetzt seinem Gaste zeigen, was seine Truppen zu leisten vermögen. In der Begleitung der beiden Kaiser befinden sich auch deren erste Staats­männer und daraus läßt sich schließen, daß der übrigens schon seit Monaten geplante Besuch nicht ein bloß militärisches Interesse für Kaiser Wilhelm hat.

Trotzdem würde man fehlgehen, wenn man von dieser neuen Zusammenkunft schwerwiegende politische Entschließungen erwarten wollte. Die europäische Lage ist so klar und die Verhält­nisse so fest, wie seit langem nicht, wenngleich es an Differcnzpunkten nicht mangelt. Die russische Regierung hat keinen Zweifel darüber gelassen, daß ihr Einvernehmen mit Frankreich einen absolut friedlichen Zweck habe und da der Dreibund das gleiche Ziel verfolgt, so wäre es fast natürlich, wenn sich die beiden Friedens­bündnisse verbänden, damit nicht etwa der Friede durch die Konkurrenz der Friedensfreunde ge­stört werde.

In der jüngsten Zeit sind da so gar nichts in der hohen Politik passiert, was das Sensationsbedürfnis gewisser großer Zeitungen und deren Leser befriedigt zwei Versuchs­ballons aufgelassen worden, die einigermaßen zu beunruhigen geeignet waren. Kaiser Franz Joseph hat mehrere Regimenter Bosniaken zu den Manövern herangezogen, wogegen Rußland angeblich Einsprache erhoben habe, da die bos­nischen Regimenter nur innerhalb Bosniens Verwendung und Garnison finden sollen. Es ist bei dem bloßen Zeitungsgerücht geblieben: die maßgebenden Kreise in Petersburg und Wien wissen nichts von einem solchen Protest. Die Sache war fast schon wieder in Vergessenheit geraten, als man zur Aufregung des Publikums den zweiten Ballon steigen ließ. Die Londoner »Daily News" ließen sich nämlich aus Kon­stantinopel melden, daß die Türkei aus Grund eines Uebereinkommens mit Rußland den Kriegs­schiffen des letzteren die Dardanellenstraße ge­öffnet habe. Da die genannte Wasserstraße auf Grund internationaler Verträge den Kriegs­schiffen aller Nationen verschlossen ist, so hätte die (allerdings zunächst beteiligte) Türkei zu einem solchen Separatabkommen mit der Re­gierung des Zarenreiches gar kein Recht. Es find auch nur wenige Blätter auf den Schwindel des Londoner Blattes hereingefallen; Rußland wird sich trotz seiner festgestellten Intimität mit Frankreich sehr wohl hüten, gegenwärtig eine solche Frage anzuregen, welche zweifellos ganz dazu angethan wäre, die bestehenden friedlichen Verhältnisse ernstlich zu erschüttern.

Nein, es sind keine momentan besonders und auffällig hervortretenden Gründe, welche zu einer Zusammenkunft der beiden befreundeten Monarchen geführt haben. Andere und nicht minder wichtige friedliche Fragen stehen aus der Tagesordnung. Die Verhandlungen wegen der Handelsverträge zwischen Deutschland, Oester­reich, Italien und den kleineren Staaten machen einen mündlichen Gedankenaustausch wünschens­wert; man wird sich auch, in großen Zügen wenigstens, über gemeinsame sozialreformerische Gedanken und Pläne zu verständigen suchen.

Die österreichische Armee freut sich des

Besuches des Kaisers Wilhelm und wird sich bemühen, seinem scharfen Soldatenauge ihre Ebenbürtigkeit mit deutschen Truppen darzuthun. Nicht blos die Deutschen in Oesterreich, sondern alle, die politisches Verständnis besitzen und die Gefahr, welche in der Anhäufung von einer halben Million Soldaten in den Nächstliegenden russischen Gouvernements liegt, würdigen, wer­den den Kaiser freudig begrüßen. Für die Polen und die Ungarn ist das Bündnis eine Existenzfrage. Die Tschechen aber werden still beiseite schleichen, um nicht den Besuch des Kaisers Franz Joseph in Prag, von welchem sie sich große Dinge versprechen, zu verwirken. Die Zusammenkunft stärkt aufs neue die Ueberein- stimmung der verbündeten Reiche und kommt dem Frieden zu gute. In einem Punkte wird Schwarzenau hinter Kronstadt zurückstehen: solche Massen Sekt wie dort bei dem Verbrüderungs­jubel durch die Kehlen gejagt worden sind, wer­den im österreichischen Hauptquartier nicht fließen.

Laudesuachrichteu.

* Altensteig, 7. Sept. Das 50jährige Jubiläumsfest des landwirtschaftlichen Bezirks­vereins Nagold liegt hinter uns. Die hohe Erwartung, welche in Bezug auf die Gestaltung desselben gehegt wurde, ist weit übertroffen worden, trotzdem das Fest anfänglich durch Regen eine Beeinträchtigung erfuhr. Die De­koration war im allgemeinen eine musterhafte, der Zufluß an Festgästen geradezu ein riesiger, hier noch nie gesehener, der Festzug ein so ge­diegener, daß er die allseitigste Bewunderung erregte und den größten Beifall hervorrief. Das Arrangement lag eben auch in bewährten Hän­den, nämlich des Herrn Kameralamtsbuchhalter Lang, welcher mit sinnigem Geschick und un­ermüdlichem Eifer für das Gelingen der Ver­anstaltung wirkte. Nächst den prächtig ge­schmückten hochbeladenen Garben- und Heuwagen waren es in der ersten Abteilung des Zuges besonders die Blumenmädchen, begleitet von Knaben mit Bögen, dann der von 4 Burschen getragene Riesenbienenkorb mit Bienenkönigin und ganz besonders der Wagen mit der Fest­säule, welcher mit lauter landwirtschaftlichen Produkten geschmackvoll aufgebaut war, und der Spinnstubemvagen, welche Bewunderung er­regten. Nicht unerwähnt darf bleiben, der auf einem Pflug plazierte, vergnüglich dreinschauende Sämann,denn ohne ihn kann ja nicht geerntet werden". Von der zweiten Abteilung war es der Jagdzug (in der Tracht des 16. Jahrhunderts), der Wagen der Eberhardsgruppe, welcher die treue Gesinnung unserer Bezirksbevölkerung zum angestammten Herrscherhause versinnbildlichen sollte, der Wagen mit Erzeugnissen der Woll­spinnerei zum Bruderhaus, der Fischer-, Gerber­und Schuhmacherwagen, welche zur beifälligsten Bewunderung hinrissen. Fast sämtliche hiesige Handwerker beteiligten sich am Zuge und wurde jeder Gruppe das Zunftzeichen vorangetragen. Der Gesamteindruck von dem Festzug ist, daß in demselben wahrlich sehr viel geboten wurde. Nachdem der Festzug beendigt war, hielt der Vorstand des landw. Bezirks-Vereins, Hr. Ober­amtmann Dr. Gugel, von der Festtribüne aus die Festrede. Dieselbe war nach Form und Inhalt eine sehr ansprechende. Der Hr. Redner verglich in seiner Einleitung den vor 50 Jahren gegründeten teilweise unter schwierigen Verhält­nissen aufstrebenden Verein einem Baum, der zu­erst eine schwache Pflanze mit der Zeit stattlich herangewachsen reiche Früchte trage. Daß

ein Fortschritt in der Landwirtschaft vorhanden sei, darüber lasse sich in der Produkten-Aus­stellung ein Urteil bilden. Der Verein habe sich von jeher die Aufgabe gestellt, in theoretischer und praktischer Beziehung die Bildung zu heben durch lehrreiche Vorträge, durch Fortbildungs­und Winterabendschulen, welch letztere in fast jedem Bezirksorte gegründet worden sind. Durch einen Konsumverein werde die Beschaffung von Sämereien und Kunstdünger in guter Ware und zu billigen Preisen erleichtert. Auf die Hebung der Viehzucht werde das hauptsächlichste Augenmerk gerichtet, weil diese für den Land­wirt der noch am meisten lohnende Erwerb sei. Zu diesem Behufs sei in jüngster Zeit jedes Jahr eine schöne Anzahl Zuchtvieh durch den Verein eingeführt und eine Zuchtviehgenossen­schaft gegründet worden, welche schon 700 Mit­glieder zähle. Dann gedachte der Redner der Unterstützung der K. Staatsregierung, welche un­ablässig bemüht sei, da einzutretcn, wo der Ein­zelne einen Erfolg nicht erreichen könne. Durch die in den letzten Jahren verabschiedeten Finanz­gesetze seien erhebliche Summen ausgesetzt wor­den, um der landwirtschaftlichen Bevölkerung aufzuhelfen. Die am 2. September in Nagold stattgesundene staatliche Viehprämiierung habe ein erfreuliches Resultat gehabt. Redner schloß mit der Mahnung, ein Jeder möge heute den Entschluß fassen, auch ferner treu und fest zur Sache des landwirtschaftlichen Bezirksvereins stehen zu wollen und dem innigen Wunsche, der Verein möge in den nächsten 50 Jahren ebenso gedeihen, sich entwickeln und sortblühen, wie in den letzten 10 Jahren (1880 zählte der Verein 420 Mitglieder gegen 945 im Jahre 1891); der Verein möge stets auf der Höhe seiner Auf­gabe bleiben und sich stets des ungeminderten Wohlwollens der K. Staatsregierung erfreuen. Sein Zmaliges Hoch galt Sr. Majestät dem König. Nun begann die Verteilung der Preise der stattgefundenen Viehprämiierung. Preise haben folgende Viehbefitzer erhalten:

I. Für ältere Farren: 1. Far- renhalter Morhard in Ueberbecg 35 Mk.;

2. Farrenhalter Köhler, Mindersbach, 30 Mk.;

3. Farrenhalter Bühler, Altenfteig, 25 Mk.; 4. Farrenhalter Gutekunst, Ebhausen, 20 Mk.;

5. Farrenhalter Hanselmann, Spielberg, 20 Mk.

II. FürjüngereFarren: 1. Farren­halter Hanselmann, Spielberg, 35 Mk.; 2. Farrenhalter Renz, Pfrondorf, 30 Mk.; 3. Far­renhalter Härle, Böstngen, 25 Mk.; 4. Farren­halter Bühler, Altensteig, 20 Mk.; 5. Farren­halter Ungericht, Nothfelden, 20 Mk; 6. Farren­halter Lutz, Warth, 20 Mk.; 7. Mühlebesttzer Schill, Altensteig, 15 Mk.; 8. Farrenhalter Seeger, Monhardt, 15 Mk.; 9. Gutsbesitzer Link, Tröllenshof, 10 Mk.

III. Für trächtigeKühe: 1. Mühle­besitzer Schill, Altensteig, 30 Mk.; 2. Rößles- wirt Rueff, Spielberg, 25 M.; 4. Posthalter Lutz, Nagold, 25 Mk.; 4. Gutsbesitzer Link, Tröllens­hof, 20 Mk; 5. Tierarzt Bühler, Altensteig, 20 M.

6. Lammwirt Schrafft, Altensteig 20 Mk.; 7. Bauer Klauß, Monhard, 16 Mk; 8. Bauer Schaber, Böstngen, 15 Mk.; 9. Klostermüller Reichert, Wildberg, 10 Mk.; 10. Schuhmacher Bäuerle, Altensteig, 10 Mk.; 11. Konrad Walz, Walddorf, 10 Mk.; 12. Mühlebesitzer Schill, Ebhausen, 10 Mk.

IV. Für trächtige Kalbeln: 1. Rößleswirt Rueff, Spielberg, 30 Mk; 2. Ochsen­wirt Streb, Sptelberg, 25 Mk.; 3. Gutsbesitzer Link, Tröllenshof, 25 Mk.; 4. Privatier Graf,