ung die Deckung ihres Brennholzbedarfs aus den Staatsforsten zu angemessenen Preisen zu erleichtern. Es seien deshalb auch freihändige Verkäufe geringerer Sortimente in Aussicht genommen.
* Berlin, 1 . Sept. Rußland trifft Vorbereitungen zu einer Beschränkung der Pferdeausfuhr.
* Berlin. Das Schöffengericht verurteilte die Kaufmannsehefrau Marianne Silberstein wegen Mißhandlung, Beleidigung und Bedrohung ihres Dienstmädchens zu lOO Mk. Geldstrafe event. 10 Tagen Gefängnis. Die Verhandlung ergab, daß Frau Silberstein innerhalb 13 Monaten nicht weniger als 54 Dienstmädchen polizeilich angemeldet und wohl noch eine größere Zahl unangemeldet gehabt hat.
* Berlin. „Höhlenbewohner" wurden auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin dingfest gemacht. Von Passanten wurde hart au der Rixdorfer Grenze auf obigem Terrain eine Aushöhlung, die durch eine Hecke verdeckt war, aufgefunden und nach Wegräumung der letzteren fand man eine ziemlich große, künstlich angelegte Höhle, die etwa 2 Meter tief war. Ein Gendarm betrat nun die etwa 8—9 Meter weit unter dem Erdboden fortgeführte Grube und fand in derselben einen Mann und eine Frau beide in äußerst reduziert aussehendem Zustande, mehr Tieren denn Menschen gleichend. Die Höhlenbewohner, welche schon den Sommer hindurch in der Grube gehaust, wurden als das zuletzt in Berlin wohnhaft gewesene Maurer Strehlow'sche Ehepaar rekognosziert, das verarmt und ohne jede Geldmittel dieses sonderbare Asyl aufgesucht hatte. — Beide wurden nach dem städtischen Obdach überführt.
* Die „Kölnische Zeitung" meldet in einem Petersburger Telegramm, dem für eine kurze Rücksprache nach Petersburg berufenen Botschafter Mohrenheim seien sehr bestimmte allerhöchste Wünsche für die Franzosen betreffs der Durchreise, beziehungsweise des kurzen Aufenthalts des Großfürsten Wladimir in Paris persönlich übermittelt worden, weil das übermäßige französische Lärmschlageu, welches den Großfürsten Alexis zwei Tage früher als beabsichtigt aus Paris vertrieb, an Allerhöchster Stelle peinlich berührt habe.
* Trier, 30. August. Dem „Rheinischen Kurier" wird von hier geschrieben: „Immer augenscheinlicher wird es, daß die Ausstellung des „heiligen Rockes" für eine große Anzahl trierischer Bürger eine schwere materielle Schädigung, für viele sogar den wirtschaftlichen Ruin zur Folge haben wird. Die Zehntausende von Pilgern, welche sich jeden Morgen in unserer Stadt einfindev, sind fast durchweg sehr arm und sehr sparsam. Sie verzehren keinen Pfennig, der einzige Luxus, den sie sich gönnen, besteht im Pferdebahnfahren. Am Abend verlassen sie ausnahmslos unsere Stadt, sei es, um mit den Pilgerzügen wieder heimwärts zu gelangen, sei es, um auf einem benachbarten Dorfe in billigen
Mafsenquartieren zu übernachten. Nun haben aber 1250 trierische Bürger während der Wallfahrtszeit Gastwirtschaft eingerichtet, zum Teil mit erheblichen Kosten große Bretterbuden errichtet, Dutzende von Betten aufgestellt, zahlreiches Dienstpersonal gedungen, drei Viertel dieser Gastwirtschaften haben aber auch noch nicht einen einzigen Pilger zu bewirten oder zu beherbergen gehabt. In der ganzen Stadt herrscht darum eine förmliche Panik."
* Aus Schlesien, 28. Aug. Ein angesehener Kaufmann in Breslau ist das Opfer eines raffinierten Betruges geworden. Aus London ging ihm eine Warenbestellung in Höhe von 20,000 Mk. zu, wovon 12,000 Mk. sogleich bezahlt wurden. Als später an den Kaufmann Erkundigungen über den Londoner Käufer aus Pforzheim einliefen, erklärte er, daß er dem Londoner Kaufmann bis zu 12,000 Mk. Kredit gewähre. Letzterer ließ die aus Pforzheim bezogenen Waren unbezahlt und verschwand aus London unter Absendnng höhnischer Briefe, man iolle ihn nicht erst suchen, denn er sei weit vom Schuß. Jetzt erhoben die Pforzheimer Kaufleute Anspruch auf Schadenersatz gegen den Breslauer Kaufmann. Dieser wurde, da die Verhandlung sich vor dem Badenser Oberlandesgericht nach dem 6 c»ätz dlaxolsov abspielte, dem „Breslauer Generalanz." zufolge zu vollem Schadenersatz verurteilt, wodurch er einen Schaden von 60,000 Mark erleidet.
* Gumbinnen, 31. Aug. Nach amtlicher Feststellung sind über Eydtkuhnen in der Woche vom 21. Aug. zum 27. Aug. 14260000 Kilogramm Getreide ans Rußland eingeführt worden.
Ausländisches.
* Wien, 1. Sept. Ein Donnerstag nachts zwischen Thal und Lienz im Pusterthal niedergegangener Bergsturz droht das Drauthal vollständig abzusperren und die Drau enorm zu stauen. Die bisher abgestürzte, auf 200000 Kubikmeter geschätzte Bergmasse riß 4 Hektar Wald mit, wodurch eine secartige Anschwellung der Drau entstand und die Gefahr einer Verlegung des Draubettes erhöht wurde. Städte sind bisher nicht 'bedroht. Die Schutzarbeiten werden Tag uud Nacht betrieben. (Thal ist die nächste Station bei Lienz in der Richtung auf Toblach; von Lienz ist Tahl 8 llm entfernt.)
* Bern, 31. Aug. Nach dem von der Jura- Simplonbahn ausgearbeiteten Projekt für den Simplon-Durchstich soll die Länge des Tunnels 19,731 Meter betragen. Die Bauzeit ist auf 82/4 Jahre festgesetzt, die Baukosten sind mit 67^4 Millionen veranschlagt, dazu 4,350,000 Franken für Zufahrten, Rhone-Korrektion und Unvorhergesehenes, sowie 8,400,000 Franken Bauzinsen, im ganzen 80,000,000 Franken. Hievon sollen aufgebracht werden: durch Subventionen der Schweiz und Italiens 30 Millionen, durch Obligationen 25 Millionen, durch Aktien 25 Millionen. Die Erträgnisse des Tunnels
l.'tzter Zeit glücklicherweise ohne ernstliche Unterbrechung vorwärts.
* (Verschiedenes.) In Frickingen OA. Neresheim, geriet ein 6 jähr. Knabe unter einen beladenen Erntewagen, wobei ihm die Räder über die Brust gingen und der Tod desselben fast augenblicklich eintrat. — In dem Orte B. bei Heid enh eim kam ein Mann etwas widerwärtig nach Hause und traktierte seine Frau sehr unzart, riß den Ofen ein und warf die Stücke auf die Frau, wodurch derselben ein Fuß zweimal gebrochen wurde. Nun fuhr er fort, um den Arzt zu holen, da brach auch noch die Deichsel am Wagen. Unheil genug! — Ein schweres Unglück ereignete sich Samstag abend in Stuttgart. Auf einem Holzplatz gautschten mehrere Kinder auf einem Haufen schwerer Eichenbretter, als derselbe plötzlich zusammenfiel und zwei Kinder unter sich begrub. Ein 9jähriger Knabe wurde mit zerschlagenem Kopf tot hervorgezogen, ein zweiter lljähriger erlitt einen Bruch des Schlüsselbeines und wahrscheinlich auch einen solchen des Schädels. Drei weitere Kinder im Alter von 5—7 Jahren kamen mit leichten Schürfungen und Erschütterung des Kopfes davon. — In Rieth eim kam am letzten Freitag an einer Straßenecke ein zweijähriges Kind unter einen Garbenwagen und erlitt so schwere Verletzungen, daß es nach zwei Tagen seinen Geist aufgab. — Der Kassier des Spar- und Vorschußvereins inAldingen wurde wegen Unterschlagung verhaftet. Das Defizit soll etwa 18,000 Mk. betragen.
* K 0 nst a nz, 31. Aug. Der vom Erzbischof Dr. Roos bei seinem letzten Hiersein geweihte Grundstein zum Neubau der Dienstboten - anstatt St. Marienhaus ist erbrochen und die in ihn eingelassene Kapsel mit Urkunden u. s. w. beraubt worden.
* Vor der Strafkammer in Offenburg stand dieser Tage das 14jährige Dienstmädchen, welches im Mai d. I. den ein paar Wochen alten Knaben des Landwirts Georg Michael Britz in Auenheim durch 4 selbständige, vorsätzliche und mit Ueberlegung ausgeführte Handlungen zu töten versuchte. Sie hielt nämlich dem Kinde Nase und Mund zu, um es durch Ersticken zu töten, und gab ferner dem Kinde 7 mit Phosphor getränkte Schwefelholzköpfchen in der Absicht in den Mund, es durch Vergiftung zu töten. Die Angeklagte wurde zu einer Gefängnisstrafe von 3 Jahren verurteilt.
* Berlin, 1. Septbr. Die sozialdemokratischen Stadtverordneten stellten den dringlichen Antrag, bei den steigenden Lebensmittelpreisen in Beratung zu treten, durch welche Mittel dem wachsenden Notstände in Berlin entgegenzutreten wäre.
* Berlin, 1. Sept. Nach dem heutigen Reichsanzeiger wies angesichts der Steigerung der Brennholzpreise der Landwirtschaftsminister die Regierungen an, ihren Lokalbedarf rechtzeitig zu decken, um der unbemittelten Bevölker-
(Nachdruck verboten.)
Roman von Karl Ed. Klopfer.
(Fortsetzung.)
„Um des Himmels willen!" keuchte er hervor, während seine Augen wie im Wahnwitz rollten. „Um des Himmels willen, bei uns im Theater drüben brennt's und die Polizeiwachtmannschaft will mir nicht glauben!"
Sormann mit den wenigen übrigen Gästen und den Kellnern sprangen sofort auf und eilten dem Unglücksboten entgegen. Von allen Seiten wurde der Theaterarbeiter mit Fragen bestürmt, jeder wollte Näheres wissen und überschrie den andern.
„Laufen Sie doch zur Polizeidirektion nebenan!" rief der Cafetier.
Der Arbeiter schlug sich vor die Stirn und taumelte hinaus. Wie auf Kommando folgten ihm die Gäste und die Kellner. Im Nu standen sie alle vor dem Theater. Aber hier schien alles ruhig. Unten auf den breiten Stufen zu dem glänzend erleuchteten Vestibüle promenierte die Polizeiwache. An der Rampe fuhren noch Wagen vor, welche die letzten Theatergäste brachten. Kein Mensch wollte etwas von einer Gefahr wissen.
„Der Kerl hat sich einen unverschämten Spaß erlaubt oder war betrunken!" meinte einer der Herzugelaufenen.
Sormann wollte ihm eben beistimmen, als oben auf der im hellsten Lichterglanze strahlenden Loggia im zweiten Stockwerke des Theatergebäudes eine dunkle Gruppe sichtbar wurde. Es waren hin- und herlaufende Menschen.
„Hilfe, Feuer, Feuer, Hilfe!" gellte es von oben herab. Im selben Augenblicke klirrten Glasscherben auf dem Pflaster. Es waren die zertrümmerten Scheiben der Fenster im obersten Stockwerck, das die letzte Galerie enthielt.
Wie vom Sturmwind zusammengeblasen, sammelte sich eine stets mehr und mehr anwachsende Menge auf der Straße, zugleich aber zeigte sich auch die Loggia an der Front des Theaters immer belebter. Ein dichter Menschenschwarm schrie von da oben herunter. Ein paar besonders Tollkühne schwangen sich über die Brüstung und wagten trotz der ängstlichen Warnung der Untenstehenden, den furchtbaren Sprung.
Nun stürzten auch die ersten Leute von den Treppen in das Vestibüle hinab.
„Hilfe, Rettung — Feuer, Feuer!" schrieen sie mit angstverzerrten Gesichtern und deuteten hinter sich, als säße ihnen das verzehrende Element auf den flüchtigen Fersen.
Die Polizei wollte beruhigen, Ordnung in die wildherabstürmenden Scharen bringen, aber umsonst. Niemand hörte, jeder schrie nur und rang die Hände in entsetzlicher Verzweiflung. Und immer dichter flutete die flüchtende Menge hinaus, unter Wehgeschrei den Ausganz suchend.
„Um Gotteswillen, bringt doch Licht hinauf, dort oben ist's ja ganz finster!"
„Die Galerien brennen!"
„Dort hinaus!"
„Großer Gott, wer hat denn nur das Gas ausgedreht?"
Wie Brandraketen tönten diese durcheinander schwirrenden Angstschreie aus dem lärmenden Gewühl heraus.
Unter schmetternden Hornfignalen jagten jetzt bereits die ersten Feuerspritzen herbei. Mit Mühe konnte ihnen die Polizei den Platz vor dem Theatergebäude freimachen. Im Nu sprangen die Feuerwehrleute herab. Lenern wurden angelegt, L-prunglücher ausgebreitet. Aus der Loggia, aus allen Fenstern stiegen, sprangen die den Flammen Entronnenen herab. Jeder wußte neue Schreckensszenen von da drinnen zu erzählen.