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Folgen eines Schlaganfall«. Der Verstorbene war Jahre hindurch Ortsvorsteher hier, bis er seine Ziegelei baute, worauf er seine Stelle niederlegte, seitdem aber im Gemeindekollegium vertreten war. Er war Hauptmann der Reserve, Vorstand des landwirtschaftliche» Brzirksvereins Waiblingen, Mitglied des Bezirktrats usw. Den Schlaganfall hatte er am Montag mittag bei einem geschäftlichen Gang in Stuttgart erlitte». Er hinterläßt eine Witwe mit 8 Kindern. Bei der Ersatzwahl im 2. Reichstag-Wahlkreis Cannstatt- LudwigSburg war Oettinger liberaler Sammel- kavdidat. Auch bri einer fiüheren Landtag-Wahl ist er als Kandidat ausgetreten.
^ Kleingartach OA, Brackenheim 10. Juli. Gestern (Sonntag) abend 8 Uhr lauerte auf der Strecke nach Niederhofen auf hiesiger Markung der 19 Jahre alte Schmidergefelle Albert Schoch dem Karl Käs, Schneidergeselle hier, und einigen von dessen Kameraden auf, um eine» davon niederzustrchen. Ali dieselben in der Nähe waren, stach Schoch nach kurzem Wortwechsel Käs 2 mal mit einem Dolch so heftig in die Seite, daß die Lunge durchbohrt wurde. Der Verletzte schwebt in höchster Lebenr- gefahr. Der Grund zur Tat soll in Haß und Rachsucht zu suchen sein. Der Täter konnte nur durch sofortige Arretierung durch den hies. Oberlandjäger vor der Wut der Einwohnerschaft geschützt werden.
Tuttlingen 12. Juli. (Donauversickerung.) Jvfolge der schon seit einiger Zeit anhaltenden Trockenheit ist der Wasselstand ver Donau sehr schnell zurückgegangen. Zwischen Möhringen und Jmmendingen ist dar Donaubett schon an zahlreichen Stellen trocken gelegt, und seit einigen Tagen kommt von der Schwarzwalddonau kein Tropfen Wasser mehr über die Ver- fickerungsstelle am Brühl. Die gänzliche Trockenlegung wurde schön gestern stündlich erwartet und ist über Nacht vollends zur Tatsache geworden. In den wenigen Tümpeln ringen Tausende von Wassertieren kleiner Art um ihr Leben. Urberall liege« zierliche Fisch!«« tot umher. In der Nähe des großen VersenkungStrichterS am Hattinger Weg hat sich seit dem letzten Jahr mitten im Flußbett ei« weiterer, kleinerer Trichter gebildet. Im übrigen zeigt sich auch Heuer wieder dicht bei Möhringen das alte wüste Bild: das Flußbett der Donau in einer Verwilderung und Verwahrlosung, die jeder Beschreibung spottet.
Ulm 12. Juli. Der Flieger Fr. Schwankt aus Magdeburg, der zunächst auf dem Neu-Ulmer Volksfest und dann auf dem Ulmer Exerzierplatz in der Friedrichsau Schauflüge au-führen wollte, mußte von seinem Vorhaben leider abstehev, da die Behörden im Hinblick auf die schweren Un-
glücktfälle im Publikum Bedingungen stellten, die das Fliegen unmöglich machte«. ES besteht Gefahr, daß auch der geplante Schwäbische Ueberlandflug an dieser Klippe scheitert.
Waldsee 12. Juli. In Geblisberg hat gestern der wohlbekannte Schneider und Taglöhner Franz Xaver Deininger von Ehrensburg Gde. Steinhaufen, der vom Arzt Opiumtropfe» verschrieben bekam, anstatt sich an die ärztliche Verordnung zu halte» und täglich viermal je 5 Tropfen zu nehmen, die ganze Tagesdosis auf einmal eingenommen, was zur Folge hatte, daß er einschlief und nicht wieder erwachte.
Reute OA. Waldsee 12. Juli. Am „kleinen Fronleichnamttag" wollte man, wie anderwärt», so auch im ExerzitieahauS de» Klosters die Kränze abnehmen. Da zeigte e» sich, daß in den 8 Tagen, in einen an der Ostseite de« Hause» hängende» Kranz ein Vogelnestchen hineingebaut worden war, das ein Ei enthielt. Natürlich ließ man den Kranz noch länger hänge». Es kamen 3 weitere Eier dazu. Ungestört konnte das Vögelchen brüten. Vier Junge schlüpften au». Und gestern hatte da» Distelfivkenpärchen die Freude, den Ausflug der 4 Jungen zu sehen. Jetzt konnte der Kranz abgenommen werden.
Friedrichshafen 12. Juli. Am kommenden Sonntag, den 16. Juli und an den nächsten Tagen finden bei günstiger Witterung Passagierfahrten de»Luftschiffes „Schwaben" statt. An diesen Tage« ist auch der Eintritt zum Luftschiffgelände de» „1^2" gegen eine kleine Gebühr (pro Person 1 Mark, Militär und Kinder eine halbe Mark) gestattet.
Von der bayrischen Grenze 12. Juli. In Guvdelfingen ertrank ein 21jährigeS Mädchen, das sich in derBrenz die Füße waschen wollte. — In Laningen geriet der 19jährige Bauernsohn Jos. Heiler, der infolge einer Wette über die Donau schwimmen wollte, in einen Wirbel und ertrank. In Landshausen bei Lauingen erschien dieser Tage eine Gerichts- kommissio« in Begleitung einer Frauensperson. Es wurde im Friedhof ein von letzterer be- zeichneter Grabhügel aufgescharrt und darin 2400 gefunden, die dort vergraben waren. Das Geld gehörte einem Gastwirtsehepaar, da» bei Ausbruch de» Konkurses auf dies« Weise da» Geld in Sicherheit brachte. Nachdem der Mann wegen Verweigerung de» Offenbarungseide» ein halbe» Jahr lang gesessen hatte, ist er mürbe geworden und hat da» Versteck de» Gelbe« verrate«.
Berlin 12. Juli. Eine Kindsmord
affäre erregte gestern die Bewohner de» Weinberggebietes. Die Frau eines Schutzmannes hatte ihren einjährigen Sohn angeblich mit Opium vergiftet und war entflohen. Das Kind wurde abends von dem au» dem Dienst heimkehrenden Vater tot aufgefunden. Ob die Vergiftung mit Vorbedacht erfolgt ist oder ob die Frau die ungleich stärkere Wirkung de» Opiums auf kleine Kinder nicht gekannt und e» ihrem Kinde in guter Absicht gereicht hat, muß die Untersuchung ergeben. ES erscheint nicht ausgeschlossen, daß die Frau aus Verzweiflung die Flucht ergriffen hat.
Hamburg 12. Juli. Bei der Rückkehr einer Truppe Zöglinge der ZwangSerziehungS- anstalt Ohlsdorf vom Baden scheuten zwei Wagenpferde, rasten in de» Trupp hinein und richteten eine fürchterliche Verwirrung an. Al» da» Gefährt vorüber war, lagen 7 Knaben am Boden. Zwei waren tot, die andere» mehr oder weniger schwer verletzt.
Gemeinnütziges.
(Gießen bei Regenwetter.) In einem Aufsatz über das Gießen schreibt Johanne» Böttner im praktischen Ratgeber im Obst- und Gartenbau, daß e» wohl drollig auSfehe» mag, wen« ein Gartenfreund den Regenschirm nimmt, um seine Pflanzen zu gießen, daß das aber im Grunde genommen gar nicht etwa dumm ist. Gerade bei feuchtem, trübem Wetter durchzieht das Gießwasser den Boden viel besser al» bei Trockenheit. Zu viel wird es so leicht nicht, im Gegenteil im Juni, Juli und August ist der Bode» trotz viele» Gießen» und trotz mehrtägigen Regenwetter» im Untergründe immer noch viel zu trocken. Also laßt uns die Zeit nutzen und gieße», wenn Regen droht, auch während des Regen» und kurz nach dem Regen. Wir haben dann um so bessere Aussicht, daß da» Wasser den Boden durchzieht und wirklich bis zu de» Wurzeln dringt. Gartenfreunde erhalten den Aufsatz über da« Gieße« vom Geschäfttamt in Frankfurt a. O. auf Verlangen kostenfrei.
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aufrichten durfte am Wort des Herrn, so tönte es auch in ihrer Seele:
„Du Kleingläubige, warum zweifelst du?"
Paul Ulrich sprengte während dessen, ein lustig Liedlein pfeifend, über die Stoppeln — er hatte wirklich die Absicht, nach de» Kartoffelsammlern zu reiten; da kam ihm TempSky'» Reitknecht entgegen und übergab ihm einen Brief. Ungeduldig, wie da» seine Art war, riß er da» Kuvert ab und la»:
„Lieber Locwett!
Ihre hochverehrte Fra« Mutter, sowie Frau Gemahlin werde» e» gütigst verzeihen, wenn ich die Bitte ausspreche, mich erst am Sonntag mit Ihrem Besuch zu beehren; ich muß dringender Geschäfte halber gleich nach Berlin. Komme übermorgen zurück und werde dann persönlich bei Ihnen vorsprechen und die Damen ge- horsamst bitten, mir einen Tag zu bestimme», wo ich die Freude haben darf, sie unter dem Dache meiner Junggesellenklanse zu begrüßen. Verbindlichste Empfehlung an Frau v. Locwett Mutter, sowie Frau Gemahlin.
Der Ihre
TempSky."
Paul Ulrich steckte den Brief in die Brusttasche seines Jaquette».
„Der Herr Baron schon abgereist?"
„Zu Befehl. Mit dem Zuge 7 Uhr 30."
„Hm! Wissen Sie, ob Herr v. Randow zu Hause ist?"
„Ja — ich war eben da; die Herren au» Demmin sind bei ihm."
„Wer denn?"
„Herr Graf Budde und Herr Leutnant von Stollneck."
„ES ist gut. Adieu."
Er nickte dem Reitknecht flüchtig zu und ritt weiter. Graf Budde und Stollneck — die beide« Lustigsten vom ganze» flotten Ulanenregiment — er ließ sein Pferd langsamer gehe» und überlegte. Wen» er nun erst «ach dem Kartoffelacker hinüberritt, dann war'» zu spät, »och bei Randow
vorzusprechev, dann mußte er nach Hause. E» würde recht langweilig
heute abend sein, so mit Lotte und der Mutter ganz allein.
Er überlegte wieder, hielt da» Pferd an und strich den kleine» blonden Schnurrbart. Plötzlich schnalzte er leicht mit der Zunge, warf die Fuchsstute herum und jagte in gestrecktem Galopp, den nächsten Graben elegant nehmend, den Weg nach Prebendorf entlang.
Die Leute auf dem Kartoffelfeld sahen ihn von ferne vorüberfause».
„Dör jöcht uns' Herr »ah Prebendörp tau," sagte eine Arbeit-frau.
„Jo, wat wull hei »ich, sünd ja ok wedder twei von dei Demmin- schen Ulanen henräden," meinte eine andere.
„Hei wull hüt »och Mal hier mit ran kamen."
„Ja wull, ja wull, wo denkt dei noch an dei Kartüffel — wen«
dei irst mit dei Ulanen in Prebendörp iS, denn fitt he fast bi dei Champagner- Buttel und bi dei Koarten."
Der alte Neuman« hörte die Reden und seufzte still vor sich hin.
7. Kapitel.
Peter v. Locwett hatte sich in Berlin ei» seinen Verhältnissen entspechende», hübsches Logi» in der Königgrätzerstraße gemietet.
Da er nicht wußte, wie lange er in Berlin bleibe» würde und seinen Plan, an der Universität zu dozieren, halb und halb aufgegebe« hatte, »ahm er zuerst zwei möblierte Zimmer, denen er durch die von seine» Reisen mitgebrachten Kunstwerke, Waffen u. s. w. ein ganz behagliches und vornehm-wohnliche» Aussehen zu geben verstand. Das von seinem Vater ererbte Vermöge» war zur Hälfte als Hypothek auf Nemerow eingetragen, die andere Hälfte war in Papieren angelegt; die Zinse» de« Ganzen hatten ihm gestattet, ein äußerst angenehme» Leben zu führe», und bei seiner finanziellen Beanlagung hatte er auch nur einen geringen Teil vom Kapital zu nehmen brauchen, um die Koste» seiner Reisen zu bestreiten.
(Fortsetzung folgt.)