Amtsblatt für

HK. i.

Erscheint wöchentl. »mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag und kostet in Mensteig SO ^ im Bezirk SO außerhalb l das Quartal.

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Donnerstag dm 1. Januar.

EinrückungSpreiS der Ispalt. Zeile für Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 ^ bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8 xj.

1891.

Weuzahr 1891

Sankt Silvester sei willkommen, Der du hast Besitz genommen Bon des alten Jahres Thron,

Sei gegrüßt im Erdensaale,

Ach, ersehnt so viele Male, Gottentsandter Hoffnungssohu:

Selbst der Ost braust dir entgegen Jauchzend ans gefrornen Wegen',

Daß sein Sturmlied dich erfreu'

Seine besten Weisen bläst er - Sankt Silvester!

Sankt Silvester ans Millionen Herzen, die auf Erden wohnen,

Aber tönet heut dein Preis,

Die in Leid und Armut darben, Denen tausend Wünsche starben,

Eh' sie krönt' ein Blütenreis,

Die von goldnen Glückesschimmer Einen Strahl gesehen nimmer,

Stille ihrer Sehnsucht Pein,

Kröne ihre Wünsche, bester Sankt Silvester!

Sankt Silvester lehr' sie schauen Aufwärts, und aufs neu vertrauen Die sie trägt, der Hähern Macht,

Die ans der Verzweiflung Sorgen Dämmern läßt der Gnade Morgen,

Da der Freude Sonne lacht:

Tie des Schmerzes blut'ge Wunden Lindernd kühlt' und sie verbunden,

Die nicht müde wird, noch matt

Knüpf' an sie die Hoffnung fester,

Sankt Silvester!

Sankt Silvester seufzend zittern Bor des Krieges Ungewittern Rings die Volker erzumstarrt,

Zn dein letzten blut'gen Ringen Lockert schon der Haß die Klingen,

Der im Dunkel tückisch harrt:

Reiß' das Schwert ihm aus den Händen j Ach, wenn Mutterbitten fänden Ihren Weg zu deinem Ohr:

So zerstör' der Zwietracht Nester,

Sankt Silvester! *

Sankt Silvester - aus den Blicken Seh' ich's tröstlich-mild dir nicken: Glaube mir, es wird einst Tag - Lächelnd winkst du aus dem Sturme, Und es tönt von: nahen Turme Schon der Glocke erster Schlag;

Nun denn, füllt im Freundeskreise Euer Glas nach alter Weife,

Füllt's mit Punsch und trinket draus, Und dann bringet froh die Rester Sankt Silvester!

Amtliches.

Der Vorstand der Württ. Jnvaliditäts- und Alters- Versicherungsanstalt, erläßt folgende Bekanntmachung: Es wird zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß die Arbeit­geber und Dienstherrschaften für solche verficherungspflichtige - crsonen, für welche die Versicherungsbeiträge bei den Ar­beitgebern rc. eingezogen werden, d. h. für solche, welche einer Orts- (Bezirks-) Krankenkasse, oder einer Jnnungs- kremkrnkasse, einer Geineindekrankenversicherung oder Kran- kenpflegevcrsicherung lz. B. Dienstboten) angehören, oder welche bei den Ortsbehörden für die Arbeiterversicherung »ach deren Bekanntmachung besonders anzumelden sind, selbst keine Marken käuflich crweiben müsseil.

Ernann t wurde zum Schultheißen der Gemeinde Ottenbronn, jung Ulrich Erlenmaier daselbst.

Gestorben: Tuchmacher Paul Brender, Giengen; Wilhelm Geigle, Nagold; Gerichtsdiener Jakob Eeeger, Gerabronn; Alt Nößleswirt Schmuker, Hausen; Karl Leo, res Schultheiß, Kleineislingen; Schultheiß Anton Bantle, Bösingen, OA. Nottweil; Kausmann Karl Kircher, Ulm; Kaufmann Hermann Bohnenberger, Stuttgart; Kaufmann WM^ Schiv, Stuttgart.

Jahresrückblick.

II.

In Bayern gestaltete sich die Enthüllung drs Standbildes König Ludwigs I. inderWall- halla zu Regensburg zu einer großarligen pa­triotischen Kundgebung, welche noch dadurch eine Höhere Weihe bekam, daß der bei dem Feste anwesende Priuzregent kurz vorher durch den gnädigen Schutz des Himmels einer drohenden Lebensgefahr entgangen war. Ein schlimmer Gast hat sich in den bayrischen Waldungen gezeigt die sogenannte Nonne. Dieses ge­mäßigt Insekt richtete so ungeheure Verheerungen au, daß tausende von Morgen der schönsten bestockten Waldungen niedergclegt werden mußten. Peinliches Aufsehen hat der verhängnisvolle Marsch bayr. Manövel truppen nach Maiktbreit Bemacht. In der glühenden Sonnenhitze zum Tode ei maltet, stürzte ^

aus dem Marsche zusammen, ohne daß der natürlich berittene Kommandeur sich in seinem Zuge aufhaltcn ließ. In Folge der cingeleiteten Untersuchung wurde Letzterer von seinem Posten entfernt.

Im Reiche und Preußen darf wohl als das bedeutsamste Ereignis des ver­flossenen Jahres der Rücktritt des Reichskanzlers Fürsten Bismarck und dessen Ersatz durch den General v. Caprivi genannt werden. Seine unvergeßlichen Verdienste wurden vom Kaiser und dem ganzen deutschen Volke auch nach seinem Rücktritt vom Amte geehrt. Die Huldigungen waren geradezu großartig, welche man ihm bei seinem Abgang nach Friedrichsruhe dargebracht hat. An diesen Kanzlerwechsel knüpften sich mancherlei weitere Veränderungen. Der alte Reichstag lehnte kurz vor seinem Schluß am 25. Januar die Sozialistcngesetzvorlage mit großer Mehrheit ab. Im neuen Reichstag, der nach den heißen Wahlschlachten im Februar, am 6. Mai eröffnet wurde, ist die Vorlage be­treffend das Nationaldenkmal angenommen wor­den und ebenso trotz des Widerspruchs von freisinniger und sozialistischer Seite die Militär­vorlage, welche bedeutende Mehrforderungen für das Reichsheer enthielt. Das Bestreben des Kaisers, allenthalben für die Erhaltung und Be­festigung des europäischen Friedens zu wirken, hat den thatkräfligen Monarchen auch dieses Jahr nach verschiedenen Richtungen hin auf Reisen geführt. Nach dem Besuch der Reichs­lande unternahm er eine Nordlandsfahrt und knüpfte mit den betreffenden Höfen die besten Beziehungen an. Auch der Besuch am russischen Hofe war in dieser Hinsicht mcht ohne Erfolg.

Die größte Genugthuung rief im ganzen deutschen Reiche und bei dessen Freunden die enge Ler- Ruhe bald wieder

brüderung zwischen Deutschland und Oesterreich- Ungarn hervor, welche gelegentlich der An­wesenheit des deutschen Kaisers in Kiel durch die herzliche Begrüßung der österreichischen Flotte zum Ausdruck gebracht wurde und durch den Besuch Kaiser Wilhelms II. in Wien, wo man ihn mit ungeheurer Begeisterung empfing, und die nachherige Zusammenkunft mit Kaiser Franz Josef in Schlesien vollends seine Weihe erhielt. Ein innigeres Zusammengehen der beiden Reiche auch auf handelspolitischem Gebiete ist durch die noch schwebenden Verhandlungen angebahnt. Durch das Uebereinkommen mit England, wo­durch der deutsche Besitz in Afrika konsolidiert worden ist, ging die wichtige Insel Helgoland in deutschen Besitz über. Eine der bedeutend­sten Rollen hat im Jahre 1890 die soziale Frage gespielt. Sie steht heute noch im Vorder­gründe des Interesses und wird wohl schwerlich so bald abgethan sein. Wie ernst sie unser Kaiser auffaßt, hat er in seinen Erlaffen ge­zeigt. Im Vertrauen auf das kaiserliche Wort hätten die Unzufriedenen, deren berechtigten Forderungen in so anerkennenswerter Weise entgegengekommen wurde, sich beruhigen können, aber sie thaten es nicht. Das Gebotene erscheint ihnen viel zu wenig und selbst wenn die Ge­mäßigten. einlenken wollten, so dürfte ihnen dies auf die Dauer schwerlich gelingen. Eine Erfindung, welche für die ganze Menschheit ein unberechenbarer Segen zu werden verspricht, wurde durch Dr. Koch in Berlin gemacht. Der Hoffnungslosigkeit aller Tnberkelkranken ist durch das gefundene Mittel des genialen Forschers ein Ende gemacht. Das Zentrum reichte eine Petition für Wiederzulaffung der Jesuiten in Deutschland beim Reichstage ein. Dieses An­sinnen ries jedoch eine Massendemonstration gegen die beantragte Maßregel unter den Protestanten hervor. Die aufgelegten Protest Listen wurden in wenigen Tagen mit Hundei üaüsenden von Namen bedeckt.

InOesterreich war man zu anfang des Jahres voller Jubel, weil der deutsch- böhmische Ausgleich gesichert erschien. Bereits wurden aus dieser freudigen Veranlassung glänzende Feste gefeiert, da machte de- ganzen Herrlichkeit der jungczechische Eigen­sinn und Deutschenhaß ein unerwartetes Ende und nach monatelangem Hadern und Hin- und Herzerren sah man das vielbesprochene und mit allgemeiner Spannung verfolgte Werk ge­scheitert. Wie es nun werden soll, das weiß noch kein Mensch. Den Glanzpunkt des Jahres bildeten für die Wiener der Besuch des deutschen Kaisers und das vierte deutsche Sängerbundes­fest. Ans allen deutschen Gauen strömten die Sänger herbei, 57 Bunde mit 1007 Vereinen in der Gesamtzahl von 13096 Sängern trafen in der schönen Kaiserstadt ein. Die Zusammen­gehörigkeit aller deutschen Stämme wurde in Wort und Lied zum begeisterten Ausdruck ge­bracht. Es war im vollsten Sinne des Wortes ein deutsches Lerbrüderungsfest.

In der Schweiz wurden durch die Ueber- schwemmungen insbesondere das Tessingebiet, Gla­rus, Graubündten hart mitgenommen. Im Kanton Tessin hat am 11. Septbr. die liberale Opposition gegen die bestehende Regierung ein Revolutiön- chen gemacht. Sie verlangte Verfassungsrevision, worauf die Regierung nicht einging; weshalb sie durch die Aufrührer gestürzt wurde, Staats­rat Rosst verlor das Leben. Man sandte Truppen in die rebellierenden Orte, wo die rgestcllt war.

!> Hurdrte von Soldaten

Tie nächste Nummer erzchemt am Samstag vormittag, und des Festtags wegen fallt das Dienstagsblatt ans.