ItteMeiL,M
MdMlerhaltungzblLtt
MAtSblalt für
MgemeinesÄNMae
odsrsn >)vcr^
Erscheint rvöchentl. Smal: Dienstag, Donners- 145. tag und SamStag und kostet in Mensteig SO ^ im Bezirk 90 außerhalb 1 das Quartal.
Donnerstag dm 11. Dezör.
EinrückungSpreiS der Ispalt. Zeile für Altensteig . „ „ » und nahe Umgebung bei lmal. Einrückung 8 ^ 1890»
bei mekrmaliaer ie 8 auSwärtS ie 8
Gestorben: Schullehrer Fr. Matt, Wittlensweiler ; Bernhard Gaiser, z. Lamm, Mittelthal.
D Die Gesundheit
ist das höchste irdische Gut, da sie die unerläßliche Vorbedingung für alles Streben und Genießen ist. Daraus erklärt sich, daß das Koch'sche Verfahren, welches einem nickt unbeträchtlichen Teil der Menschheit zur Wiedererlangung resp. Wiederherstellung der erschütterten oder verlorenen Gesundheit helfen soll, einen so allgemeinen Enthusiasmus unter den Aerzten und unter den Leidenden hervorgcrufen hat. Der Staat und die Kommunen thun viel, um der Erkrankung weiter Volkskreise vorzubeugen. Grenzabsperrungcn, Quarantänen, zwangsweise Desinfektionen, Impfungen, Nahrungsmittel- Untersuchungen, öffentliche Warnungen vor verfälschten Nahrungs- und Genußmitteln, Errichtung von Krankenhäusern und sonstigen hygienischen Instituten — das alles sind öffentliche Maßnahmen von der weitesten Bedeutung für die Gesundheitspflege.
Aber es könnte auch in dieser Beziehung viel mehr und fast ohne jeglichen Kostenaufwand geschehen. Der Krankheiten gewaltiges Heer könnte leicht dezimiert werden, wenn die Gesundheitspflege, die beste Vorbeugung gegen Krankheiten, zum allgemeinen Schulunterrichts- gegenstande erhoben würde. Von allen Vorurteilen, die der Menschheit schädlich werden, sind diejenigen die gefährlichsten, die sich auf die Gesunderhaltung des Körpers beziehen. Der Glaube an die Allgewalt der Medizin ist geradezu ein Krebsschaden, unter dem gewissenhafte Aerzte am meisten zu leiden haben.
Unsere kulturellen Verhältnisse und deren Entwickelung sind zum Teil Feinde der menschlichen Gesundheit. Spirituosen und Tabak, die «erregenden" Genußmiktel, wie Kaffe, Thee und Gewürze, der zu starke Genuß von Fletsch, das zu starke Salzen sind der Gesundheit nicht zuträglich; Mäßigkeit in allen Genüssen ist die Vorbedingung der Gesundheit. Sie allein macht den Körper „seuchenfest". Gesunde Luft, an
gemessene Kleidung — vor allem nicht zu warm — Reinlichkeit des Körpers, sie sind andern- teils unerläßliche Erfordernisse für die Gesunderhaltung des Körpers. Körperliche Bewegungen, gleichmäßige Ausbildung aller Muskeln, Regelmäßigkeit der ordentlichen Lebensweise, häufige Waschungen und Abreibungen des ganzen Körpers — das sind alles Maßnahmen, welche unser körperliches Wohlbefinden erhöhen und uns bei ausbrechenden Epidemien „sattelfester" machen werden.
Alle diese Andeutungen, deren Angaben zudem jedermann bekannt sind, müßten in der Schule schon vertieft, müßten alsdann den Kindern sozusagen in Fleisch und Blut übergeführt werden. Für den Menschen ist das wichtigste der Mensch und so müßte denn auch die Lehre vom Menschen, von seinem Bau, feinen Organen und deren Funktionen den Kindern in gründlicher Weise beigebracht werden. Die meisten Menschen sündigen durch ihre Lebensweise gegen sich selber, einfach weil sie das Richtige nicht kennen!
Die Wissenschaft ist jetzt dahin gelangt, für die sogenannten Ansteckungskrankheiten die Ursache in den verschiedenen Bacillen (kleinsten Lebewesen) gefunden zu haben und diese Entdeckung ist ein nicht hoch genug anzuschlagender Vorteil. Indessen wird man bei jeder Epidemie die Beobachtung machen, daß (glücklicherweise) nicht jeder Mensch der Ansteckung zugänglich ist; im Gegenteil zeigt sich fast immer die Mehrzahl als „immun" (seuchenfest); andere kommen mit leichteren Anfällen davon. Man darf aber bestimmt behaupten, daß alle diejenigen, welche schwer befallen werden, nicht nur „angesteckt" worden sind, sondern schon vorher eine krankhafte Veranlagung mit sich herumgetragen haben, die ihnen nicht ermöglichte, die in ihren Körper eingedrungenen, feindlichen kleinen Lebewesen zu bemeistern. Ein wirklich gesunder Körper wird die Eindringlinge verhältnismäßig leicht wieder ausscheiden und ein solcher ist nur zu erhalten, wenn man den Bedingungen gemäß lebt, welche die Natur für
unsere Erhaltung gestellt hat und welche sind: Genügende und reine Nahrung, frische Luft, Reinlichkeit, körperliche Bewegung und damit regelmäßig abwechselnd Ruhe!
Man glaube gar nicht, daß zur Befolgung einer vernünftigen gesundheitlichen Lebensweise der Uebertritt des Einzelnen zu einer extremen „Gesundheitssekte" nötig ist, wie es z. B. die „Vegetarier" und die „Jägerianer" sind. Zu erstreben ist dagegen vor allen Dingen, daß die Lebensweise der Einzelnen eine vernünftige und möglichst naturgemäße ist. In der Beachtung derselben steckt ein gutes Stück von der Lösung der sozialen Frage.
Deutscher Reichstag.
In der 36. Plenarsitzung kam zunächst der Gesetzentwurf betr. den Schutz von Gebrauchsmustern zur ersten Beratung, welcher nach kurzen Bemerkungen an die Patentkommission verwiesen wurde. Bei der nun beginnenden ersten Beratung der Novelle zum Krankenkaffengesetze betonte Staatssekretär v. Bötticher besonders, daß es durchaus nicht in der Absicht der Vorlage liege, den freien Hilfskassen die Lebensader zu unterbinden. Abg. Schumacher meinte indes, daß die freien Kaffen durch diese Novelle tatsächlich unter Kuratel gestellt würden. Mit der Ausdehnung des Krankenkassengesetzes auf weitere Kategorien seien seine (sozialdemokratischen) Freunde einverstanden. Dagegen seien verschiedene Bestimmungen der Vorlage völlig unannehmbar, namentlich die, wonach die Kranken - Unterstützung bei Arbeitslosigkeit infolge Kontraktbruches wegfallen soll. Grausam sei es auch, daß die unehelichen Wöchnerinnen keine Kranken-Unterstütznng erhalten sollten, zumal in diesen Fällen meistens eine nachträgliche Ehe eintrete. Abg. Merbach (Reichspartei) erklärte, daß seine politischen Freunde mit der Vorlage einverstanden seien. Abg. Hirsch meinte, der rote Faden, der durch das ganze Gesetz gehe, sei immer mehr Zwang, immer mehr Büreau- kratie. Immerhin erkenne auch er an, daß mancherlei technische und materielle guteBestim-
Der Müchtling.
Historische Novelle von August Nordheim.
(Fortsetzung.-
„Jane", sagte der Vater, nachdem dies geschehen, „du kannst uns jetzt ohne Besorgnis verlassen. Lege dich schlafen, es wird dir wohlthun nach all den Aufregungen des Tages. Morgen sprechen wir weiter über die zu treffenden Maßregeln. Gute Nacht, mein Kind."
Nachdem das Mädchen sich auf sein Geheiß entfernt hatte, wandte « sich an seinen Gast: „Geht voran, junger Herr!"
Der Fremde betrat den finsteren Gang; ihm auf dem Fuße folgte der Alte, welcher die Thür sorgfältig hinter sich verriegelte und alsdann eine aus der Mauer herausragende Kurbel so lange drehte, bis ihm ihr Widerstand anzeigte, daß drinnen die Holztäfelung wieder ihre ursprüngliche Lage eingenommen habe. So lag die Bibliothek wieder einsam und verlassen und kein unberufenes Auge hätte das Geheimnis erspäht und wenn es auch monatelang geforscht hätte.
Graf Herbert schlug Feuer, entzündete die Lampe und, sie dicht vor das Antlitz seines Gastes haltend, betrachtete er dasselbe ernst, als wollte er im Grunde des Herzens seines neuen Hausgenoffen lesen, ob der Fremde des Vertrauens auch würdig sei, das in ihn gesetzt worden, als ihm das wichtige Geheimnis des verborgenen Ganges so deutlich offenbart wurde, und ob ihm vor allem die nun folgenden, noch weit wichtigeren Geheimnisse dieses unterirdischen Weges anvertraut werden könnten.
„Ja!" rief der alte Mann erleichtert, als seinem forschenden Blick rin offenes, treuherziges Auge begegnete; „es ist gut! Sei es denn!" Er hatte es nicht anders erwartet.
Kein weiteres Wort fiel, der Weg war lang und vielfach ver
schlungen ; durch endlose Korridore, die zum Teil in die massiven Grundmauern des Schlosses eingehaucn waren, ging es Treppen hinauf und hinab, bis endlich die beiden Männer vor einem kleinen, kaum neun Fuß hohen Raum Halt machten.
Ein dunkler eichener Tisch nebst ebensolchen Bänken, ein alter Armstuhl sowie in der Ecke ein niedriges Bett, jetzt mit schneeweißen Linnen bedeckt, machten ein nur kärgliches Mobiliar aus.
Ein Standbrett an der Wand mit einem irdenen Napf, einem Salzfaß und einem Eßbesteck nebst einigen großen, kunstvoll geschliffenen Kristallgläsern darauf vermochten nicht, dem Zimmerchen den Anstrich einer behaglichen Wohnlichkeit zu geben.
Kein Teppich deckte den rauhen Boden, keine Vorhänge die kahlen getünchten Wände; keine Fenster, keine Schießscharten zeigten sich, welche dem goldenen Sonnenlicht hätten Eingang gewähren können, um einem Verfolgten, Gefährdeten oder Gefangenen in diesem tief in der Erde ausgegrabenen Kellerorte von Trost und Hoffnungsträumen zu sprechen.
Doch mußte dieser Raum mehr die Bestimmung eines Zufluchtsraumes als einer Zelle bei seiner Anlage erhalten haben, denn man sah drei Thüren, mit schweren Ketten und Riegeln fest verwahrt.
„Es ist eine armselige Wohnung hier, junger Herr", bemerkte Graf Herbert wie entschuldigend, indem er die kleine Lampe auf den Tisch stellte. „Jedoch sie ist sicher und das ist vorderhand die Hauptsache. Kein lebendes Wesen außer Jane und mir kennt das Vorhandensein dieses Verstecks, viel weniger den Weg dahin; und ehe Ihr es verlaßt, müßt Ihr mir mit heiligem Eide geloben, es niemals zu verraten, weder durch Wort noch That, weder mündlich noch schriftlich. Hier mögt Ihr bleiben, bis wir einen sicheren Weg zu weiterer Flucht ausfindig gemacht haben."