Kirche übergetretene Czeche Roschankowski, sucht ihr nun diesen Charakter mit allen Mitteln zu nehmen. Als am vorigen Donnerstag das neue Schulhalbjahr seinen Ansangnahm, trafderOber- lehrer der Religion, wie gewöhnlich, seineVorberei- tungen zur gemeinsamen Morgenandacht, der Di­rektor Roschankowski aber erklärte, dieseAndachten seien völlig überflüssig, es sei denn, daß Herr Feyerabend die Andacht in russischer Sprache abhalten wolle. Feyerabend erwiderte, seit mehr als hundert Jahren sei die Schulandacht stets in deutscher Sprache verrichtet worden und ohne besondere Anordnung der ihm Vorgesetzten Kirchenbehörde dürfe er hierin keine eigenmächtige Aenderung treffen, worauf der Direktor ant­wortete, wenn es ihm nicht passe, könne er gleich seinen Abschied nehmen und der russische Priester sei bereit, sofort die Andacht abzuhalten. Und in der That erschien gleich darauf ein russischer Protosinei mit mehreren Diakonen, die zum ersten mal in diesen ehrwürdigen Räumen nach griechisch-orthodoxem Ritus eine Liturgie mit Weihwassersprengung vollzogen, der trotz ihres Einspruchs die protestantischen Schüler des Gym­nasiums beiwohnen mußten, während die Lehrer erklärt hatten, sich diesem Zwange nicht fügen zu wollen. Oberlehrer Feyerabend reichte sofort sein Entlassungsgesuch ein, andere Lehrer wer­den ihm folgen.

* Belgrad. Zu den bevorstehenden Skupsch- tina-Wahleu stellt ein geheimes Komitee den König Milan an fünf Orten als Kandidaten auf. In Nisch soll diese Kandidatur nicht un­bedeutende Chancen haben.

* Sofia, 7. Sept. Die heute stattgefun­denen legislativen Wahlen verliefen in voll­kommener Ordnung. In Südbulgarien fand große Beteiligung der bäuerlichen Wähler statt.

* Sofia, 8. Sept. In fast allen Bezirken wurden die Regierungskandidaten gewählt, darunter Stambulow in Sofia, Tirnowa und Philipoppel, der Minister Tontcheff in Sofia, Rustschuk und Carlova, der Minister Gircoff in Sofia und Tirnowa u. s. w. Ueberall im Lande herrscht großer Jubel. Stambulow em­pfing zahlreiche Glückwunschtelegramme.

* Lissabon, 6. Sept. Als Ausdruck der über den englisch-portugiesischen Vertrag herr­schenden Mißstimmung haben heute lärmende Kundgebungen und Ruhestörungen stattgefunden, so daß der Ministerrat deshalb zusammentrat.

* Aus New-Uork wird gemeldet: Fräu­lein Barrundia ist aus Guatemala ausgewiesen worden.

Haus- und Landwirtschaftliches.

* (Z u r K u l t u r des Spinats.) Der Spinat gehört zu denjenigen Gemüsen, welche eine günstige gesundheitliche Wirkung auf den Organismus ausüben und sollte deshalb, zumal er ein äußerst feines Gemiffe ist, noch weit mehr Beachtung finden, als ihm bisher geschenkt wird. Seine Kultur ist eine sehr einfache, seine An­sprüche an Boden und Düngung sind keine be­

sonders hohen, vor allen Dingen aber ist sein Wachstum ein ungemein schnelles. Schon ca. 4 Wochen nach der Aussaat liefert er eine Ernte. Fleißiges Begießen ist freilich eine un­erläßliche Bedingung, wenn die Qualität eine hohe sein soll. Da der Spinat sehr leicht in den Samen schießt, so ist es angezeigt, kleinere Portionen mit einigen Tagen Pause auszusäen. Für Samenkulturen eignen sich besonders die rundblättrigen Sorten, welche sich durch dunkles Blattgrün auszeichnen. Dieselben lassen sich bis in August aussäen; zu den späteren Saaten nehme man spitzblättrigen Spinat, welcher be­deutend widerstandsfähiger gegen Kälte ist. Bei der Kultur im kleinen, wo der Spinat gesät werden soll, ist die breitwürfige Saat mit Rück­sicht auf die möglichste Ausnützung des Landes zu befürworten; bei der Kultur im großen da­gegen ist die Reihensaat die bessere, weil die notwendige Reinigung dann mittelst Hack­instrument vorgenommen werden kann.

Handel «»d Verkehr.

* Altenfteig, 10. Sept. Der gestrige Viehmarkt war wohl infolge des guten Wetters, welches die Landleute zur Besorgung der Feld­geschäfte benützten, weniger zahlreich frequentiert als der letzte Markt. Anfangs wollte sich kein rechter Handel entwickeln, es wurde aber schließ­lich zu den seitherigen hohen Preisen ziemlich viel umgesetzt. Auf dem Schweinemarkt fan­den die zugeführten Tiere zu außerordentlich hohen Preisen raschen Absatz. Milchschweine kosteten 3036 Mark, Läufer 50100 Mark per Paar.

* Stuttgart, 8. Sept. (Landesprodukten- Börse.) In der letzten Woche hat sich im Ge­treidegeschäft am Weltmarkt nichts geändert, die guten trockenen Weizen von Rußland und Ungarn find gesucht, da größtenteils die Früchte von Süddeutschland nicht allein vermahlen wer­den können; an den württembergischen Schrannen ist der Preis etwas zurückgegaugen. Die Märkte am Rhein und teilweise von Bayern melden feste Haltung. Ungarischer und russischer Weizen geben keine Rechnung hteher. Die Zufuhr von Hopfen ist 25 Ballen, der Preis bewegt sich zwischen 150200 Mark. Verkauf schleppend. Ueber den Stand der Spätkartoffeln laufen von der Alb und dem Schwarzwald große Klagen ein, indem viele faul aus dem Boden kommen. Die heutige Börse ist sehr zahlreich besucht, Verkauf von inländischen Früchten sehr lebhaft. Wir notieren per 100 Kilogr.: Weizen Land 19 Mk., bayer. 20 M. bis 20 M. 75 Pf., dto. Ungar. 20 M. 50 Pf., Kernen 20 Mk. bis 20 M. 50 Pf., Dinkel 13 Mk. 50 Pf., Haber neu 13 Mk. 60 Pf.

* Stuttgart, 9. Sept. (Obstmarkt.) Auf dem Wilhelmsplatz sind heute 300 Ztr. Most­obst zugeführt, Preis 3 Mk. bis 3 Mk. 50 Pf. per Ztr.

* Heilbronn, 9. Sept. (Obst- und Kar­toffelmarkt.) Aus dem heutigen Markte stellten

sich die Preise bei gelben Kartoffeln auf 2 Mk. 10 Pf. bis 2 Mk. 40 Pf., blauen auf 2 Mk. 50 Pf. bis 2 Mk. 55 Pf., Wurstkartoffeln auf 2 Mk. 40 Pf. bis 2 Mk. 60 Pf., roten Stäf- feleskartoffeln auf 2 Mk. 60 Pf. per Ztr., Mostobst auf 2 Mk. 20 Pf. bis 3Mk. 50 Pf., gebrochenes auf 6 bis 7 Mk. per Ztr.

* Kirchheim u. T., 8. Sept. (Obstmarkt.) Zugeführt etwa 250 Säcke, Preis 8 bis 9 Mk. per Sack.

Vermischtes.

* (Ab gefertigt.) Prinzipal:Zum Kukuk, scheren Sie sich fort mit Ihren Proben! Ich will mit Ihrem Geschäft nichts zu thnn haben: Sie handeln mit Lumpen!" Reisen­der (verbindlich):In diesem Augenblick aller­dings."

* (Eine Verräter ischeAnzeige.) Die Voss. Ztg." brachte in ihrer Nummer vom 21. August folgendes Heiratsgesuch:Junger Mann, mosaisch, seit 2 Jahren im Wäsche- und Schürzen-Fabrikationsgeschäft, wünscht sich mit ca. 30 000 Mark zu verheiraten und ersuche rc.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Mrnsteig.

Rheumatismus Gicht.

Gegen diese Krankheitserscheinungen giebt es kein besseres Mittel in der Welt als ^Var- iwr's 8s.ls Ours." So schreibt Herr Inspektor Fr. Wiencke in Groß-Niköhr b. Gnoien i. Mcklbg. Anfangs April v. I. erkrankte ich plötzlich sehr schwer an Gelenkrheumatismus, konnte mich gar nicht bewegen und mußte längere Zeit das Bett hüten. Durch Salicylsäure und später durch Dampfbäder, welches beides der Arzt verordnete, wurde mir zwar Erleichterung verschafft, aber keineswegs die Krankheit beseitigt. Die mir empfohlenen Hausmittel, von denen ich unzählige nach einander anwandte, erwiesen sich alle ohne Ausnahme als nutzlos und mit Eintritt des regnerischen Wetters zu Anfang August ver­schlimmerte sich das Uebel der Art, daß ich fürchtete, wieder bettlägerig zu werden. Da ließ ich mir 2 Flaschen 8s,ks Ours

und 2 Flaschen ^arQsr's 8z.ks Lills schicken, um dieses in den Zeitungen oft empfohlene Heilmittel noch als letztes zu versuchen; nahm beides genau nach Vorschrift und konnte schon nach Verbrauch der dritten Flasche bedeutende Linderung verspüren. Heute habe ich die 10. Flasche verbraucht, bin wie von neuem geboren und hoffe fest, daß nach 4 bis 5 wetteren Flaschen auch der letzte Rest dieser so heim­tückischen Krankheit verschwunden sein wird. Ich wünsche, daß dieses zum Wähle meiner leidenden Mitmenschen öffentlich in den Blättern bekannt gemacht wird, bin auch gerne bereit auf Anfrage mit Retourmarke jede Auskunft zu erteilen.

In den bekannten Apotheken L Mk. 4 die Flasche zu haben. Haupt-Depots: Hirsch-Apotheke in Stuttgart und Schwanen-Apotheke in Eßlingen, sowie bei M. Naschold, Conditor, Altensteig.

ders, am dritten Ort man kann nie wissen du wirst sehen, daß er unsere Sache geschickt führen wird; er ist ein gewitzter Bursche und kein Neuling", lachte sie.

Dann näherte sie sich Robertson und küßte ihn liebevoll; hatte sie durchgesetzt, was sie wollte, dann war sie von bezaubernder Liebenswürdig­keit. Sie verstand es den ohnehin schon von Leidenschaft Verblendeten immer von neuem an sich zu fesseln.

Die beiden hatten ihren Plan aufs schlauste ausgeheckt; hätten sie aber das triumphierende Lächeln auf dem Gesicht des Kammerkätz­chens sehen können, als sie in einem Nebenzimmer sich vom Schlüsselloch entfernte, vielleicht würde ihre Zuversicht in das Gelingen des Planes etwas in's Schwanken gekommen sein.

XII.

Na, ist das alte Schaf endlich weg?" war die Frage eines elegant gekleideten Stutzers, als er zu Julia ins Zimmer trat.

Ja Gottlob, Charles, und ich habe ihn dazu gebracht, daß er dir einige der Wertpapiere zum Verkauf übergeben will."

Der junge Mann nannte sich Charles Harrington und galt als der Bruder Julias. Er hatte ein hübsches Aeußere, aber auch seinen Zügen war das Gepräge von Rohheit aufgedrückt, die einzige Ähnlich­keit, die sich zwischen ihm und dem schönen Weibe entdecken ließ.

Wieder kam Lucie mit einer Toilettenfrage zu ihrer Herrin; diese fertigte sie kurz ab und sandte sie hinaus.

Wer ist denn dieses hübsche Mädchen, Julia?" fragte Charles Harrington mit einem leichten Zwinkern seiner kleinen Augen.

Ein mißtrauischer Blick traf ihn, während Julia leichthin sagte:

Meine neue Jungfer!"

Verdammt hübsch!" ein leiser Pfiff begleitete diese leise gespro­chenen Worte.Wie kommst du zu ders" fragte er laut.

Aber Charles, wir haben doch Wichtigeres zu besprechen!"

Also, ich soll ein paar von den Obligationen verkaufen? paßt mir jetzt nicht so recht, man ist ohnehin schon hinter mir her"

Seit wann bist du denn ein Feigling?"

Na, Julia, ich will's ja thun, nur mußt du deinem Alten sagen, was ich dabei riskiere und daß ich eine angemessene Belohnung von ihm erwarte."

Bist du naiv, Charles!"

Wieso?'

Na, merkst du denn nicht, daß ich jeden Heller von dem gestohlenen Gelde für mich will? Dann wandern wir zusammen aus, Charles."

Ganz hübsch ausgedacht, Schatz; du unterschätzest deinen Alten doch etwas. Augenblicklich ist er bis über die Ohren in dich verliebt und sieht alles mit deinen Augen und thut, was du willst. Es möchte aber doch eine Zeit kommen, wo er anders denken lernt; er ist ein schlauer Fuchs sonst; er könnte dich noch in Erstaunen setzen. Liebste."

Ich übernehme jedes Risiko, Charles; ich kenne ihn besser als du. Morgen abend will er dir die Obligationen einhändigen; wo kann er dich treffen, unauffällig? Hier paßt es mir nicht."

Bei Dorick; da kümmert sich kein Mensch um einen."

Dorick war der Name des berüchtigten Hotels, in dem Mary Golktug ihre Unterredung mit Henry Wildert gehabt hatte.

Wo da? Im Restaurant ist es doch unmöglich?"

Gewiß. Er soll auf Zimmer Nr. 20 kommen; ich werde das für einen Tag mieten."

(Fortsetzung folgt.)