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Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Dormers- rag und Samstag und kostet in Altenstcig SO ^ im Bezirk SO außerhalb 1 ^ das Quartal.

Donnerstag den 11. Septör.

Emrückungspreis der lspalt. Zeile für Altensteig und nahe Unigebunz Lei Imal. Einrückung 8 ^ bei mehrmaliger je 8 auswärts je 8

1890 ,

Gestorben: Buchhändler Otto Bachmann, Saulgau; Neallehrer Heinrich Lörcher, Schorndorf; Metzgermeister Ehristian Th. Eitel, Eßlingen.

L Das Heimstätten-Gesetz.

Wie erinnerlich, wurde vor einigen Monaten aus der Mitte des Reichstages ein Heimsiätten- Gesetzentwurf mit sehr ausführlicher Begründung zur Vorlage gebracht. Man hatte sich die in mehreren nordamerikanischen Staaten bestehenden liomostöLä la^vs" zum Vorbilde genommen, wonach ein bestimmter Grundbesitz nebst dem zur Bewirtschaftung nötigen Inventar keiner Abpfändung unterworfen ist, wenigstens so lange der Eigentümer oder dessen Frau mit minder­jährigen Kindern darauf wohnen.

Bei der geplanten Uebertragung dieser amerikanischen Einrichtung auf deutsche Ver­hältnisse hatte man den Zweck im Auge, die ärmere ländliche Bevölkerung seßhafter zu machen und ihr Abströmen nach den Jndustricorten zu verhindern. Ferner versprach man sich von einemgefestigten", wenn auch kleinen Besitz, einen Widerstand gegen sozialdemokratische Agi­tation. Der betreffende Gesetzentwurf hat in allen Parteien Anhänger und Widersacher ge­sunden; wie die G r u n d stimmung ist, hat er keine Aussicht, in der vorliegenden Form zum Gesetz zu werden. Mit einer unverkennbaren Berechtigung hat man gefragt, weshalb denn allein der Landarbeiter durch solche Bestimmungen geschützt werden solle und weshalb man dem Industriearbeiter die etwaigen Vorteile einer solchen Gesetzgebung vorenthalten wolle.

In Amerika da man sich einmal auf das Beispiel jenes Staatswesens bezogen hat ist das Arbeiterheim ziemlich allgemein vor der Pfändung geschützt. Denn während die für ländliche Verhältnisse berechnetenlwmostoaä lavs" nur in einigen Staaten der Union gelten, läßt man in allen die Möbel, Werk­zeug, Bücher, Hausgerät u. dgl. in einem Um- sgnge frei, der weit über die Bestimmungen des tz 715 unserer Zivil-Prozeß-Ordnung hinausgeht.

Wenn man in dem obenangcführten Para­graphen für die ärmeren Klassen bei uns engere Grenzen zog, so that man dies in der ausge­sprochenen Absicht, den Kredit der Unbemittelten nicht zu schädigen. Indessen ist dem Arbeiter im allgemeinen weit eher Arbeitssreudigkeit und Arbeitsfähigkeit als Kredit vonnöten und die elfteren gehen leider in vielen Fällen durch den Umstand verloren, daß das Gesetz dem Gläubi­ger das Recht giebt, dem Schuldner ss gut wie alles zu nehmen. Es können sehr wohl Fälle rmtrcten, in denen auch der Arbeiter des Kre­dits nicht entraten kann. Indessen führt die übermäßige Ausnutzung des Kredits doch zu gar sehr bedenklichen Zuständen, wie sie teil­weise in dem Wesen der Raten-Abzahlungs- grfchäfte ihren Ausdruck finden. Gewiß ist jede Einschränkung der persönlichen Freiheit zurück- Wweisen; hat aber die Ausdehnung der Heim­stättengesetzgebung auf die Industriearbeiter die Wirkung, daß deren Kredit darunter leidet, so wird das immer nur als das kleinere Uebel und keineswegs als eine Einengung der persön­lichen Freiheit aufzufassen sein.

Was für diese Ausdehnung spricht, ist auch schon die Thatsache, daß die Beschlagnahme des kleinen Eigentums selten zu ihrem eigentlichen Zwecke, der Befriedigung des Gläubigers, führt; Exekutions- und Auktionskosten nehmen einen beträchtlichen Teil in Anspruch, und wie bei den Versteigerungen die Sachen meistens für

Schleuderpreise Weggehen, ist ja nur zu bekannt. So kommt es denn gar zu häufig vor, daß nach der Pfändung der Schuldner nicht nur wirtschaftlich vollständig ruiniert ist, sondern auch sein Schuldverhältnis nach wie vor, wenn auch etwas verkleinert, bestehen bleibr. In vielen Fällen wird die öffentliche Armenpflege helfend eiugreifen müssen und dadurch werden solche Vorfälle geradezu zu einer Kalamität, wie man sich denn auch nicht wundern kann, wenn der Betroffene sich mißvergnügt auf Seite derer stellt, welche die heutige Gesellschaft stürzen wollen.

In den Motiven zu dem dem Reichstage vorgelegten Heimstütten-Gesetzenttvurf heißt es selber:Wie viel böses Blut durch Vernichtung gerade der kleinsten Existenzen geschaffen werde, das vermag wohl niemand zu ermessen, und mau kommt zu dem Schluß, daß es sehr wohl zulässig sein wird, solche kleinen und kleinsten Existenzen vor der Wirksamkeit äußerster Rechts­schärfe zu schützen." So zutreffend dies auch ist, so ist nicht abzusehen, warum es nicht auch für die städtischen Arbeiter gelten sollte!

Laudesnachrichteu.

* Aus den Verhandlungen der 32. Wander­versammlung der württ. Gcwerbevereiue in Rottweil, welche am 8. Septbr. daselbst tagte, testen wir folgendes mit: Stadtpsteger Weith - Eßlingen beantragte im Auftrag des Gewerbevereins Eßlingen, man solle die Wander­versammlung der Gcwerbevereiue nur alle 2 Jahre Hallen. Dieser Antrag wurde abge­lehnt. Als erster Vortrag folgte nun der von Amtmann Dr. Schönmann aus Stuttgart über das Gesetz, betr. die Alters- und Jnvali- dilätsverficherulig vom 22. Juni 1839. Das Gesetz will den sozialen Frieden fördern; der größte Gegner des Gesetzes ist der Umstand, daß man, weil cs so sehr umfangreich ist, es umfaßt 162 W, seine Bestimmungen zu wenig kennt. In längerer Ausführung legt Redner die wirtschaftliche Bedeutung des Gesetzes für die Versicherten dar und betont, wie notwendig es ist, daß die Arbeiter sich bei Zeiten ihre zur Versicherung notwendigen Nachweise bis Novbr. i 1886 zurück verschaffen. Zum Schluffe führt i Redner aus, daß mit diesem großartigen Gesetz Deutschland allen Staaten vorangegangen sei, daß bei der Abfassung alle Erfahrung gefehlt habe, und daß manche Bestimmungen angefochten werden können; aber man dürfe nicht wegen Einzelheiten das Ganze in Frage stellen. Als 2. Redner irat Prof. Gießler-Stuttgart auf, er sprach über franz. Gewerbe- und Fort­bildungsschulen auf der letzten Weltausstellung in Paris und den Besuch der ersten und be­deutendsten Pariser Lehrwerkstätte. Die sehr interessanten und belehrenden Ausführungen wurden mit großem Beifall ausgenommen. Es folgt ein Vortrag von Handelsschuldirektor Spöhrer-Calw über das Vorkommen zahlreicher Wechsel von zu kleinen Beträgen im Wechsel­verkehr. Redner geht davon aus, daß der Wech­sel im allgemeinen eine bequeme Erleichterung im Geschäftsverkehr sei, daß er aber, wie in Oesterreich das kleine Papiergeld, in zu kleinen Beträgen eine große Last werde, ja viel Zeit und Geld koste. Der Gewerbetreibende wird auch in seinen Berechnungen gestört, wenn solche unvorhergesehene Kosten ihm zufallen. Deshalb muß Hilfe geschafft werden. Redner kommt zu dem Antrag, die Wanderversammlmig wolle die Vorstandschaft ermächtigen, die Handels­

kammern zu veranlassen, bei der Regierung da­hin zu wirken, daß das Wschselgesetz einen Nach­trag erhalte, nach welchem Wechsel unter 50 Mk. nicht ausgestellt werden dürsten. An den Vor­trag, welcher ebenfalls durch Beifall ausgezeich­net wurde, schließt sich eine Erörterung au ; u. a. wird vorgeschlagen, man solle statt zu verbieten, Wechsel unter 50 Mk. auszustellen, sagen, man dürfe solche Wechsel nicht in Kurs bringen. Der Antrag Spöhrer wird hierauf von der Versammlung angenommen. Zum neuen Vor­stand wurde Pros. Beißwanger-Reutlingen ge­wählt. Es kommen noch einige Wünsche in Bezug auf gewerbliche Zustände zur Besprechung, so z. B. das Verbot, Knaben unter 14 Jahren im Dienst einzustelleu, Fragcbuch für Lehrlings- Prüfungen a. A. Als nächster Versammlungs­ort wurde Bietigheim bestimmt. 39 Vereine hatten die Versammlung beschickt, zu der der Vorstand der Zentralstelle für Gewerbe und Handel, Direktor v. Gaupp, und als Vertreter des K. Ministeriums des Innern Oberregier­ungsrat Schicker erschienen waren.

* Stuttgart, 6. Sept. DerFranks. Zlg." wird geschrieben: Die bedeutende Mühlen- firma H. Krauß in Munderkingen hat sich ge­nötigt gesehen , ihre Zahlungen einzustellen. Hauptbeteiligt sind württembergische und aus­ländische Getreidefirmen, darunter zwei größere in Ulm mit 76,000, bezw. 27,000 Mk., zwei in München - Wien mit 62,000, bezw. 49,000 Mark u. s. w. Von Banken nennt man die Württ. Vereinsbank, die aber für Gesamtgut­haben durch Hypothek und Bürgschaft gedeckr sei; außerdem haben Familienmitglieder 150,000 Mark zu fordern. Bei Zwangsausschüttung sollen nur etwa 30 pCt. zu erwarten sein, da­her die Absicht aufgetaucht ist. das Geschäft in die Aktienform umzuwandcln.

' Stuttgart, 8. Sept. Aus dem Ober­amt Crailsheim wird demSchwäb. Merkur" gemeldet: In den letzten Wochen haben die Geistlichen zweier evangelischen Gemeinden des hiesigen Bezirks ihre Stellen niedergelcgt und sind ans der ev. Landeskirche ausgetreten. Beide Herren sollen durch das ev. Kirchcngemeindc- gesetz, mit dessen Inhalt sie nicht einverstanden sind, zu diesem Schritte veranlaßt worden sein.

" Die Abgeorducteuwahlen für die Stadt Ellwangeu und für die Oberamtsbezirke Besig­heim, Tübingen und Tuttlingen sind durch Ver­fügung des König!. Ministeriums des Innern auf 8. Oktober d. I. angeordnct worden.

* N lm, 9. Sept. Das Defizit des Ulmer Münsterban-Festes beträgt 86,000 Mk., wovon 80,000 Mk. durch die Münsterbaukasse gedeckt werden.

* (Verschiedenes.) Eine für alle Imker merkwürdige Entdeckung hat ein Bienenzüchter in Bietigheim gemacht. Derselbe fand, daß ein junger Schwarm nach einigen Wochen noch sehr wenig Brut eingelegt hatte, wiewohl wenn die alte Königin mitgezogen wäre, das nicht hätte sein können. Dagegen waren in dem alten Stock eine Menge Eier zu sehen. Da nun eine alte Königin alsbald mit Eier­legen beginnt, eine junge aber nicht, so kam der Imker auf den Gedanken, die Königinnen zu suchen und siehe, er fand in dem alten Stock die alte 2jährige, im neuen aber eine junge Königin. Eine Täuschung blieb hier ausge­schlossen, da dieser Stock eine Cyper-Königin, die einzige auf dem ganzen Stand, hatte. In Hirrlingen, OA. Rottenburg, ist am 5. d. M. durch einen 8 Jahre alten Knaben