während junge Spatzen, die auf der Südseite des Nestes ihr Quartier aufgeschlagen hatten, den Tod fanden.
* Heidelberg, 6. Juni. Im Laden des Herrn Juwelier G. Kraft, Hauptstr. 129, ist gestern ein großer Einbruchsdiebstahl ausgeführt worden. Es fehlen Brillanten, Ringe, die schwersten Bestecke und viele andere wertvolle Sachen, die zusammen eine beträchtliche Summe repräsentierten. Die genaue Höhe der letzteren ist noch nicht festgestellt.
* Weil heim. In der Nägele'schen Wirtschaft zu Deutenhausen hänselte der frühere Bürgermeister Sporer den Wächter Schwarzbauer wegen seiner Heiratslust. Dieser nahm die Sache übel auf und entfernte sich mit den Worten: „Ich zahl nachher." Bald darauf krachte ein Schuß vor dem Fenster und in den Kopf und Hals getroffen sank Sporer in seinen Sessel zurück. Ec hinterläßt eine Witwe und sieben kleine Kinder. Der Mörder hat sich dem Gericht gestellt.
* München, 7. Juni. Bei Minister Freiherr v. Lutz ist die Herzwassersucht eingetreten- Eine Katastrophe wird täglich befürchtet.
* München. Das Fechten der Kavallerie vom Pferde aus wird im deutschen Heere mit besonderem Eifer betrieben. Der Prinz-Regent Luitpold hat daher in der bayerischen Armee eine Verfügung getroffen, die so allgemeinem Beifall begegnete, daß sie wahrscheinlich auch in den anderen Kontingenten des Deutschen Reiches Nachahmung finden wird. Kavalleristen (Mannschaft und Unteroffiziere), welche im Säbelfechten vom Pferde aus eine besondere Fertigkeit erlangen, erhalten als Auszeichnung blau-weiße Sparren am rechten Oberärmel des Waffenrockes. Hat ein Unteroffizier anläßlich wiederholter Auszeichnungen im Säbelfechten drei solche Aermelstreifen aus Baumwolle erworben, so erhält er bei wetteren Auszeichnungen Aermelstreifen aus silbernen Treffen bis zur Anzahl von drei Sparren. Bei den Fußtruppen gelten ähnliche Abzeichen als Schützen-, bei der Artillerie als Schießauszeichnung.
* Berlin, 5. Juni. Wie verschiedene Blätter melden, werden für die Erhöhung der Offiziersgehälter 18 Millionen Mark verlangt.
Berlin, 6. Juni. (Das Vermögen der Stadt Berlin.) Nach dem für das Jahr 1888 bis 1889 abgeschlossenen Lagerbuche über das Vermögen der Stadtgemeinde Berlin stellen sich die Aktiven auf 407 897 600 Mark, darunter der Grundbesitz auf 262 312 791 Mark, die Passiven auf 192 390111 Mk., darunter sind Anleiheschulden in Höhe von 187 095 600 Mk.; es beträgt das Vermögen der Stadt Ult. März 1890 215507 548 Mk. Gegen den Abschluß des Vorjahres hat eine Vermehrung des Vermögens um rund 20 Millionen Mark stattgefunden und zwar insbesondere durch die Bauwerte der in der Ausführung begriffenen städtischen Anstalten.
* Berlin, 6. Juni. Der Militärkommis
sion des Reichstags ist eine Berechnung über die aus der Vorlage entstehenden Mehrkosten zugegangen. Für Preußen betragen die dauernden Mehrausgaben 13,928,000 Mk., die einmaligen 34,034,608 Mk., für Württemberg die dauernden Ausgaben 737,555 Mk., die einmaligen 789,650 Mk.
* Berlin, 6. Juni. Das Zustandekommen des Sperrgeldergesetzes ist durchaus zweifelhaft.
* Berlin, 7. Juni. Dem Reichstage ging ein neues Weißbuch über Ostafrika zu, enthaltend Berichte über die Unterwerfung Banaheris, die völlige Beruhigung des Nordens, die Vorkommnisse im Monat April, der Sklavenhandel innerhalb der deutschen Interessensphäre, die Einnahme- von Lindi, die Gefechte im Hinterlande von Lindi und die feindliche Besetzung Mikin- danis.
* Die Nachricht von der Verlobung des Grafen Herbert Bismarck mit einer Dame aus der englischen Aristokratie wird der „Allg. Ztg." als unbegründet bezeichnet.
* Berlin, 7. Juni. Für den Montag früh in Potsdam eintreffenden Kronprinzen von Italien ist großer Empfang befohlen. Das militärische diesseitige Gefolge empfängt den Kronprinzen an der Grenze bei Eydtkuhnen. Am Bahnhof in Potsdam ist großer Empfang, Dienstag Parade, dann Galadincr, Hofkonzert im Neuen Palais ec.
* Straßburg i. E., 5 Juni. Die deutsche Landwirtschaftliche Ausstellung wurde heute um 12 Uhr feierlich eröffnet. Der Statthalter gab einen Ueberblick über die Geschichte der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft und ihrer Ausstellungen, er pries die reiche Beteiligung an der Straßburger Ausstellung, brachte ein Hoch auf den Kaiser aus und erklärte die Ausstellung für eröffnet. Unterstaatssekretär v. Schraut hieß die Landwirte im Namen der Negierung willkommen und zählte die großen Meliorationswerke auf, die seit 20 Jahren in Elsaß- Lothringen unternommen worden sind. Bulach, Präsident des Landwirtschaftsrats, wies auf die Interessen des Kleinbetriebs hin, sprach von der Geschichte der Handelsgewächse in Elsaß und von dem Elsässer Wein, den schon die alten Germanen getrunken hätten. Der Schluß der Rede, der den Wunsch auf Erhaltung des Friedens aussprach, wurde mit lautem Beifall ausgenommen. Bürgermeister Back hieß die Ausstellung Namens der Stadt willkommen. Ausstellungs-Direktor Eydt dankte Namens der landwirtschaftl. Gesellschaft. Anwesend waren die Spitzen sämtlicher Civil- und Militärbehörden und die Vorstände der landwirtschaftlichen Gesellschaft. Nach der Eröffnung wurden die Gestütshengste und Militärpferde vorgeführt.
Ansländisches.
* Wien, 6. Juni. Der Wiener Schützen- Verein wird 300 Mitglieder mit einem Sonderzuge zum deutschen Bundesschieben nach Berlin entsenden.
Tiere stürzten in die Tiefe und brachen das Genick. Der Schaden des unversicherten Besitzers beläuft sich auf mindestens 800 Mk. — In D ürren met tstett en hat sich der Gemeinderat I. G. im eigenen Hause erhängt. — In Gruppenbach wurde einem Mädchen durch den Göpel einer Futterschneidmaschine ein Bein so übel zugerichtet, daß es oberhalb des Knies abgenommen werden mußte. — In Hall geriet der ledige Salinenarbeiter Utz in einen Siedkessel. Der größere Teil des Körpers wurde verbrüht. — Die Saulgauer Geschäftsleute haben sich vereinbart, von jetzt ab an Sonn- und Feiertagen ihre Verkaufslokale abends 6 Uhr zu schließen. —In Heidenheim machte sich ein Schneiderlein am Sonntag in einer Wirtschaft groß, er trinke eine Flasche Champagner aus, ohne daß ein Tropfen verloren gehe. Er hatte aber seine Kräfte überschätzt; denn als er den Kork entfernte, schlug ihn der sprudelnde Champagner über den Stuhl hinab, daß er beinahe 10 Minuten bewußtlos blieb. — Ein Metzger brachte in das Schlachthaus in Ludwigsburg etwa einen Zentner Rindfleisch nebst dem vorschriftsmäßigen Attest des Winzerhauser Fleitchbeschauers, welches bestätigte, daß das Fleisch gesund und genießbar sei. Trotz dieses Zeugnisses wurde aber von dem Ludwigs- bnrger Fleischbeschauer das Fleisch einer Untersuchung unterworfen und diese ergab, daß das Fleisch von einem perlsüchtigen Stück Vieh her- rührtc. Der Metzger sieht nun einer strengen Bestrafung entgegen, ebenso der Fleischbeschauer von Winzerhausen, welcher auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft verhaftet worden ist.
* In Frei bürg im Breisgau standen, wie die Blätter erzählen, vor einem großen Schaufenster zwei Damen und sahen sich die ausgelegten Sachen an. Dem Inhaber des Geschäfts mochte das wohl zu lange dauern; aufgebracht erschien er vor seiner Kaufhalle und machte den Damen in barschem Tone bemerkbar, daß sie nun wohl lange genug vor dem Fenster gestanden hätten. Diese entfernten sich stillschweigend. Eine Viertelstunde später erschien in dem Laden des groben Geschäftsmannes ein Diener in Livree mit dem Aufträge: I. K. H. die Frau Erbgroßhcrzogin von Baden lassen fragen, was hochdicselbe für das Stehen vor dem Schaufenster zu bezahlen habe. Das verblüffte Gesicht des Geschäftsmannes kann man sich denken.
* Ein rührendes Beispiel von der Liebe eines Storchen zu seinen Jungen konnte während des Ausbrennens eines Kamins in Rußhcim bei Karlsruhe bemerkt werden. Das Nest der Storchenfamilie war auf der Südseite durch die Glut in Brand geraten, der Storch jedoch verließ seine vier Jungen nicht; er nahm sie unter seine schützenden Fittige nach der Nordseite des Nestes und konnte Dank dem sofortigen energischen Eingreifen mit der Feuerspritze und Dank dem Kaminfegerjungen, der mit der Gießkanne das brennende Nest löschen half, gerettet werden,
Aie Pflegekinder des Kommerzienrats. <^2°^
Novelle von Carl H artman n-P lön.
(Fortsetzung.)
Der Kommerzienrat hatte cs erreicht mit Aufgebot aller Kräfte, die man in der Stadt auftreiben konnte, das Innere der Villa so weit einzurichten, daß er sie nach acht Tagen beziehen konnte. In der großen Provinzialstadt war alles fertig zu haben: Ganze Ameublements mit den dazu passenden Teppichen, Portieren, Gardinen, Spiegeln, Kronleuchtern, Nippes und Statuenschmuck. In den ersten beiden Tagen waren Onkel und Neffe aus dem größten und renommiertesten solcher Magazine nicht herausgekommen, sondern hatten, mit dem Plane der Villa in der Hand und unter Beihilfe eines bekannten Dekorateurs und Arrangeurs, die Einrichtungen für die verschiedenen Salons und Zimmer ausgewählt. Dem Kommerzienrat war nichts zu teuer, nichts zu glanzvoll. Unterdes arbeiteten schon Maler und Tapezierer in der Villa. Diese hatten insofern leichtes Spiel, als noch eine Menge Räume in betreff der Tapeten, der Wand- und Deckenmalereien so wohl erhalten waren, daß nur weniges daran auszubessern war. Blieb auch nach dem Einzuge noch manches zu thun übrig, so war doch die Hauptsache vollendet. Es war in der Thal eine fürstliche Einrichtung geworden.
Aber bis jetzt hatte Herr Gustav Brauer noch keine gemütliche Stunde in seiner neuen Wohnung verlebt. Heinrich war fast keinen Abend mehr zu Hause; darin hätte er sich nun sehr wohl gefunden — denn er wußte ja, welch' ein Zweck dabei verfolgt wurde —, wenn sein Neffe nur Tags über genießbarer gewesen wäre. Aber dieser war so ernst geworden, zeigte eine so nachdenkliche Stirn und war aus seinem Zimmer, wo er sich vergraben zu wollen schien, nicht herauszulocken.
Nur mittags bei Tisch sahen sich die Hausgenossen, aber dann herrschte eine Stimmung, fast zum Verzweifeln. Katharina war vollständig wortkarg geworden, zwischen ihren Brauen lag eine Falte, die man fast drohend nennen konnte. Wenn der Kommerzienrat einmal versuchte, mit ihr zu scherzen, oder sie in ein Gespräch zu ziehen, so sagte sie jedesmal: „Entschuldige mich, lieber Onkel, daß ich so langweilig bin, aber ich habe meine alten Kopfschmerzen, die immer wochenlang an- halten, hoffentlich werden sie bald vorübergehen." Dabei erinnerte sich niemand, daß sie jemals an so anhaltenden Kopfschmerzen gelitten.
Und nun seine Schwester! Tante Sophie hatte ihren prächtigen Humor völlig eingebüßt. Sie wußte, was im Werke war, der Bruder hatte es ihr unter dem Siegel der tiefsten Verschwiegenheit anvertraut, sie war davon so bestürzt, daß sie anfangs gar nicht zu Worte kommen konnte. Ihr erster Gedanke war Katharina, sie hatte so bestimmt angenommen, daß dieselbe und Heinrich noch einmal ein Paar werden würden und war auch überzeugt, daß sie den letzteren liebte. Sie bedauerte das arme Mädchen. Nachdem sie sich von ihrem Erstaunen ein wenig erholt, sagte sie zu ihrem Bruder: „Ich hatte nicht geglaubt, daß Heinrich mit seinen Wünschen sich so hoch versteigere würde, aber wenn es wirklich so weit kommen sollte, daun kann ich nicht länger bleiben. Ich sehne mich überdies nach meinen Kindern zurück. Ich bin deinem Rufe sogleich gefolgt, als deine Frau gestorben war. Damals war Katharina noch zu jung, um den Hausstand zu führen, aber jetzt ist sie dazu im stände und daher kann ich auch sehr gut entbehrt werden. In diesen Glanz und in diese Pracht paffe ich ja doch nicht hinein, noch viel weniger eigne ich mich, mit dieser vornehmen Familie in nähere Berührung zu kommen. Ich würde ein wahres Grauen vor dem Augenblicke haben, wo ich der Gräfin Scheck gegenübertreten müßte
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