Hlr. 45.

Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag und kostet in Altensteig SO ^ im Bezirk 90 außerhalb 1 ^ das Quartal.

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MdMterhaltungsblatt

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Samstag den 19. Aprik

Einrückungspreis der Ispalt. Zeile für Altensteig und nahe Umgebung bei lmal. Einrückung 8 bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8

1899.

Amtliches.

Uebertragen wurde am.d.M. die neuerrichtete Reallehrstelle i» Nagold dem Neallehramtskandidaten Müller, Vikar au der Realanstalt in Heilbronn.

Uebertragen wurde die erledigte zehnte Kiiaben- stadtschulstelle in Heilbronn dem Seminarunterlehrer Kienle in Nagold.

Gestorben: Georg Kleinbub. Ealw; Ehr. Lust, res.

Apotheker, Löwenstein; Schullehrer Vogel, Heilbronn; Arthur Gutermann, Widerlich.

Die Erklärungen des Reichskanzlers von Caprivi.

Nachstehend bringen wir den Wortlaut der im preußischen Abgeordnetcuhause von dem Reichskanzler und preußischen Ministerpräsi­denten von Caprivi abgegebenen Erklärungen zum Abdruck. Herr von Caprivi sagte:

M. H.! Auf Allerhöchsten Befehl Sr. Majestät des Kaisers und Königs zum Präsi­denten des Staatsministeriums ernannt, habe ich heute zum ersten Male die Ehre, vor die­sem hohen Hause zu erscheinen. Wenn ich mir vor der Tagesordnung das Wort erbeten habe, so ist es nicht etwa geschehen, um im Namen der Staatsregicrung ein Programm vor Ihnen zu entwickeln. Solche Maßregel würde mir an sich und im allgemeinen fragwürdig erscheinen, sie wäre unmöglich heute gegenüber meiner Person; den politischen Angelegenheiten bisher fremd, bin ich vor einen Wirkungskreis gestellt, den auch nur im Allgemeinen zu übersehen, mir bis heute nicht möglich gewesen ist. Ich habe es aber für meine Pflicht gehalten und habe den Wunsch gehabt, zu erscheinen, um den ersten Schritt zur Anknüpfung persönlicher Be­ziehungen zwischen Ihnen, meine Herren, und mir zu thun. (Beifall.) Sie werden begreifen, daß gegenüber meinem großen Vorgänger ich, ein sehr lebhaftes Bestreben haben muß, in persönliche Beziehungen mit Ihnen wenigstens insoweit zu treten, als solche persönliche Be­ziehungen die sachliche Erledigung der Geschäfte fördern. (Beifall.) Ich müßte das Gefühl etwa eines Ministers haben, der seine amtliche Wirksamkeit mit einem bedenklichen Defizit an- füugt, wenn ich nur meine Person an dieser Stelle in Betracht zöge. Wenn ich aber trotz­dem unverzagt mein neues Amt angetreten habe, so geschieht es in der Erwägung, daß andere Momente es mir möglich machen werden, wenn auch nicht in dem Maße, wie mein großer Vorgänger, aber in bescheidener Weise, die Geschäfte zum Segen des Landes zu führen. (Beifall.) Ich bin überzeugt, daß das Ge­bäude, das unter der hervorragenden Mitwir­kung des Fürsten Bismarck entstanden ist, seiner genialen Kraft, seines eisernen Willens, feiner tiefen Vaterlandsliebe, daß dies Gebäude fest genug gefügt und gegründet ist, um auch, nach­dem seine stützende Hand ihm fehlt, Wind und Wetter widerstehen zu können. (Lebhafter Bei­fall.) Ich halte es für eine überaus gnädige Fügung der Vorsehung, daß sie in dem Mo­mente, wo die Trennung des Fürsten von dem öffentlichen Leben eintrat, die Person unseres jungen erhabenen Monarchen in ihrer Bedeu­tung für das In- und Ausland hat so klar hervortreten lassen, daß diese Perfon geeignet ist, die Lücke zu schließen und vor den Riß zu treten. (Beifall.) Ich habe drittens einen unverwüstlichen Glauben an die Zukunft Preu­ßens. (Beifall.) Ich glaube, daß die Fort­dauer des preußischen Staates und des au seine Schultern gelehnten Deutschen Reiches noch auf lange eine welthistorische Notwendigkeit,

und ich glaube, daß dies Land und dies Reich noch einer hoffnungsvollen Zukunft entgegen­geht. (Lebhafter Beifall.) Sie werden das Wort Sr. Majestät gelesen haben, daß der Kurs der alte bleiben solle, und schon der Umstand, daß meine Herren Kollegen unent­wegt ihre Aemter fortführen, wird Ihnen be­weisen, daß die Staatsregierung nicht die Ab­sicht hat, eine neue Aera zu inaugurieren. (Beifall.) Das liegt aber in der Natur der Verhältnisse und Menschen, daß einer Kraft wie der des Fürsten Bismarck gegenüber an­dere Kräfte schwer Platz finden konnten, daß unter seiner zielbewußten, auf sich selbst ge­stellten Weise, die Dinge anzusehen und zu treiben, manch andere Richtung hat in den Hintergrund treten müssen, daß manche Idee, mancher Wunsch, wenn sie auch berechtigt waren, nicht überall haben in Erfüllung gehen können. (Sehr richtig, links.) Es wird die erste Folge des Personenwechsels in Bezug auf die Regierung selbst die sein, daß die einzelnen Ressorts einen größeren Spielraum gewinnen und mehr hervortreten werden als bisher. (Beifall. Sehr gut, links.) Es wird dann ganz unvermeidlich sein, daß innerhalb des preußischen Staatsmtnisteriums die alte kolle­giale Verfassung mehr zur Geltung kommt, als sie unter diesem mächtigen Ministerpräsidenten es konnte. (Sehr gut! Beifall.)

Ohne formal dazu autorisiert zu sein, glaube ich auch im Einverständnis mit meinen Herren Kollegen aussprechen zu können, daß die Staats- regieruug überall bereit sein wird, solche zurück­gehaltenen Gedanken und Wünsche aufzunehmen, sie von neuem zu prüfen und sie, soweit sie die Ueberzeugung von ihrer Durchführbarkeit ge­winnt, zu realisieren. (Beifall.) Wir werden das Gute nehmen, von wo und durch wen es auch kommt (Lebhafter Beifall) und wir werden ihm Folge geben, wenn unserer Ueberzeugung nach eine solche Folge mit dem Staatswohl vereinbar ist. (Beifall.)

Wenn auf diese Weise die Staatsregierung dem hohen Hause und den Wünschen des Lan­des eutgegenzukommeu bereit ist, so darf ich die Hoffnung aussprechen, daß auch ich in die­sem Hause und von den Herren auf Entgegen­kommen rechnen kann. Wir werden gern mit allen denjenigen Zusammenarbeiten und wir hoffen auf einen engeren Zusammenschluß aller der­jenigen angesichts der immerhin schwierigen Lage im Innern, vor der wir voraussichtlich stehen werden, mit allen denen, die ein Herz für Preußen haben und die gesonnen sind, den Staat im monarchischen und das Reich im na­tionalen Sinne weiter zu führen, zu gründen und ausbauen zu helfen. (Lebhafter allseitiger Beifall.)

Württembergischer Landtag.

Kammer der Abgeordneten.

Stuttgart, 15. April. (53. Sitzung.) Nachdem Präsident von Hohl des Attentats auf den Prinzen Wilhelm und des Hinscheidens der Kaiserin August« gedacht, wie auch den Hingeschiedenen Mitgliedern der Kammer, Kanz­ler v. Rümelin und Abg. Uhl, ehrende Worte des Nachrufs gewidmet hatte, wurden die neu­gewählten Abgeordneten Frhr. Hans von Ow, Kanzler von Weizsäcker und Beutel (Waldsee) für legitimiert erklärt, eingeführt und beeidigt. Eiugelaufen sind zahlreiche Petitionen, darunter solche auf Herabsetzung der Malzsteuer und des Umgelds; andere beschäftigen sich mit der Frage

der Kommunalbesteueruug der Hausierer. Auch mehrere Eisenbahnwünsche liegen wieder vor, darunter solche um eine Bahn von Bietigheim über Marbach nach Plochingen, von Münsingen nach Laichingeu, von Tübingen über Böblingen nach Vaihingen a. Enz. Der deutsche Frauen­verein bittet seinerseits um Zulassung der Frauen zu dem ärztlichen Studium und wissenschaftlichen Lehrberuf. Da verschiedene Beratungsgegen- stände, welche dem Landtag vorliegen, bis zum Herbst zurückgestellt werden, dürfte die gegen­wärtige Session nur etwa 3 Wochen dauern.

Stuttgart, 16. April. (51. Sitzung.) Wahl eines Mitgliedes in die Kommission für Gegenstände der inneren Verwaltung. Gewählt wird Frhr. H. v. Ow. Beratung des Ges.- Entwurfs betr. weitere Aenderungen d:s Ges. vom 19. September 1852 über die Steuer von Kapital-, Renten-, Dienst- und Berufseiukommen. Am Reg.-Tisch: Minister v. Renner und von Faber mit 3 Kommissären. Der vorliegende Gesetz-Entwurf schlägt zwei Veränderungen des Gesetzes von 1852 vor. Gemäß Art. 1 soll den auf Gegenseitigkeit beruhenden Versicherungs- Gesellschaften wenn unter der Gesamtver­sicherungssumme Versicherungsbeträge solcher Personen begriffen sind, die außerhalb Württem­bergs wohnen für ihre Aktivzinse Steuer­freiheit gewährt werde; die Art. 24 wollen für die nach dem Tode des Schuldigen in Frage kommende Steuernachholuug und Bestrafung der Steuergefährdung eine neue von der seit­herigen grundsätzlich verschiedene Regelung geben. Berichterstatter v. Luz beantragt Annahme des Art. ! und erklärt cs für wünschenswert, daß die erwähnte steuerliche Vergünstigung schon vom 1. April 90 an gewährt werden kann. In die­sem Sinne wird Art. 1 angenommen. Bericht­erstatter v. Göz leitet die Generaldiskussion über Art. 24 mit einer längeren Ausführung über die bestehenden und die vom Gesetz-Entwurf an­gebahnten Rechtsgrundsätze ein. Der Entwurf stellt folgende Grundsätze auf: 1) Die Erben sind verpflichtet, auf 3 Jahre zurück die Fassioneu des Erblassers zu prüfen und zutreffendenfalls das von dem Erblasser nicht oder zu wenig an­gegebene Einkommen nachträglich anzumelden.

2) Kommen dieselben dieser Verpflichtung nicht nach, so trifft sie eine empfindliche Geldstrafe.

3) Die Erben sind verpflichtet, das 3fache der vom Erblasser nicht entrichteten Steuerbcträge zu bezahlen. Gröber hält die hier gemachten Vorschläge für eine Verschärfung des bestehen­den Rechts, insbesondere deshalb, weil die Pflichten der Pfleger wesentlich erweitert sind. Man will sogar den Pfleger für die Steurrge- fährdungen eines Erblassers verantwortlich machen. Bei solcher Sachlage dürfte man sich nicht wundern, wenn Niemand sich mehr zur Uebernahme von Vormundschaften bereit erklären werde. Ganz widersinnig aber erscheint es dem Redner, daß die Erben außer der ihnen aufer­legten Verpflichtung, das Dreifache der vom Erblasser nicht entrichteten Steuerbeträge zu zahlen, noch eine Geldstrafe zahlen sollen für die Verfehlungen eines Verstorbenen. Tote könne man doch nicht abstrusen. Ein weiteres Bedenken des Redners besteht gegenüber der Ver­pflichtung der Erben, den Erblasser wegen Ver­fehlungen gegen die Stellerkasse zu denunzieren. Mit einer etwa 3fachen Steuernachholung könne sich Redner allenfalls einverstanden erklären, mit mehr aber nicht, sonst möchte er lieber die Art. 24 ganz abgelehnt wissen. Ebner giebt dem Besenken der Fraktion der Linken gegen