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Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag und kostet in Altensteig SO im Bezirk 90 außerhalb l das Quartal.

Samstag den 12. April

Einrückungspreis der Ispalt. Zeile für Altensteig und nahe Umgebung bei lmal. Einrückung 8 ^ bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8

1890

Kg. Oberamt Nagold. Die Ltadtgemeinde Haiterbach hat um die Erlaubnis zur dauernden Verlegung des auf den 3. Dienstag nach Pfingsten fallenden Krämer- und Biehmarkts je aus den 1. Donnerstag im Monat Juli und erstmals im Jahre 1890 uachgesucht. Einwendungen hiegege» sind innerhalb 14 Tagen geltend zu machen.

Versetzt wurde auf lein Ansuchen in den bleibenden Ruhestand Oberamtmann Güntner in Urach.

Ernannt wurde zum Schultheißen der Gemeinde Besenfeld Friedrich Sackmanu, Gemeindepfleger daselbst.

Gestorben: Mühlebesitzer Gottl. Rauser, Nagold;

res. Ratsschr. und Verw.-Aktuar Joh. Nep. Mayer, Ried lingen; Kaufmann Karl Grözinger, Bönnigheim.

Laudesnachnchtev.

* Alten steig, 11. April. Die große Tanne im Stadtmald Priemen, die sog. »Groß­mutter", welche bei dem letzten Orkan ihre schönsten Neste verlor, ist nun vollends gefällt worden. An derselben arbeiteten 3 Tage lang 8 Mann; sie hatten große Mühe, die knorrigen Trümmer auseinanderzubringen. Welch respektable Tanne in ihr der Sturm geknickt, die durch viele Menschenalter hindurch demselben Stand gehalten, davon spricht das Ergebnis, daß sie 20 Rm. Scheiter- und Prügelholz und 6 Festm. Lang­holz lieferte. Viele Menschen haben zu der stolzen Tanne lange Jahre voll Bewunderung hinaufgeblickt, jetzt gemahnt ihre Lücke an das Bild der Vergänglichkeit; ein dauerndes Andenken aber sollen ihr diese Zeilen sichern.

* Freudenstadt, 7. April. Die Aus­scheidung des evangel. Kirchengemeindevermögens in hiesiger Stadt hat in der Weise stattgcfun- den, daß an Einzelstifiungen, meistens,zu Armen­zwecken dienend, ca. 5600 Mk. als kirchlich an­erkannt wurden, wogegen ca. 3000 Mk. in Ver­waltung der evangel. Stiftungspflege verbleiben sollen. Das sonstige in 4 Vs Hektar Grund­besitz und etwa 11000 Mk. Kapitalien bestehende Vermögen ist der evangel. Kirchengemeinde zu- gewiescn worden.

8.0.8. Stuttgart, 11. April. Daß die Sozialdemokratie, angeregt durch das gewaltige Anwachsen der Stimmen für die Sozialisten bei der letzten Neichstagswahl, auch in mehreren Städten und Wahlbezirken Württembergs nun­

mehr ihre Agitation auch auf das ganze Land und speziell auf die Landbevölkerung ausdehnen werde, ließ sich erwarten. Während gerade die nationalen und königstreuen Parteien in der Erwägung, daß erst in 5 Jahren wieder eine Reichstagswahl stattfinden werde, die Hände in den Schooß legen, die Volkspartei dagegen die Gründung neuer Volksvereine wenigstens im Prinzip beschließt und wohl auch bald ihre Redner wieder missenden wird, ist die soziali­stische Partei schon längst wieder ruhig an der Arbeit und wissen auch die konservativste länd­liche Bevölkerung meisterhaft für ihre Zwecke zu bearbeiten. Unter kluger Verschweigung der letzten Endziele der Sozialdemokratie wissen die sozialistischen Redner mit kluger Mäßigung in der Form die Leute unzufrieden zu machen und für ihre Partei einzufangen, indem sie ihnen erzählen, wie sehr viele Menschen sich mit einem Jahreseinkommen von nur 500700 Mark be­gnügen müssen, während es Leute gebe, welche jährlich 100,000 Mark, ja eine-Million und noch darüber verdienen. Damit ein so ungeheures Mißverhältnis aufhöre, bedürfe es bloß der Vereinigung aller derjenigen, die ein niedriges Einkommen haben n. s. w. Das WortKollektiv­eigentum" wird zwar ausgesprochen, aber was dasselbe besagen will und wie die Zustände in Wirklichkeit sich ausnehmen würden, wenn das Kollektiveigentum" eingeführt würde, wohlweis­lich verschwiegen. Die Leute ans dem Lande hören die sozialistische Botschaft an, wie wenn das Harfentöne aus einer leicht zu uns heran­zuziehenden besseren Welt wären; in der Regel ist in solchen Versammlungen auch niemand an­wesend, der die sozialistische Literatur n. s. w. genügend kennt und so haben die sozialistischen Agitatoren leichtes Spiel. Wird vollends das Sozialistengesetz abgclaufen sein, dann wird man seine blauen Wunder erleben. Und doch wäre es ein Leichtes, den geschilderten Verführungs­künsten einen kräftigen Damm entgegenzusctzen, wenn man was mit geringen Kosten ge­schehen könnte geeignete, die wahren Ziele der Sozialdemokratie in populärer Form be­

leuchtende Flugschriften in Stadt und Land verbreiten ließe und wenn man nur auch ein Dutzend fähige Menschen nach englischem Muster zu einemRednerklub" vereinigte und sie dazu heranschulte, öffentlich aufzutreten und die Leute aufzuklären, daß sie sich nicht mehr so leicht etwas vormachen lassen. Die deutsche Sozial­demokratie hat diese englischen Redncrklubs längst nachgeahmt, die Demokratie hat eine Reihe von Advokaten als Redner zur Verfügung; nur auf Seiten der nationalen Parteien geschieht nichts, bis allemal Wahlen vor der Thüre stehen, dann wird das Geld für Wahlchaisen, Flug­blätter n. s. w. haufenweise verpufft, als ob man in einigen Wochen die Jahre hindurch fortgesetzte eifrige Arbeit der Gegner paraly­sieren könnte. Wann wird das endlich besser werden?

8.0 8. Stuttgart, 11. April. Das wnrtt. Telephonnetz erfährt eine von allen Interessenten längst herbeigesehnte Verbesserung, indem die Telephonlcitung zwischen Stuttgart und Hcil- bronn, welche seither mit gewöhnlichen Tele­graphendrähten, auf welchen gleichzeitig tele­phoniert und telegraphiert wurde, sich begnügen mußte, einen besonderen 3 Millimeter dicken Telephondraht aus Kupfer erhielt. Hiedurch werden viele Schwierigkeiten im Telephonverkehr beseitigt. Die Handelskammer in Heilbronn hat sich schließlich an dierechte Schmiede", nemlich an das Ministerium der auswärtigen Angelegen­heiten gewendet und dort in dankenswerter Weise das gewünschte Entgegenkommen gefunden. Allen denjenigen Städten und Interessenten, welche Telephon-Einrichtungen wünschen, dürfte es zu empfehlen sein, sich gleichfalls direkt an das genannte Ministerium zu wenden.

* Die W ü rttem b ergis ch e Jnvaliden- stiftung (von 1866) hatte im vorigen Jahre 24,239 Mk. Einnahmen. Die Invaliden wur­den mit 6052 Mk. unterstützt und die Hinter­bliebenen der Krieger erhielten 1355 Mk. Das Vermögen der Stiftung hat um 1573 Mk. zu­genommen und beträgt jetzt 160,138Mk. 92 In­validen erhielten die obengenannte Summe von

Auf Irrwegen.

Original-Novelle von Claire Gerhard.

(Schluß.)

Endlich hielt der Zug, ein Wagen brachte Waiden schnell nach der Dernburgschen Wohnung. Der tief bekümmerte um Jahre gealterte Freiherr empfing ihn.

O, Walden, müssen wir uns so Wiedersehen?"

Aber der Professor forschte nur ängstlich nach Noras Ergehen und ließ sich, um die eigne Unruhe vorerst ein wenig zu bekämpfen, alle Symptome ihres Leidens schildern; dann sagte erlief aufatmend:Wenn mich nicht alles täuscht, ist Nora vielleicht noch dem Leben wiederzu­gewinnen. Weiß sie, daß ich komme?"

Ihre Depesche langte soeben an und meine Frau ging sofort zu unserem armen Kinde, kommen Sie, Gott gebe, daß Ihr Erscheinen Ge- msung bringt!"

Leise betraten die beiden Noras Zimmer; durch das geöffnete Zimmer sah Walden die noch immer heiß Geliebte fast ohne Leben auf einem bequemen, in der laubumzogenen Veranda ausgestellten Lager ruhen. Er mußte sich gewaltsam beherrschen, um bei diesem Anblick nicht laut zu stöhnen.

Da hörte er die leise Stimme bebend fragen:O, Mutter, du glaubst, er könnte vergeben?"Sicher, mein Liebling, und ich hoffe, er kommt selbst, es dir zu sagen."

Das glaubst du, Mutter?" Wie ein Jubellaut kam die Frage von ihren Lippen. Da hielt sich Walden nicht länger zurück, er riß die Thür auf und stürzte zu dem bleichen Mädchen.Meine Nora, mein angebetenes Lieb! Sie wurde nicht ohnmächtig, mit verklärten Augen sah sie zu ihm auf:Herbert, du kommst selbst zu einer Schuldbeladenen? Wie soll ich dir's danken?"

Er schlang seine Arme um die schmächtige Gestalt, sie aber wehrte ihm:Zuerst sage mir, du einzig Teurer, ob du deiner armen Nora vergeben kannst?

Er sah ihr tief in die schönen Augen.Mein süßes Lieb, ich habe dir nie gezürnt, nur tief betrauert. Doch nun ist alles wieder gut, du liebst mich und bist für ewig mein!"

Und jubelnd legte er ihr schönes Köpfchen an seine treue Brust und küßte das schimmernde Haar, die leuchtenden Augen. Da flüsterte sie selig:Nun kann ich in Frieden sterben, da du mir verziehen!"

Nicht sterben, Geliebte, nein, leben sollst du! Noch einmal will ich dich dem Tode «bringen und das Glück wird dir die geschwundenen Kräfte zurückgeben."

Hingebend mit einem vertrauenden Lächeln sah sie in das ihr so teure Antlitz des Geliebten. Ach! sie glaubte ihm ja so gern und ge­horchte willig, als er sie bat, nun zu ruhen, blieb er doch an ihrer Seite und hielt ihre Hand in der feinen und beugte sich hin und wieder, um ihre reine Stirn zu küssen.

Walden setzte sich noch an demselben Tage mit dem Badearzt in Verbindung, und ihren vereinten Bemühungen gelang es allmählich, eine Besserung in Noras Zustand hervorzurufen. Immer seltener wurden die Herzkrämpfe und Ohnmächten, und immer zuversichtlicher und dank­barer schauten die Eltern auf den Professor, der ihnen zum zweiten Male ihr Kind wiedergab. ,

Nora war unsäglich glücklich und jedes Liebeswort Herberts färbte ihre Wangen mit einem zarten Rot, und als sie zum ersten Male au seinem Arme auf der Promenade erschien, sah jeder voll Interesse auf das selten schöne Paar, dessen Geschichte nicht ganz verborgen geblieben war. Der alte Oberst strahlte vor Freude über das Glück seines Elf-

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