eintreiber am 1. Mai seine Bude zumacheu wird, ist schon zweifelhafter; dieser Mann ist kein rechter Arbeiter."

* Paris, 7. April. Der Generalprokurator hat die Verfolgung des JournalsEgalits" wegen Aufreizung zum Morde beschlossen. Der Artikel war gegen den deutschen Kaiser gerichtet.

* Gent, 5. April. Arbeitslose durchzogen die Stadt mit Inschrift-Tafeln, auf denen stand: Die Arbeitslosen fordern von der öffentlichen Verwaltung Arbeit, um Frau und Kinder er­nähren zu können. Wir fordern die Woche von 54 Arbeitsstunden, wie in England." Die Zahl der Arbeitslosen ist sehr groß.

* Haag, 5. April. Ein Husar hat heute hier am Hellen Tage auf der Straße seine Ge­liebte, ein Dienstmädchen, nach einer kurzen Eifersuchtsszene durch drei Revolverschüsse ge­tötet und darauf sofort sich selbst erschossen.

* London, 5. April. Gestern wurde von Jack dem Aufschlitzer" Helene Fontan, eine Prostituierte, ermordet. Der Mörder be­gleitete sein Opfer in eine Spelunke und ging später allein weg. Dann lauerte er ihr auf, folgte ihr in eine ruhige Straße und tötete sie, genau wie bei den früheren Morden in Whitechapel. Obwohl viele Menschen in den anliegenden Straßen sich befanden, wurde kein Schrei ge­hört. Der Spelunkcnwirt beschrieb ihn als einen Chinesen. Seine Spuren verfolgte die Polizei bis zu einem Logierhause, wo 30 Chinesen gefunden wurden. Man bemerkte indessen keine verdächtigen Blutspuren. Alle wurden verhaftet; die Polizei glaubt sicher zu sein, daß der Mör­der sich unter ihnen befindet.

* Die Studenten-Unruhen in Rußland nehmen immer größeren Umfang an. Alle Universitäten, mit Ausnahme deren von Dorpat und Tomsk, waren der Schauplatz mehr oder minder ausgedehnter Studenten-Unruhen. Die Studenten aller Fakultäten in Charkow, Kiew, Odessa, Moskau und Petersburg haben Aufsehen erregende Demonstrationen zu gunsten einer Ver­fassung gemacht. Mehr als 800 Studenten wurden bis jetzt verhaftet. Tag und Nacht werden die Straßen der genannten Universitäts­städte durch Gendarmerie bewacht. Die Truppen sind in ihren Kasernen konsigniert und es ist wahrscheinlich, daß alle Universitäten Rußlands ganz geschlossen werden.

* Wie aus Petersburg gemeldet wird, ist der Zar so aufgebracht über die Studenten­unruhen, daß er die Absicht bekundete, die Schließung aller höheren Unterrichtsanstalten für die Dauer eines Jahres anzuordnen. Unter den 260 verhafteten Studenten der Petersburger Universität befinden sich einige junge Leute, die den höchsten Familien angehören, wie z. B. der Sohn des früheren Justizministers Nabokoff und Prinz Viazemsky.

* Petersburg, 8. April. Nachträglich wird bekannt, daß die Aufrufe der hiesigen Studenten auch rein politische Forderungen ent­

halten. Sie verlangen eine Konstitution für Rußland und vollständige Autonomie für Polen.

* New-Iork, 8. April. Einer Depesche aus Burlington (Iowa) zufolge wurde die Stadt Prophetstown (Illinois) durch eisen Cyklon zerstört. Viele Menschen sind getötet.

* (Es giebt keine Kinder mehr.) In Rew- Aork gestand ein siebenjähriges Mädchen, das in einem Ausstattungsstück als Schauspie­lerin thätig ist, einem Interviewer, daß sie sich mit ihrem achtjährigen Kollegen Tom verlobt habe. Das kindliche Künstlerpaar hatte folgen­den Vertrag vereinbart: Im Alter von 20 und 21 Jahren werden wir uns heiraten, dann wollen wir 10 Jahre lang gastieren, ohne uns scheiden zu lassen, und dann ziehen wir uns vom Theater zurück und leben von unseren Renten.

* Als Eldorado für Küchenfeen empfiehlt sich gegenwärtig Australiens Hauptstadt Mel­bourne: dort herrscht nämlich eine so große Dienstbotennot, daß die angesehensten Haus­frauen der Stadt eine Versammlung hielten und einen ansehnlichen Geldfonds zusammen­brachten, um sich Dienstmädchen aus England kommen zu lassen. Ein Dienstmädchen in Mel­bourne wird besser besoldet als ein Kommis oder Lehrer in Europa.

* Sansibar, 8. März. Banahari und Jehasi, dieGeneralstabschefs" Buschiri's haben sich gestern mit dem Rest ihrer Truppen dem Major Wißmann ergeben.

* Smyrna, 7. April. Zwei Griechen, welche dem Großrabbiner Palacci ein kleines Kind anboten zum Zweck des Passah-Opfers wurden auf dessen Anzeige verhaftet.

Handel und Perikehr.

"Eßlingen, 5. April. (Baummarkt.) Zugeführt waren: 100 Apfelbäume Preis 40 bis 90Pfg., 25 Zwetschgenbäume Preis 25 bis 35 Pfg.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.

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deshalb die Veröffentlichung einer authentischen Darlegung der Vorgeschichte des Kanzlerwechsels, damit allen abenteuerlichen Ausstreuungen der Boden entzogen würde. Wir werden deshalb auf die Verbreitung aller den Kanzlerwechsel betreffenden, teilweise sensationellen Gerüchte verzichten und glauben, daß diese Zurückhaltung in gleicher Weise den Rücksichten gegen den Kaiser, wie gegen seinen großen ersten Kanzler entspricht.

* Wie aus Berlin gemeldet wird, hat Kaiser Wilhelm die sozialistische Feier des 1. Mai verboten und gegen etwa beabsichtigte Auf­züge am genannten Tage scharfe Maßregeln an­geordnet.

* Magdeburg. Einen gewerbsmäßigen Wucherer, den Privatmann M. aus Aschersleben, verurteilte die hiesige Strafkammer zu sechs Monaten Gefängnis, 200 Mk. Geldbuße und fünf Jahren Verlust der Ehrenrechte. Derselbe hat mehrere Jahre hindurch die Notlage eines Offiziers derartig ausgebeutet, daß er demselben für Wechsel einen Zinsfuß von 180 pCt. berech­nete. Auf diese Weise wuchsen die entliehenen 700 Mark trotz mehrfacher Rückzahlungen in kurzer Zeit auf einige Tausend Mark an.

Ausl imoisHes.

* Prag, 7. April. Gestern haben sich 700 Arbeiter versammelt und beschlossen die Feier des 1. Maitrotz Repetiergewehr und rauchlosem Pulver" abzuhalten.

* Im St. Galler Staütanzeiger spricht sich ein Einsender über dieMaifeier" folgender­maßen aus:Die Sache wird sich gut machen. Der 1. Mai ist ein gewöhnlicher Donnerstag. Jeder Donnerstag eignet sich zu einem Feiertag. Also laßt uns feiern und sehen, wie es geht, wenn kein braver Arbeiter mehr in die Hände speuzen will! Die Laternenanzünder gehören auch zu den Arbeitern. Sie haben ganz recht, wenn sie am 1. Mai die Laternen nicht löschen, sondern den Tag über fortbrennen lassen. Es stimmt zu den übrigen Aufzügen. Kaffee wird am 1. Mai nicht gekocht, denn auch die Köchinnen sind Arbeiter. Ebenso wenig wird Brod ge­backen, Fleisch ausgewogen, rasiert, Bier aus­gewirtet oder eine Lokomotive geheizt. All dies erfordert Arbeit und die ist am l. Mai ver­pönt. Daß Straßen und Wege an diesem Tage nicht in Ordnung gehalten werden, daß die Feuerwehr Ferien macht, daß die Doktoren in den Wald gehen, um Veilchen zu suchen, daß die Postmcnschen keine Briefe befördern und die Schulmeister keine Tatzen austeilen: all dies ist selbstverständlich. Die Eisenbahnkondukteure werden an diesem Tage schlafen. Die Drosch­kenführer beurlauben ihre Rosse ins frische Maiengras und die Apotheker geben kein Gift her. Denn Arbeiter sind auch sie. Sie alle haben ein Recht, gleich den Schlossern und Gip­sern, den 1. Mai zu begehen. Begraben wird am 1. Mai auch niemand, denn die Totengräber gehören zu den Arbeitern. Ob der Schulden-

meines Lebens thut mir leid und daher schreib ich jetzt in meiner Sterbe­stunde diese Zeilen. Seit ich wußte, was wahre Liebe heißt, seitdem erst fühlt ich, was ich dir, arme Nora, was ich Walden angethan. Und darum will ich dir nun sagen, wie schuldlos er war, auf daß du noch glücklich werden kannst."

Und dann folgte in kurzen, abgerissenen Sätzen die Geschichte ihrer Jugendzeit, ihrer Bekanntschaft und ihres Verrates an Walden. Sie beschönigte nichts, auch nicht ihr späteres Verhalten in Berlin, aber sie schob Herberts Charakter ins hellste Licht. Sie schloß:Stets war er deiner wert, und so versuche es, ihn zu versöhnen. Ich gehe jetzt und ich scheide gern, das Leben hat mir nichts mehr zu bieten, lebe wohl, falsche, schöne Welt."

Darunter stand von des Geistlichen Hand geschrieben:Bald nachdem Frau von Brodinska unter unsäglichen Qualen diese Zeilen geschrieben, starb sie. Es war mir noch in den letzten Augenblicken gelungen, sie milder zu stimmen. Ihr letzter Seufzer war eine Verzeihung für den, der sie zu Tode getroffen. Heute haben wir sie bestattet; sie ruht zwar einsam, nicht an geweihter Stätte, aber unter Bäumen und Blumen, und täglich will ich an ihrem Grabe für ihre arme Seele beten.

Delacroix, Pfarrer."

Welchen Eindruck dieser Brief auf Nora, aus ihre Eltern und den Oberst machte, ist schwer zu beschreiben. Alle waren aufs tiefste erschüttert. Nora las immer wieder mit leuchtenden Augen die Zeilen, welche Herbert rechtfertigten. Ach! es war ihr ein so unendlich süßes Gefühl, nun die Gewißheit zu haben, daß er nie gefehlt, daß er stets groß und edel gewesen. Aber mit diesem Gefühle kam von neuem der Schmerz, ihn verloren zu haben, mit Allgewalt über sie.

Diese heftigen Gemütsbewegungen konnten natürlich auch nicht ohne Einfluß auf ihren körperlichen Zustand bleiben; die Krankheit

machte Riesenfortschritte und die armen Eltern konnten es sich nicht verhehlen, daß der Engel des Todes seine Fittiche über Noras Lagv: breitete.

Eines Abends bat die Kranke mit weicher Stimme:Herzensmama, ich fühle, ich werde nicht lauge mehr bei euch sein. Aber ich kann nicht sterben, ehe Herbert mir nicht verziehen hat. Sylvia hat mir das beste Beispiel gegeben. Laß mich an Herbert schreiben, ich will ihn bitten, mir zu vergeben."

Mit thränenumflorten Augen nickte die Freifrau Gewährung; sie reichte Nora ein Briefblatt und einen Stift, und diese schrieb:

Mein einzig und ewig Geliebter!

Vergieb, daß ich Dich so zu nennen wage, aber trotz aller Wirrsal und alles Elendes bist Du meinem Herzen derselbe ge­blieben. Seit ich Dich in blindem Wahne von mir stieß, wäke ich dem Tode entgegen; aber ich kann nicht sterben, ehe Du mir verziehen. Schreib nur die wenigen Worte:ich vergebe Dir", und ich will unverzagt hinübergehen in jenes Land, in dem aste Schmerzen aufhören. Leb wohl, Du einzig Teurer! Ewig

Deine Nora."

Tausend schmerzliche Empfindungen durchfluteten Waldens Seele, als er diese Zeilen las und Thräne um Thräne rann in seinen blonden Bart. Aber dann ließ er schnell entschlossen einige Sachen packen, gab die notwendigsten Anordnungen in seiner Klinik, beförderte ein Telegramm an die Freifrau mit den Worten:Ich komme, bereiten Sir Nora vor", und bereits saß er im Zuge, der ihn mit Windesschnelle nach Pyrmont trug. Ausgelöscht waren alle Schmerzen, die ihm Nora bereitet, und nur der eine heiße Wunsch beseelte ihn, sein armes holdes Lieb zu retten.

(Schluß folgt.)