Wr. 40.
1890.
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können bei allen Postboten und Postämtern fortwährend gemacht werden. Bereits erschienene Nummern werden nachgeliefert.
In den Ruhestand wurde versetzt: Stadtpfarrer Härle in Wildbad.
Geitorben: Pfarrer a. D. Mörike, Stuttgart; Sekretär Beider, Stuttgart; Bauführer Lambert, Stuttgart.
(Fortsetzung ans dem Hanptblatt.)
in einer die Allgemeinheit gefährdenden Weise anfgefordert wird. Diese Bestimmung dürfte den Beweis liefern, daß das Sozialistengesetz nicht erneuert werden soll."
" Wie jetzt feststeht, wird Kaiser Wilhelm dem Zaren im Sommer dieses Jahres einen Besuch abstatten und an den russischen Manövern von Krasnoje Selo teilnehmen.
* Die Zahl der Zuschriften und Telegramme, der Blumenspenden und Geschenke, welche dem Fürsten Bismarck am Dienstag zu seinem 75. Geburtstage zugingen, soll Legion sein. Viele Städte haben den Fürsten zu ihrem Ehrenbürger ernannt. Sieben Telegraphenbeamte hatten den ganzen Tag zu thun, um die einlaufendcn Telegramme aufzunehmcn.
* Trotz der ungünstigen Witterungsverhältnisse ist, wie die erste Nummer des Amtsblattes für die Schutzgebiete des Deutschen Reichs mitteilt, der Gesundheitszustand der deutschen Schutztruppe für Ostafrika im Januar und Februar d. I. ein außerordentlich günstiger gewesen. Die Erkrankungen beschränkten sich im Wesentlichen auf leichte Fälle von Malaria und Darmaffektionen. Ein Todesfall infolge von Krankheit ist nicht vorgekommen. Der gute Gesundheitszustand ist wohl hauptsächlich auf den Umstand zurückzuführen, daß nnnmehr überall gute und gesunde Unterkunftsräume errichtet worden sind.
* Die Gesandtschaftnach Marokko, welche auf Befehl des Kaisers ausgerüstet worden ist, hat sich am Montag von Hamburg nach Tanger eingeschifft.
* Im sozialdemokratischen Lager werden bereits Vorbereitungen für das demnächstige Erlöschen des Sozialistengesetzes getroffen, und zwar vornehmlich in der Richtung einer sehr gesteigerten Aufnahme der Preßthätigkeit. Auf dem Gebiete der Presse hat bekanntlich das Sozialistengesetz am einschneidendsten gewirkt; die vor Erlaß dieses Gesetzes sehr ausgedehnte Preßthätigkeit der Partei ist lange Jahre fast völlig zerstört gewesen; nur insehr beschränkter Zahl und gemäßigten Formen durften in den letzten Jahren wieder einige sozialdemokratische Blätter erscheinen. Praktisch kam diese Lahmlegung der sozialdemokratischen Tagespublizistik vorzugsweise den extrem fortschrittlichen Blättern zu gut, welche die entstandene Lücke für sich zu verwerten und durch möglichst aufhetzende Sprache ihr an derbe Kost gewöhntes Publikum zu befriedigen suchten.
* Friedrichs ruh, 1.April. Heute abend fand ein Fackelzug von 1300 Eisenbahnbeamten zu Ehren Bismarcks statt. Derselbe ist großartig verlaufen. Fürst Bismarck kam in den Garten, der Vereinspräsident Krahn feierte Bis- marck's Verdienste um die Eisenbahnen, worauf Bismarck, der Entwicklung der Eisenbahnen gedenkend, herzlich für die Ovation dankte. Der Fürst zog sich unter den begeisterten Hochrufen der Versammlung zurück und empfing eine Deputation der Eisenbahnbeamten im Schloß. — Der Kaiser schenkte dem Fürsten außer seinem lebensgroßen Bild eine wertvolle Pfeife.
* Hamburg, 28. März, lieber eine so- zialdem. Kundgebung gegen die Konfirmation, welche am Dienstag in einem öffentlichen Lokale Barmbecks stattfand, wird der „Kreuzztg." berichtet: „Schon im vergangenen Herbst waren die sozialistischen Bewohner Barmbecks in dem foz. Blatt „Echo" aufgefordert worden, ihre Kinder zu Ostern nicht kirchlich konfirmieren zu
ScrmsLclg den 5. April.
lassen, sondern statt dessen eine gemeinsame Feier zur Erinnerung an die Schulentlassung zu begehen. Dies geschah vorgestern. An der Feier nahmen 23 entlassene Schüler und Schülerinnen mit ihren Eltern und sonstigen Angehörigen, etwa 400 Personen, teil. Es wurden drei Reden gehalten, und zwar über: „Bedeutung der Konfirmation", „Aberglaube und Wissenschaft" und „Das Leben nach der Schulzeit." Den übrigen Teil des Programms bildeten Gesänge einer Liedertafel, sowie Vorträge. Zum Schluß wurden Schattenbilder vorgeführt. Dann fand gemeinschaftliche Tafel statt, bei welcher „entsprechende Toaste" ausgebrach: wurden.
Ausländisches.
* Der Berner „Sozialdemokrat" druckt nachstehendes Urteil der „Appenzeller Zeitung" über die heutige Sozialdemokratie in Deutschland ab: Auch die Sozialdemokratie macht ihre Wandlungen und Läuterungsprozesse durch; sie ist im deutschen Reiche heute zahm und hoffähig geworden; sie ist nunmehr eine monarchische Partei wie die übrigen. Das ist es hauplsäw- lich, was ihre auf den ersten Blick so großartig erscheinenden Erfolge erklärt. . . Die deutschen Reichstagswähler von heute sind nichts anderes mehr, als „Seiner Majestät allergetreueste Opposition", der „Arbeiter-Kaiser" hat es ihnen angethan, zu ihm schwören sie. Das läßt es begreiflich erscheinen, weshalb auch ländliche Wähler den sozialistischen Kandidaten, die ja nichts anderes zu bezwecken Vorgaben, als die Unterstützung der arbeiter-freundlichen B.streb- ungen des Kaisers, nach Tausenden ihre Stimme gaben. Das eingangs genannte sozialdemokratische Organ bemerkt zwar dazu, daß dies wohl „heute noch nicht" ganz der Fall sei; denn „nicht alle sind Freunde, welche den Cäsar bittend umdrängen", aber dennoch ist deutlich zwischen den Zeilen zu lesen, daß man das Urteil des Appenzeller Blattes im Wesentlichen als zutreffend betrachtet wissen will.
* Basel. Der „Figaro" läßt sich von hier telegraphieren, cs habe sich eine Gesellschaft zur Gewinnnng des im Sande des Rheins befindlichen Goldes gebildet. Jemand — wer, ist nicht gesagt — soll ausgerechnet haben — aus welcher Grundlage, ist auch nicht gesagt, — daß von Rheinau im Kanton Zürich bis Philippsburg im Großherzogtum Baden etwa 120 Millionen Frank Gold im Rheinsande als ungehobener Schatz liegen sollen.
* Die „Köln. Ztg." enthält folgenden auffallenden Artikel: Die französische Regierung hat in loyaler Weise anerkannt, daß die Beschimpfungen eines deutschen Militär-Attaches in Paris, wie sie durch die Cocarde erfolgten unter das Strafrecht fallen; sie hat ebenfalls die Untersuchung gegen die Egalste einleiteu lassen, die zur Ermordung des deutschen Kaisers auffordcrte; aber in minder loyaler Weise hat sie diese Lachen nicht mit dem nötigen Nachdruck, vielmehr mit anscheinender Abwesenheit an gutem Willen betrieben, so daß es darüber ganz still geworden ist. Die Folge ist nicht ausgeblieben: ermutigt durch die von der Regierung gewährte Duldung bringt die „Cocarde" vom 30. März einen Artikel, der mit den Worten „gu'on Io tue" (man töte ihn) anfängt und endigt. Diese Worte beziehen sich auf den deutschen Kaiser, zu dessen Ermordung in offenster und estnischster Weise aufgefordert wird. Der im einzelnen nicht wiederzugcbendc Artikel gipfelt in dem Gedanken, daß der Kaiser eine stete Kriegsdrohung bedeute. Wir können nicht glauben, daß die französische Regierung ein solches Verbrechen, wie die Aufreizung zum Morde, das, gegen einen beliebigen Privatmann begangen, ohne weiteres auch als Verbrechen bestraft wird, weil es sich gegen den deutschen Kafferrichtet, unge- rügt läßt. Wir glauben auch, daß dieser Artikel, der „Cocarde" sic veranlassen wird, nun auch die andern rückständigen Sachen kräftig in An
griff zu nehmen. Sollten wir uns täuschen, so würde daraus unseres Erachtens der deutschen Negierung die unangenehme aber unumgängliche Nötigung erwachsen, Frankreich an seine internationalen Verpflichtungen zu erinnern.
* London, 3. April. Bei den Wettrennen in Foxey in der Grafschaft Cornwallis ereignete sich ein Zusammenbruch der Haupttribüne. 200 Personen stürzten 30 Fuß tief hinab und wurden schwer verwundet.
* Petersburg, 1. April. Nach einer amtlichen Bekanntmachung besuchte das Kaiser- vaar dieser Tage da? Militärgefängnis, wo der Kaiser besohl, die Strafzeit sämtlicher Gefangenen um einen Monat herabzusetzen und bereits am folgenden Tage 61 Soldaten aus dem Gefängnis zu entlassen.
* Petersburg, 3. April. In Finnland und Polen herrscht ein Bauernaufstand. Der Ausbruch offener Rebellion wird befürchtet.
* In Petersburg sind einige Hundert Studenten verhaftet worden. In der medizinisch- cbirurgischen Akademie wurden die lärmenden Studenten von Kosaken mit Peitschen auseinandergetrieben.
* Auf der Petersburger Universität wurden die Vorlesungen eingestellt. Curator Nowilkoff, welcher die Studenten beruhigen wollte, wurde von diesen beinahe insultiert. Dank den nahen Osterferien konnte die amtliche Schließung der Universität vermieden werden. Die Versammlungen der Studenten dauern aber fort.
* Persien hat Rußland einige wichtige Konzessionen gemacht. Die Bai von Murdab, welche Enzelt mit Rescht im kaspischen Meere verbindet, wird rusfichen Schiffen erschlossen, und russische Kapitalisten werden die Konzessionen aller projektierten Eisenbahnen zuerst an- geboten.
* Aus zuverlässiger Quelle erfährt die „ Frks. Ztg.", daß dieser Tage acht Offiziere des russischen Geueralstabes in Belgrad angekommen sind, und sich in Begleitung von acht serbischen Offizieren nach Pirot, Negotin und Saitschar zu Terrainaufnahmen begeben haben.
* In der nächsten Session der bulgarischen Sobranje wird die bulgarische Regierung die Ernennung einer Delegation beantragen, welche beauftragt werden wird, die hauptsächlichsten europäischen Höfe zu besuchen, um die Anerkennung des Prinzen Ferdinand zu erwirken. Bleibt dieser Schritt erfolglos, so soll die Unabhängigkeit Bulgariens proklamiert werden.
* Aus Sansibar liegen mehrere sehr wichtige Meldungen vor: Emiu Pascha ist in deutsche Dienste getreten und geht bereits am 20. ds. mit einer Karawane nach dem Nyanzasce ab. — Banaheri hat mit den Deutschen Frieden geschlossen und gedenkt auf das Ersuchen Wiß- manns nach Saadani zurückzukehren. — Endlich liegt von Dr. Peters eine sichere Nachricht vor. Der Afrikareisende Ehlers berichtet, daß Dr. Peters und Lieutenant v. Tiedemann wohl auf seien. Es scheinen durch diese Ereignisse die deutschen Kolonial-Unternehmungen in eine neue wichtige Phase getreten zu sein. Wenn man die Nachrichten in Zusammenhang zu bringen sucht, so drängt sich ganz unwillkürlich der Gedanke auf, daß alledem ein tiefer, wohldurchdachter Plan zu Grunde liegt, der in dem Endziele gipfelt, daß Deutschland wohlbewußt seine Vorposten ausschickt, um sich den Weg nach dem Innern Afrikas und eine direkte Verbindung mit dem Congostaate freizuhalteu.
Haus- und Landwirtschaftliches.
* Von der Donau, 30. März. Eine gute Obsternte soll dieses Jahr, wie aus verschiedenen Orten gemeldet wird, zu erhoffen sein, wenn die gegenwärtige Witterung andauert. Namentlich die Birnen- und Apfelbäume sollen mit - Knospen bedeckt sein wie seit Jahren nicht mehr.