'
Almtzblatt für
Allgemeine5An^elge-
» 6N
^ttenßteig.I'taöl.
AndMlerhaltungzblatt-
osisrsn J»/a^o!ä.
Ar. 127.
Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag und kostet in Altensteig 90 im Bezirk 85 außerhalb 1 ^t- das Quartal.
Samstag den 26. Oktober
Einrückungspreis der Ispalt. Zeile für Alteusteig und nahe Umgebung bei l mal. Einrückung 8 bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8
1889.
Gestorben: Auguste Lodholz, geb. Andler, Calw; Johann Seilacher, Gaildorf; Georg Lindner, Künzelsau; Kaufmann Schmidt, Stuttgart.
Laudesualbrichteu.
* Stuttgart, 22. Okt. Ihre Majestäten der König und die Königin sind heute nachmittag von Friedrichshafen wieder hier eingetroffen.
* Stuttgart, 23. Okt. Am Sonntag fand auf dem Pragfriedhof die Einweihung des dem verstört». Minister v. Hölder gewidmeten Denkmals unter Teilnahme von Männern aus allen Kreisen statt. Der Feier wohnten u. a. Minister v. Renner, Kammerpräsident v. Hohl, Oberbürgermeister v. Hack mit den bürgerlichen Kollegien sowie der Landesausschuß der Deutschen Partei an.
* Stuttgart, 23. Okt. Nach dem „St.- Anzeiger" wies der Minister v. Mittnacht die Eisenbahndirektion an, sofort die Vorarbeiten Zu den Bahnlinien Untertürkheim-Zuffenhausen und Zuffenhausen-Hasenberg zu beginnen, um den Bahnhof Stuttgart zu entlasten.
* Wie uns aus zuverlässiger Quelle mitgeteilt wird, haben Seine Königliche Majestät anzuordnen geruht, daß am kommenden Sonntag in sämtlichen evangelischen Kirchen des Landes im Hauptgottesdieust im Anschluß an das Schlußgebet ein Dankgebet für die gnädige Bewahrung Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm bei dem auf ihn verübten Attentat gesprochen werde.
* Militärisches. Der neue Militäretat enthält u. a. für Württemb erg Kasernen- und Exerfferhausbanten auf der Wilhelmsburg zu Ulm, Erweiterung des Ulmer Schießplatzes, ferner Erwerbung eines Garnisonexerzicrplatzes in Stuttgart, ! ,500,000 Mk. zum Bau eines Magazingebäudes und einer Artilleriekaserne in Ludwigsburg.
* Ludwigsburg, 22. Okt. Ueber die Persönlichkeit des Attentäters, der sich bei seinem ersten Verhör als den 31 Jahre alten stellenlosen Sattler Joseph (oder Hermann) Klaiber ausgab, ist heute Licht und zuverlässige Aufklärung gekommen. Der Attentäter heißt mit seinem
wahren Namen Gotthold Martin Müller. Er ist aus Oethlingen, OA. Kirchheim u. T., gebürtig, 34 Jahre alt, Sohn des ff Landtagsabgeordneten Müller aus Oethlingen, dessen Name heute noch von bestem Klange ist, und evangelischer Konfession. Es ist festgestellt, daß an demselben seit mehreren Jahren Spuren von Geisteszerrüttung wahrgenommen worden sind, in welchem krankhaften Zustand er sich übrigens nie bösartig zeigte. Er wurde von der allgemein geachteten Familie und den Angehörigen sorgfältig gepflegt und bewacht, bis er letzten Freitag durch das Küchenfenster entkam und das Weite suchte. Sein etwas älterer Bruder, der ein Fabrikgeschäft in Oethlingen hat und sich der allgemeinen Achtung erfreut, kam heute hierher und stellte sich dem Ersten Staatsanwalt Elben und dem Untersuchungsrichter Landgerichtsrat Buob vor, wobei zur Evidenz klar gelegt worden sein soll, daß der unglückliche Bruder den wahnsinnigen Gedanken, auf den Prinzen Wilhelm zu schießen, nur im Irrsinn und in Geistesverrückcheit gefaßt hat. Während seiner Krankheit habe der Attentäter wohl allerlei absurde Ideen geäußert, aber von dem Gedanken eines derartigen Verbrechens sei niemals etwas zu Tage getreten. Es ist bis jetzt sicher erwiesen, daß irgend ein Zusammenhang mit einer aufrührerischen Gesellschaft, wie man schon vermutet hat, niemals stattgefunden hat, sondern daß die böse That ihre Ursache in Geistesgestörtheit und krankhaften Ideen hat.
* Ueber den Verbrecher Müller wird noch folgendes weiter bekannt. Anfänglich für den Kaufmanusstand bestimmt, war Müller in den Jahren 1872 und 1873 bei einer Stuttgarter Firma (Machtolff und Jrion) in der Lehre, wird aber von seinem Prinzipal als verschlossener verstockter Mensch geschildert, der sich vielfache Unregelmäßigkeiten zu schulden kommen ließ, so daß seine Entlassung nur mit Rücksicht auf die hochachtbare Familie, der er entstammte unterblieben ist. Doch konnte Geistesstörung damals noch nicht an ihm wahrgenommen werden. Schließlich aber ließ er sich, um Geld zu
bekommen, verschiedene Betrügereien zu schulden kommen, indem er Nachnahmesendungen, bestehend in wertlosen Gegenständen, an ihm bekannte Adressen aufgab, wofür ihm das Geld mehrmals von der Post ausbezahlt wurde. Als dies endlich herauskam, wurde er von seinen Stuttgarter Prinzipalen entlassen. Später kam er zu den Herren Meyer und Kober in Berg, um seine Lehre fortzusetzen; doch wurde er nach kurzer Zeit wegen einer Unterschlagung, die er begangen, entlassen, und nun wurde er in einer Gerberei in Calw als Lehrling untergebracht. Schon seit Jahren war er übrigens der Heimat und seiner Familie entfremdet und trieb sich unstät umher. Erst in den letzten Tagen kam er wieder nach Oethlingen, wo er bei seiner am Samstag bewerkstelligten Flucht einen Brief hinterließ, er komme nicht wieder und schieße sich eine Kugel durch den Kopf. Ein Brief, in welchem er die Prinzessin Charlotte vor einiger Zeit vor einem bevorstehenden Unglück gewarnt hat, ist von dem Bruder des Unglücklichen als von letzterem geschrieben erkannt worden. Wie schon bemerkt, ist die Familie, der der Verbrecher entstammt, eine hochachtbare. Zwei Brüder von ihm leiten in Gemeinschaft mit einem Vetter das von den Vätern hinterlassene Geschäft, eine Wollspinnerei und Färberei in Oethlingen. (N. T.)
* (Verschiedenes.) In Ditzenbach stürzte ein altes Mütterlein in den Ortsbach und ertrank; im gleichen Orte erhängte sich ein junger Mensch, der an Lebensüberdruß litt. — Letzten Montag machte der in Aitrach stationierte Landjäger die Anzeige, daß in vergangener Nacht seine Wohnung durch gelegte Bomben oder Dynamitpatronen übel zugerichtet worden sei. Man ergeht sich in allerlei Vermutungen. Die sofort eingeleitete Untersuchung wird hoffentlich Licht indie Sachebringen, namentlich auch darüber, ob es auf das Leben der Hausbewohner abgesehen gewesen war. — In Sau lg au wurde ein aus dem Oberamt Laupheim gebürtiger Stromer eiugeliefert, in dessen Besitz sich neun Zehn-Dollars-Stücke, 330 Mk. in Reichsgold,
Waldschmetterttng.
(Nachdruck verboten.)
Erzählung von B. Waldow.
(Fortsetzung.)
Und nun lauscht er mit angehaltenem Atem, was Thalberg zu ihr spricht:
„Geben Sie sich keine Mühe, Fräulein Margarete, mir so ohne weiteres zu entwischen. Strafe muß sein, und ich gebe Sie nicht eher frei, als bis Sie abgebüßt, was Sie an mir gesündigt."
„Ich habe gegen Sie nichts zu verbüßen und bestehe daher darauf, auf freien Fuß gesetzt zu werden," klingt die Erwiderung zurück.
„Oho, nur nicht so-keck, verehrte Angeklagte! Jst's etwa eine Kleinigkeit, wegen verspäteten Erscheinens auf, der Bildfläche so mir nichts, dir nichts, in die Kategorie jener vierfüßigen Waldbewohner einrangiert zu werden, die ihre halbe Lebenszeit verschlafen? Sprechen Sie, welche Ge- nugthuung haben Sie für dieses Kapital-Verbrechen mir zu bieten?"
„Keine — meine Ungnade dagegen für jetzt und alle Zeit, wenn Sie mit Ihren Daumschrauben nicht im Augenblick verschwinden."
„Pardon! Selbst auf die Gefahr hin, Ihre Ungnade auf mein bedauernswertes Haupt zu laden, muß ich auf meiner Forderung bestehen. Was erhalte ich, holde Waldfee, wenn ich Ihnen diese kleinen Koboldhände wieder zur Verfügung stelle?"
Instinktiv beugt sich Salfeld jetzt noch weiter vor, jedoch durch eine in komischer Ungeduld gemachte hastige Bewegung Margaretens entschwinden die beiden Streitenden jetzt plötzlich seinem Blick. Ein schwerer Seufzer entringt sich seiner Brust, dann starrt er einige Sekunden mit weit geöffneten, glanzlosen Augen vor sich nieder, wie jemand, der mit! einem schweren Entschluß zu kämpfen hat, nud läßt sich dann, den Kopf in seine Hände gestützt, im Sorgenstuhl des Oberförsters nieder. j
„Der Glückliche!" stößt er hervor. „Ich war ein Thor, mich irgend welcher Hoffnung hinzugeben; hätte wissen können, daß er den Sieg gewinnen werde und längst schon dieses Fleckchen Erde meiden müssen. Margarete — du liebliche, im reinsten Lufthauch aufgeblühte Blume, die du die Schwestern alle überstrahlst — wie hätte ich gewünscht, dich zu besitzen! - Statt dessen ziehe ich nun einsam meine Straße und habe nur den einen Wunsch, du mögest glücklich sein und ich in angestrengter Arbeit den Seelenfrieden, das Vergessen finden, das ich nötig habe, soll mir das Leben noch begehrenswert erscheinen."
Er versinkt in dumpfes Brüten, aus dem ihn nach geraumer Zeit der muntere Thalberg weckt, der, mit mehr als nötigem Geräusch ins Zimmer tretend, sehr pathetisch ruft:
„Nicht in deiner dumpfe» Klause Sitze mit des Schmerzes Geistern!
Herren werden sie im Hause.
Draußen wirst du sie bemeistern!
Sitzt dieser Mensch wahrhaftig wieder hier und giebt sich mit der widrigen Beschäftigung des Grillenfangens ab, wobei er eine Miene aufgesteckt, als hätten — wie der Volksmund sagt — die Hühner ihm das Brot gefressen! Salfeld, unverbesserlicher Mensch, wo soll das eigentlich hinaus ? Ich kann dich, großes Kind, ja wahrlich nicht mehr eine Viertelstunde aus den Augen lasten!"
„Du wirst mich heute noch ganz daraus verlieren," giebt ihm der Freund in scheinbar ruhigem Ton zurück, den er mühsam sich erkämpft.
„Ich dich? Verstehe das nicht! Sitz' einmal ganz still, Salfeldchen, ich glaube, daß es nötig ist, dir nach dem Puls zu fühlen. Du scheinst etwas zu fiebern."
„Vielleicht," ist die mit einem bitteren Lächeln gegebene Erwiderung.
„Aha, du räumst es ein und willst, um dir die nötige Kühlung
ff ff
! ^ ^
D 4
W ! ^