* Ein Bischen gönnen's die Bayern schon dem General d'Andlau, daß er so tief ins Pech geraten ist. Im Jahr 1869 hat er als fran­zösischer Generalstabsoberst den bayerischen Ma­növern bei Schweinfnrt beigewohnt und seinem Kaiser eine vernichtende Kritik der Leistungen der bayerischen Armee und ihrer Führer einge- sandt. Die Berichte wurden bekannt. Ein Jahr nachher donnerten die bayerischen Gewehr­kolben an die Thore von Weißenbnrg und hal­sen die Franzosen ans den festen Stellungen bei Wörth hinauswerfen. Auch bei Bazeilles lernten die Franzosen dieblauen Teufel" kennen.

* Ans Franken, 18. Okt., schreibt man dem Schw. M.: Der zum Tode verurteilte Plassenburger Zuchthäusler und mehrfache Mör­der Wild aus Württemberg fragte, als ihm das Urteil verkündigt wurde, ob er eine Re­vision beim Reichsgericht persönlich vertreten könne, und als ihm dies verneint wurde, er­klärte er:So verzichte ich auf die Revision; mit den Schreibereien kommt man doch nicht weit. Ich verzichte auch auf die Gnade Eures Fürsten. Aber ich will, daß man an dem Schaffot eine Vorrichtung anbriugt, damit ich mich selbst köpfen kann."

* Landau. Zwanzig Steinbrecher ans Albersweiler, die vom hiesigen Landgericht wegen Vergehens gegen das Dynamitgesetz zu je drei Monat Gefängnis verurteilt waren, sind vom Prinz-Regenten zu einer Geldstrafe von Mrk., event. fünf Tagen Haft begnadigt worden.

" Berlin, 18. Okt. Reichsbank-Präsident v. Dechend konferiert hier mit den rheinisch - westfälischen Reichsbankdirektoren. Die jetzigen Einrichtungen der Reichsbank sollen mehr zum Vorteil der Landwirtschaft ausgedehnt werden.

B erliu, l8. Okt. DerReichsanzeiger" meldet: Dr. Mackenzie besuchte vor seiner Rück­kehr nach England nochmals Se. Kais. Hoh. den Kronprinzen in Baveno, bestätigte abermals die fortschreitende Besserung des Halsleidens, hielt aber die größte Schonung im Sprechen, sowie behufs Vermeidung von Erkältungen den Wiutcraufenthalt in einem warmen Klima für unbedingt notwendig/ L>. K. H. der Kronprinz wird daher zunächst noch in der jehr zweck­mäßig und bequem eingerichteten Villa Clara zu Baveno verbleiben, dann voraussichtlich an der Riviera Aufenthalt nehmen. Für den deutschen Kronprinzen ist lautKöln. Ztg." durch die Vermittlung des englischen Konsuls eine Villa in San Nemo gemietet worden.

* Gels enkirch en. Die Konkurrenz treibt oft die wunderlichsten Blüten! Man hört viel­fach, daß die Wirte Freibier verabreichen, aber der Fall, daß man unentgeltlich Austern den Gästen präsentiert, steht doch wohl einzig da. Der Reisende einer Dortmunder Brauerei hat nämlich, die Konkurrenz der hier neu errichteten BrauereiGlück auf" fürchtend, in allen Wirt­schaften, ' die mit ihm in Geschäftsverbindung

stehen, auf Geschäftsunkosten Anstern verab­folgen lassen.

' Dienstag vormittag wurde im Hotel zum Pommerschen Hof in Berlin ein Liebespaar aus Stettin erschossen vorgefunden.

* Ein Unteroffizier der Münster Garnison, der in einer der letzten Nächte einen Nacht­wächter ins Gesicht geschlagen hatte und dann als Arrestant der Hanptwache überliefert wor­den war, hat sich in der Kaserne'erschossen.

* Sonntag abend 8 Uhr wurde in die zu­nächst dem Justizpalaste in M e tz gelegene Wohn­ung eines Lieutenants von der Straße her ein Schuß abgefeuert. Die Kugel flog durch das Fenster in das Zimmer, glücklicherweise ohne den anwesenden Bewohner zu treffen. Der Of­fizier, zwei schnell entfliehende Männer in der Straße bemerkend, verfolgte dieselben. Die Männer verschwanden aber in der nahen Es­planade spurlos.

Ausländisches.

" Wien, 18. Oktbr. Eine Meldung aus Sofia von kompetenter Quelle versichert, daß die Negierung schwerwiegende Belege für den Bestand einer verzweigten Verschwörung zur Vertreibung des Fürsten und des ehemaligen Regenten in Händen hat. Bei einzelnen Ver­hafteten fand man in deren Wohnungen be­trächtliche Summen in russischen Werten und Schriftstücke zu einem Aktionsplane, in welchem Personen namhaft erscheinen, denen eine führende Rolle zugedacht ist. Es sind weitgehende mi­litärische Maßnahmen getroffen. Der Fürst soll den Antrag einer bedeutenden Verstärkung der Palastwache abgelehut haben.

* Wien, 19. Okt. Ein gewisser Clärens Roper versuchte bei der Kreditanstalt auf Grund gefälschter Anweisungen einer Pariser Bank 60 010 Frcs. zu erheben. Die Kreditanstalt,, welche telegraphisch in Paris sich erkundigte, erhielt Auskunft, daß Roper ein Schwindler und zu ' verhaften sei. Roper wurde flüchng; seine Geliebte, Juliane Metz, wurde in Frohn- leiten verhaftet.

' Bern, 18. Oktbr. Eine hier abgehaltene Sozialistenversammlung erhob Einspruch gegen die Hinrichtung'der fietzrn'Amirchttkii in-C-hi- kago, weil dieselben unschuldig seien.

* Die neuesten Bohrungen in Zug haben ein sehr bedenkliches Ergebnis gehabt: man ist an allen Bersuchsstellen auf Schlamm und Mergel gestoßen.

* Paris, 19. Okt. An der Börse hat gestern die Nachricht, daß der Ministerrat die Zusammenberufung der Kammern auf den 25. dieses Mts. bestimmt hat, daß dieselbe also noch vor der Ultimo-Liquidation stattfinden wird, eine Verstauung der Renten hervorgerufen, ein Beweis, daß man in den finanziellen Kreisen sogleich zu Beginn der Session stürmische Sitz­ungen oder gar den sofortigen Ausbruch einer Ministerkrisis befürchtet.

* Paris, 20. Okt. Caffarel erhielt den

Hof ausbezahlt wurde. Als der Bauer zur Stadt ging, holte ihn ein Fremder ein und be­merkte, er habe beobachtet, wie ihn der Händler betrogen und statt der 20-Markstücke 20-Franken- stücke gereicht habe, der Bauer möge ihu einmal das Geld sehen lassen. Der Verkäufer war durch diese Anrede so verblüfft, daß er dem Ansinnen des Fremden entsprach und ihm die ganze Summe einhändigte. Sofort ließ der Mann das Geld durch die Finger gleiten, gab's dann zurück mit dem Bemerken, er habe sich geläuscht, das Geld sei richtig, und ging eiligst von dannen. Als aber der Bauer sich die Gold­stücke des nähern besah, da fand er zu seinem Schrecken, daß ihm drei davon ä 20 Mark, also 60 M. fehlten. Um diese Summe war er im Handumdrehen von dem Unbekannten geprellt.

In Göppingen stürzte der 45 Jahre alte Dienstknecht des Güterbeförderers Wackler von der Schenerleiter herab und brach das Genick, was den sofortigen Tod zur Folge hatte.

In Kirchheim a. N. ertrank die 35jähr. epileptische Mathilde Ott im Neckar. In M n r rhardt brachte ein Fahrknccht den linken Arm unter das Rad seines schwerbeladeneu Laugholzwagens, so daß derselbe amputiert werden mußte.

' Baden-Baden, '20. Okl. Prinz Wil­helm von Preußen ist gestern Nacht 1 Uhr von Baveno hier eingetroffen und wird heute Abend den Kaiser Wilhelm ans seiner Rückreise nach Berlin begleiten.

* Baden-Baden, 20. Okt. Der Kaiser ist um 5 Uhr 30 Minuten von hier abgereist.

Eine zahlreiche Menschenmenge war in den Straßen und am Bahnhof versammelt.

* (Ein wohl zu gönnendes Glück) wurde der Familie des früheren Inhabers einer Wirtschaft gegenüber der Jnfauteriekaserue in Mannheim dieser Tage zuteil. Der Manu hatte sich vor einiger Zeit in Ludwigshafcn angekauft, lein Unternehmen wollte aber dort keinen günstigen Fortgang nehmen, und durch fortgesetzte Schick­salsschläge in seinem Verstände verwirrt, hatte er den Tod in den Wellen des Rheins gesucht und gefunden, seine Familie, eine Frau mit mehreren kleinen Kindern, in der bedrängtesten Lage zurücklassend. Am Dienstag gelangte nun durch die K. Post in Ludwigshafen eine Geld­sendung im Betrage von 7000 M. in die Hände der Witwe. Es war der Gewinn eines Loses, aus welches bereits vor dem Tode ihres un­glücklichen Mannes dieser hohe Treffer ge­fallen war.

'' München, 19. Okt. Die Abgeordneten berieten heute den Militäretat. Eine General­debatte konnte ausfallen. Bei der Spezialde- batre versicherte der Kriegsminister gegenüber den Erörterungen wegen Soldatenmißhandlnngen, er bedaure jeden derartigen Fall, doch stehe ja der Beschwerdeweg offen. Betreffs der Klagen über die Brotverpflegung verspricht der Kriegs­minister, Erhebungen anstellen zu lassen.

Kk'in-Wieschm.

Eine miinsterländische Novelle von I. v. Dirk ink.

(Fortsetzung.)

Am selben Tage noch traf Meschen, ihr kleines Bündel unter dem Arme, auf dem Hofe ein. Im Abrndsonnenscheine schimmerte das rote Mcksteinhaus wie mit Purpuvglanz nmwoben durch den Kranz mächtiger Eichen und Buchen, in deren Schatten es sich behaglich ausbreitete. Die Tagesarbeit ruhte. Selbst die Tauben waren schon zur Rüste gegangen und der Hofhund lag. den zottigen Kopf auf die Vorderpfoten ausge­streckt. schläfrig vor der Hütte und rührte kein Glied, als Meschen zagenden Herzens an ihm vorüberschlich. Nur die neugierigen Spatzen, welche auf dem kno eigen Birnbäume an der Aufkammer saßen und in die Fenster hinein spähten, rückten plötzlich näher zusammen uns zwitscher­ten eifriger als je. Sie waren einheimisch auf riefe n Grund und Boden und kannten durch Hörensagen imer Uhranen die Vergangenheit dieses Harlles. Aber nur der Hofhahn, der mit gespreiztem Gefieder gravitä­tisch an der Hausmauer entlang schlich, belauschte die laut geführte Unterhaltung des schwatzhaften Völkchens.Das Schicksal naht sich," zeterten sie,die Eule, Mutter Weisheit, hrt es schon lange orackelt, daß hier bald eine Veränderung vor sich gehen wird."

Dummes Geschwätz, dachte der Hahn und schritt, unwillig den zackigen, roten Kamm schüttelnd daoon.

Wollen erst abwarten, was Meister Langbein macht, der auf unserer Firste haust und der guten Hausfrau einen Sohn in die Wiege gelegt hat, einen rechtmäßigen Sohn, nicht so einen wie vor langen Jahren, von dem mir meine Ahne erzählt hat," nickte er.

Kikeriki," rief er gleich darauf, bestieg den Düngerhaufen, seinen Thron, und lugte wißbegierig zum Giebel hinauf, wo ein mächtige?

Storchnest die alte, übcrmooste Dackffirll zierte. Aber Adeboor, der hier seßhafte H-ffpatriarch und anerkannte Prophet, war gar nicht daheim; vielleicht stelzte er noch im angrenzenden Laubwalde umher und flugs entschloß sich der Hahn zu einer kleinen Reise über Land.

Die Schwalben strichen in Schwärmen über den Hof und ein Paar ließ sich auf dem Fenstersimse nieder, um durch den Spalt der weißen Mullg irdinrn in die Aufkammer zu spähen. Welch' ein liebliches Bild! Jnmit'en des Raumes steht eine Korbwiege mit einem rosigen kleinen Wesen zwischen den Kiffen. Auf die Wiege beugt sich ein hüb­sches, schlankes Mädchen herab mit großen, blauen Augen, die in feuch­tem Glanze schimmern.

Im Hintergründe des weitläufigen Raumes steht ein großes Himmelbett, deren Weißgeblüwte, blaßrote Vorhänge zurückgeschlagen sind. Den Kopf auf den Arm gestützt ruht hier ein junges Weib und schaut neugierig auf den Fremdling an der Wiege.

Aha, du bist Klein Mieschen," ruft sie plötzlich,von dem mir der Schulze erzählt hat.Komm her zu mir!" winkt sie mit der Hand. Wie sanft und wohlklingend berührte diese Stimme Mieschens Ohr. Aber plötzlich konnte sie ihre Thcänen nicht mehr zurückhalten. Die zarte, bleiche Frau, das kleine Kind, es rief eine Erinnerung an ihr Elternhaus in ihr wach und jetzt war es ihr zu Mute, als ob sie jahrelang vom Hause fort sei und eine ganze Menge bitterer Erfahrungen ge­sammelt habe. Die Frau deutete auf den Stuhl vor ihrem Bett und Mieschen ließ sich nieder. Nach und nach begann sie zu erzählen von ihren häuslichen Verhältnissen, von ihrem Heimatsdorfe und vom Her­mannsohm. Und die blasse, kranke Schulzin vertiefte sich mit steigern­der Teilnahme in den Anblick des jungen Mädchens, dessen Art und Weise ihr Herz im Sturme gefangen nahm. Mit einem tiefen Seufzer lehnte sie sich endlich in die Kissen zurück.