Nr. 109.

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Samstag den 17. Septör.

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188!

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Altensteig

Redaktion und Expedition des BlattesAus den Faunen."

D Deutschland und Rußland.

Beim Niederschrciben dieser Zeilen ist die Frage noch nicht beantwortet, ob Zar Alexari­der III. seinem Großoheim einen Besuch auf deutschem Boden abstattet. Die größte Wahr­scheinlichkeit spricht dafür und wenn ofsiziöser- seits gesagt wurde, in den maßgebenden Kreisen wäre nicht einmal etwas von einer dahingehen­den Absicht bekannt, so ist das wohl allein auf Rechnung des Umstandes zu schreiben, daß es eben der Zar jst, den man als Gast erwartet, jener unglückliche Herrscher, der keine Stunde seines Lebens sicher ist und der seine Reiseab­sichten immer geheim hält, um seine entsetzlichen, im Dunkel schleichenden Feinde, die Nihilisten, nicht aufmerksam zu machen. Die letzteren sind nicht einzelne, hirnverbrannte Subjekte, wie sich deren wohl in allen Ländern finden, sondern sie bilden eine große geschlossene Partei, die ihr Netz über das ganze Rußland gespannt hat und ihre Anhänger in allen Kreisen der Gesell­schaft besitzt. Solcher Mordbande gegenüber ist natürlich die äußerste Vorsicht am Platze und ihr darf nicht gesagt werden:dann und dann trefft ihr euer erkorenes Opfer dort und dort."

Jedenfalls wäre es gut, wenn der Zar käme; es würde die öffentliche Meinung in Eu­ropa, soweit sie den Frieden will, beruhigen. Wir leben seit Jahren, seit vielen Jahren in dem Zustande eines dauernden Kriegsfiebers, das bald schwächer, bald stärker auftritt, nie aber ganz verschwindet. Wenn da zwei mächtige Herrscher Zusammenkommen, so ist zu hoffen, daß durch persönliche Aussprache so manches Mißverständnis beseitigt, so manche Verstim­mung ausgeglichen werde. Das hat etwas Be­ruhigendes für das kranke Europa, wenn es auch nur wie eine Morphiumeinspritzung wirkt, der zwar jede Heilkraft abgeht, die aber für eine Zeitlang den Schmerz weniger lebhaft empfinden läßt.

In den letzten vierzehn Tagen haben zwi­schen der ,Nordd. Allgem. Ztg/ und der,Köln. Ztg/ lebhafte Auseinandersetzungen über das Verhältnis Deutschlands zu Rußland stattge­funden. Zwischen zwei Freunden wird oft ein in gemäßigten Grenzen sich haltender Streit deshalb öffentlich geführt, daß dritte Per­sonen belehrt werden. Dieser Dritte an dessen Adresse sich die Ausführungen der beiden streiten­den Organe richteten, war offenbar Rußland. Schlimm, daß in dessen Brust zwei Seelen wohnen, die offizielle und die panslawistische. Zu beidenSeelen" wurde gesprochen und ganz Deutschland hat gehört, was da gesagt wurde.

Wir wissen jetzt, was übrigens von vorn­herein nicht zu bezweifeln war, daß Deutschland eine deutsche Politik, keine russische verfolgt, daß es aber im Interesse der deutschen Politik liegt, unter strenger Jnnehaltung der bestehen­den Verträge Rußland mit der allgemeinen Lage anszusöhnen. Nur die Verträge und deren fest­bestimmte Satzungen sind für Deutschlands Halt­ung in der bulgarischen Frage maßgebend und wenn diese Haltung eine für Rußland gün­stige ist... um so besser. Ein Wettbewerb mit den Franzosen um die Gunst Rußlands ist dabei nie in Frage gekommen. Denn Deutsch­lands Politik ist der Friede aus Grund der Verträge, Frankreichs Politik ist die der Re­vanche bei günstiger Gelegenheit.

Deutschland hat nie nach dem Ruhm ge­strebt, Europa den Frieden befehlenzu können, wie es Louis Napoleon gethan hat, der eine Zeitlang von sich behaupten tonnte, daß ohne seine Zustimmung in Europa keine Kanone ab­geschossen werden d ürfe. Gegen solch' eine Wahrung des Völkerfriedens empört sich das Selbstgefühl der Nationen; die Politik Dentsch- landswar und ist stets die des Versöhnend, des Ans- gleichens. Bismarck hat sich in Wirklichkeit mehr als einmal als derehrliche Makler" gezeigt, wie er sich selber genannt hat. Deutschland fürchtet Rußland nicht, auch dann nicht, wenn es sich mit Frankreich verbindet; aber es sucht solche gefährlichen Koalitioneil zu hinterbleiben, weil ein daraus entspringender Krieg unsägliches Elend über Besiegte wie Sieger herbeiführte und alle Teile unfähig macht, sich den gewaltigen sozialen Friedensansgaben zn wiedmen.

Unterläge Rußland in einem Kriege, darin kämen die Nihilisten obenauf. Unterläge'Deutsch- land im Kampfe wir haben schon einmal eine furchtbare Zeit dnrchgemacht, in der Deutsch­land nicht die Segnungen seiner Einigung kannte, nicht die Kraft, welche die Einheit gibt, und trotzdem kam die Zeit der Erhebung, der Be­freiung! So würde cs auch wieder kommen. Jedoch was dazwischen liegt, was die Phan­tasie nicht ausdenken mag, davor schütze uns der Himmel. Einstweilen aber freuen wir uns, daß die Leiter unserer Politik nichts versäumen, nin uns den Frieden zn erhalten, ohne der na­tionalen Würde etwas zn vergeben.

Landesnachrichteu.

Alten steig, 1'. Sept. Heute mittag traf unser ncnernannter Herr Stadtpfarrer Hetterich Zuletzt Pfarrer in Ottenhausen, O.A. Neuenbürg) hier ein. Derselbe wurde von denl Hrn. Stadtvorstand, dem Stadt- und Pfarrgemeinderat auf der Station Nagold ab­geholt und hier erwarteten ihn die H.H. Lehrer mit ihrer Schuljugend vor dem neuen Schnl- hanse, wo unter Ueberreichnng eines hübschen Blumenstraußes seitens der Kinder der würdige Herr und Familie mit herzlichem Willkommen begrüßt wurde. Herr Stadtpfarrer dankte mit freundlichen Worten für den ehrenden Empfang. Abends fand zn Ehren des Hrn. Stadtpfarrcrs eine gesellige Unterhaltung im Gasthof znm grünen Baum statt, bei welcher der Licderkranz in freundlicher Weise mitwirktc. Die Investitur findet am kommenden Sonntag bei dem Vor­mittagsgottesdienste statt.

* Stuttgart, 13. Septbr. Die gestern eröffnete Ausstellung desWandcrvereins deutscher und österreichisch-ungarischer Bienenzüchter bietet eine Fülle des Interessanten dar und hat sich eines sehr zahlreichen Besuches zu erfreuen. Es

herrschte nur eine Stimme der Anerkennung sowohl über das geschmackvolle Arrangement als über Wert und Bedeutung der ausgestellten Gegenstände. Eine besondere Anziehungskraft aus die Besucher üben die lebenden Bienenvölker ans und mit großem Interesse sieht man sich das Innere der Bieneuwohnnngen an. Der Lederer'sche elektrische Schwarmmelder erregt sowohl die Aufmerksamkeit der Laien wie der Sachverständigen. Die Verhandlungen desJmker- kongresses beginnen morgen. Die Präsenzliste der Festteilnehmer hatte schon heute nachmittag die Ziffer 400 überschritten. Zu allgemeiner Freude ist auch der bekannte Dr. Dzierzon- Lowkowitz, welcher sich um die Bienenzucht so hervorragende Verdienste erworben hat, heute Nachmittag hier eingetroffen, ebenso der Präsi­dent des Wandcrvereins deutscher und öfter- reichisch-ungarisch. Bienenwirte, Vogel-Leemanns- höfen (Hanover). Die Preisrichter dürften heute abend ihre Arbeit beendet haben.

Bei der Ausstellung sind aus unserem Bezirk mit Prämien bedacht worden und zwar erhielt einen Preis von 20 M.: Jakob Gvhner, Famu­lus in Nagold. Diplome erhielten: Jakob Göhner in Nagold, Rudolf Seeger in Rohrdorf und Gottlieb Raas in Nagold.

* Mit dem 15. Sept. nehmen die GerichtS- ferien ihr Ende und es werden nun wieder die Geschäfte der Zivil- und Strafkammer in vollem Umfange ausgenommen.

* Stuttgart, 14. Sept. (Militärisches.) Generalmajor v. Kettler, Kommandeur der 52. Jnfanteriebrigade (2. k. württ.), wurde vom Kaiser unterm 3. ds. in Genehmigung seines Abschiedsgesuchs mit Pension zur Disposition gestellt und ihm der k. prenß. Rote Adler-Orden 2. Klasse verliehen.

* Stuttgart, >5. Sept. Nachdem heute auch die Erste Kammer dem Branntweinstener- gesetz zngestimmt hat, ward der Landtag wieder vertagt.

* (Verschiedenes.) In Friedrichs­hafen fiel eine bejahrte Frau in der Nacht zum Fenster hinaus und blieb sofort tot. Der verheiratete G. Zimmermann von Ger­lingen, welcher am letzten Sonntag sein 25- jähriges Jubiläum als Arbeiter in dem Leder­geschäft der Firma Ankele in Stuttgart beging, wurde ans diesem Anlaß von seinem Prinzipal mit 500 Mark beschenkt. In Kleineis- lin gen brach bei einem Neubau das Gerüst und 7 Maurer und Steinhaner stürzten in die Tiefe. Einer war sofort tot, die anderen sind mehr oder weniger schwer verletzt. Ans dem Hofgnt Niedersteinach erhängte sich ein 73jähriger ehemaliger Taglöhner aus Aerger darüber, daß er eine Hansgenossin unter dem­selben Dach bei sich wohnen lassen mußte. Noch rechtzeitig sah ihn eine Frau an der Scheuer­leiter zappeln, hatte aber kein Messer zur Hand, um den Strick abznschneiden. Sie holte daher einen Nachbar herbei, der den immer noch zappelnden Unglücklichen von der Umhalsung befreite. Er thu's nimmer sagte er.

* Nürnberg, 14. Sept. In dem benach­barten Dorfe Wezendorf erschoß in einem Anfall von Geistesstörung der Oekonom Sippel seine Frau und dann sich, drei kleine Kinder sind hinterlassen.

* Berlin, 14. Sept. General z. D. Graf Werder ist an seinem 80. Geburtstag zn Grüssow bei Belgrad (Pommern) gestorben. (Mit ihm ist einer der berühmtesten Führer des Jahres