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I Erscheint wochentl. 3mal: Dienstag, Donners 'M'r 70. rag und Samstag und kostet in Altensteig 90 ^ o l im Bezirk 85 außerhalb l das Quartal.
Samstag den 2. Juli
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1887,
Westellüngen
auf „Aus den Taimen" können fortwährend gemacht werden. Bereits erschienene Nummern werden nachgeliefert.
A ntliches.
Ueb ertragen wurde die Oberlehrerstelle ander neu errichteten Taubstummenanstalt in Nagold dem Ober- lehrer Griesinger an der Taubstummenanstalt in Eßlingen.
D Die Lage auf der Balkanhalbinsel
ist wiederum in jeder Hinsicht eine kritische geworden. Die bulgarische Regierung strebt mit aller Kraft aus dem Zustande der Versumpfung herauszukommen, in welchen die Angelegenheiten ihres Landes durch die feindselige Politik Rußlands geraten sind. Die Entwickelung der Dinge in Serbien läßt sich noch nicht genau überblicken: Mali erblickt einen Januskopf, dessen eines Gesicht Rußland, dessen anderes Oesterreich freundlich zulächelt; das erstere trägt unverkennbar die Züge des Ministerpräsidenten Ristitsch, das andere die des Königs Milan. Die Befürchtungen, welche Milan in Wien wegen der Umtriebe der Königin Natalie und des Prätendenten Karageorgiewitsch laut werden ließ, scheinen nicht unbegründet und es ist der serbische Throninhaber selber, welcher auf mögliche., „unliebsame Störungen" innerhalb seines Lanvesch'indentete. Rechnet man dazu noch das Intrigenspiel am goldenen Horn, welches sich um die Unterzeichnung oder Ablehnung der englisch-türkischen Uebereinkunft wegen Aegyptens dreht, so hat man ein ohngefähres Bild davon, wieviel Zündstoff wieder in den Valkanstaatcn angehäuft liegt, den ein einziger Funke zur Explosion bringen kann.
Das offizielle Blatt der bulgarischen Regierung ,Swvboda' brachte dieser Tage eine überraschende Meldung; es sagte, die Sobranje sei zur Fürstenwahl zusainmenge'treten; die Regentschaft habe sich zuvor schon der Zustimmung des von ihr vorgeschlagenen Kandidaten versichert! Das klingt mutig und mysteriös zugleich, weil der Name dieses Kandidaten verschwiegen wird und weil auch gar nicht bekannt geworden ist, daß in letzter Zeit von seiten der Regentschaft.Unterhandlungen mit irgend einem Prinzen gepflogen worden seien. Rußland hat erklärt und bleibt dabei stehen, daß erst die gegenwärtigen Gewalthaber in Bulgarien abtreten und eine unparteiische d. h. russenfrennd- liche Regierung eingesetzt werden müßte, ehe es sich für befriedigt erklären kann. Indessen hat der Kredit des Zarenreiches in den Balkanstaaten gewaltig gelitten, seitdem der Zar mehrere- male gedroht hat, ohne der Drohung die That folgen zu lassen. Die Regenten und Minister- Haben Bulgarien und Ostrnmelien nach allen Richtungen der Windrose hin durchreist und das Volk aufgeklärt. Die vielen russischen Anzettelungen, die Begünstigung von Verschwörungen und der Schutz flüchtiger Verbrecher, die Hetzerei der russischen Presse und nicht zum wenigsten die Mission des Generals Kanlbars haben in Bulgarien das Gegenteil von dem erzeugt, was damit beabsichtigt war: die große Mehrheit des Volkes will von Rußland nichts mehr wissen.
Es ist alle Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß die Sobranje den Fürsten Alexander von Battenberg wieder wählen wird, und dies wäre, wenn Rußland beschwichtigt werden könnte, auch die einfachste und glücklichste Lösung der Krisis. Gegen den Willen Rußlands könnte der Battcn- berger zwar auch den Thron wieder besteigen
und wie die Dinge heute liegen, würde der Zar seine Truppen nicht marschieren lassen; aber der Fürst wäre vor den Panslavisten seines Lebens nicht sicher. Wie der Zar auf seinem Thron stets und ständig vor den Nihilisten zittert, so müßte der Battenberger sich stets vor Mordbuben hüten, deren Dolche in Moskau geschliffen sind.
Was die Türkei anbetrifft, so liegt dieser offenbar viel daran, am Balkan, in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, endlich wieder geordnete Verhältnisse zu sehen: sie würde also gern ein Auge zndrücken, wenn auch ein Fürst auf den Thron Bulgariens stiege, der den Satzungen des Berliner Vertrages nicht vollkommen entspricht, d. h. nicht von allen Signatar-Mächten ausdrücklich anerkannt ist. Die russischen Anzettelungen in Belgrad scheinen darauf hinzudeuten, daß Rußland in Sofia die Partie verloren giebt und nun in Belgrad festen Fuß zu gewinnen sucht, um sich zu entschädigen und den Einfluß ans der Balkanhalbinsel nicht ganz einzubüßen. Verbündet mit Frankreich macht es auch in Konstantinopel den Engländern Schwierigkeiten, deren Ausnutzung ihm zwar momentan nicht möglich ist und deren Erhebung nur die Türkei daran erinnern soll, daß sic in Europa nur noch „von Rußlands Gnade" existiert.
Belgrad, Sofia und Konstantinopel dürsten somit während der Hochsommerzeit die Schauplätze hochwichtiger, in innerem Zusammenhänge stehender politischer Aktionen werden.
Tages-Politik.
— In den nächsten Tagen wird ein Riesenwerk deutschen Fleißes beendet werden: die Redaktion des deutschen bürgerlichen Gesetzbuches, an dem acht Jahre hindurch von den bedeutendsten Juristen gearbeitet wurde; Meinungsverschiedenheiten unter den Kommissionsnütgliedern über Erbrecht und internationales Recht hatten die Beendigung der Arbeit verzögert. Die Kommission geht Ende dieser Woche in die Ferien und wird im September wieder zusammentreten, um die Ausarbeitung des Einführnngsgesetzes für die einzelnen Länder und Reichsgebiete vorzunehmen.
- Der Gesetzentwurf, betreffend den Verkehr mit Wein, ist bekanntlich im Bundesrat bereits Gegenstand der Beratung gewesen und an die Ausschüsse zurnckverwiesen worden. Wie die ,Nat.-Ztg/ mitteilt, hängt dies damit zusammen, daß Bayern verschärfende Bestimmungen wünschte, womit sich auch Sachsen und Württemberg einverstanden erklärten. Der Gegenstand wird deshalb noch einmal die Ausschüsse zu beschäftigen haben.
— Zur Frage der Sonntagsarbeit hört man, daß unter den verbündeten Negierungen vollkommenes Einverständnis über die ganze Frage dahin besteht, daß die jetzigen in den Einzelstaaten geltenden Vorschriften vollkommen ansreichen. Trotzdem werden von seiten der äußersten Rechten und des Zentrums erneute Anträge für die nächste Reichstagssession vorbereitet.
— Die Hohenzollern'schen Lande, welche bisher dem Ersatzbczirk des 8. Armeekorps zn- getcilt waren, sollen vom 1. Oktober ab dem 14. (badischen) Armeekorps angeschlossen werden. Das Gerichtswesen steht unter dem Oberlandesgericht Frankfurt a. M., das Postwesen unter der Oberpostdirektion Konstanz, der Bergbau unter dem Oberbergamt Bonn, der höhere
Unterricht unter dem Provinzial-Schulkollcginm Koblenz. — Eine ganz hübsche Mannigfaltigkeit!!
— In diplomatischen Kreisen wird der „Krenzztg." zufolge erzählt, daß weder die russische noch die österreichische Regierung in diesem Jahre beabsichtige, Einladungen an fremdländische Offiziere zu den Manövern ergehen zu lassen.
— Die belgische Regierung hat nnnmehr den Kammern das erste große Süzialreform- gesetz vorgelegt. Dasselbe betrifft die Regelung der Frauen- und Kinderarbeit in den Kohlengruben und industriellen Etablissements, und enthält folgende hauptsächliche Bestimmungen: 1) die Arbeit in Kohlengruben, Steinbrüchcn, Fabriken, Manufakturen, Werken und Werkstädten ist Kindern, die noch nicht das 12. Lebensjahr zurückgelegt haben, untersagt. Jedoch hat die Regierung das Recht, für gewisse Arbeiten die Verwendung von Kindern, welche das 10. Lebensjahr vollendet haben, zu gestatten. 2) Für- Kinder zwischen 12 und 18 Jahren darf die Arbeitszeit nicht das Maß von 12 Stunden täglich überschreiten mit Einrechnung einer mindestens anderthalbstündigen Ruhe. 3) Kinder unter 16 Jahren dürfen zur Nachtarbeit nicht verwendet werden.
— Aus Rußland kommt die allerdings noch der Bestätigung bedürfende Nachricht, daß die Panslavisten wieder einmal eine ernstliche Schlappe erlitten. Dieselbe besteht diesmal darin, daß Herr Katkow nicht blos einen ernstlichen Verweis erhalten hat, sondern daß ihm auch die Pacht der ,Moskauer Zeitung' gekündigt worden ist. Dieses halbamtliche Blatt war sein Hauptwerkzcug. Die Ursache der kaiserlichen Unzufriedenheit soll in der „Enthüllung" Tatschtschews und überhaupt in der herausfordernden Haltung Katkows bestehen. Ans keinen Fall ist zu vergessen, daß die Stimmung -es Zaren, soweit sie in solchen Gunst- und Mißgunstbezeugnngcn zum Ausdruck kommt, sehr- schwankend ist.
— Der russische Finanzminister unterbreitete dem Zaren einen Gesetzentwurf, welcher anordnet, daß von allen in Klöstern, Kirchen und geistlichen Stiftungen vorhandenen Kostbarkeiten ein genaues Verzeichnis angelegt und alle diejenigen Gegenstände, welche nicht unmittelbar zum Gottesdienst gehören, oder einen archäologischen oder sonstigen Knnstwert haben, verkauft werden sollen. Der so zu gewinnende Erlös soll vom Staate übernommen und die Klöster und Kirchen dafür mit 3proz. Staatspapieren entschädigt werden, welche binnen 60 Jahren durch jährliche Verlosungen amortisiert werden sollen. - Den örtlichen Behörden in den westlichen Provinzen ist, wie die „Now. Wr." erfährt, die Vorschrift zugegangen, diejenigen Ausländer, die bereits 5 Jahre im Besitz von Land sind, die ganze Zeit auf ihrem Grundstück zngebracht und durch ihre Aufführung zu keinerlei Beschwerden und Unannehmlichkeiten Veranlassung gegeben haben, unverzüglich als russische Uuterthanen zu verzeichnen.
Lalldesnachrichten.
* Alten steig, 1. Juli. (Korresp.) Am Peter- u. Paulstage feierte der Bezirkskindcr- rettnngsverein und Hilssbibelverein sein Jahresfest in Haiterbach. Begünstigt vom angenehmsten Wetter wurde dasselbe auch von auswärtigen Freunden der innern Mission recht zahlreich besucht. Die Pfleglinge des Vereins erhielten auf Kosten dessen ein einfaches, aber kräftiges Mittagessen. Um OZ Uhr begann die Festfeier in der geräumigen Kirche. Ein