<-r
» r
-E v
<-
c
«-r
r--p
»
k
>L2^ <-
Qd> ^
rr «- » r5v ^
»
»—
c?
<-r
S
»5
<7> .<- «1-
» M>
C
s 2
?-
rr -
cr
W
8 ^ »8 52.5
§ö
Las ganze Vorgehen spiegelt den ingrimmigen Haß der Pariser gegen alles, was deutsch ist, Lieder, und hat deswegen noch mehr eine politisch-symptomatische als eine materielle Bedeutung.
* Paris, 25. Juni. In Folge der für -gestern abend angekündigten Versammlung der Patriotenliga im Winterzirkus hatte sich eine Ziemlich beträchtliche Menschenmenge nach dem Versammlungslokal begeben. Der Saal war überfüllt, die Versammlung ziemlich stürmisch. Deronlsde und Sansboef hielten Reden und protestierten energisch gegen das jüngste Urteil des Reichsgerichts in Leipzig im Hochverratsprozesse Köchlin u. Gen. Als die Menge den Saal verließ, wurden verschiedene Rufe wie „Es lebe Boulanger! Es lebe Deronlsde, es lebe die Patriotenliga, es lebe die Republik" 2 c. gehört. Eine Anzahl derjenigen, welche an der Versammlung teilgenommen, zog begleitet von einer Schar Neugieriger unter den gleichen Rufen den Boulevards entlang nach dem Cercle militaire. Auf dem Opernplatze zerstreute sich die Menge.
* Brüssel, 24. Juni. Die chinesische Regierung übertrug definitiv einem belgischen Syndikat den Arsenalbau in Shanghai, dessen Kosten sich auf 60 Millionen Franks belaufen.
" London, 23. Juni. In Irland ist die Feier des Jubiläums der Königin nicht ohne Ruhestörungen abgelaufen. In Cork machte der Pöbel den Versuch, die Fenster des glänzend illuminierten Gebäudes der konservativen Union einzuwerfen. Die Polizei schritt jedoch mit ihren „Knüppeln" höchst energisch ein. In dem Handgemenge wurden über 100 Personen verletzt. Einem Konstabler wurden zwei Rippen Zerbrochen. Von den Mnnizipalgebäuden wehten schwarze Fahnen und viele Nationalisten trugen Trailerflor am Arm. Gruppen von Loyalisten zogen Abends durch die Straßen. Elftere sangen „Gott schütze die Königin", letztere „Gott schütze Irland". In anderen Städten im Süden Irlands veranlaßte die Jubiläumsfeier ebenfalls antiloyale Kundgebungen.
* London. Die „Gas Light and Coke Company", die größte Gasgesellschaft Londons, schätzt die Menge Gas, welche sie für den Jubiläumstag zu liefern hatte, auf 50 Mill. Knbik- fuß. So groß diese Zahl erscheint, so ist doch zu bedenken, daß die Gesellschaft an nebeligen Wintertagen häufig 104 Millionen Kubikfnß geliefert hat.
* Petersburg, 23. Juni. In dem neuesten Nihilistenprozeß, der in den letzten Tagen verhandelt wurde, sind von 21 Angeklagten 15 zum Tode verurteilt worden; für 8 suchte das Gericht Gnade nach. Bei der Verhandlung über die Ermordung von Polizei-Oberst Sudei- kin stellte es sich, wie der „K. Z." berichtet wird, heraus, daß dieser die Nihilisten im Solde der Polizei zu eigenen ehrgeizigen Plänen benutzte. So war mir seinem Wissen, wie die Verhandlung zweifellos nachwies, die Ermordung
des Großfürsten Wladimir und des Ministers Tolstoi beschlossen. Sudeikin rechnete darauf, daß hierdurch eine Panik entstehen, der Gendarmeriechef Orschewski seiner Stellung entsetzt werden und er sich dann dem Kaiser als Retter in der Not anbieten würde. Er würde dann, da er durch seine nihilistischen Spione die Fäden der Bewegung in der Hand hatte, am nächsten Tage sämtliche Schuldigen mit einem Male festgenommen haben. Kurz vor Ausführung dieses Planes errieten aber die Nihilisten dieses Doppelspiel und ermordeten Sudeikin. Dieser Teil der Verhandlung war das Wichtigste im ganzen Prozesse; das Uebrige war verhältnismäßig bedeutungslos. Die Nihilisten verraten übrigens erneute Thätigkeit. Einige hochgestellte Persönlichkeiten haben Briefe mit Sprengvor- richtung erhalten, nahmen aber keinen Schaden.
* Petersburg, 25. Juni. Das russische Marineministerium hat beschlossen, die Schwarze Meer-Flotte durch zwei neue Kriegsschiffe und vier Kanonenboote zu vermehren. Die Größe derselben wird den bereits vorhandenen Schiffen entsprechen.
" Die Russifizierung der Universität Dorpat verläuft doch nicht so glatt, wie die panslavisti- schen Heißsporne sich gedacht hatten. Die Vorschrift des Kurators Kapustin, vom nächsten Semester an die Vorlesungen in russischer Sprache zu halten, beantworteten sämtliche Professoren der Dorpater Universität mit ihrem Entlassungsgesuch. Die Ausführung dieser Maßregel ist daher auf 3 Jahre verschoben.
* Sofia, 22. Juni. Man meldet der N. Fr. Pr.: Der Regent Stambuloff und Minister Jvantschoff sind heute nach Tirnowa abgereist. Von verläßlicher Seite wird mitqe- teilt, daß nunmehr die Regierung beschlossen hat, durch die Sobranje dennoch die Fürstenwahl vornehmen zu lassen. Hierzu verlautet in gut unterrichteten Kreisen, daß der in Aussicht genommene Kandidat (derselbe ist nicht Prinz Alexander) die Annahme der Wahl nicht ablehnen und einige Großmächte dieselbe positiv billigen werden.
Gemeinnütziges
* (Bewährtes Mittel gegen Wnnd- gehen.) Die deutschen Militärbehörden haben nach eingehenden Versuchen als bestes Mittel gegen Wundgehen den Salicylsäuretalg eingeführt. Denselben stellt man sich her, indem man 2 Teile Salicylsäure in 5 Teilen Benzoetinktur löst und der Lösung 100 Teile Hammeltalg, welche vorher mit 5 Teilen Benzoeharz verrieben sind, zusetzt. Das Ganze wird tüchtig umgerührt und in passende Blechbüchsen oder Dosen gefüllt.
* Zur Vertilgung von Schwaben und Kellerw ürmern soll ungereinigte Karbolsäure ein untrügliches Mittel sein. Die Schlupfwinkel der Käfer sind damit zu bespritzen, infolge dessen sie sofort verschwinden. Die von der Karbolsäure selbst berührten Käfer sollen augenblicklich zugrunde gehen.
Buntes Allerlei.
* (Telegraphen-Jubiläum.) Vor fünfzig Jahren, im Juli 1837 wurde zwischen der Stadt München und der Sternwarte in Bogenhausen der erste Schreibtelegraph praktisch verwendet. Der Forscher Professor Steinheil in München war es, der auf Veranlassung von Gauß den Gauß- und Weber'schen Apparat in eine» Schreibtelegraphen verwandelte, bei dem die Idee, die Signale direkt niederznschreiben, geschickt dnrch- geführt war. Dieser Apparat nimmt in der überaus reichen Sammlung des Reichspostmuseums einen ersten Platz ein.
* (Was ist ein Gänsemarsch?» Es handelt sich nicht um die begreifliche Erklärung, sondern um die juristische Auffassung dieser altehrwürdigen Gangart. Diese wurde nun zum ersten- male vom Bezirksgerichte für Uebertretungen in Prag gegeben. Nach dem Uhland-Kommerse zogen 17 Mitglieder der dortigen Studentenverbindung „Austria" (es war Mitternacht) aus dem Hotel in ihr Kneiplokal; sie wählten hierbei die obengenannte eigentümliche Gangart. Eine tschechisch schimpfende Rotte verfolgte ste und versuchte das Kneiplokal zu stürmen. Die Polizei intervenierte. Diese Woche hatten sich die Studenten vor dem Bezirksgerichte zu verantworten, und dieses erkannte sie der Uebertretung gegen ... das Versammlungsrecht für schuldig, weil die genannte Gangart ein „öffentlicher Aufzug" sei, welcher von der Polizei vorerst hätte bewilligt sein müssen. Der „Gänsemarsch" kostet die „Austria" nicht weniger als 270 Gulden.
* (Hohes Alter.) JnPadewitz (Provinz Posen) starb der ehemalige Ackerbürger Albert Jndig im hohen Alter von 112 Jahren. Derselbe war also nur wenige Jahre nach der ersten Teilung Polens geboren. Jndig erhielt zuletzt aus der kaiserlichen Schattnlle monatlich 10 Mark.
* (Eine Gerichtsverhandlung als Heiratsvermittlerin.) Daß nicht Ehen nur im Himmel, sondern auch im Gerichtssaale geschlossen werden, bewies jüngst ein interessanter Fall vor dem Landgericht in Altona. Ein junges Mädchen stand unter der frivolen Anklage des Diebstahls, doch wurde dasselbe sofort von dem Verdachte freigesprochen. Ein Herr, welcher der Verhandlung.zufällig beiwohnte, nahm für das bitterlich weinende Mävchen ein so lebhaftes Interesse, daß er sich nach seinen Verhältnissen erkundigte — und am Sonntag darauf wurde die Verlobung gefeiert.
* (Im Geschäftseifer.) Dame: Können Sie mir diesen Brautschleier empfehlen? Commisr Gewiß, mein Fräulein, er ist von der besten Sorte; den können Sie sogar öfter benutzend
* (Recht beruhigend.) Sie sprechen da immer von einem Esel. ^>ie werden doch nicht mich meinen?!" — „Was fällt Ihnen denn ein! Es giebt noch mehr Esel wie Sie!"
Verantwortlicher Red.: W. Rieker, Altensteig.
Herr Lindemann hatte allerdings an ganz andere Sachen gedacht, als an jenes Verbot. Er befand sich seit er den Todesfall erfahren, in einer auffallend Übeln und dabei sehr gereizten Laune. Wenn er, wie heute, sein grünes Käppchen beständig auf dem Kopf hin uod herrücktc und sich dabei in den Haaren kraute, gingen ihm alle aus dem Wege. In solcher Stimmung duldete er keinen Widerspruch und Ewald machte sich daher auf eine rauhe Antwort gefaßt Diese blieb auch nicht aus.
„Das Haus verboten!" fuhr ver Meister hastig auf. „Da drüben issss jetzt mit dem Verbieten und Befehlen zu Ende, Wäre mir's nickt um den Verstorbenen Zu thun, so könnten ste den Sarg bestellen, wo ste wollten, denn sie stehen bei mir tiefer in der Kreide, als mir lieb ist. Da soll ich mir am Ende auch noch vorschreiben lassen, wen von meinen Arbeitern ich hinüberschicken darf und wen nicht? Werden sich bald von andern Leuten Vorschriften m chm lassen muffen, die großartigen Damen mit ihrer leichtsinnigen Wirtschaft. Nein! da wird keine Butter mehr iflrangethan. Nur keine Zeit verloren, Klaußen, hurtig hinüber und das Maß genommen! Ich hab's einmal gesagt und dabei bleibt's. Punktum!"
Mit schwerem Herzen fügte sich Ewald dem Befehle des unerbittlichen Meisters. Das Verbot Marthas zu übertreten war ihm gerade bei dieser traurigen Veranlassung doppelt peinlich, und er hätte es auch auf das äußerste ankommen lassen und würde lieber seinen Abschied genommen haben, — dann war es aber wahrscheinlich, daß entweder der Meister selber ging, von dessen gereizter Stimmung sich keine zarte Rücksichtnahme auf die verwaisten Hofratstöchter erwarten ließ, oder er schickte einen der übrigen Gesellen, welche sämtlich seiner heftigen Rede gelauscht und dabei eine gewisse Schadenfreude über die Lage der vornehmen, bisher für reich gehaltenen Nachbarinnen kaum verhehlt hatten. Daher hielt Ewald ses für das Geratenste, den schweren Gang selbst anzutreten. Er fürchtete nichts so sehr, als die Möglichkeit, mit Martha
oder auch nur mit Valentine zusammenzutreffen. Wie ein Dieb schlich er die Treppen hinauf und zog nur ganz leise die Klingel, als könne er durch solch behutsames Auftreten der gefürchteten Begegnung Vorbeugen.
Frau Rupstnger öffnete und führte ihn in das Sterbezimmer, wo sie ihn mit dem Toten allein ließ. Da lag nun der alte Hofrat steif und starr, nur noch ein Gast im Hause, dessen Glanz an seinen Atemzügen gehangen hatte, -- da lag er, taub und fühllos für das leise Schluchzen, das aus einem anstoßenden Zimmer tönte. Zittemd ergriff er die kalte Hand, deren freundlicher Wink ihn an so manchem Sonn- -agsnachmittage zu traulicher Unterhaltung in den Garten geladen hatte, und während er einen heißen Kuß darauf drückte, stürzten die heißen Thränen aus seinen Augen. Leise legte er seinen Zollstab auf die Mele und kniete nieder zu andächtigem Gebete, worin er die Hinterbliebenen, über deren Lage ihm heute durch den Meister erst erschreckende Klarheit geworden war, dem Schutze dessen empfahl, der sich der Witwen und Waisen erbarmt. Als er sich erhob und den Zollstab vom Boden wieder aufnahm, um an seine traurige Arbeit'zu gehen, öffnete sich die jenseitige Thür und mit bleichem Gesicht und verweinten Augen trat Martha herein, deren scharfem Ohre das leise Geräusch im Sterbezimmer nicht entgangen war. Sie erkannte Ewald, und den Zollstock in seiner Hand erblickend, ergriff sie vor dem Handwerker, welcher dem teuren Vater die letzte enge Behausung zimmern sollte, ein Schauer, wie vor einem Feinde. Als sie aber die Thränen an seiner Wange herabrinnen sah, die er vergebens durch eine leichte Wendung vor ihr za verbergen suchte, schwand jene unheimliche Empfindung. Der Schmerz des Tischlergesellea, dessen Anhänglichkeit an den Verstorbenen ste kannte, that ihr wohl; seine Gefühle an diesem Totenlager waren den ihrigen verwandt; ste warf ihm einen dankbaren Blick zu und brach dann in stilles Weinen aus.
(Fortsetzung folgt.)