Eines Tages verließ sie die Fabrik, um in einer nahe gelegenen Wirtschaft etwas zu essen, hatte aber ihr Portemonnaie vergessen und wurde infolgedessen wegen angeblicher Zechprellerei ver­haftet, verurteilt und an die deutsche Grenze bei Avricourt geschafft. Beinahe gänzlich von Mitteln entblößt, trat sie zu Fuß den Weg nach Metz ail, wurde aber schon in Vic verhaftet und wegen angeblicher Landstreicherei verurteilt. Auf die hiergegen eingelegte Berufung erschien sie gestern vor der hiesigen Strafkammer, welche die Ausführungen der Angeklagten als der Wahrheit entsprechend annahm und dieselbe frei­sprach. Dies das Schicksal einer deutschen Lehrerin.

Ausländisches.

* Wien, 2. Jan. DasNeue Tagblatt" meldet aus Sofia: Die Abreise Gadban Ef- fendi's nach Konstantinopel geschah geheim, obgleich durchaus keine Gefahr für eine De­monstration vorhanden war. Gadban verab­schiedete sich nur von der Familie Karaweloff's. Man spricht von einer demnächst bevorstehenden Veröffentlichung von Documenten, welche die Bestechung Gadban's durch Kaulbars beweisen sollen.

* (Auch ein geflügeltes Wort.) In einer am 26. Dezbr. in Prag abgehaltenen, meist von Jungczechen beschickten Volksversammlung hielt Dr. Eduard Greger eine nahezu zweistündige Rede, in welcher er die durch den Austritt der Deutschen aus dem Landtage geschaffene Situa­tion beleuchtete; daß die Deutschen darin sehr schlecht wegkamen, ist begreiflich, und zur Ver­gleichung des Kulturzustandes zwischen Deutschen und Czechen sprach Hr. Dr. Greger die Worte: Als die Deutschen noch auf den Bärenhäuten lagen und Eicheln fraßen, wurden bei uns schon Kuchen gebacken und gegessen."

* Pilsen, 30. Dez. Gegen den Redakteur Bachmann von hier, welcher kürzlich in Stutt­gart und Heilbronn über die Lage der Deutsch­böhmen Vorträge hielt, wurde laut Fr. I. in­folge direkter Einflußnahme des Statthalters Kraus ein Hochverratsprozeß eingeleitet.

* Der mit den vatikanischen Kreisen in Füh­lung stehende Korrespondent derPol. Korr." schreibt aus Rom: Die antiklerikale Bewe­gung in Italien verschärft sich von Tag zu Tag und zieht immer weitere Kreise. Es ist nicht allein ein Teil der Bevölkerung, welcher der Kirche feindselig gegenübersteht, sondern auch Verwaltung und Legislative treten immer häu­figer mit Akten hervor, welche die Lage des Papsttums in Rom zu einer äußerst schwierigen gestalten. So wird der italienischen Kammer in nächster Zeit ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, durch welchen den kirchlichen Orden in Italien die letzten Neste ihres Vermögens ent­zogen werden sollen. Des Ferneren hat die Regierung die Schließung der mit den Priester- seminarien verbundenen Gymnasien verfügt. Diese Vorgänge rufen in den päpstlichen Kreisen leh- haste Erregung hervor, und zwar wird beständig

die Frage erörtert, in welcher Weise die Kurie gegen die anwachsende kirchenfeindliche Bewegung Stellung zu nehmen habe und durch welche Mit­tel die fast unhaltbar gewordene Lage des Papstes gegen weitere Bedrohungen geschützt werden könnte.

* Nom, 26. Dez. Die Sträflings-Revolten sind jetzt hier so ziemlich an der Tagesordnung. Am Stephanstage revoltierten die Sträflinge von Sanct Michael, daftsie, dank der an diesem Tage eingeräumten Freiheit, sich selbst zu be­köstigen, über Gebühr getrunken hatten. Die ganzen Arbeitsgerätschasten wurden zertrümmert, die Wachen und Kerkermeister angegriffen und teilweise niedergeschlagen. Ein Piquet Bersa- glieri und Carabinieri machte der Revolte nach kurzem Kampfe ein Ende.

* Paris, 29. Dez. Das Amtsblatt ver­öffentlicht die Ernennungen der Kommandanten aller Festungen. Für Paris ist Thibaudin er­nannt. Im Kriegsfälle übernimmt der Gouver­neur von Paris, Sausster, ein Heereskommando und Thibaudin wird als Festungskommandant Leiter der gesamten Verteidigung von Paris und allen Forts.

* Paris, 31. Dezbr. Bei dem gestrigen diplomatischen Empfang bei Flourens war die deutsche Botschaft nicht vertreten. Wegen der Kriegsgerüchte ist in den hiesigen Geschäften eine bedeutende Stockung.

* Petersburg, 2. Jan. DasJournal de St. Petersburg" sagt, daß die schändlichen und lächerlichen Gerüchte, welche derPester Lloyd kürzlich verbreitet habe, ihren Ursprung nicht in Petersburg haben, wie das Blatt vor­gibt, sondern aus gewissen Lügenfabriken des Auslandes stammen. An den von dem genann­ten Blatte verbreiteten Geschichten sei kein wahres Wort; nur Börsenspekulanten und gewisse Preß- agenten seien die Urheber.

" Konstantinopel, 30. Dez. Hier ver­lautet, Montenegro mobilisiere 35 000 Mann.

* Nach einer derPol. Korr." aus War­schau zugehenden Meldung wird die diesmalige Militäreinstellung in Rußland in Folge höherer Weisungen vor dem üblichen März-Termine vor­genommen werden. Des Weiteren wird ge­meldet, daß die Verwaltung der Weichselbahn angewiesen wurde, sich im Betriebsdienste nur Angestellter russischer Nationalität zu bedienen uuo alle polnischen und deutschen Elemente zu entlassen.

* Warschau, 29. Dezbr. Dem Dziennik Poznanski zufolge beabsichtigt das russische Kriegs­ministerium nach Beendigung der eben jetzt statt- findenden Rekrutierung eine teilweise Probe- Mobilisierung durchzuführen. Die Eisenbahn­verwaltungen erhielten aus diesem Anlaß den Auftrag vom 1. Jan. 1887 ab sich zu größeren Truppentransporten bereit zu halten.

* Madrid, 28. Dez. Die Königin-Regentin besuchte heute die Kasernen und wurde überall

! lebhaft begrüßt.

^ Verantwort!. Red.: W. Rieker, Altensteig.

der ans Hamburg auf dem Bergisch-Märkischen Bahnhof in Deutz an und vermißte seine ziem­lich hohe Baarschaft samt den Papieren, die er soeben noch besessen. Das war ein schlimmer Fall, aber es kam noch toller. Heute las er nämlich in den Kölner Zeitungen seine eigene Todesanzeige. Er, Otto Meyer, sollte gestern in einer Wirtschaft am Buttermarkt vom Schlage getroffen und als Leiche zur Morgue geschafft worden sein. Das ging ihm über den Spaß, er eilte nach der betreffenden Wirtschaft, wo er erfuhr, daß ein Mann gestern keuchend dort eingetreten sei und ein Cognak verlangt habe.

Ehe letzterer aber noch gebracht werden konnte, sei der Manu vom Herzschlage zusammen ge­sunken. Bei der Visitation der Leiche habe dann die Polizei außer einer großen Baarschaft auch Papiere auf Otto Meyer aus Hamburg lautend, im Ueberzieher gefunden. Nun dämmerte dem beraubten und totgemeldet n Hamburger die Wahrheit, er lief zur Polizei, zum Bahnhof und zur Morgue, und es gelang ihm nach langen Verhandlungen, sich als den Eigentümer des von dem toten Dieb usurpierten Namens und Geldes auszuweisen.

* Ans Thüringen, 29. Dez. Ein tra­gisches Geschick traf vorgestern zwei Familien in Coburg. Der Wagner Göhring wurde wegen einer kleinen Schuld von 90 Pfg. von dem Bierwirte Georg aus der Wirtschaft ge­worfen. Ersterer ist an seinen schweren Schädel­verletzungen, die er erhielt, gestorben und hinter­läßt eine Frau mit 10 unmündigen Kindern.

Der Wirt Georg, gefänglich eingezogen, erhängte sich irn Gefängnis, und nun sind dessen Hinter­bliebenen ebenfalls in die tiefste Trauer versetzt.

* In Mülhausen im E. wurde ein Apo­theker, welcher einein Wirt ohne ärztliche Ver­ordnung eine Arznei gegen Magenbeschwerden verabreicht hatte, nach deren Genuß dieser starb, zu 6 Monaten Gefängnis und nachträglich zu 12,000 Ni. Entschädigung an die Witwe ver­urteilt.

Metz, 29. Dez. Man schreibt der Str. P.:

Das Schicksal einer deutschen Lehrerin so könnte man den Fall nennen, der sich in der gestrigen Sitzung der Strafkammer hier ent­wickelte und weniger wegen des der Anklage zu Grunde liegenden Thatbestandes, als vielmehr wegen der Schicksale der Beschuldigten, einer deutschen Lehrerin, ein besonderes Interesse er­regte. Die Beschuldigte ist zu Oelde in West­falen geboren, Tochter achtbarer Eltern, erhielt in einem Pensionat ihre Erziehung und nahm infolge des Todes ihrer Eltern eine Stelle als Lehrerin der deutschen Sprache bei einer Grafen­familie in Frankreich an. Nachdem sie längere Zeit in dieser Stellung gewirkt hatte, wurde ihr dieselbe gekündigt, worauf sie sich nach Paris begab, um durch Erteilung deutschen Sprach­unterrichts ihr Fortkommen zu suchen. Da ihr dies jedoch wegen Mangels an Empfehlungen nicht gelang, trat sie, durch die Not gezwungen, in einer Posamenteriefabrik als Arbeiterin ein.

auf der andern Seite von schmalen Regalen, die wohlfeilen Kattun, Bänder und Tücher enthielten, umgeben waren, fühlten sie sich unendlich glücklich und zufrieden.

In dieser Weise treu zusammenarbeitend, sahen sie sich bald jeder Furcht des Mißlingens enthoben und konnten mit ihrer Lage und ihren Aussichten wohl zufrieden sein. Da lernte Charles Hayward auf einer Geschäftsreise Mr. Jackson kennen und dieser machte auf den jungen Kaufmann einen sehr günstigen Eindruck, zumal er ihm durch seine große Rednergabe begreiflich zu machen wußte, wie viele Vorteile dem Geschäfte daraus entständen, wenn sie ihn als Teilhaber eintreten ließen, da er über bedeutende Mittel verfügen könne. Indes, Richard Hayward konnte Jackson nicht leiden und wollte ihn durchaus nicht als Kompagnon haben; Charles aber bestand darauf, den begüterten und erfahrenen Mann als Dritten aufzunehmen. Darüber entzweiten sich die Brüder, Richard trat aus dem Geschäft aus und richtete für sich ein neues ein während Charles und Mr. Jackson das alte fortsetzten.

Das Austreten des elfteren raubte zwar der Firma eine wertvolle Stütze, dennoch waren die Inhaber derselben in allen ihren Unternehmungen so glücklich, daß sie sich schon bald in gewagtere Spekulationen einliehen, die, da sie gut ausfielen, ihnen Mut zu noch größeren gaben.

Auch in seinen häuslichen Angelegenheiten war Charles Hayward sehr glücklich, ein liebendes Weib stand ihm mit weiser Sparsamkeit und guten Ratschlägen treu zur Seite und als sie ihn mit einem Sohn be­schenkte, schien sein Glück keine Grenzen zu kennen. Vollkommen zufrieden mit seiner jetzigen Lage, sah er voll froher Aussichten einer sorgenlosen Zukunft entgegen, denn der Dämon der Gewinnsucht hatte ihn damals noch nicht auf verbotene Pfade gelockt.

Dieser Versucher nahte sich ihm in der Gestalt seines neuen Freundes William Jackson. Aus welchem Teile des Landes diese seltsame Per­sönlichkeit eigentlich stammte, war niemand bekannt, da er selbst sehr

selten von seinen persönlichen Angelegenheiten sprach; so blieb alles, was sich ans seine Herkunft, sein Leben und Treiben bezog, Vermutung, und nur so viel wußte man, daß Jackson in den letzten Jahren das Gewerbe eines Trappers betrieben und mit- den Indianern an den kanadischen Seeir um Pelze gehandelt habe.

Gleich am Anfänge seiner Bekanntschaft mit dm Brüdern hatte er wohl schon den Entschluß gefaßt, sie zu trenmn und Charles für sich zu gewinnen. Er malte ihm die glänzendsten Aussichten vor, die sich ihm bieten würden, wenn er sein Geschäft erweitere und machte ihm die schönsten Versprechungen, wenn er seinen Bruder, dessen abstoßendes, un­freundliches Wesen ihm nicht gefiel, den Handelsvertrag, der sie jahre­lang verbunden, kündige und mit ihm ein neues Geschäft, das bedeu­tenderen Gewinn verspreche, gründen wolle.

Leider ließ der leichtgläubige Charles sich von dem einnehmenden Wesen seines neuen Freundes blenden und da sein Bruder Richard sich durchaus nicht dazu verstehen wollte, das Geschäft durch einen Handel mit Pelz und kostbaren Fellen zu erweitern, so trennten sich die beiden, die so viele Jahre in Zufriedenheit und gutem Einverständnis mit ein­ander verlebt.

Jackson hatte indes nicht nur den Pelzhandel im Auge, ein anderer Plan, der, wenn er gelang, noch bedeutenderen Gewinn abwarf, erfüllte seine nach Reichtum dürstende Seele. Die Beschränkungen, mit denen die nordamerikanische Regierung beim Beginn der letzten Feindseligkeiten mit Großbritannien den Handel zu umgeben für nötig hielt, hatten die Preise der Seidenwaren und anderen ausländischen Artikel so überinäßig in die Höhe getrieben, daß dadurch die Erwerbsucht und der Scharfsinn der amerikanischen Kanfleute zu den äußersten Anstrengungen angespornt wurde. Sie wollten diese Waren zu den früheren, weit niedrigeren Preisen erlangen, indem sie den darauf ruhenden Zoll nicht zahlten.

(Fortsetzung folgt.)