Teillieferung soll erfolgen, sobald die neue Anleihe von zwei Millionen Pfund voll» zogen ist.
Deutscher Reichstag.
* 3. Sitzung vom 30. Nov. Das Haus trat in die erste Lesung des Etats ein. Staatssekretär im Reichsschatzamt Dr. Jakobi giebt eine Ueberftcht über die Aufstellung des Etats unter Wiederholung der vielfach bereits mitgeteilten Zahlen; er betont, die Aufstellung ergebe kein günstiges Bild der Finanzlage, und es würde sich nur eine ganz geringe Heraus- zahlung eines Überschusses an die Bundes- staaten 'ermöglichen lassen, diese Thatsache sei das Ergebnis der ablehnenden Haltung des Reichstages gegenüber den Finanz- und Steuer- Vorschlägen der Regierung; dieselbe habe daher von neuen Vorschlägen absehen müssen und könne es nur dem Reichstage überlasten, selbst Mittel und Wege anzugeben, um die dringenden Ausgaben mit den Einnahmen in Einklang zu bringen. — Abg. Rickert greift in längerer Rede diese Ausführungen an und beleuchtet die einzelnen Etatsaufstellungen. Er will gern die Hand zur Verständigung bieten, allein stets auf thunlichste Beschränkung aller Ausgaben halten, deren unbedingte Dringlichkeit nicht nachzuweisen ist. — Staatssekretär v. Stephan und Minister von Scholz weisen die von Rickert erhobenen Vorwürfe zurück. Elfterer führt aus, der neue Telegraphentarif habe die Gebühren eher billiger gemacht (?). Minister v. Scholz betont, wer vom deutschen Volke behaupte, dasselbe könne die notwendigen Ausgaben für seine Sicherheit nicht aufbringen, sage die Unwahr- heit. — Abg. v. Benda bedauert, daß die Regierung keine neuen Steuerentwürfe aus sachgemäßen Objekten, wie dem Branntwein, eingebracht habe. Das deutsche Volk werde in der Opferwilligkeit vor den Geboten für seine Sicherheit nicht zurückschrecken.
Württembergischer Landtag.
(Kammer der Abgeordneten.)
1. Dez. 9. Sitzung. Einzelberatung des evang. Kirchengesetzes. Art. 1.. Die Kirchengemeinde wird von den Genosten des Kirchspiels (der Parochie) gebildet. Wird beraten in Verbindung mit Art. 8, welcher lautet: Die Kirchm- gemeinde verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der gesetzlichen Grenzen. Angenommen. — Art. 2 enthält d-e Bestimmungen über die räumliche Begrenzung des Kirchspiels. Die Kommission beantragt hierzu eine Aenderung: Wenn in größeren Orten mehrere Kirchspiele bestehen, so bilden dieselben zugleich für die gemeinsamen Angelegenheiten eine Gesamtkirchengemeinde. Harttranfft stellt unter Hinweis auf die Gemeinden Heselbach und Rö.h das Amendement, daß Filialgemeinden mit regelmäßigem Gottesdienst, welche eigenes Kirchenvermögen haben, bezüglich der gemeinsamen Angelegenheiten ein Teil der Kirchengemeinde, im übrigen
aber selbständige Ktrchengemeinden sind. Auch Nebenorte ohne regelmäßigen Gottesdienst, welche eigenes Kirchenvermögen besitzen, nur als Teile der Kirchengemeinde zu betrachten sind. Dieses Amendement wird zu Art. 2 angenommen. — Art. 3 und 4, welche ausführen, daß durch Art. 2 die bestehenden rechtlichen Verhältnisse in betreff des kirchlichen Vermögens rc. nicht berührt werden, nimmt man debattelos an. — Art. 5 enthält einige Bestimmungen bezüglich der Qualität der Kirchengemeindezenossen. Die Kommission beantragt eine Aenderung, die sich auf die Aenderung von »Kirchengemeinde" in »Kirchspiel" bezieht. Angenommen. — Art. 6 und 7. Die Zugehörigkeit zu einer Kirche erlischt durch Aufgeben des Wohnsitzes rc. Werden debattelos angenommen. Artikel 9. In jeder Kirchengemeinde besteht, soweit nicht gewisse Ausnahmen Platz greifen, ein Kirchengemeinderat. Der Kirchevgemeinderat wird verstärkt unter gewissen Verhältnissen. Die Kommission beantragt Streichung dieses zweiten Absatzes, was angenommen wird. — Artikel 10. Der Kirchevgemeinderat besteht: 1) aus dem Pfarrer des Kirchspiels oder dessen ordentlichem Stellvertreter im Amt. Mehrere ständig im Pfarramt einer Kirchengemeinde angestellte Geistliche sind sämtlich Mitglieder des Kirchengemeinderats. Hilfsgeistliche nehmen nur mit beratender Stimme teil; 2) aus dem Ortsvorsteher, wenn derselbe der evang. Kirche angshört; 3) aus dem Kirchen» Pfleger; 4) aus den von den Kirchengemeinde- gknosten gewählten weltlichen Mitgliedern (Kir- chengemetnderäte). Die Kommission ist für Annahme unter Abänderung des Wortes »Kirche" in »Landeskirche". — Eine Komm.-Minderheit beantragt Ziff. 2 zu streichen und an dessen Stelle zu setzen: In den Fällen der Art. 4 Abs. 1, 58 Abs. 1, 61 Abs. 1, 64, >68-76 und 89 des Gesetzes ist der Ortsvorsteher zu den Sitzungen des Kirchengemeinderats einzuladen. Demselben steht in diesen S'tzungen beratende Stimme zu. Die Wählbarkeit des Ortsvorstehers unter den Voraussetzungen des Art. 20 des Gesetzes wird hierdurch nicht ausgeschlossen. — Prälat v. Lechler beantragt event. Ziff. 2 anzuhängen: »und die Eigenschaft eines gewählten Mitgliedes besitzt." — Es entspinnt sich eine längere Debatte darüber, ob der Orts» Vorsteher berechtigten Sitz und Stimme im K rchenzemeinderat haben soll oder nicht. In die Debatte greift ein, Göz, Unterste, Uhl, Lang, v. Luz, Becher, Sachs rc. Nach Abbrechung der Beratung werden bei der Wahl von Schriftführern o. Seckendorf und Bühler gewählt.
Laadesaachrichten.
* Stuttgart. Der Kammer ist der Entwurf eines Gesetzes betr. das landwirtschaftliche Nachbarrecht zugegangen. — Wie der »Fr. Ztg." gemeldet wird, besteht die Absicht, die Zahl der in Württemberg bestehenden Handelskammern zu vermindern. In der letzten Sitzung der
her vorliegenden Kundgebungen zur politischen Situation tragen einen hervorragend friedlichen Charakter und sind dazu angethan, das Vertrauen zu stärken und zu befestigen, daß es gelingen werde, einen Ausgleich der nach verschiedenen Richtungen hin bestehenden Gegensätze zuwege zu bringen.
— Die Abgg. Ackermann und Biehl haben ihre auf Einführung des Befähigungsnachweises für Handwerker und Erweiterung der Rechte der Innungen gerichteten Anträge, die in der vorigen Reichstagssesston nicht zur zweiten Beratung gelangt sind, wieder eingebracht. Ebenso ist der Antrag Rinteln, betr. Strafbarkeit von Wahlbeeinflussungen in der von der Justiz- kommtssion des Reichstages beantragten Fassung wieder eingebracht. Der damals erstattete Bericht ist im Plenum nicht zur Beratung gelangt.
— Die österreichische Delegation genehmigte ohne Debatte unverändert das außerordentliche Heereserfordernis, sowie die übrigen verlangten Kredite. Die Referenten konstatierten die Ueber- einstimmung der Beschlüsse der beiden Delegationen (der ungarischen und der österreichischen).
— In der französischen Deputiertenkammer erklärte bei der Beratung des Kredits von 30 Millionen Frank für das Protektorat über Ton- kin Minister Freycinet, der geforderte Betrag von 30 Millionen würde nach und nach verschwinden, es sei eine jährliche Verminderung desselben um 5 Millionen infolge der Zunahme der Einnahmen vorauszusehen. Von einer Räumung Toukms könne nicht mehr die Rede sein. Der Minister erbat eine einstimmige Annahme. Raoul Duval sprach für die Räumung Tonkins. Der Kredit wurde schließlich mit 278 gegen 249 Stimmen genehmigt.
— Das bulg. Regierungsblatt »Nezawi« sima" bringt einen Artikel, der an die Adresse der Türkei gerichtet ist. Es heißt da: »Möge der Sultan nicht vergessen, daß er der Beherrscher eines Reiches ist, dessen wichtigste Existenzbedingung ein starkes, unabhängiges Bulgarien bildet. Die Unterjochung der Bulgaren bedeutet die Vertreibung der Türken aus Europa. Wenn es kein unabhängiges Bulgarien mehr giebt, so wird auch das letzte Stündchen der europäischen Türkei bald geschlagen haben."
— Ein Madrider Telegramm der Nat.- Zig. meldet: Der spanische Minister des Aeu ßeren machte in den Cortes die Mitteilung, das Deutschland im Monat September auf das durch das römische Protokoll erlangte Recht verzichtet habe, auf den Karolinen- oder den Palaos- Inseln eine Station zu errichten. Indem der Kamserprästdeat davon Kenntnis gab, betonte er lebhaft die große Wichtigkeit des deutschen Zugeständnisses, wodurch die Karolinen-Angelegenheit in einer für Spanien äußerst hefriedigen- denMeise endgiltig erledigt wird.
— Der »Politischen Korrespondenz" wird aus Konstantinopel gemeldet, die Pforte habe mit Mauser eine Lieferung von 300000 Repetier - Gewehren abgeschlossen. Die erste
gleitete sie ihn bis zum Wagen und trug ihm viele Grüße an die Gräfin auf.
Einige Minuten später war Hans auf dem Bahnhof angelangt, der Bursche überreichte ihm das schon gelöste Billet nebst Gepäckschein und trat dann seinen Heimweg wieder an.
Haus, der sich schon auf der Fahrt zur Bahn einigemale zum Kutschenschlag hinausgebogen hatte, um zu sehen, ob Box noch nicht nach- gelaufen kam, schritt jetzt über den Perron und ließ sich ein leeres Koupee erster Klasse aufschließen. Es war kurz vor Abgang des Zuges, der Kondukteur hatte bereits die Billets koupiert und die Thücen zugeschlagen; der Zug sollte sich gleich in Bewegung setzen.
Hans lehnte noch immer an dem offenen Fenster seines Koupees und wandte keinen Blick von dem Eingang des Perrons. Eben wollte er sich mit enttäuschtem Gesicht kopfschüttelnd niederlasscn, als plötzlich ein Strahl der Freude sein Gesicht überflog und lautes Lachen von seinen L ppen erklang. Box, mit einem Stückchen Kette am Halsband, woran wieder ein Stück Latte hing, kam soeben in großen Sätzen auf den Perron gesprungen, hinter ihm keuchend u. von Schweiß triefend der Bursche.
Mit schnellem Griff öffnete Hans die Koupeethür. Box entdeckte die weiße Kürasstermütze am Fenster; er wendete sich der Richtung zu und als er das lachende Gesicht seines Herrn darunter erkannte, stieß er ein Freudengeheul aus, nahm einen ungeheuren Anlauf und plumpste im nächsten Moment zu den Füßen seines Herrn ins Koupee hinein.
Hans schloß eiligst die Thür, beugte sich dann zum Fenster hin» aus und rief mit lauter Stimme seinen Burschen zu sich her. Dieser, der fast versteinert zwischen den ebenso verwundert darein blickenden Bahnbedienstclen dagestanden hat e, sprang schnell hinzu und lief im Dauerlaufschriti neben dem langsam fortrollendcn Zuge her.
»Herr Leutnant befehlenrief er keuchend seinem Herrn entgegen, »Grüße Mama von mir," erwiderte dieser lachend, »und sage. Box wäre doch mttgekommen, — sie hätten ihn wahrscheinlich nicht fest genug eingesperrt; aber sie sollen sich keine Sorgen machen, ich wolle versuchen, ihn auf der nächsten Station nach Hause zu schicken, wenn es wir aber nicht gelänge, könne ich nichts dafür. Adieu!"
Ein atemloses »Zu Befehl, Herr Leutnant!" hörte Hans noch heraufschallen, dann wandte er sich zurück nach Box, der keuchend am Boden lag und mit freudig blickenden Augen dem Fußteppich durch Wedeln des Schweifes dichte Staubwolken entlockte. Schnell wurde er von den anhaftenden Spuren seiner Gefangenschaft befreit und mit den schmeichelhaftesten Ausdrücken über seine Anhänglichkeit belobt. Als auf der nächsten Station der Schaffner auf Umlogierung des neuen Passagiers drang, wurde bald ein Vergleich erzielt, indem Hans noch ein Billet erster Klasse löste und dadurch Box auch die Berechtigung erwarb, für die weitere Dauer, der Fahrt das ihm zukommende Polster zu benutzen, was von ihm mit offenbarem Behagen sofort acceptiert wurde.
In Pomritz angelangt, nahm Hans in Gesellschaft seines treuen Begleiters ein kräftiges Mahl zu sich, dann meldete sich der von seiner Mama im Voraus bestellte Kutscher. In wenigen Minuten war der Koffer des Herrn Leutnants hinten auf das leichte Gefährt geschnallt und als dieser selchst seinen Platz genommen, trabten die zwei flinken Pferdchen munter auf der schnurgeraden Chaussee dahin, von Box in großen Sprüngen umkreist.
(Fortsetzung folgt.)
(Lesefrucht. Der Zweifel hat Verzweiflung oft geboren, denn alles hat, wer Gott verlor, verloren.