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von dev odrrir» Nagold.
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Zttensteig, Samstag den 4. Dezember
1886
Telegramm.
* Paris, 3. Dez. Aus Algier wird gemeldet: Der Dampfer „Chandernagor" ist in
folge eines Wirbelsturmes mit Mann und Maus untergegangen. An Bord befinden sich 1200 Mann.
2 Die französische Doppelmaske.
Während sich in Deutschland diePreßstimmen mehren, weche, wenn auch zögernd und unter Vorbehalten und Bedingungen, der Tendenz der neuen Militärvorlage zustimmen, kommt dagegen von Frankreich her eine sehr interessante Einwendung. Die deutsche Thronrede hat jenseits der Vogesen allgemein eine sachliche Besprechung gefunden — der angekündtgten Militärvorlage wird eine ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Das findet seine Erklärung in dem Umstande, daß die Thronrede sich auf die großen Anstrengungen beruft, welche die Nachbarstaaten zur Erhöhung ihrer Wehrkraft machten.
Die von Gambetta gegründete und in seinem Geiste geleitete,Republique francaise', die stets Beziehungen zu den gambettistischm Mitgliedern der französischen Regierung unterhält, fühlt sich nun zu dem Nachweis berufen, daß Frankreich keine Veranlassung zur Erhöhung der deutschen Heeres. Präsenzziffer gebe, und stellt zu diesem Zwecke Vergleiche zwischen hüben und drüben an, die äußerlich allerdings keineswegs für Frankreich günstig sind: denn das Blatt behauptet, daß die deutsche Armee der französischen sowohl an Zahl wie an Ausbildung überlegen sei. Auch die Präsenzziffer des französischen Heeres sei verhältnismäßig nicht höher wie die des deutschen; in Frankreich sei eben alles teuer. Der Soldat koste dort jährlich 1200 Frank, in Deutschland nur 900, und dabet sei der deutsche trotz (oder infolge?) des Kowmisbrotes besser genährt, wie der französische. Zwar wäre das französische stehende Heer etatsmäßig um 34000 Mann stärker als das deutsche, da seien aber die 12 000 Gendarmen mit eingerechnet, was in Deutschland nicht der Fall sei und außerdem Würden in Deutschland jährlich 34 000 Rekruten mehr ausgebildet als in Frankreich. Endlich aber entspreche in Deutschland jeder Budgetposten der Wirklichkeit, während in Frankreich vieles blos auf dem Papiere existiere!! Die franzö
sischen Cadres seien nicht vollzählig, die Beurlaubungen erreichten eine außerordentliche Höhe, die nominelle Dienstzeit würde nicht innegehalten; auch habe Frankreich keine Ersatzreserve, durch welche Deutschland den Abgang seiner Truppen decke. Jo diesem Sinne geht es weiter.
Das hier entworfene Bild von Frankreichs Wehrkraft ist allerdings ein ganz anderes, als das in der Broschüre »Vor dem Kampfe" entworfene. Nach diesem hätte ja Frankreich ohne Schwierigkeiten drei Millionen Truppen in's Feld rücken lassen können! Nach der Darstellung der ,Rep. fr.' dagegen sind die Heeres- einrichtuvgen so unvollkommen, daß man bei den letzten Manövern immer verschiedene Bataillone habe zu einem zusawwcnthun muffen, um nur taktische Einheiten herzustellcn!
Ist in der erwähnten Broschüre »Vor dem Kampfe" nach Möglichkeit geflunkert worden, so flunkert — allerdings zu entgegengesetztem — Zwecke die ,Rep. fr/ nicht minder. Sie verschweigt, daß es im französischen Staatshaus halt neben dem eigentlichen Militär-Etat noch sehr erhebliche Dispositionsfonds für den Kriegsminister gibt; verschweigt, daß wenn auch die Heeresreorganisation noch manche Lücken auf- weisen mag, die Summen des Militär-Etats doch voll aufgebraucht werden! Und es ist doch ein starker Vorwurf gegen das französische Kriegsministertum, daß cs sich alljährlich Summen für Einrichtungen und Truppen bewilligen lasse, die gar nicht (resp. »nur auf dem Papier") existieren! So etwas soll mau uns doch nicht weißmachen wollen! Hätte die ,Rep. fr/ in diesem Punkte recht, so wäre es doch von ihr geradezu Landesverrat, mit dieser Enthüllung öffentlich und erst jetzt hervorzutreten, statt schon längst durch ihre Freunde in den Kommissionen auf schleunigste Abstellung dieser Spiegelfechterei zu dringen.
Nein, diese Art des Vorgehens ist doch zu plump! Deutschland hat sich nicht schlicken lassen von dem Revanchegeschrei, nicht schrecken lassen von der; übertriebenen Angaben über di- Kriegsbereitschaft Frankreichs, wie sie in der mehrfach angezogenen und in andern Broschüren prahlerisch ausposaunt wurde; Deutschland wird sich aber ebensowenig täuschen lassen durch einen französischen Zeitungsartikel, der daraus
bedacht ist, Frankreichs Kriegsmacht als geringer hinzustellen, wie sie in Wirklichkeit ist. Weder die Maske des Eisenfressers noch die der Lammesunschuld soll uns täuschen.
Tagespolitik.
— Wie das ,Berl. Tagl/ wissen will, soll demnächst wieder vor Zanzibar gegen den widerharigen Sultan Said Bargasch eine Flottendemonstration erfolgen.
— Die deutsche Militärvorlage wird von den russischen Blättern sehr erregt ausgenommen. Man könnte meinen, die russischen Journalisten, die gestern noch mit dem Säbel rasselten, seien heute die reinsten Friedensengel. »Nowosti" schreibt: »Der deutsche Militarismus kann sich mit den bereits erzielten Resultaten nicht begnügen, obgleich die ganze Welt sie als glänzend anerkennt, und erstrebt mit erbarmungsloser Konsequenz, Deutschland aus einem Lande, das eine Armee hat, in eine Armee, die ein Land hat, zu verwandeln ... Die durch niHts gerechtfertigte Verstärkung der deutschen Armee gleicht einer neuen Drohung an die Adresse der Nachbarstaaten, vorzugsweise Rußlands.
— Die nach dem Gesetzentwurf betr. die Friedens-Präsenzstärke des deutschen Heeres zu formierenden 6 neuen Infanterie-Regimenter (5 preußische und 1 sächsisches) dürften demnächst die Nummern 135 bis 140 erhalten. Von einer durchgehenden Nummerierung aller Regimenter der deutschen Armee sind nur die bayrischen noch ausgeschlossen.
— Als Folge der Militär-Vorlage berechnet die »SLraßb. Post", daß Stellen neugeschaffen werden etwa für 6 Generale, 65 Stabsoffiziere, 172 Hauptleute und 468 Lieutenants. Bus die einzelnen Waffen verteilen sich die Zahlen ungefähr folgendermaßen: Infanterie: 5 Obersten, 35 Mcjors, 120 Havptleute, 360 Lieutenants; Jäger: 1 Major, 4 Hauptleute, 12 Lieutenants; Artillerie: 21 Majors, 24 Hauptleute, 48 Ltcutenants; Eisenbahn: 3 Majors, 9 Hauptteute, 18 Lieutenante; Pioniere: 1 HaupLmann, 2 Lieutenants; Train: 14 Rittmeister, 28 Lieutenants.
— U-ber die politische Lage schreibt die „Nordd. Allg. Zig." in ihrer neuesten Nummer folgendes: »Die heute von verschiedenen Seiten
Die Wraulfayrl.
Humoreske von Bruno Köhler.
(Fortsetzung.)
Die Gesellschaft gab das romantische Ritterschauspiel »Preciosa" und die Darstellerin dieser holden Zigeunerin schien es ihm angethan zu haben. Er träumte davon, sich, wie jener Ritter Alonzo, ihr anzu schließen und unerkannt, in schlichter Kleidung, als Schauspieler, durch alle Welt mit ihr zu ziehen. Er suchte sich der schwärmerisch Am>e- Leteuen zu nähern, bat um erneu Besuch und — entdeckte bei dieser Gelegenheit, daß die als F äulein auf dem Theaterzettel figurierende Künstlerin die Frau des Souffleurs war und die Mutter der drei als Z'geuner- kinder mitwirkenden Knaben. Die Enttäuschung war bitter, aber heilsam. Hans verschloß hinfort sein Herz jeder zarten Regung und konzentrierte seine ganze Zärtlichkeit auf Box — seinen großen BernLardiner. Eine rührende Anhänglichkeit verband diese beiden, von der Natur in so riesenhaften Dimensionen angelegten Wesen. Nicht einen Augenblick wich Box von der Seite seines Gebieters. Auch jetzt hatte er sich neben seinen Herrn vor den Spiegel gestellt und schaute mit ebenso selbstgefälligem Ausdruck hinein, als Hans ihm plötzlich mit der flachen Hand leicht auf den Kopf schlug, ihm dann im Spiegel freundlich zunickte und trocken sagte: »Na, Box, wir können sie uns ja einmal ansehcn!
Die Fra« Majorin war unterdessen zum Fenster getreten und wandte sich bei diesen Worten erstaunt nach ihrem Sohne herum.
»Wie, Hans, du hast doch nicht gar die Idee, den Hund mit auf deine Ärautfahlt zu nehmen!"
»Gewiß, Mama," antwortete Haus lachend. »Box muß sich doch auch meine Zukünftige mit ansehen!"
„Auf keinen Fall nimmst du ihn mit! Was würde das für einen Eindruck machen! Die Komtesse würde sich vor dem ungeheuren Tiere fürchten!"
»Warum nicht gar! Box ist ja die Gemütlichkeit selbst. Er hat überhaupt einen natürlichen Instinkt, sich nur den Personen gegenüber unschicklich zu benehmen, die ich nicht leiden mag oder von denen ich glaube, daß sie mir nicht wohl wollen."
»Ich finde es aber im höchsten Grade unpassend und werde Box hterbehatten. Wenn du abreiscst, wttd er hinten beim Hausmeister in den Hofstall gesperrt und wenn du fort bist, läßt man chu wieder frei."
„Und du glaubst, er wird mir nicht Nachkommen?"
„Das wird er wohl bleiben lassen!"
„Wie du denkst, Mama! — Na, Box, dann werde ich allein reisen!"
Hans hatte sich bei den letzten Worten zu dem Hunde gewandt und ihn lächelnd angcblickt. Dieier schüttelte mit diskretem Gebrumm sein Haupt, als wolle er ihm die Versicherung zurückgeben, daß er jedes seiner Worte, sowie deren verstecklen Sinn, verstanden habe und danach zu handeln wisse!
Am folgenden Tage wurden die Vorbereitungen zur Reise getroffen, und als am Morgen darauf der Bursche des Leutnants von Prawitz den Koffer zur Bahn trug, wurde Box hinten auf den Hof, in den mit einer Latrenthür umschlossenen Holzstall gebracht; sein Herr hatte ihn selbst hineinführen muffen, da er auf keines andern Befehl hörte und mit Gewalt nicht von der Stelle zu bringen war. Als Hans hinter Box die Thür verwieg lte, wandte er sich noch einmal kurz noch ihm herum und schnippste dabei mit den Fingerr, dann ging er zurück ins Haus, wo ihn schon die Mama erwartete. Unter den zärtlichsten Ermahnungen, sich ja auf Palzow recht liebenswürdig zu zeigen, be-