lr altsam ihres baren Geldes, einer Menge Schmuck­sachen und eines über 1500 M. lautenden Spar­kassenbuches beraubt. Auf die Hülferufe der Magd ergriffen die Einbrecher die Flucht und find unerkannt entkommen. Die bedauernswerte alle Dame liegt infolge des erlittenen Schreckens schwer erkrankt darnieder.

Ausland.

* Wien, 12. Novbr. Die Poltt. Korresp. meldet: Das russische Kabinett that bisher bei den Mächten noch keinen Schritt, um den­selben die Kandidatur des Fürsten Nikolaus von Mingrelien zu notifizieren; dasselbe habe jedoch in der Voraussetzung, daß Waldemar die Wahl ablehne, bei dem augenblicklich im Kau­kasus sich aufhaltenden Fürsten von Mingrelien angefragt, ob er zustimme, daß seine Kandidatur vorgeschlagen werde, sobald diese Frage auf die Tagesordnung gelangt.

* Paris, 10. Nov. Der italienische Maler und freiwillige Hungerleider Merlatti hatte gestern zwei Ohnmächten und einen Nervenanfall. Die Aerzte erklärten ihm, daß eine neue Krisis seinem Fasten ein Ziel setzen würde. Den heutigen Tag verbrachte Merlatti im besten Wohlsein. Er empfing viele Besuche und erklärte, die gestrigen Anfälle hätten nichts zu bedeuten, er sei sicher, seine 50 Fastentage auszuhalten.

* Parts, 11. Novbr. Der Minister des Innern wird heute von der Kammer 500,000 Frank für die Ueberschwemmtcn verlangen.

* Paris, 12. Novbr. In Aix und Taras- con haben neue Ueberschwemmungen stattgefun­den, in Marseille zerstörte die Mceresflut das Prodo-Quartter; die Eisenbahn zwischen Genua und Nizza ist unterbrochen.

* Cannes, 11. Novbr. Prinz Waldemar dankte den bulgarischen Regenten in Beant­wortung ihrer Depesche für die Ehre, welche die Sobranje ihm erwies und fügte hinzu, die Entscheidung stehe bei seinem Vater. Er per­sönlich glaube, er werde durch andere Pflichten zurückgehaltev. Diese Antwort scheint eine Ab- lehnunz anzukündigen. Russische offiziöse Kreise erklären wiederholt, Rußland werde keine Ent» scheidurig der Sobranje anerkennen; es müsse eine andere Sobranje gewählt werden, aber erst nach zwei Monaten, wenn die Gemüter in Bul> garien sich beruhigt hätten.

* (Russisches Urteil.) Ein Lieutenant in Kalisch verheiratete sich ohne Erlaubnis des Regiments-Obersten, worauf ihm dieser den Abschied erteilte. Die beiden Brüder der jungen Frau baten den Obersten um Rücknahme der

Verfügung. Dieser antwortete aber derartig, daß Einer der Beiden auf den Oberst losgiug. Der Angreifer wurde schwer verletzt. Nachdem er genesen, verurteilte das Kriegsgericht ihn zum Strang, seinen Bruder und Schwager, die nichts gethan, zur Deportation.

* Tirnowa, 11. Nov. Der russische Kon­sul in Varna erklärte auf dem dortigen Tele­graphenamt, eine chiffrierte Depesche aus Bur­gas erhalten zu haben, die er wegen Verstüm­melung nicht entchiffern könne. Wenn Gleiches sich wiederholen sollte, werde er Varna durch ein Kriegsschiff bombardieren lasten. Die Ge­schichte ist wirklich wahr. Mehrere russische Offiziere trafen in Philippopel ein.

* Tirnowa, 12. Novbr. Das Kabinett trägt seit der Fürstenwahl ein durchaus un­verändertes Aussehen und nirgends ist das ge­ringste Anzeichen von fremden Kundgebungen zu erkennen. Die Russen sollen gerüchtweise die Wahl Waldemars als eine neue Feindselig­keit auffassen, während sie doch ein Beweis äußersten Maßhaltens seitens Bulgariens ist. Die Rede Rtssows in der der Wahl vorher­gehenden Privatsitzung macht viel von sich reden, welche klar und bindig auseinandersetzie, daß die Wahl der beiden Kandidaten Alexander und Waldemar je gleichzeitig Gefahren biete. Mit Alexander sei die Gefahr der sofortigen Besetz­ung vorhanden, dagegen die sichere Aussicht auf eine Erhaltung der Unabhängigkeit, vielleicht einen europäischen Krieg. Mit Prinz Walde­mar sei vielleicht Zeit zu gewinnen; wenn er ablehne, werde das die Regierung ungeheuer schwächen und vielleicht den Uebergang zu einer anderen Regierung zur Folge haben, in welchem Falle Unruhen im Lande wahrscheinlich seien. Wenn aber Prinz Waldemar annehme, so ent­stehe die große Gefahr einer russischen Besetz­ung, ausgeführt durch die bulgarischen Truppen, die dann schimpflicher sei als eine rein russische. Prinz Waldemar werde voraussichtlich russische Offiziere mitbringen, die er ohne Verletzung der Verfassung mittels der Militärkonvention nehmen könne, da das Budget auf ein Jahr voraus­bewilligt und die Einberufung der Kammer vor 15 Monaten unnötig sei. Mit den russi­schen Offizieren sei aber die Unabhängigkeit verloren. Die Rede, welche unfehlbar den größten Eindruck aus die schweigsamen Zuhörer machte, schloß mit der Aufforderung, nach dem besten W ssen und Gewissen zwischen der sofortigen, aber geringeren Gefahr und der entfernteren, aber größeren und sicheren Gefahr zu wählen. Stambuloff hielt eine Gegenrede, in welcher er

im Namen der Regentschaft erklärte, daß deren Rücktritt, sowie derjenige deS GesamtmtnisteriumS folgen müßte, wenn Prinz Waldmar nicht ohne Erörterung durch Zuruf gewählt wurde. Da­mit war die Entscheidung gefallen. (Stam­buloff stand bekanntlich an der Spitze der Macht- erhebuug zu Gunsten des Fürsten Alexander.)

* Tirnowa, 12. Nov. Die Regent,chaft hat den König von Däuemarck telegraphisch er­sucht, den Prinzen Waldemar zur Annahme des Thrones von Bulgarien zu bewegen.

* Tirnowa, 12. Novbr. Aus Kopen­hagen ist noch keine Antwort eingegangen. Hier herrscht die Annahme vor, daß der Prinz Waldemar mit Rußland und den Mächten ver­handelt, also der Annahme der bulgarischen Krone nicht grundsätzlich abgeneigt fest

* Tirnowa, 13. Novbr. Kaulbars ver­langte auf seine Note wegen Freilassung des in Burgas verhafteten Nabokow eine Antwort binnen 24 Stunden.

* Wie aus Buenos Aires mitgeteilt wird, haben die Schafzüchter im oberen Teile der Ar­gentinischen Republik infolge der anhaltenden Dürre, welche in diesem Sommer herrschte, 20,000,000 Schafe verloren, wodurch ihnen ein unmittelbarer Verlust von 5,000,000 Lst. er­wachsen ist.

Haxdel» Verkehr.

* Leonberg, 12. Nov. Hier und in den Nachbarstationen des Bezirks find 90 Wagen Obst verladen worden, was eine Ausgabe von 135000 M. macht. Diese Ausgaben find be­sonders für den mittleren Bauer um so empfind­licher, weil er seinen ganzen Erntesegen dem Bedarf seines Obstes opfern mußte. Leouberg ist bekanntlich eine der obstreichen Gegenden deS Landes und seine Erzeugnisse haben immer ans Ausstellungen des In- und Auslandes die Auf­merksamkeit der Kenner ans sich gezogen. Unsere Weingäctner in der Stadt find besser daran, sie haben 600 Hektoliter Wein geerntet, welche zu 150 bis 180 M. der Eimer verkauft wor­den find.

* Göppingen, 12. Nov. Viehmarkt. Zu­fuhr: 150 Ochsen, 214 Kühe und 235 Stück Schmalvish, im Ganzen 599 Stück. Der Han­del ging nicht sehr lebhaft. Die Preise be­wegten sich bet Ochsen von 32 bis 46 Karoltn -- 603 M. 42 Pfg. bis 867 M. 43 Pfg. pro Paar; bei Kühen von 95 M. bis 360 M. Pr. Stück und bec dem Schmalvieh 60 Mk. bis 380 M., ebenfalls pr. Stück.

Für die Redaktton verantwortlich: W. Stteker, AUenfleig,

wird sein Grinsen, funkelnder sein stieres Auge, über den Kopf seines Opfers weg reckt er sich vor, springt jäh auf

»Er ist wahnsinnig! Um Gott reizen Sie ihn nicht!* * raum blitzschnell der Arzt jenem, der unbesonnen vorwärts will, ins Ohr, ihn gewaltsam zurückvrängend. »Ueberlaffen Sie es mir" und dann ruhig, als sei nichts geschehen, wie immer, indem er den Hut und Stock ans den Tisch legt, fährt er etwas laut und derb fort:

»Guten Abend, Freundchen! Ich komme noch spät. Nun, was macht Ihre liebe Frau?* Damit lenkte er seine Schritte ohne Umstände dem Alkoven zu.

Es war klug berechnet. Denn sofort springt mit einem gellen Schrei der Wahnwitzige in die Höhe, mit drei Sätzen ist er dem Arzt zuvor am Bett, darüber hingestürzt, mit beiden Armen den Leichnam umschlingend, ihn zu schützen, während sein herumgewandtes Gesicht mit einem Blick- der aus sprühendem Zorn und kläglicher Angst gemischt ist, jenem entgegenstiert.

Der Arzt steht noch absichtlich eine Weile, ohne sich zu rühren, auf der Alkovenschwelle. Indem er mit seines Körpers ganzer Breite so dm Eingang deckt, das dem am Bett Hingeduckten jeder Blick hin­aus versperrt ist, kann mit Hilfe schleunig herbetgeyolter Männer in> zwischen jener Unglückliche da aus dem Zimmer geschafft werden.

»Nun*, wirft nachher der Physikus mit der nämlichen Gelassen ^ heit, wie zuvor hin, und lächelt befriedigt, »sie schläft ja, das ist gut, da störe ich nicht, also auf morgen!*

Während er dies spricht, hat er sacht schon von beiden Seiten den aufgeknüpften Vorhang gelöst; jetzt läßt er ihn im Zurücktreten fallen, schließt ihn sorgsam und eilt auf den Zehen hurtig von dannen.

Gottlob! auch wir können den Vorhang zu dem grausen Bilde, welches dem Leser auf diesen letzten Blättern hat gezeigt werden müssen, wieder fallen lassen. Nur ein paar Worte find noch nötig vor dem Ende.

Aus dem entstellten, ohnmächtig starren Körper Wilborus war zum Glück alles Leben noch nicht entflohen.

Wochenlang zwar hat er im Hause seines besorgt teilnehmenden Freundes noch schwer dulden müssen, aber die geschickte Hand seines Kol­legen Treudies hat wacker das ihre gethan und er ist leidlich ge­

heilt worden. Freilich wollten seine Freunde in der Residenz, als er später dahin zurückgekehrt war, ihn kaum wieder erkennen.

Nicht äußerlich nur ist er gebrochen, verwüstet, abgezehrt auch seine Seele ist verkümmert. Er ist ein schwermütiger Mensch geworden, und grämt sich selbst. In keinem Spiegel will er sich mehr sehen; die breite rote Narbe von dem Hundebiß auf seiner Wange flammt ihm als Schandmal entgegen, womit die strafende Gerechtigkeit ihn für immer gezeichnet hat.

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Vor zwei Jahren noch sahen die Besucher des Irrenhauses zu R . . . walde einen bleichen jungen Mann in Hof «nd Garten herum­wandeln, der ihnen ausfiel. Stets begleitete ihn ein Hund. Zuweilen, wenn's ihm plötzlich in den Sinn kam, stand er still, rief den Hund vor sich, und mit Geberden und Knixen, als präsentiere er sich vorerst einer unsichtbaren Versammlung allseits, Hub er an und kommandierte:

»He, Mouton! Hopla, ans die Hinterbeine! Mach' der ehren­werten Gesellschaft hier dein Kompliment!* «nd nachdem es der Hund gethan, fuhr er fort, ihn eine geraume Zeit hindurch seine Künste pro­duzieren zu lassen.

Eme wunderliche Unterhaltung! Aber nahen, um wirklich zuzu­schauen, durfte ihm keiner. Da wurde er wild. Ja, tm Anfang hatte man ein paarmal versucht, ihm das Tier zu nehmen da war sei« stiller Wahnsinn sogar in Tobsucht ausgeartet.

Seitdem ließ man ihn still gewähren, und sein Zustand blieb ein ungefährlicher. Im Munde der Wärter hieß er »der verrückte Komö­diant.* Seinen Namen wußten sie nicht; noch weniger, wer seine An­gehörigen. Das Gerücht unter ihnen ging: Ein reicher Doktor in der Residenz habe ihn hergebracht und zahle für seinen Unterhalt.

Eines Tages trug man aus dem Thore des Irrenhauses einen Sarg und ein Hund ging als einziger Leidtragender hinterher. Der »verrückte Komödiant* war gestorben. Als er dranßen auf dem Kirch­hof eingesenkt war, streckte der Hund sich als Wärter darauf und blieb liegen.

Er lag ein paar Tage und Nächte still, ohne sich zu rühren, den Kopf mit dm klugen, wehmütigen Augen gesenkt zwisch n den Vorder­pfoten, und ließ sich nicht wegbrtngen. Man reichte ihm Nahrung, er fraß nicht. An einem Morgen fand man ihn tot auf dem Grabe seines Herr«.