Thätigkeit der Delegation nur eine Richtschnur geben wollen. Das Blatt ist überzeugt, es werde gelingen, eine Friedensstörung zu verhindern.
* Budapest, 5. Nov. Dis Eröffnungsreden der beiden Delegationsprästdenten betonten den Ernst der auswärtigen Lage. Smolka erklärte die Notwendigkeit, die Machtstellung Oester« reich-Ungarus selbst mit der ultima ratlo zu verteidigen. Graf L. Tisza forderte Fürsorge für Erhaltung der Gleichwertigkeit der Wehrkraft mit anderen Staaten und Nichtausgabe der wichtigsten Reichsintereffen selbst um den Preis eines kriegerischen Konflikts.
* Pest, 6. Novbr. Die Linke der ungarischen Delegation wird Kalnoky betreffs der Inkongruenz der Erklärungen Ttszas gegenüber dem seitherigen Verhalten der Monarchie in der bulgarischen Frage interpellieren.
* Szegedtn. Dieser Tage wurde hier eine Banknoten-Fälscherbande entdeckt. 133 Stück teils ganz fertige, teils halbfertige Hundert- Gulden-Falsifikate, lithographische Pressen nebst Utensilien wurden mit Beschlag belegt. Die Falsifikate sind vorzüglich gelungen. Die Fäl- scher flüchteten.
* Paris. General Bonlanger richtete an die Korpsbefehlshaber ein Rundschreiben, indem er es tadelt, daß die Schiltwachen sich in ihrer Haltung eine große Nachlässigkeit zn Schulden kommen lassen, mit Vorübergehenden schwatzen, sich allzusehr von den Schilderhäuschen entfernen u. s. w., und empfiehlt den Offizieren, strenger als dies bisher geschah, darüber zu wachen, daß die diesbezüglichen Vorschriften nicht länger unbeachtet bleiben.
* (Berühmte Leute in Frankreich.) Nach einer Zusammenstellung des „Figaro" wur- den seit 1872 in Frankreich 115 Statuen — berühmter und großer Persönlichkeiten errichtet l
* London, 5. Nov. Rußland soll heute hier die offizielle Erklärungen abgegeben haben, daß es eine Okkupation Bulgariens nicht beabsichtige.
* Die Kaiserin von Rußland wird mit dem Grotzfürstenthronfolger einen Winterauf- enthalt im Süden nehmen.
* Sofia, 6. Nov. Rußland verweigert die Anerkennung des serbisch-bulgarischen Ausgleichs. Die Regentschaft beschloß auf Antrag der Sobranje Begnadigung der in Haft befindlichen Junker und Gemeinen und betreibt eifrigst die Bewältigung des in Burgas von Hauptmann Nabokow angezettelten Aufstands.
* Tirnowa, 4. Novbr. Die Zankowisten haben nachstehende Forderungen aufgestellt: Die Ersetzung der Regentschaft durch einen russischen Komtssär, die Auflösung der Sobranje und die Ernennung eines neuen Ministeriums, welches von Petersburg bestätigt werden muß. — General Kaulbars beauftragte den russischen Konsul, zu erklären, daß eine Einigung mit der jetzigen Regentschaft niemals möglich sei. — In einer Privatversammlung der Sobranje kamen
gestern Abend die Verhandlungen mit den Zankowisten zur Sprache. Die gesamte Kammer sprach sich gegen alle an die Zankowisten zu machenden Zugeständnisse aus und erklärte, daß sie überhaupt die Verhandlungen mit denselben nicht bewilligen werde.
* Tirnowa, 4. Novbr. In Philippopel ist auf wiederholte dringende Bitte der dortigen Militär- und Zivilbehördsn, welche starke russische Umtriebe aus Karlowo melden, der Belagerungszustand verhängt worden. Die von der Agence Havas angekündigte Ankunft neuer russischer Schiff- ist noch nicht erfolgt.
* Tirnowa, 5. Nov. Gestern traf hier aus Rußland Gtrginow, einer der in die Verschwörung gegen den Fürsten Alexander verwickelt gewesenen und nach Rußland entkommenen Offiziere, ein. Girginow erzählt, daß er vom Kaiser persönlich empfangen worden sei und daß der Kaiser sich mit der größten Erbitterung über die bulgarischen Vorgänge ausgesprochen habe. Seine Geduld sei zu Ende und er werde der „englischen Wirtschaft" in Bulgarien bald ein Ende machen. Gtrginow sagt, er sei auch viermal bet Katkow gewesen, von dem er gleichfalls die Versicherung erhalten habe, daß Rußland zu den äußersten Maßregeln entschlossen sei. Girginow sucht mit den Mitgliedern der bulgarischen Regierung in Verbindung zu treten. — In Burgas erhob gestern die russische Partei einen Aufstand unter Führung des in die Verschwörung von Burgas verwickelt gewesenen Hauptmanns Nabokow» der, auf Verlangen des russischen Konsuls freigelaffen, seine Wühlereien fortgesetzt hat und in den umliegenden Dörfern Bauden von Montenegrinern und Griechen bildete, mit denen er die Stadt überrumpelte. Nach bulgarischen Telegrammen wurden die Offiziere der ein Bataillon starken Garnison ahnungslos überfallen und gefangen genommen, ebenso die bürgerlichen Behörden. Die Aufständischen verkündeten angeblich die Selbständigkeit von Burgas und ernannten einen montenegrinischen Popen zum Befehlshaber der Militärmacht. Sodann wurde die Stadt gegen außen abgesperrt, so daß seitdem unbekannt ist, was dort vorgeht. Die bulgarische Regierung hat sofort den Bataillonen in Aitos und Jamboli Befehl erteilt, gegen die Aufständischen zu marschieren. Die Truppen sollen sofort angreifen, wenn die Aufständischen sich nicht augenblicklich ergeben.
* Tirnowa, 6. Novbr. Die Regierungstruppen halten augenblicklich Burgas eingeschlossen, da sich ein Haufen von Montenegrinern unter der Führung eines ehemaligen russischen Offiziers und eines schon bet früheren Verschwörungen gegen den Fürsten Alexander beteiligten Popen mit teilweiser Hilfe der Garnison ver Stadt bemächtigt hat. Der Kommandant und drei Offiziere wurden von den Aufständischen gefangen, elfterer ist aber mit einer Kompagnie entkommen. Bisher hat kein Blutvergießen stattgefunden.
* Tirnowa, 6. Nov. Laut Telegramm
aus Burgas gieng nur eine Kompagnie zu den Aufständischen über; die anderen Kompagnien scheinen gefangen z« sein. Der montenegrinische Pops, der jetzige Stadtkommandant, ist russischer Schutzbefohlener und war bisher im raff. Konsulat verborgen. Es ist unzweifelhaft, daß die Verschwörung unter dem Schutz; der diplomatischen Immunität angestiftet wurde. Bisher liegen vor Burgas keine russischen Kriegsschiffe, doch befürchtet man; daß Rußland aus der Revolution den Vorwand zur Besetzung nehmen wird. In BargaS befindet sich auch ein Deutscher, Kapitän v. Mach.
* Einem Telegramm aus Sansibar vom 30. Oktober zufolge erwarb Jühlke für die Ost- afrikanische Gesellschaft das Makdischugebiet südwärts bis Witu hin. Dasselbe enthält speziell einen ausgezeichneten Hafen in Dunford an der Wubuschimündung. In diesen Küstenstrich fällt auch die Jabmündung, welche den Zagang zu dem Hochland der Gallas eröffnet. Ja Dunfordport legte Jühlke eine Station an. Wttu wird durch diese Neuerwerbung davor bewahrt, nach Norden hin durch eine fremde Macht abgeschnitten zu werden.
««» Verkehr.
* Rotten bürg, 5. Novbr. Bon Hopfen wurde in der letzten Zeit viel abgesetzt. Nach der Schätzung eines erfahrenen Händlers mögen an hiesiger Ware 10,000 Zentner verkauft sein und noch etwa 1500 Zentner in den Händen der Produzenten sich befinden. In den einzelnen Landortea ist alles verkauft. Preis 25—55 M. pr. Ztr., welcher sich für die nächste Zeit wohl unverändert erhalten wird.
* Bietigheim, 5. Nov. Der gestrige Viehmarkt war mit 750 Stück Vieh befahren. Im allgemeinen ging der Handel gut bei Jungvieh, Kühen und Mtzgcrvteh; etwas flau zeigte er sich der Zeit entsprechend bei Zugvieh. Die Preise blieben nicht fest und unverändert, teilweise schienen sie ein wenig zurückzugehen. Fett- Ochsen wurden zu 45—57 Karoltn per Paar verkauft.
Vermischtes.
* (Der Fleiß des Bienenvolkes.) Sehr eingehende pflanzenphystologische Untersuchungen über die Zusammensetzung des Nektars verschiedener Blüren haben zu folgenden interessanten Ergebnissen geführt: Um 10 § Zucker, entsprechend, 13 S Honig zu gewinnen, muffen die Bienen über 20,000 Alpenrosenbläten oder Akazienblüten und mindestens 50,000 Blüleaköpscheu der Esparsette befliegen; danach ist es durchaus begründet, wenn die Biene als Sinnbild des Fleißes bezeichnet wird. Die Ansicht, daß die Bienen vor dem Zudeckeln der Honigzellen mittelst ihres Giftstachels eine geringe Menge von Ameisensäure in den Honig zur Konservierung desselben hineinbriagen, erfährt durch die vorliegenden Untersuchungen ebenfalls eine wettere Begründung.
Für die Redaktion verantwortlich: W. Erker, AUensteig.
„Bravo! Bravo!" schallt es, und achtzig Hände klatschen ihm zum Willkommen entgegen. Er zieht seinen Hut dankbar und lächelt, dann hebt er sein Kouplet an.
„Welch' eine hochkomische Maske! es ist doch ein ganzer Kerl, ein Hanswurst, wie er im Buche steht!" So geht unter Lachen und Gelächter, während Petermana spielt, unten das lobspendende Flüstern von Mund zu Munde.
Die Vorstellung war bis zur dritten Szene erst vorgeschritten — da geschah etwas unerhört Seltsames. Der Dialog geriet plötzlich in's Stocken, Petermann sprach nicht mehr, seine Mitspieler brachten im dreimal das Stichwort, er überhörte es, er sah das Winken des Soufleurs, die erstaunte» Gesichter im Publikum nicht, — ein Gesicht hatte er jetzr nur im Auge, ein blasses Mädchenantlitz, das ihm aus der ersten Kouliffe zuwinkte.
Es war die Tochter seiner Wirtin, ste gab ihm lebhafte Zeichen, eilig, angstvoll, — eine Sekunde lang starrte er sie an, zweifelnd, ob dies ihm gelte; da hörte er ste leise rufen! „Herr Petermann —" nun sofort stürzte er zu ihr.
„Du — Barmherziger was ist — ? Soll ich? — Kommst du, mich zu rufend" stieß er zitternd hervor.
„Ja, kommen Sie! Es steht schlimm. Kommen Sie!" hauchte das Mädchen und verschwand wieder. Ein Blitzstrahl hätte den Unglücklichen nicht jäher treffen können, als diese Botschaft. Seine Füße schwankten; alles Blut schoß ihm bleischwer zu Herzen; er wäre umgesunken, hätte seine Hand nicht die Kouliffe gefaßt, — im nächsten Augenblick riß er Perrücke und Bart ab, warf den Hausterkorb, den er als Jude am Hals getragen, weit von sich, und mit verzweifelter Hast, was ihm im Wege
stand, den Prinzipal selbst, der ihn schimpfend aufhalten wollte, überrennend, stürzte er, wie von Furien gejagt, aus dem Saal.
Ein Tumult ist hinter ihm, „was gibt's, er ist wahnsinnig, he, Hanswurst!" Man lärmt, pfeift, trommelt, „Musik" schreien die einen, „Komödie oder unser Geld wieder!" die anderen.
Der Vorhang ist herunter — man hört es im Sturme hin «ad her laufen, schelten und Worte wechseln dahinter, — der Direktor tritt vor, mit einer Armsünder-Miene meldet er:
„Die hohen Herrschaften entschuldigen, die Vorstellung kann nicht weiter stattfindcn: wem's gefällig, der wolle sein gezahltes Entree au der Kaffe zurückfordecn. Das Weitere wird morgen bekannt gemacht."
Unter Gelärm und Gewisper, lauten und leiseren Mutmaßungen über das rätselhaft Vorgefallene räumen die Zuschauer allmählich den Saal, bald erlischt wieder der Kronleuchter und die grauen Nachtmäuse tanzen im einsamen Dunkel um den Souffleurkasten. Eine kurze Komödie!
Fünf Minuten später wird, an der Thürkliugel beim Rechtsanwalt heftig gezogen. Es isi wieder die junge Wirtstochter, die nach dem Arzt fragt. Wilborn ist zu Haus.
„O, kommen Sie, Herr Doktor!" ruft das Mädchen ihm, als er auf der Siubenschwelle erscheint, mit Hast zu, „die Frau, wo Sie waren — die Schauspielerin — ist plötzlich sehr schlecht — wir sind in furchtbarer Angst — bitte, kommen Sie!" Und ehe er noch bestürzt fragen kann, was vorgefallen, ist ste schon wieder die Treppe hinab aus dem Hause.
(Fortsetzung folgt.)
(Lesefrucht.) Der Stern der ächien Mäunergröße erhebt sich, wenn Fortuna's Sonne schwindet.