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Attenstetg, Dienstag den 9. Wovemöer

1886

2 Bor der Entscheidung.

Noch ist die Möglichkeit gegeben, daß die bulgarische Krise einen gutartigen Verlauf nimmi. Es verlautet mit aller Bestimmtheit, daß die Sobranje schon in der allernächsten Zeit zur Fürstenwahl schreiten werde und zwar soll der schon oft hierfür genannte Prinz Waldemar von Dänemark der Auserkorene sein. Die nahe Verwandtschaft diesesKand'daicn zu dem russischen Kaiserhause sichert seiner Person die Sympathien Rußlands und auf diese kommt es ja am meisten an. Die Regentschaft hat durch Freilassung der wegen des Putsches vom 21. August inhaf- tierten Offiziere das ihrige gethan, den Zorn Rußlands einigermaßen zu entwaffnen. Nimmt die Sobranje nun eine Wahl vor, die auf einen Rußland angenehmen Kandidaten fällt, so sieht Rußland der Sache, wenn auch nicht der Form nach, seine Wünsche erfüllt. Von seiten der anderen Garantiemächte des Berliner Vertrages würde sich wohl keine gegen den jungen Dänen­prinzen ablehnend verhalten.

Rußland protestiert bekanntlich gegen die Rechtsgültigkeit der Wahlen der großen Sobranje. Es hatte s. Z. die Hinausschiebung derselben auf eine Zeit verlangt, in der sich die Gemüter beruhigt haben würden. Nun wird man aber gerade nicht sagen können, daß die russischen Agenten etwas zur Beruhigung der Gemüter beigetragen hätten; im Gegenteil: ihr Auftreten machte nur böses Blut und war nicht dazu angethan, eine friedliche Beilegung der Krise herbeizuführen. Die in Varna gelandeten rus­sischen Matrosen sollen ein Betragen an den Tag legen, als ob sie sich in einer mit Sturm genommenen Stadt befänden. General Kaul, bars seinerseits stellte schon mehrmals geradezu demütigende Forderungen an die bulgarische Regentschaft und gab beispielsweise den freige- lassenen Offizieren, die gegen ihren Fürsten einen abscheulichen Verrat verübt haben, ein demonstratives Festesten.

Aus alledem ergibt sich die Möglichkeit, daß Rußland nicht zufrieden sein könnte, in der Sache seinen Willen durchgesctzt zu haben, sondern daß es auch auf die Erfüllung der Form be­stände. Alsdann müßte die Regentschaft die große Sobranje auflösen und die Neuwahlen auf eine Zeit verschieben, die Rußland als die paffende zu bezeichnen hätte. In der Zwischen­zeit aber würden die russischen Agenten ihr Hand­werk fortsetzen und das Volk im Sinne Ruß­lands bearbeiten. Die Regentschaft wird indessen auf keinen Fall auf diese Forderung Rußlands eingehen. Sie ist gewiß froh, einen großen Teil ihrer Verantwortlichkeit jetzt auf die So­branje übertragen zu können, und wird diese Verantwortlichkeit nicht wieder allein auf die Schultern nehmen wollen.

Bleibt Rußland auf seiner Forderung be­stehen und die Regentschaft auf ihrer Weigerung, dann allerdings ist der Konflikt fertig, dann ist auch die Besetzung Bulgariens und Ostrumeliens durch russische Truppen wahrscheinlich. Zn dieser Beziehung ist es bezeichnend, daß offiziöse Stimmen sowohl in Berlin wie in Wien sich schon mit der Möglichkeit einer russischen Okku­pation vertraut machen und derselben keineswegs mehr wie früher Widerstand entgegensetzen. Man erkennt die Rechte Rußlands in Bulgarien als durch die Opfer erworben an, die das erstere für die slawischen Stammverwandten am Balkan gebracht har, man betont die ausgezeichneten Beziehungen, die zwischen Berlin und St. Peters­burg bestehen und steht in den bulgarischen Regenten und Ministern Leute, die voller Undank gegen den Zaren handeln.

Sollten auch die Dinge in Bulgarien nicht den friedlichen Verlauf nehmen, den eine etwaige Wahl des Prinzen Waldemar von Dänemark erhoffen läßt, so darf man heute doch wenigstens die Ueberzeugunz hegen, daß aus den bulgarischen Wirren kein Weltbrand entsteht, und das ist die Hauptsache. Wenn keine weiteren unvorher­gesehenen Zwischenfälle eintreten, so wird man die fernere Entwickelung der Dinge am Balkan mit Ruhe abwarten können.

Tagespolitik.

Der Bundcsrat hat in seiner Plenar­sitzung vom 4. der Vorlage betr. die Auspräg­ung der neuen Nickelmünzcn zu 20 Pfennigen zugestimmt, nachdem die zuständigen Ausschüsse desselben ihre Zustimmung erteilt hatten.

Die Ober-Postdirektion gibt gutem Ver­nehmen nach am 1. Januar k. die neuen Brief­marken für die afrikanische Kolonien aus. Die­selben sind in der gleichen Farbe und Wert- bezeichnuvg wie die deutschen Marken hergestellt und tragen nur oben den Vermerk: »Kolonie deS Deutschen Reiches."

Der spanische Schönredner Emilio Castelar, der jetzt zum Besuch in Paris weilt, hat daselbst eine längere Rede gehalten, in welcher er die »Verbrüderung aller lateinischen Staaten" feierte; dabei b-zeichnete er auch die Slawen und überhaupt alle Feinde der Deutschen als »lateinische Brüder, die nur eine Lebens­aufgabe haben, die Austreibung der barbarischen und raublustigen Deutschen aus Europa." Er­klärlicher Weise geizten seine Zuhörer nicht mit dem Beifall.

Der Plan, einen zweiten Suezkanal zu erbauen, soll nach Meldungen aus Alexandrien seiner Verwirklichung näher rücken. Die Vor­arbeiten seien bereits soweit gediehen, daß man jetzt daran geht, die Emzelpläne auszuarbeiten. Auch seien kolossale Geldmittel dafür schon ver­fügbar.

Die Anzahl der aus der Haft entlassenen bulgarischen Ojfiziere beträgt jetzt 77; sie sind sämtlich aus der Armeeliste gestrichen. Um so ungehinderter werden sie sich nun Herrn von Kaulbars zur Verfügung stellen.

Bei den am vergangenen Sonntag stattgehabten Wahlen in Nordamerika, die sich auf den Richterstand erstrecken., haben die Sozial­demokraten in Chicago unter Beihilfe der Demo­kraten drei zu ihrer Partei haltende Richter durchgebracht. Die,Times' meinen, hierdurch könnten möglicherweise die zum Tode verurteilten Anarchisten, deren Hinrichtungen am 3. Dezbr. stattfinden sollten, vor dem Galgen gerettet werden.

Die Marine der Vereinigten Staaten, die gegenwärtig auS nur 30 Schiffen besteht, von denen beinahe alle aus Holz gebaut und zuge­standenermaßen von geringem Werte find, wird durch 18 neue Fahrzeuge verstärkt, die alle entweder aus Eisen oder Stahl gebaut und binnen zwei Jahren fertig gestellt werden sollen. Sieben dieser Schiffe find Panzerfregatten, drei Kreuzer mit gepanzerten Verdecken, vier Schnell­kreuzer aus Stahl gebaut, zwei Kanonenboote, eines ein Torpedoschiff und eines ein Kreuzer, armiert mit Dynamitkanonen.

Laudesuachrichten.

* (Eingesendet.) In Berneck wurde letzte Woche der einzige Sohn eines dortigen Bürgers I. G. F., um ihn am Leben zu erhalten, wegen eines complizierten Bruches durch die Herren Dr. Appenzeller und Wundarzt Vogel von Alten- steig operiert. Die Erhaltung des Lebens des Operierten gilt nun für gesichert.

* Nagold. 6. Nov. Letzte Nacht 10 Uhr brach in Unter Dettingen ein Brand aus, der 2 Wohnhäuser und 6 Scheunen in Asche legte. Brandstiftung wird vermutet.

* Stuttgart, 5. Novbr. (Bahnprojekt S chilt ach-Schramberg.) Bei Gelegen­heit der Eröffnung der Kinzigthalbahu nahm auch eine Schramberger Deputation die Gelegen­heit wahr, dem Herrn Ministerpräsidenten Dr. v. Mittnacht ihre Wünsche bezüglich der Zweig­bahn SchiltachSchramberg vorzutragen und es ward den Herren von dieser Seite ein all­gemein befriedigender Bescheid zu Teil, wie der Herr Minister denn auch beim Festessen in seinem Toast von der Absicht sprach, die bestehe, die Kinzig - thalbahn durch die Linie SchiltachSchramberg zu vervollständigen. Wie man hört, sind denn auch die zuerst auf Schwierigkeiten stoßenden Unterhandlungen mit den Gemeinden bezüglich der Abtretung der Gelände zu einem günstigen Abschluß gelangt.

* (Verschiedenes.) In Ulm kam am Donnerstag eine fremde Frauensperson zu einer alten Frau auf dem Graben und bat um kurzen Unterstand. Die Frau ging ab und zu und als sie wieder in die Wohnstube zurück kam, war die Fremde verschwunden und mit ihr 34 Mk. in bar Geld und 1 Kleid. Bon der Diebin hat man bis jetzt keine Spur. Aus der Enz wurde der Leichnam des led. Rotgerbers G. W. Steinbeis von Vaihingen gezogen. Der Verlebte litt in letzter Zeit an Verfolgungs­wahn. verließ am 30. Ok^br. nachts sein Bett und sprang nur mit Hemd und Unterhosen be­kleidet zum Feckster hinaus. In diesem Zustand hat er sich in die Enz gestürzt und dort den Tod gefunden. In Nordstetten, O.A. Horb, fiel dieser Tage ein 3 Jahre altes Mäd­chen 2 Stockwerk hoch herab auf's Pflaster ohne den mindesten Schaden zu nehmen. In dem Comptoir einer Heslach er Brauerei wurde in der Nacht von Montag auf Dienstag einge­brochen und ca. 200 Mk. in Silber, sowie eine bedeutende Anzahl von Biermarken entwendet. Letztere haben die Diebe wahrscheinlich für Gold gehalten; denn das danebenliegende Gold haben die Spitzbuben nicht mitgenommen. In Le u- tenbach stürzte ein Bauer beim Nachhause­gehen von der Treppe des Hauses herab und fand dabei den Tod. In Ulm wurde die Leiche einer 79jährigen Frau in der Blau ge­funden; es scheint, daß die kindische Frau bei dem herrschenden starken Nebel den Weg ver­fehlt und in das Wasser gefallen ist. In Schussenried kam nachts 10 Uhr ein dortiger Bauer unter seinen Torfwagen und hat sich dabei so verletzt, daß er nicht mehr von der Stelle konnte und bis zum andern Morgen verharren mußte, wo er alsdann starb.

Deutsches Reich.

* Die überseeische Auswanderung Deutscher über deuts che Häfen undAntwerpen hat im Monat September 8664 Personen g gen 6474 im vorhergehenden Monat und gegen 8247 im September des Vorjahres betragen. In den neun Monaten Januar bis September des laufen­den Jahres waren als deutsche Auswanderer über die bezeichnten Häfen 59,576 Personen nachzuweisen, im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres 88,180.

* Berlin, 4. Novbr. Wie das Deutsche Tageblatt meldet, hat der Priuzregent Luitpold von Bayern die Ansage hierher gelangen lassen, daß er am 13. ds. in Berlin eintreffen werde, um den Kaiser zu den Hofjagden nach Setzlingen zu begleiten. Der Aufenthalt in Berlin selbst ist auk mehrere Tage in Aussicht genommen.