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Mr. 130.

Menstelg, Samstag den 6. November

1886

Bei dem Brandfall am 8. Sept. d. I. in Altnuifra hat sich die Feuerwehr von Haiterbach durch mut- volle und aufopfernde Thätigkeit ausgezeichnet und wird hiefür vom K. Ministerium des Innern öffentlich belobt.

Wegen vorzüglicher Dienstleistungen sind verschiedenen Angehörigen des Landjägerkorps Auszeichnungen zuerkannt worden und hat u. a. der Stationskommandant Birk in Nagold eine Geldprämie erhalten.

2 Die große Sobranje ist am Sonntag in Tirnowa mit Verlesung einer Botschaft der drei Regenten Stambulow, Mutkurow und Karawelow eröffnet worden; der letztgenannte, der kein gutes Gewissen zu haben scheint und deshalb nicht nach Tirnowa gekowmen, hatte seine Zustimmung zu dem Wortlaut der Eröffnungsbotschaft telegraphisch gegeben.

Mit höherer Spannung bat die gesamte zivilisierte Welt kaum der Eröffnung der fran­zösischen Nationalversammlung 1871 in Bordeaux entgegengesehen, welche über Frieden oder Fort­setzung des Krieges entscheiden sollte, als jetzt auf die große Sobranje des kleinen Bulgariens. Schon daß der Zusammentritt gegen den aus­gesprochenen Willen des Zaren erfolgte, ist ein Ereignis von weittragender Bedemung. Die fürchterliche Last der Verantwortung, welche bisher auf den Schultern der beiden Regenten Stambulow und Mutkurow allein lag, wird nun von ihnen genommen; das Volk selbst durch feine Vertretung mag jetzt bestimmen, was ferner­hin geschehen soll.

Im großen und ganzen sind ja schon durch die Zusammensetzung der Sobranje die Grund- zöge der von ihr einzuschlagenden Politik gegeben. Von den 600 Mitgl. find nur 2 Dutzend für einen Anschluß au Rußland, während die übrigen alle für die Unabhängigkeit des Landes von Rußland eintreten. So viel an ihr lag, hat die Regent, schüft alles gethan, um Rußlands Forderungen zu erfüllen. Sie war jedoch bei ihrem Ent­gegenkommen durch die Verfassung beschränkt; deren Bestimmungen mußten für sie in erster Linie maßgebend sein. Den Agitationen deS Generals Kaulbars hat sie mit einer Ruhe zu« gesehen, die nur vom Patriotismus eingegcben sein kann und verhüten sollte, daß durch geeignete Gegenmaßrezeln Rußland gereizt werden könnte. Ja, die Regentschaft ist so weit gegangen, daß sie einen Tag vor Eröffnung der Sobranje die beiden durch den Putsch vom 21. August am meisten belasteten Offiziere freilicß.

In der Eröffnungsbotschaft ist alles ver­mieden worden, was Rußland kränken könnte. Von Rußland ist darin gar nicht die Rede, weder von seinen Forderungen noch von den Ungebührlich- keilen seiner Agenten.In der festen lieber- zeugung, daß Sie einen Fürsten wählen werden, welcher sein Leben der Aufgabe widmen wird, die Freiheit und die Interessen des Vaterlandes zu schützen und welcher der Nation den Weg des Fortschritts, der Größe, des Ruhmes und ihrer historischen Bestimmungen führen wird, erklären wir die große Sobranje für eröffnet und erbitten den Segen Gottes für ihre Arbeiten. Es lebe das unabhängige, freie Bulgarien!* So schließt das kurze Schriftstück, das kein Wort von den Schwierigkeiten enthält, die sich der Fürstenwahl entgegeustellen.

So viele Kandidaten für den bulgarischen Thron auch schon in der Presse namhaft gemacht worden sind, hat man doch noch nichts darüber gehört, daß zwischen den Kabinetten ein Meinungs­austausch über einen Kandidaten stattgefunden habe. Und doch ist cs eine, durch den Berliner Vertrag geschaffene Vorbedingung, daß der neu­zuwählende Fürst für seine Person von vornherein die Zustimmung sämtlicher Garanttemächte hat. Will Rußland also seinen Willen durchsetzen

und die gegenwärtige Sobranje nicht anerkennen, so hat es nur nötig, dem gewählten Fürsten, wer es auch sein möge, seine Anerkennung zu verweigern. Das wissen die bulgarischen Regenten sehr wohl und deshalb haben sie sich, erfolglos allerdings, bemüht, von Rußland zu erfahren, welcher Kandidat in Petersburg und den anderen Mächten genehm ist. Gegen den Willen Ruß­lands wird sich aber auch jeder Prinz hüten, den Thron Bulgariens zu besteigen, denn das Schicksal des Prinzen von Battenberg, muß jedem eine Warnung sein.

Man ersteht aus diesen einfachen Darleg­ungen, daß auch die Aufgabe der Sobranje sowenig eine leichte ist, wie es bisher die Aich gäbe der Regentschaft war. Ein Volk, das seine erst vor acht Jahren errungene Selbst­ständigkeit wieder bedroht sieht und zudem noch politisch in den Kinderschuhen steckt, ist gar zu leicht zu Abenteuern geneigt. Es würde daher nicht allzusehr überraschen, wenn die Sobranje, nachdem alle Mittel der Verständigung mit Rußland fehlgeschlagen, es auf einen völligen Bruch ankommen läßt und den Exfürsten Ale­xander wieder wählt. Eine andere Frage wäre eS allerdings, ob der Prinz von Battenberg sich nochmals auf die dornenvolle Laufbahn zu be­geben geneigt ist und ob er sich behaupten könnte. Beides kann getrost verneint werden.

Tagespolitik.

Es beläuft sich der Bedarf der Militär­verwaltung für Preußen, Sachsen und Württem­berg fürs nächste Jahr auf 22,845,470 Mark, was ein Mehr gegen dos Vorjahr von 2,188,000 Mark ergibt.

Den deutschen Bischöfen ist die päpstliche Weisung, das Verbot kirchlicher Zeremonien bei Leichenverbrennungcn betreffend, zugegangen.

In neuerer Zeit ist die Zahl der Natural­verpflegungsstationen für reisende Handwerks­burschen bedeutend gestiegen. In Prisen existieren jetzt nahezu 1000 solcher Stationen, und zwar sind dieselben am meisten in den Provinzen Brandenburg, Sachsen und Westfalen verbreitet. Die in Preußen angestellten Ermittelungen haben ergeben, daß infolge der Errichtung von Naiural- verpflegungs-Stationen die Wanderbsttelei stark abgenommen hat. (In Württemberg werden die Verpflegungsstattonen nacheinander wieder aufgehoben.)

In russischen Kreisen betont man, wie der ,Krz.°Ztg/ gemeldet wird, mit großer Ueber- einstimmung, daß die Beziehungen Rußlands zu Deutschland ganzausgezeichnete* seien und die alteturmhohe* Freundschaft beider Staaten auf sicherer Grundlage beruhe. Hörte man doch kürzlich die Aeußerung von einem russischen Diplomaten:Will Frankreich unsere Freund­schaft erwerben, so führt sie der Weg über Berlin; nur wenn Frankreich sich mit Deutsch, land gut stellt, kann es auf unser Entgegen­kommen zählen.*

Seitens des türkischen Vertreters wird der Versuch gemacht, eine Verständigung auf folgender Grundlage zu stände zu bringen: Es soll für Bulgarien eine aus beiden Parteien bestehende Regentschaft eingesetzt werden; dagegen soll Rußland die große Sobranje und die von derselben vorzunehmend i Fürstenwahl anerkennen.

In der bulgarischen Sache erwartet man in den nächsten Tagen eine Entscheidung, aber nach welcher Seite sie aussallen wird, vermag heute niemand zu sagen. Während das offiziöse Petersb. Journal* in Aussicht stellt, daß Ruß­land infolge der Entlassung der Herren Gruew und Benderew jetzt mildere Saiten aufzichen werde, scheinen alle sonstigen Anzeichen auf eine

baldige Okkupation hinzudeuten. General Kaul­bars soll Karawelow brieflich und die Regenten Stambulow und Mutkurow telegraphisch benach­richtigt haben, die russischen Kriegsschiffe würden die Staatsgebäude und Kasernen Varnas be­schießen, falls die Bulgaren sich der Landung der Mannschaften Lidersetzen sollten. Auf die Frage Karawelow's, wie viele Matrosen und Seesoldaten gelandet werden sollten, erwiderte der General:So viele, als dem Zaren be­liebt!*

Ein Anerbieten zur Entthronung des Königs Milan von Serbien hätte, wie die,Times' aus Petersburg meldet, eine rufsenfreundliche serbische Deputation in Petersburg gestellt. (Daß die panslawistische Opposition längst auf den Sturz des Königs Milan hinarbeitet, ist bekannt, daß sie aber ein förmliches Anerbieten zur Ent­thronung Milans in Petersburg gestellt hätte, klingt doch zu gewagt.)

Laudesmchrichteu.

* Stuttgart, 3 Novbr. In feierlicher Weise gieng heute die Eröffnung der neuen Bahnstrecke Freudenstadt-Wolfach, durch welche eine neue Schienenverbindung zwischen Württem­berg und Baden, die achtzehnte, bergestellt wird und welche einen der schönsten Teile des badi­schen und württembergtschm Schwarzwaldes durchschneidet, vor sich. Von Stuttgart gieng morgens ein Extrazug nach Freudenstadt, in welchem sich Ministerpräsident v. Mtttnacht, Präsident v. Hofacker, der Oberingenieur der Bahn Baudirektor a. D. v. Morlock, Mitglieder der Kammer, hohe Eisenbahnbeamte und die ge­laden«» Vertreter der Presse befanden. Freuden- stadt war festlich geschmückt und auf dem Bahn­hof war eine Ehrenpforte errichtet, deren In­schrift mit den Worten begann:

Willkommen ihr Festgäst', die Sach' ist im Blei,

Von Freudenstadt geht es jetzt weiter

Uf de' Kinzigthalbahn ins Badische nei',

Ja reiset no gesund und seit heiter

und oann in witziger Weise die Schwierigkeiten, die sich dem Bahnbau entgegengestellt hatten, durchhechelte. Unter den Klängen der Musik und unter Böllerschüssen fuhr der Zug in den Bahnhof ein, wo die Gemeindebehörden sich auf­gestellt hatten. Der eigentliche Zug zur Be­sichtigungsfahrt der neuen Strecke setzte sich um 10 Uhr 25 Minuten von Freudenstadt in Be­wegung. Die Lokomotive war mit Guirlanden und dem badisch-württ. Allianzwappen geschmückt. Auf ^amtlichen Starionen der Strecke wurde angehalten, in Loßburg, Rodt, Alpirsbach, Schenkenzell, Schiltach, Halbmeil und Wolfach. Ueberall auf den Bahnhöfen, deren Gebäude sich sehr schmuck ausuehmen, waren die Krieger­vereine, die Feuerwehren und die Schuljugend ausgestellt, eine Menge Leute war aus der Um« gegend herbeigecilt. Ueberall dröhnten die Böller und ward der Zug mit Musik empfangen. Die Schultheißen hielten Ansprachen und ließen Min'sterprästdem v. Mittvacht leben und iu Alpirsbach ward demselben durch ein kleines Mädchen, der Tochter des Fabrikanten Schmol« der, mit einigen begrüßenden Worten ein Bouquet überreicht. Hier hatte sich auch eine Anzahl junger Mädchen in der malerischen Schwarz- waldtracht mit dem eigentümlichen Kopfputz ausgestellt. In Schiltach fand die Begrüßung der württembergischen Festgäste durch den badi­schen Minister Herrn Ellstädter, der ihnen bis hieher mit dem badischen Generaldirektor Eisen­lohr. Direktor Gerwig, den Regierungsräken Seitz und Vissing, dem Baurat Waffncr, den Erbauer der badischen Strecke SchiUach-Wolfach, und einer Anzahl hervorragender Persönlich­keiten entgegengefahren war, statt. Hier em»