sein Dragonerregimevt Sr. Majestät persönlich vor. Zu dem militärischen Schauspiel hatte sich eine große Zuschauermenge zu Wagen, zu Pferde und zu Fuße eingefunden und Se. Maj. der König, welcher zu Aller Freude sich leicht und ungehemmt bewegte und durch sein frisches gesundes Aussehen überraschte, wurde überall mit den lebhaftesten Hochrufen begrüßt. Nach Beendigung der Parade fuhr Se. Majestät in die Stadt herein, an der Hauptwache vorüber, ums Münster herum in das Hotel zum Kronprinzen, wo von den Allerhöchsten und höchsten Herrschaften ein Gabelfrühstück, zu dem die höheren Offiziere der Garnison und die Spitzen der Behörden geladen waren, eingenommen wurde.
* Ulm, 3. Juni. Am nächsten Montag den 7. d. Mts. beginnen unter dem Vorsitze des Landgerichtsdirektors v. Wollaib die Verhandlungen des Schwurgerichts Ulm für das zweite Quartal 1886. Auf der überhaupt nur 6 Reale umfassenden Tagesordnung stehen deren 3 wegen Meineids, so daß man fich bei der Häufigkeit des Vorkommens dieses Verbrechens fragen muß, ob nicht eine Aenderung der bezüglichen Bestimmungen der Strafprozeßordnung angezeigt wäre, insbesondere ob nicht wieder Belehrung durch die Geistlichen über die Wichtigkeit und Heiligkeit des Eides vor der Abnahme desselben durch die Gerichte stattfinden sollte.
* Künzelsau, 2. Juni. In Kocherste Lten kam vor einigen Tagen ein ziemlich ordentlich gekleideter Mann vollständig durchnäßt zum Ortsvorstand und gab an, er fei unterwegs von Handwerksburschen angesallen, seiner Uhr und seiner aus 24 Mark bestehenden Barschaft beraubt und schließlich in den Kocher geworfen worden. Anfänglich etwas stutzig, schenkte der Ortsvorstand den Angaben des Fremden schließlich doch Glauben, versah ihn mit trockenen Kleidern, sorgte für Speise und Trank und verschaffte ihm ein Nachtquartier. Am andern Morgen entfernte sich der Fremde mit seinen nunmehr trocken gewordenen Kleidern, angeblich um die Sache zur Anzeige zu bringen. Bald aber stellte sich heraus, daß die ganze Geschichte erlogen war. Von dem Schlingel hat man bis jetzt noch keine Spur.
* (Verschiedenes^ Iw, fiel ein Knecht vött KäMnthälTMlcher aus dem Deichselarm seines mit Pflastersteinen geladenen Wagens eingeschlafen war, herunter und wurde von seinem Fuhrwerk überfahren und getötet.
— Ein Geschirrhändler vonLaupheim fuhr mit seiner Frau und einem 5jährigen Töchtercheu nach Dietcnheim um Geschirr zu holen. Als er mit der Wagenladung inmitten der steilen Steige bei Dietcnheim war, kam der Wagen an einem Abhange zum Sturze und fiel in eine Schlucht. Die Frau wurde tot herausgezogen, das Kind fortgeschleudert, blieb aber unversehrt.
— In Gausmannsweiler brachte ein Knecht seine rechte Hand in die Futterschneidmaschine, wobei ihm dieselbe vollständig abgeschnitten wurde. — In Eßli ngen beschäftigten
fich kürzlich 2 Knaben an einem Spaltblocke, wobei einer derselben dem andern aus Unvorsichtigkeit einen Finger der linken Hand vollständig abhieb. — JnHochdorf ist der Taglöhner Geiger, welcher sich bei dem kürzlich in seinem Hause ausgebrochenen Feuer mehrere Brandwunden zugezozen hatte, denselben am letzten Samstag erlegen. — Am 27. v. Mts. wurde in Kletn-Villars in dem Hause der Witwe Katharina Baral ein frecher Einbruch verübt, und dabei ungefähr 400 Mk. entwendet. Der Thai verdächtig find 2 Handwerksburschen. — In Külbingen schlug vor einigen Tagen der Blitz in eine Schafherde und tötete 6 Schafe. — In Hundersrngen wurde ein Manu auf feinem Grundstücke, wo er mit Pflügen beschäftigt war, samt seinen zwei Kühen von einem Blitzstrahl getroffen und n tötet. Auch der Treib- bube wurde durch den Luftdruck zu Boden geworfen.
Deutsches Reich.
* Frankfurt a. M. Ueber ein glücklicherweise sehr seltenes kriegsgerichtliches Urteil berichtet der .Frkf. Beob.tt Assistenzarzt Dr. Ger» lach vom hiesigen hessischen Infanterie-Regiment Nr. 81 wurde laut kriegsgerichtlichem Urteilsspruch wegen Mißhandlung eines erkrankten Soldaten zu 3Vs Monaten Festung verurteili.
Ausland.
* Brüssel, 2. Juni. In der Verhandlung gegen den Abg. van der Smiffen, der bekanntlich seine Frau durch mehrere Revolver- schüsse getötet hat, ist von den Geschworenen auf Schuldig erkannt worden. Das Urteil lautet: 15 Jahre Zuchthaus.
* Der Fürst von Bulgarien Hai bekanntlich einen „Alexander-Orden" gestiftet, den er auch mehreren preußischen Unterthanen verlieh. Diesen ist aber die Erlaubnis zur Anlegung dieses Ordens verweigert worden, weil Fürst Alexander kein Souverän sei (er ist bekanntlich Vasall des Sultans). Darüber ist die Freude in Rußland groß. Die russischen Blätter sind hochbefriedigt davon, daß „der ganz unerwartete Schlag gerade von dieser Seite" gekommen ist
* Die Aufrechterhaltung der Blokade schein t Li do ch n sch -not w ^ttvig z u " frmnenn em Zrrrutär
der Pforte am 30. Mai macht geltend, daß Griechenland nur unregelmäßig abrüste und namentlich noch das türkische Fort Zygos besetzt halte und befestige und daß, obgleich die Truppen sich auf eine kurze Strecke zurückgezogen hätten, doch die Munitions- und Truppensendungen fortdauerten. Am Schluffe des Rundschreibens heißt cs, die Pforte würde bedauern, Maßregeln treffen zu müssen, um sich wieder in dm Besitz des Forts Zygos zu setzen.
* (Unbestreitbar.) Geschichtsprofessor: „Was glauben Sie, wäre geschehen, wenn Wallenstein nicht ermordet worden wäre?" Zögling: „Ich glaube, er wäre später doch gestorben."
Für die Redaktion veraniwortlich: W. Rieksr, Wensteig.
»rid der BonapartrS aller Verzweigungen werde» zur Verfügung der Nation gestellt. Diese beweglichen und unbeweglichen Güter bilden einen erste» Beitrag für die nationale Altersversorgungs-Kasse.
— In der irischen Provinz Ulster ist die Organisation, um der Autorität eines etwaigen selbständigen Parlaments militärischen Widerstand entgegensetzen zu können, eine großartige. Bereits gegen 80 000 Freiwillige haben sich ein- zeichnen lassen.
— Der Umstand, daß der am 20. Mai eilafscne Aufruf des Kronprätendenten Don Carlos an die Spanier von Luzern aus ergangen ist, hat zu einer Anfrage des berner- spanischen Gesandten an den Bundesrat geführt. Nachforschungen, welche der Bundesrat anstellte, haben denn in der That ergeben, daß Don Carlos kürzlich auf der Reise »ach Wien durch die Schweiz gekommen und jenen Ausruf von Luzern aus an das spanische Volk gerichtet hat. Bekanntlich wurde im Jahre 1872 vom Bundesrat die Einsperrung des Don Karlos und seiner Gemahlin, welch' letztere fich damals bei Genf aushielt und Anlaß z« einer Durchsuchung des von ihr bewohnten Landhauses gab, welche zwei kleine Kanonen zn Tage förderte, beschlossen, worauf beide aber vorzogen, die Schweiz ganz zu verlassen.
— Aus Gibraltar wird gemeldet, daß ein spanischer Zollkutter drei Handelsfahrzeuge kaperte, nachdem er erst auf dieselben gefeuert hatte. Da man den Vorgang beobachtet hatte, so wurde vom Felsen aus ein Artilleriefeuer aus das spanische Schiff eröffnet, welches sodann von einem armierten Schleppdampfer der englischen Marine samt den drei Haudelsfahr- zcugen nach Gibraltar eingebracht wurde. Also ein wirklicher ZollLiegl
Laudesmchrichteu.
* Stuttgart, 3. Juni. Als ein bedeutendes Zeichen der Zeit wag nachstehende That- sache gelten. Ein hiesiges Bureau sucht einen jungen Mann als Kopisten mit einem Monatsgehalt von 50 M. zu engagieren. Auf die in einer hiesigen Zeitung ergangene Anzeige, welche nur ein einziges mal erschien, liefen nun nicht Weniger atS 54 Metdnrigrn rin und zwar von 15 Notariats- und Verwaltungskandidaten, 21 sonstigen Schreibereibeflisscnen, 2 Graveuren, 4 Goldarbeitern. 3 Buchbindern und 9 Kauf- leuten«
* Cannstatt, 1. Juni. Gestern abend 9 Uhr holte die Fra» eines hier in Arbeit stehenden Jpsers ihren Mann aus einer Wirtschaft, wobei es zu Streitigkeiten kam. Die Frau wußte nichts besseres zu thun, als in den Floßkanal zu springen, wurde aber sofort wieder herausgezogen, worauf dann beide Eheleute versöhnt mir einander nach Hause gingen.
* Ulm, 3, Juni. Bei der gestrigen von Sr. Maj. dem König über die hiesigen Truppen abzenommenen Parade führte Prinz Wilhelm
noch falscheren Illusionen opferten, um hier nur Not, Trennung der Familie und rötliche Sorgen wiederzufindcn, — da ist mir oft so weh um sie geworden, als sek ihr Schicksal das meine; und häufig wünschte ich ihnen statt des trügerischen Willkommens, daß ein Blitz ste zuvor zerschmetterte, ehe ste unter bitteren Thräne» die Stunde verwünschen lernren, in der ste Lus.s Land betreten. Der unbegreifliche Leichtsinn, mit dem diese Leute den fremden Verhältnissen entgegenschritten, erschien wir auch wohl geradezu strafbar und häufig warnte ich sie vor zu blindem Vertrauen, dem sie oft bei ihrer Landung sofort zum Opftr fielen. Kurz! ich sah zu klar und tühlre zu scharf für meine Stellung.
Eines Tages lag ich wieder einmal recht schweren Herzens meinen Pflichten ob.
„Ein Auswandererschiff war eingelassen, an dessen Bord Krankheit und Elend herrschten im ungewöhnlichen Grade. Von Stürmen verschlagen, war es sehr lange unterwegs gewesen, so daß die Lebensmittel und das Tünkwcsscr, ans ein Minimum beschränkt, nicht ausgereicht hatten für den Bedarf. Die Menschen, matt und bleich und hoff- vuvgsärmer wie sonst, gaben mir viel zu thun, die einen, weil ste Klagen suhlen, die andern, weil ste nur so rasch wie möglich vom verhaßten Schiff forlkommeu wollten. Da sie fast alle kein Englisch sprachen, so verlangten sie überall weine Vermittelung, und als ich endlich m>t ihnen fertig geworden war, fiel ich erschöpft auf meinen Stuhl nieder und wartete, ob einige Nachzügler kommen würden, die meine Geduld aufs äußerste erprobten. Nur ein kleiner, etwa siebenjähriger Knabe nahte fich mir endlich schüchtern. Das Kind schien ganz allein zu sein und sein banger Blick nach jemandem zu suchen.
„Das Kind nahte fich mir, ich beschäftigte mich eingehend mit ihm »vd, um es kurz zu machen, ich hatte meinen eigenen kleinen Sohn Engen
vor mir. Meine Frau und das Kind hatten die Ueberfahrt zu mir unternommen. Der kleine Knabe war es, welcher zuerst in mir seinem Vater vermutete.
„Ich habe nie ergründen können, was das Kind in jenem Moment so hcllsehend machte. Es mußte entweder jene gewaltige Fessel sein, die Blutsverwandtschaft unauflöslich um die Menschen schlingt, ob sie sich nun kennen oder nicht, oder eine Auffassungsgabe, die ein Freibrief auf frühen Tod den Kindern wie Eugen eigen ist, die weit über ihr Alter gereift und nachdenkend sind. —
„Genug jetzt, nach wenigen Minuten stand ich auf dem Verdeck des Sch ffts und schärfte dem Kinde ein, ja der Mutter nicht zu sagen, daß es wich selbst gefunden habe."
„Und lächelnd versprach cs, geiren meiner Weisung zu folgen, unter dem Vorwände, daß es einen Bekannten des Papa gefunden habe, die Mutter zu mir herauf zu holen.
«Da stand iw denn harrend in unaussprechlicher Ungeduld ans dem Verdeck des Schiffes, das ich so ahnungslos emlaufen gesehen und dcsftn Fahrr mir ein Grauen eingeflöht hatte, als Fremde davon erzählten. Und auf diesem schwimmenden Elend waren mem Weib, mein Kind zn wir gekommen. Mir war io schwer, sg dumpi im Kopse, als träumte ick das alles nur — und doch fürchtete ich mich vor dem Erwachen! Wie — wenn mit ihm da; Wiedersehen in nichts zerrönne!
„Da nahte die Erlösung — die Wirklichkeit.
„Auf den glückstrahlenden Lockenkopf meines Knaben sich stützend, wankt langsam, unsicher, eine hohe Arauengestalt die Treppe zum Per-
(Fortsetzung folgt.)
(Lesefruchr.) Ueberlasse Dein Bor auf dem Meere des Schick-
sals nicht den Wellen, sondern rudere selbst.