der nächsten Nachbarorte von Langenburg verübt, wo ein Knecht und ein Taglöhner Streit mit einander bekamen, der damit endete, daß Letzterer dem elfteren die Oberlippe buchstäblich abbiß. Der Beschädigte scheint sich übrigens aus dem Verlust seines Ltppenstücks nicht viel gemacht zu haben, denn er kam am Mon­tag Morgen in eine Wirtschaft und forderte zu trinken. Ju H irrli n gen fiel ein Mann beim Sammeln von Tannenzapfen von einem Ast und verletzte sich derart, daß der Tod ein­trat. Die Stuttgarter Weingärtner schenken ihren »Neuen- sehr billig aus, von 1525 Pfg. per halb Liter. Eine am 2 ds. ausgeführte Prüfungsfahrt für elektrische Zugsbeleuchtung zwischen Stuttgart und Eßlingen hat Kr das System, bei welchem Dynamomaschinen und Accumulatoren in An­wendung kommen gegenüber der direkt aus Batterien kommenden Beleuchtung den Vorzug der Billigkeit (etwa um die Hälfte) ergeben. Auf einem Acker des Schultheißen inDunstel- kiugen (im Härtsfeld) wurde weißer Marmor gefunden. Man ist damit beschäftigt, das Lager zu öffnen und es wurden bereits mehrere größere Blöcke ausgegraben. Der dieser Tage un­vermutet verhaftete sehr reiche Israelit Crails- heimer aus dem Bezirk Künzelsau wurde dem badischen Amtsgericht Boxberg übergeben, um von dort aus an das Landgericht Mosbach abgeltefert zu werden, wo die wegen betrügeri­scher Wuchergeschäfte gegen Cratlsheimer ein- geleitete Untersuchung wettergeführt werden wird.

Deutsches Reich.

* Die hauptsächlichsten Mehrforderungcn im

Marineetat betreffen die folgenden Positionen; Militärpersonal 7364 822 M., mehr 1035832 Mark; Jndtensthaltung der Schiffe und Fahr­zeuge 6 089 800 M., mehr 1500270 M.; beide Positionen werden durch Denkschriften eingehend erläutert, wobei insbesondere die erstgenannte Position mit der überseeischen Politik, mit den Aktionen für Kamerun und Sansibar erläutert wird. Für den Werftbetrieb sind 14161337 M, 1 165 749 M. mehr, ausgeworfen. Bei den einmaligen Ausgaben finden sich die ersten Raten für den Bau zweier Kreuzer mit 1200 000 M., eines Avisos mit 800 000 M., zweier Torpedo- Divifionsboote mit 1160 000 M., eines Schlepp­dampfers mit 275000 M. Das in Pader­born, Lippstadt und Höxter garnisonierende In­fanterieregiment Nr. 131 wird 1886 nach Metz verlegt. (Frkf. Jour.)

* Berlin, 4. Novbr. Von der spanischen Regierung ist eine neue abweisende Note unter­wegs. Der Konflikt hat sich abermals ver­schärft. Gestern abend wurde hier die Frau eines Sekretärs im Kriegsministerium in ihrer Wohnung von zwei Unbekannten ermordet. Es herrscht große Aufregung über die Frevelthat.

* Berlin, 5. Novbr. Die russische Regie­rung hat die Berliner Volkszeitung beim hie­

sigen Landgericht wegen Beleidigung der Zarin anläßlich einer Besprechung der Russtfizierung der Ostfecprovinzen verklagt.

* München, 2. Nov. Gestern morgen um 3 Uhr hielt König Ludwig, aus den schneebe­deckten Bergen der Riß kommend, bei greulich kaltem Regenwetter in nächtlicher Stille seinen Einzug in die hauptstädtische Residenz, die ihm nach langer Pause wieder einmal aus ein paar Wochen Herberge bieten soll. Der Theaterzet­tel kündet im Zusammenhang damit an, daß das große Hofbühnenhaus die ganze Woche hin­durch für das Publikum geschloffen bleibt, während nebenan im Restdenztheater regelmäßig kleine Opern, Schau- und Lustspiele gegeben werden.

* München, 4. Nov. Es scheint, daß der König doch einigermaßen ans Sparen denkt. Die Separatvorstellungen im Hoftheater, welche früher Hunderttausende verschlungen haben, sollen definitiv nunmehr unterbleiben. Ob die gute Absicht des splendiden königlichen Herrn von Dauer ist, kann freilich niemand wissen.

* Frankfurt a. M., 2. Nov. Während des deutsch-französischen Krieges waren ein Feldwebel und sein Bursche in die Lage ge­kommen, in Nancy zwei alten Eheleuten, bei denen sie einquartiert waren, gegen zwei gewait- thätige Spitzbuben Beistand zu leisten. Kurz nach diesem Ereignis wurde der Bursche, der damals von den alten Leuten reich beschenkt worden war, im Gefecht getötet. Der Feld­webel kehrte nach dem Kriege gesund nach Frank­furt, seiner Vaterstadt, heim. In den ersten Jahren nach dem Kriege erhielt er alljährlich zu Weihnachten eine Wertsendung, bestehend in 1500 Franken, später traf dieselbe Sendung immer wieder ein, aber aus Paris. Vorige Woche gelangte, der Kl. Pr. zufolge, an den ehemaligen Feldwebel, welcher jetzt verheiratet und Vater mehrerer Kinder ist, ein amtliches Schreiben aus Paris, worin ihm mitgeteilt wurde, daß er von dem alten Herrn, dem er seiner Zeit während des Krieges das Leben ge­rettet, im Testamente mit 20 000 Franken be­dacht worden sei, weiter wurde in dem Schreiben um die Adresse des ehemaligen Burschen des Feldwebels gebeten, da derselbe 10 000 Franken laut Testament erhalten solle. Der Empfänger dieser Nachricht meldete zurück, daß sein ehe­maliger Bursche kurz nach Verlassen von Nancy getötet worden sei, worauf sofort ein Schreiben eintraf, in welchem mitgeteilt wurde, daß in dem Testamente die Bemerkung stehe, daß, wenn einer der beiden Deutschen gestorben sei, der andere beide Legate erhalten solle. Das Erb­teil muß jedoch auf Wunsch des Verblichenen, dessen Gattin schon mehrere Jahre vorher ge­storben war, in Parts persönlich, unter Vor­zeigung von Legitimationspapieren abgeholt wer­den. Der betreffende Erbe hat sich deshalb nach Paris verfügt.

* Düsseldorf, 4. Nov. Der Vorstand des deutschen Kolonialvereins genehmigte in seiner heutigen Sitzung die Entsendung einer Kommis­

sion nach den südbrasilianischen Provinzen, um geeignete Plätze für deutsche Ansiedelungen zu ermitteln und zu sichern. Der brasilianische Ge­neraldirektor der Telegraphen, Capanema, be­grüßte das Vorgehen des Kolonialvereins im wohlverstandenen Interesse beider Länder. Dr. Hammacher berichtete über die Schritte, die ge­schehen seien, um für koloniale Unternehmungen geeignete neuen Formen des Gesellschaftsrechts zu schaffen.

* (Belohnte Ehrlichkeit.) In der Bahnhof­straße in Erfurt fand ein alter Krüppel ein 50-Pfennigstück, humpelte einem vor ihm her­gehenden stattlichen Herrn nach und überreichte es ihm. Der Fremde sagte: danke schön, braver Mann, zog sein Portemonnaie und drückte dem Alten ein Zehnmarkstück in die Hand.

* (Lottertegewinn.) Der Hauptgewinn der Roten Kreuz-Lotterie im Betrage von 150 000 M. fiel an die in der Restauration Weißmantel zu Deutz tagende Lotteriegesellschaft Amanda auf das Loos 180,298. Die glücklichen Gewinner sind Unteroffiziere, kleine Beamte und mehrere Metzger. Im vergangenen Jahre gewann die­selbe Gesellschaftinder preußischen Klaffen-Lotterie einen Betrag, der auf die Person 2000 Mark ausmachte.

* Bielefeld. Ein hiesiger Kommis knüpfte mit einem jungen Dienstmädchen aus Halle ein Verhältnis an und versprach ihr die Heirat. Die Eltern verboten aber dem Mädchen den ferneren Umgang. Als dieselbe nun im August mit ihrer Herrschaft nach Rtttershausen reiste, wußte sie ihr Liebhaber auch dort aufzufinden und bere­dete sie, sich mit ihm nach Hamburg zu begeben. Dort wohnte das Liebespaar mehrere Tage lang, bis plötzlich der Vater des Mädchens erschien und dem lustigen Leben ein Ende machte. Der Kommis wurde verhaftet und am Freitag we­gen Entführung zu drei Monaten Gefängnis verurteilt.

* Königsberg. Vor wenigen Tagen war von der Eisenbahndirektion inBromberg ein höherer Beamter hier zur Revision und Fest­stellung darüber erschienen, ob und in wie weit erwa Ersparungen an Arbeitskräften zu er­möglichen seien. Der betreffende Beamre hat in einzelnen Geschäftsbranchen probeweise mit Subalternbramun laufende Arbeiten erledigt und soll in der That dadurch den Beweis ge­liefert haben, daß zur Bewältigung der Arbeits­pensa nur die Hälfte der für dieselbe zur Ver­wendung gekommenen Zeit erforderlich sei.

Ausland.

* Wien, 4. Nov. Im Budgetausschaß der österreichischen Delegation bezeichnet der Kriegs- Minister die deutsche Dienstsprache als in den Traditionen der Armee wurzelnd, und es sei notwendig, daß die Unteroffiziere die deutsche Sprache kennen. Er müsse der patriotischen Ueberzeugung Ausdruck geben, daß die Verhält­nisse bezüglich der Erlernung der deutschen Sprache in den Schulen sich verschlimmerten

Aer Verschollene.

Roman von Arnold Pauli.

(Fortsetzung.)

Lange Zeit hielten sich beide Freunde sprachlos umschlungen. End. lich ließen sie von einander.

»Ich komme,- begann Otto, dem die Brust zum Springen voll war, »um mein Weib zu holen!

Albert sah ihn voll Schreck und Ueberraschung an.

»Wie du weißt Ottos-

»Jch habe alles erfahren, guter Freund,- lautete die mit fast be­seligtem Tone gegebene Antwort. »Aber ich staune, daß auch du um Dienge weißt, die ich in meinem innersten Innern vergraben wähnte. Doch Albert, wo ist sie s Warum eilt sie nicht in meine Arme? Hat sie dem Baron gestanden? Weshalb ist derselbe abgereist?-

»Viel Fragen auf einmal mcio teurer, vielgeprüfter Freund,- ent- gegnete Albert gerührt und nötigte Otto Platz zu nehmen. »Doch dein Herz und das meine find so voll. Laß uns in geordneter Weife zu sprechen suchen. Wir kommen so am besten zum Ziel.-

Ottos Miene verfinsterte sich.

»Sie hat gefehlt, schwer gefehlt!- sagte er dumpf. »Aber soll Verzeihen nur im Himmel sein?-

»Verzeihung gebührt nur der aufrichtigen Reue, und auch erst, nachdem die That gebüßt ist,- entgegnete Albert.Doch höre mich! Jetzt erst kann ich mir den tötlichen Schrecken erklären, der dich erfaßte, als dir mein Onkel bei deinem Hiersein die Zigarrentasche reichte, in der sich das Porträt der . . . Baronin befand! Du erkanntest in ihr deine als tot beweinte Gattin. Deine Katharina hatte sich durch einen raffi­nierten Betrug ohne gleichen zur Baronin v. Sensheim zu machen ver­

standen. Da tauchtest du, ihr rechtmäßiger Gatte vor ihr auf. Um sich die Früchte ihres Verbrechens zu sichern, stieß sie dich in den Ziehbrunnen oder ließ es doch geschehen, daß du hinabstürzrest. Kein Mitleid, keine Thräne für dich! Nur das Frohlocken über die endliche Beseitigung einer stets drohenden Gefahr. Siehe hier das Bruchstück eines Telegramms an ihren in Berlin lebenden Vater. -

Damit holte er aus seinem Portefeuille ein Blatt hervor, daS unsere Leser schon von früher her kennen.

»Sieh' hier: .Endlich Ruhe!'- fuhr Albert fort, auf die betreffende Stelle deutend. »Ich habe nicht geruht, bis ich volles Licht in das Dunkel gebracht hatte, welches die Vergangenheit der Baronin umgab. Und als sich endlich Glied an Glied in der Kette angefügt hatte, die meinen Verdacht zur unumstößlichen Gewißheit hob, da trat ich vor sie hin, als dein Rächer und als Rächer der Ehre meiner Familie. -

»Selbstverständlich hat mein Onkel sie sofort verstoßen und mir das Weitere anheimgestellt. Hörst du, Otto, sie war bereits verstoßen, als sie vorhin deinen Brief empfing. Sie glaubte deiner Versicherung, daß du plötzlich wieder arm geworden seiest, ebensowenig wie ich. Sie spekuliert ganz richtig, daß der Tausch, den sie jetzt auf deinen Vorschlag eingehen soll, der Tausch zwischen einem alten und reichen Mann und einem jungen und reichen, kein schlechter für sie ist und ganz sicher würde sie dir über kurz oder lang selbst den Vorschlag gemacht haben, wenn sie auch nicht von meinem Onkel verstoßen worden wäre!-

Albert schwieg. Otto barg sein Gesicht in beiden Händen.

So saßen sie eine Zeitlang stumm. Dann blickte Otto auf. Sein Antlitz war auffallend bleich, noch blasser als vorhin. Er reichte dem Freunde schmerzbewegt die Hand. »Es ist vorbei!- sagte er. »Dn hast mich gerettet. Ich gebe sie auf sie ist für mich verloren, denn sie