Jahre 1880 bei den Arbeiten für den Panama- Kanal beschäftigt gewesen; dort sei seine Tochter durch einen Agenten der Kompagnie entehrt worden und in Folge erlittener Gewalt- thätigkeiten gestorben. Er sei deshalb ver-
- zweifelt nach Frankreich zurückgekehrt, habe hier aber vergebens gerichtliche Hilfe verlangt. In
> Folge dessen habe er durch einen Gewaltstreich ! die Aufmerksamkeit auf sich lenken, aber den
Minister Freyciner nicht töten wollen; er habe
- deshalb den Revolver nur gegen den Boden und nicht gegen den Minister gerichtet abge- seuert. Die Richtigkeit der von Mariotti in Bezug auf seine Tochter gemachten Angabenist von der Panama-Kanal-Gesellschaft bestätigt worden. Wie verlautet, beabsichtigte Frcycinet, die Freilassung WariotÜ's in Rücksicht auf das Schicksal seiner Tochter zu beantragen.
* Ein aufregendes Drama spielte sich am 25. Okt. in dem vonBrüssel nach Paris gehenden Expreßzuge ab. In einem Coups erster Klasse harte der Repräsentant einer großen belgischen Spinnerei Platz genommen; plötzlich stiegen noch vier Herren ein. Sofort nach Abgang des Zuges zogen dieselben Karlen aus der Tasche, begannen ein Spiel und forderten den Repräsentanten zur Beteiligung auf, was derselbe jedoch ablehnte. Letzterer, der seine Ruhe bewahrte, zog seine Uhr, um zu sehen» wann der Zug an- halten würde. In diesem Augenblicke stürzte sich einer der Spieler auf ihn, um ihm die Uhr zu entreißen. Die drei anderen griffen ihn mit an, und es entspann sich ein erbitterter Kampf. Der Belgier schlug verzweifelt um sich, um die Alarmglocke zu erreichen, aber sie drängten ihn gegen die Thür, um ihn hinauszuwerfen. Da erscheint zu seinem Heil ein Kondukteur. Bet
> diesem Anblick sprang einer der Spieler aus dem Coups; die drei anderen aber wurden fest- aehallen uno auf der nächsten Station ins Gefängnis geführt.
* Petersburg, 31. Okibr. Der Prozeß ^ gegen den ehemaligen Kronstäoter Polizeimetster § und Flortenkapitän Golowatscheff, welcher samt i einem Poltzeibeamten wegen einer Reihe von Amtsvergehen aus Eigennutz (Erpressungen, Bestechlichkeit rc.) angeklägl war, endete heute mit der Schuldigsprechung beider Angklagier durch die Geschworenen. Die beiden wurden zur Ent Ziehung aller Rechte und zur Verbannung nach Sibirien verurteilt. Da dem Mitangeklagten Polizeibeamten mildernde Umstände bewilligt wurden, wird beim Kaiser eine Umwandlung der Strafe in Ausschließung aus dem Dienst, nachgesucht werden. Golowatscheff, der bisher auf freien Füßen sich befand, ist nunmehr verhaftet worden.
* Sofia, 31. Oktbr. Die bulgarische Regierung erklärt die von der serbischen Regierung verbreiteten Nachrichten über die Haltung der bulgarischen Behörden und Truppen an der Grenze für volkommen unbegründet.
* Sofia, 3. Nov. Fürst Alexander hat das bisherige Haupt der revolutionären Regie
rung Ostrnmeltens, Dr. Stransky, zum Minister des Innern im Fürstentum Bulgarien ernannt. Man erblickt hierin die Absicht des Fürsten, einen etwaigen Widerstand Stransky's gegen die Wiederherstellung des alten Zustandes in Ostrumelien von vornherein zu verhindern.
* Belgrad, 3. Nov. Es verlautet, Serbien werde nach Schluß der Konferenz uub:° diagt die Aktion beginnen und einen Teil des westlichen Bulgarien besetzen.
* Ehrenrettung eines deutschen Erfinders. Ein sensationeller Prozeß liegt dem Gerichtshöfe der »Supr.me Court" in Washington vor. Die Regierung der Bereinigten Staaten hat einen Monstreprozeß gegen die Wll-Telephon-Gesellschaft erhoben und beschuldigt den Professor Alexander Graham Bell, bekannt als »Erfinder des Telephon", sich auf betrügerische Weise in den Besitz des von einem Anderen auf dem Patentamt in Washington hinterlegten weltbewegenden Geheimnisses unter stillschwe'geud!.'r Beihilfe des Patent-Direktors gesetzt zu haben. Der Oberstaatsanwalt General Goode erteilte bereits die Erlaubnis zur Erhebung der Anklage zum Zweck sofortiger Annullierung des unrechtmäßig erworbenen Patentes, welches einzig und allein dem rechtmäßigen Erfinder des Telephon, nämlich dem Deutschen Philipp Reis, gebühre.
Handel »md Berkehr.
* Stuttgart, 2. Nov. (Landes-Produk
ten-Börse.) Im Getreidehandel ging es in der abgelaufenen Woche auf den großen Ber- krhrsplätzen wieder recht stille zu und nirgends zeigte sich ein lebhafter Begehr. Ein nennenswerter Rückgang der Preise ist zwar nicht zu konstatieren, doch ist an einzelnen Märkten durch allmähliches Abbröckeln der Kurse nahezu dasjenige w-ed-^r verloren gegangen, was der letzte Aufschwung an Preisbesserung gebracht hat. Unfer heutiger Handel ging sehr schleppend und de vorwöchigen Wcizenpretse ließen sich nicht ganz halten. In Haber wurde ein namhaftes Quantum umgesctzt. Wir notierenp. lOOKilogr.:
Walzen, bayer. . . 19 M. 25 bis 19 M. 75
Waizen, rufl. Sax. 20 M. — bis — M. —
Kernen .... 19 M. 25 bis — M. —
Gerste bayer. . . 17 M. 60 bis — M. —
dto Nördl. . . 18 M. — bis — M. —
dto württb. . . 17 M. 45 bis — M. —
Haber . . . . 12 M. 50 bis 14 M. —
* Stuttgart, 2. Nov. (Mehlbörfe.) Der Mehlmarkt am hief. Platze verkehrt immer im alten Geleise und ist auch au den Preisen keine Aenderung wahrzunehmen. An heutiger Börse sind von inländ. Mehlen 990 Sack als verkauft zur Anzeige gekommen zu folg. Preisen: per Sack von 100 Kilo Bruno für Netto, bet Abnahme größerer Posten:
Nr. 0: 30 M. — bis 31 M. — Pfg.
Nr. 1: 27 Bi. 50 bis 29 M. — Psg.
Nr. 2: 25 M. 50 dis 27 M. - Pfg.
Nr. 3: 23 M. 50 bis 25 M. — Pfg.
Nr. 4: 20 M. — b's 21 M. 50 Psg.
* (Wei n.) In der Pfalz giebt es dieses Jahr eine solche Menge Wein, daß man denselben beinahe nicht unterbringen kann. So sind, wie man der »Straßb. Post" schreibt in Rappoltsweiler in manchen Reben 17 Hektol. Wein auf 10 Ar gewachsen, es sind demnach 20000 Hektoliter Wein geerntet worden. In Deidesheim kosten 40 Liter 15—20 Mark. In Rsichenweier ist der Ertrag in diesem Jahr der größte aus langen Jahren, daselbst wird nur 8 M. für 50 Liter bezahlt. — Auf dem Hohentwiel soll noch ein größeres Quantum Wein zu kaufe» sein. Der Rotwein kostet daselbst 40 Mark, der Weißwein 28 das Heftol.
* Nürnberg, 31. Okt. Trotz des flauen Geschäftsgangs treffen die Zufuhren belangreicher ein denn je; speziell Württemberger, Badische und Elsässer kommen in kolossalen Masse». Dieselben betrugen gestern und heute ca. 1500 Ballen und 500 Ballen sind noch rollmo. Das heutige Geschäft ist fast ohne Belang, da die Umsätze ganz minimaler Natur sind. Unter solchen Umständen müssen selbstredend auch die prima einige M. nachgeben. Wir notieren: Markthopfen, geringe von M. 18—25, gut mittel M. 30—35, prima M. 40—50; Hallertauer und Württemberger, geringe M. 20-35, mittel M. 40-45, gut mittel und prima M. 50—70; Badische M. 22-45; Elsässer M. 30-50.
Nagold, dm 31. Oktbr. 1885.
Neuer Dinkel
. 6
60
6
81
6
20
Kernen ....
. —
—
9
—
—
—
Haber ....
. 6
20
5
63
5
—
Gerste ....
. 8
—
7
81
7
30
Bohnen ....
. 7
50
7
03
6
90
Weizen ....
. 8
90
8
66
8
50
Calw
, 31 Oktober.
Kernen ....
—
9
40
—
—
Bohnen....
. —
—
7
50
—
—
Dinkel gem. . .
. 7
20
6
91
6
80
Haber neuer . .
. 5
80
5
^7
5
20
Für die Redaktion verantwortlich: W Meter, Mlewieiz.
Zur Warnung Geehrter Herr Richard Brandt m Zürich! Ich sehe mich genötigt an Sie zu wenden mit der Bitte mir sechs schachteln Ihrer Apotheker R. Brandt's Schweizer- Pillen zu schicken, indem ich schon einige Jahre Ihre Schweizerpillen mit gutem Erfolg gegen Magenleiden, Kopfschmerzen und üble Verdauung gebraucht habe. Da ste aber bet uns nicht mehr ächl zu haben sind, soudern verfälscht mit diesem Zeichen, welches ich Ihnen hier beilege, so bitte ich fü: mich und einige meiner Freunde diese 6 Schachteln auf Post-Nachnahme zu schicken. Meine Adresse ist Zimmermann Anton Schrot, Atlrmgen, O.-A. Künzelsau (Württb.).
Mau versichere sich stets, daß jede Schachtel Apotheker R. Brandt's Stchweizerpillen (erhältlich L Schachtel Mk. 1 in den Apotheken) ein weißes Kreuz in rothen Feldund den Namenszug R. Brandt's trägt und weiße alle anders verpackten zurück.
> Im ersten Augenblick war Laura aufs äußerste betroffen; dann aber f richtete ste einen langen Blick auf Albert.
»Sie haben das Zeug zu einem vollkommenen Folterknecht, mein Herr," sagte sie verbissen lächelnd, »eine Ironie des Schicksals hat Sie Ihren wahren Berus verfehlen und als einen Edelmann geboren werden lassen!"
Albert tauschte mit den Dienern einen Blick aus und zuckte leichthin die Achsel.
! »Vorwärts!" sagte er dann.
Laura mochte einsehen, daß hier jeder Widerstand vergebens war «nd ließ sich willig fortführen. Der Weg führte ste über die langen ! Korridore in den Seitenflügel des Gebäudes; alsdann stieg man eine steinerne Treppe hinab und nun erst schien die Baronin zu merken, wohin man ste bringen wollte.
Mit einer plötzlichen Kraftanstreugung befreite sie sich von ihren Begleitern und mit gellenden Hilferufen eilte ste den Weg, den sie gekommen, zurück.
Es war eine peinliche Szene.
Die Diener waren schnell auf den Füßen. Die Baronin war bald etngeholt. Mit aller Schonung, aber doch mit Entschiedenheit wurde ste zurückgebracht — bald schloß sich die eiserne Gitterthür, welche den Ge- sängnisraum von den übrigen Teilen des Gebäudes trennte und Laura wurde in eine Zelle geführt, die zwar ganz sauber gehalten war, indessen außer dem zuvor dorthin gestellten Polstersessel jeden Komforts entbehrte und ihr spärliches Licht nur durch ein hochangebrachtes vergittertes Fenster empfing, welches auf einen engen Seitenhof binanSging.
> Ganz erschöpft von den verzweifelten Anstrengungen, sich von ihren Wärtern zu befreien, ließ sich Laura — wir neunen ste einstweilen noch
so — in den Sessel sinken. Albert winkte den Dienern zu, die Zelle zu verlassen und er selbst ging gleich darauf hinaus, die schwere eichene Thür hinter sich sorgsam verschließend.
Der Auftritt hatte Albert doch stark angegriffen; nicht nur die Szene selbst, sondern auch die Sache, um die es sich handelte. Stand doch die Familienehre auf dem Spiel! Würde es doch gewiß nicht an hähmischen Beurteiler« fehlen, die den großen Altersabstaud zwischen dem Baron Ludwig und Laura zum Gegenstand einer unerbittlichen Kritik machten! Es galt also vor allen Dingen, das, was zu geschehen hatte, insgeheim geschehen zu lassen. Das Betragen Lauras schien diese Absicht zu vereiteln. Hier mußten vorbeugende Maßregeln getroff n werden.
Albert bedurfte dazu vor allem der ruhigen Ueberlegung. Er wollte sich ein wenig im Parke ergehen und dabei seine Gedanken sammeln. Ohne sich um das Weinen der Baronin, dessen klagende Töne aus der verflossenen Zelle her an sein Ohr drangen, Wetter zu kümmern, verließ er die Gefängmsräume, schloß auch deren eisernes Gitter sorgsam und begab sich langsam und seinen Gedanken uachhängend in den vorderen Flügel des Herrenhauses zurück, um von dort auS in den Park hmabzusteigen.
Als er in den Speisesaal trat, um denselben zu durchschreiten, wurde die Portiere der entgegengesetzten Thür zurückgeschlagen «nd es war Albert, als ob er eine gespenstische Erscheinung sähe: Otto, bleich, aber hoch aufgerichtet, trat ihm von dort entgegen und eilte bei seine« Anblicke mit weit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. (Forts, f.)
(Lesefrucht.) Ich möchte doch wissen, ob glücklich sein durch Leidenschaften etwas anderes heiße, als sich wärmen dnrch ein BrennglaS.
Jean Paul.