ung ihrer Rechte einleiten, da die nächsten Anverwandten des Präsumtiverben mit seiner angeblich fortdauernden Krankheit ein auf Erbschleicherei abzielendes Blendwerk trieben. Unter solchen Umständen blieb den beschuldigten Aerz- ten nur ein Beweismittel, mit dem sie eventuell vor den amerikanischen Gerichten durchdringen könnten; sie mußten ihren Patienten im Beisein amtlicher Zeugen photographieren lasten. Dies geschah, allerdings nicht ohne neue schwere Gefährdung des Unglücklichen.
* Basel, 26. Okt.- In der Nacht vom 20./2!. ds. Mts. wurde in ein hies. Herrschafts- Haus eingebrochen und neben barem Gelbe im Betrage von etwa 2500 Frks. wurden 16 Stück Obligationen und mehrere Aktien in bedeutendem Werte gestohlen. Unter dem abhanden gekommenen Bargeld soll sich eine alte doppelte Dublone von B:rn im Wert von 32 Frks. und ein 100-Frankenstück mit dem Bild Napoleons III. befinden. Der oder die Einbrecher haben allem Anscheine nach mit Zentrumsbohrern operier:.
* Rom. Kardinal Bar-olina empfing kürzlich ein anonymes Schreiben mit der Aufforderung, dem Absender, der in seiner Behausung erscheinen würde, fünfzehntausend Lira auszuhändigen, widrigenfalls würde er das Haus durch eine Dynamitpatrone in die Luft sprengen. Der Gedrohte verständigte die Polizei, welche den Attentäter, einen Barbier, festnahm. In seiner Tasche fand man thatsächlich eine Dyna- mitpatrone.
* Paris. Das ganze Ofstzierkorps des 7. Dragonerregimenis in Ruen soll entlasten werden, weil eS der Prinzessin von Chartres bei ihrer Vermählung mit dem Prinzen Waldemar von Dänemark ein Boukett mit orleanstitschen Bandfarben und eine Adresse überreichen ließ, worin sich die Offiziere als Gegner der Republik und treue Freunde des orleanistischen Königshauses bezeichnen.
* Parts, 29. Oktbr. Heute mittag gegen 12 Uhr feuerte ein Individuum auf der Con- cordiabrücke auf den Wagen Freicinets, als der Minister aus dem Ministerrat im Ministerium des Aeußeren zurückkehrte, einen Pistolenschuß ab, der indessen niemanden verletzte. Der Thü- ter wurde verhaftet. Derselbe erklärte, Frey c'met nicht persönlich zu kennen, und lehnte es ab, irgend eine Aussage über seine Person und seine Existenzmittel zu machen. Er hat das Aussehen eines Werkführers und scheint italienischer Nationalität. Er ist etwa 50 Jahre alt.
* Paris, 31. Okt. Der Mann, der auf Freycmet geschossen- ist ein Korse, namens Mattei. Er erklärt, er habe absichtlich geschossen, weil die Republik keine wahre Republik sei. Frey- cinet kennt den Mattei nicht, glaubt aber an besten Irrsinn.
* In Lyon ist wieder einmal ein deutscher »Spion" verhaftet worden. Dortige Blätter berichten, er sei ein Handlungsreisender, den man in dem Moment festgenommen haben soll,
als er die Festungswerke der Stadt zeichnerisch aufnahm.
* London. Das neue Gesetz zum Schutze junger Mädchen wird von den Gerichten überaus streng gehandhabt. Vom Zentral - Kriminalgerichtshof wurde ein Kommis, namens Farmer, 20 Jahre alt, wegen eines unsittlichen Angriffes gegen ein elfjähriges Mädchen zu fünfzehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Richter bemerkte, er hätte sich mit Zweifeln getragen, ob der Schuldige nicht zu lebenslänglicher Ein- sperrung verurteilt werden sollte, da die Gesellschaft besser ohne solche Scheusale sei.
* Athen, 30. Okt. Der frühere Minister Trikupis wurde, von England zurückkehrend, bei seiner Ankunft von einer zahlreichen Menschenmenge begrüßt; er hielt eine Rede, worin er zur Wahrung der Rechte des Hellenismus auffordsrte und erklärte, er werde die Regierung unterstützen. Trikupis wiederholte später in der Kammer diese Erklärung. Delyamüs dankt: Trikupis für seine .patriotische R:Le. — Die Kammer hielt heute eine geheime Sitzung.
* Nisch, 30. Okt. Die serbische Regierung versendet folgende Depesche: Di: Bulgaren sperrten überall die Grenze ab und ordneten an, jeden von Serbien aus die Grenze Überschreitenden zu töten. Die serbischen Truppen sind angewiesen, in entschiedener Weise ohne speziellen Befehl auf ein derartiges Verhalten (soll wohl heißen, falls die Bulgaren die serbische Grenze überschreiten) mit den Waffen zu antworten. Die bulgarischen Freiwilligenscharen begannen serbische Grenzorte mit Ueberfällen zu beunruhigen.
* Der slavische Wohlthätigkeitsverein in St. Petersburg übersandte 4000 Pelze und 4000 Winterpelze unter dem Vorwand »für Bedürftige" an die bulgarische Armee. — Nach B^ richten aus Ceitinje (Montenegro) ist daselbst alles schlagfertig. Die Vorbereitungen sind geheim. Die beruhigten Albanesen treffen ebenfalls Vorkehrungen.
* Bombay. An der Oriffaküste in Indien hat kürzlich ein Wirbelsturm fürchterliche Verheerungen angerichtet. Ein Flächenrauw von etwa 400 Quadratmeilen wurde unter Wasser gesetzt, wobei 700 Dörfer zerstört wurden, deren Einwohner meistens den Tod fanden.
* (Vulkan-Ausbruch.) Der anfangs Mai erfolgte Ausbruch der Smero, des Hauptvulkans in Ost-Java scheint allen Berichten nach ein furchtbares Ereignis gewesen zu sein, 300 Fuß riefe Schluchten wurden von der Lava vollständig gefüllt und sämtliche an seinem Fuße befindlichen Kaffeeplantagen find gänzlich zu gründe gerichtet worden, wobei über 500 Personen ihr L.ben ewbüßten. Ebenso gibt der Vulkan Merabi in Mtttel-Java Ursache zu großer Besorgnis, und auf der Krakatauinsel an der Westküste hat man von elektrischen Erscheinungen begleiteten unterirdischen Donner gehört, und zwar in der Nähe des alten Kraters, dessen Eruption vor zwei Jahren so schreckliche Verheerungen anrichtete. Ferner sind in der
Nähe von Krakatoa die Felsen, welche währendes letzten Ausbruchs aus dem Meere empor» stiegen, plötzlich wieder in die Tiefe gesunken.
Vermischtes.
* (Regeln für die Behandlung der Keller im Winter.) 1) Die Kellerlöcher sollen im H-rbst so lang als möglich offen aelaffen und nicht eher verschlossen werben, als bis die Temperatur mehrere Grad unter Null stakt. 2) Sind die Keller tief im Boden, so dürfen die Kältegrade noch mehr steigen, ehe eine Vorsichtsmaßregel erforderlich ist. 3) Trifft ein kalter Wind von einer Seite den Keller oder die Kelleröffnungen z. B. der Nord- oder Ostwind, so ist der Keller nach dieser Seite zu verschließen, aber nach der entgegengesetzten offen zu lassen. 4) Treten im Lauf des Winters milde Tage oder Tage mit unbedeutender Kälte ein, so find die Kellerlöcher während Vieser Zeit zu öffnen, damit eine frische, kä-ü:, reine Luft entströmen und die feuchte, oumpfe, schlechte Luft sich entfernen kann. 5) Der Grundsatz, der im Sommer maßgebend ist: »Je kühler der Keller, desto bester" — gilt auch für den Winter. Denn die Nahrungsstoff: leiden durch die Kälte im Keller erst dann, wenn die Temperatur darin unter Nullgrad herab» finkt.
* Um Erbsen und Bohnen in hartem Wasser weichzukochen setzt man gewöhnlich etwas Soda zu. Die Speise erhält jedoch dadurch einen faden Geschmack. Setzt man dagegen dem Wasser etwas Zucker zu, koch: die Hülsenfrüchte darin, nnd würzt ste nachher mit etwas Salz, so kochen ste sich weich und nehmen einen vortrefflichen Geschmack au. In Familien, in welchen man viele dieser vorzüglich nährenden Hülsenfrüchte kocht, wird man gewiß gerne einen diesbezüglichen Be: uch machen.
* Neue hölzerne Fässer erteilen dem Wein und Most bekanntlich einen schlechlen Geschmack. Diesem Uebslstande, der oft das gänzliche Verderben der Getränke zur Folge hat, beugt man vor, wenn mann auf 60 Liter Faßinhalt 1 P-d. kcystallisterteS kohlen- saures Natron in Wasser löst, das Faß halb voll damit anfüllt und 12—14 Tage stehen läßt, worauf die braungefärbte Lauge abgelaffen wird. Das Faß wird dann abermals mit Wasser gefüllt, einige Tage hingestellt und dann ansgespült, worauf man keine wetteren Nachteile für die Getränke zu befürchten hat.
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* (Eine frohe Botschaft) für alles Weibliche, welches dem Schrecken des Altjungferntums bereits aus nächster Nähe ins Auge blickc, kommt aus Dakota. Eine dortige Heiratsagentur veröffentlicht nämlich in Blättern in Massachusetts eine Anzeige, in der es heißt, daß daselbst großer Frauenmangel herrsche und sich wenigstens 10 000 heiratslustigen Jungfrauen die Gelegenheit biete, sofort unter die Haube zu kommen.
Für die Redaktion verantwortlich: W. Rieksr, Altenüeig
»Er zeigt mir den Weg der Rettung aus der Schande. Lieber arm mit ihm, als mit anderen im Uebeifluß! Wo ist mein armer, unglücklicher Otto?" fragte sie lebhaft den Bauer.
»Frau Baronin, ich bin nur der Vermittler Ihrer Antwort und darf vorläufig weiter nichts sagen!" entgegnete Kolberg.
»Sagen Ste ihm, guter, lieber Mann, daß ich freudig mit »Ja" antworte und daß ich seine weiteren Anweisungen erwarte. Hier nehmen Sie!"
Dabei reichte sie dem Boten zwei Goldstücke aus ihrer Börse und dieser zog sich dankend zurück.
Unmittelbar nach seinem Weggänge trat Albert wieder ins Zimmer.
Laura sank vor ihm auf die Knie nieder und sagte mit tränenfeuchten Augen und mit rührungerstickter Stimme:
»Ich bin gerettet, Albert. — Otto verzeiht mir, er ist wieder arm, wie er schreibt, aber ich werde Elend und Not mit ihm teilen, um so in etwas dasjenige gutzumachen, was ich an ihm verbrochen. Reichen Sie mir Ihre hilfreiche Hand, Albert! Retten Sie mich, retten Sie Otto."
Damit übergab ste Albert den Brief ihres Gatten.
Albert war gewappnet. Er durchschaute die vor ihm Knieende. Es war ihm klar: ste sah ihre Sache verloren und griff nach einem Strohhalm. Allerdings schrieb Otto, daß er abermals verarmt sei, aber es gehörte nicht allzuviel Scharfsinn dazu, einzusehen, daß dies eine wohlgemeinte Lüge sei, um das Herz der schönen Sünderin zu prüfen; diese Unwahrheit wurde ebensowenig von Laura wie von Albert geglaubt, wenngleich sich die erstere so stellte, als ob sie nicht an der Wahrheit des Geschriebenen zweifele.
Nachdem Albert alles gelesen hatte, reichte er das Schreiben zurück.
»lieber Ihr Verdienst hinaus ist Ihnen der Himmel gnädig, sagte
er. »Otto lebt. Lassen L-re sich diese Gewißheit genügen. Im übrigen bleibt es bet dem, was über Sie beschlossen worden ist."
Laura sprang entsetzt auf. Ihre Phantasie hatte sich schon darin gefallen, straffrei auLzugch n und nun stand ihr ein Mann gegenüber, unerbittlich und kalt, wie sie noch keinem in ihrem Leben begegnet war.
»Und Sie wollen also Ihren Freund töten?" schrie ste.
»Ereifern Sie sich nicht, Madame!" entgegnete Albert mit unerschütterlicher Ruhe. »Für mich gilt es in erster Linie, Sie für die Folge unschädlich zu machen, — alsdann werde ich de» Freund aufsucheu nnd ihn zu trösten wissen. Beeilen Sie sich! In kurzer Zeit muß der Reisewagen meines Onkels zurückkommen. Wir wollen denselben sogleich benutzen."
»Und ivvhin?"
»Die Antwort wird Ihnen später werden!"
»Ich bleibe hier!" rief Laura mit Festigkeit
»Sie würden mich zwingen, gegen Sie Gewalt anzuweuden, Madame!"
»Ich werde es darauf ankommen lassen. Mein Otto wird mich aus diesen unwürdigen Banden befreien!
»Beeilen Sie sich, Madame," fuhr Albert fort. »Wenn Sie sich weizern, meinen Befehlen Folge zu geben, rufe ich die Dienerschaft herbei und lasse Sie etnsperren!"
»Dann bringe ich die Angelegenheit vor Gericht!" entgegnete Laura trotzig.
»Und Sie würden das Gericht nur verlassen, «m in das Gefängnis zu wandern. Besinnen Se sich!"
Laura richtete sich hoch auf. Ihr Eigensinn empörte sich geger dis strenge Behandlung.
(Fortsetzung folgt.)