Mail abonniert bei allen Poststellen und Landpofl. boten; in Mtensteig bei der Expedition.
Irrserate find immer «m Vesten Erfolge be» gleitet und wird dir Ein» rstckungSgeLühr stets auf da» Billigste berechnet.
Brrwendbare Beiträge «erden dankbar ange- «smmen und angemefien
honoriert.
M Heu Tau«
Intelligenz- L Anzeige-Wkatt
Von der obere« Nagold.
Diese! Blatt rrslbeirt a>2chew.lich dreimal u- d zwar: Dienstag, Donnerstag und Samstag
Der Abonnemenrsprei» beträgt pro Vierteljahr''
in Mtensteig 90 Pfi
im OA.-Brzirk 85 P>.
auherhalb l M'.
Jnseratenaufgabe spätestens morg. 10 Uhr a > Tage vor dem jeweilige - Erscheinm.
Mr. 129.
Mmsteig, Dienstag dm 3. Movemöer
1885
D Frankreichs Niederlage in Ostasien.
Die französischen Wahlen sind vorüber; während der Wahlbewegung halte die Regierung alle Veranlassung, ihre Landsleute über die wirkliche Lage der Dinge in Anam und Tonkin im unklaren zu laßen; hätte man die volle Wahrheit gewußt, so würde der 4. Okt. für die Republik noch verhängnisvoller geworden sein.
Heute tritt mit unzweifelhafter Deutlichkeit die Thatsache vor die Angen: Die Hunderte von Millionen, welche die französische Expedition nach Tonkin gekostet hat, die Tausende von Menschen, welche das Schwert und die Cholera in Tonkin dahinrafften, sind nutzlos geopfert worden! Cochinchina, Anam und Tonkin befinden sich im offenen und siegreichen Aufstande gegen die französischen Eroberer und in Kam- bodja mag es nicht besser aussehen, obwohl von daher neuere und zuverlässige Nachrichten nicht vorliegen.
Kurz vor den Wahlen verkündete der offiziöse Telegraph der französischen Regierung, daß in Ostasten völlige Ruhe herrsche; von den „Schwarzflaggen", jenen Räuberbanden, die den Franzosen mehr zu schaffen gemacht haben als die chinesische Armee, sei nichts mehr zu bemerken. Unmittelbar vor den Wahlen kam die damals noch unverbürgte, inzwischen aber bestätigte Meldung, daß in Tonkin 10000 Christen uiedergemctzrlt worden seien. Gleich nach den Wahlen wurde offiziös zugegeben, daß die Schwarzflaggeu sich neu formiert und starke Stellungen eingenommen hätten, so daß neue Kämpfe z« gewärtigen seien. Trotzdem mußte, der Stichwahlen wegen, General Courcy melden, daß „von Hue bis Tonkin Ruhe herrsche."
Die Empörer scheinen nur die französischen Wahlen haben vorübergehen lassen, um nun von neuem ihr Handwerk aufzunehmen. Denn gegenwärtig ist die Rebellion wieder an allen Ecken und Enden ausgebrochen. General Courcy erklärt, er sei „zu schwach, um etwas zu unternehmen."
Diese Nachricht in Verbindung mit den Hiobsbotschaften aus Madagaskar versetzt dem französischen Nationalstolz einen empfindlichen Stoß. Daß man vor fünfzehn Jahren der Deutschen nicht Herr werden konnte, war ja erklärlich genug; da waren ja die kaiserlichen Generale „Verräter." Aber daß die tapfere französische Armee mit den unzivilisterien Völkern Ostastens und Madagaskars nicht fertig werden kann, das geht denn doch über die ge- wöhnlichcn Begriffe. So arg man auch die Ferrysche Kolonialpoliiik mitsamt ihren blutigen, kostspieligen und zwecklosen Abenteuern verdammt, so läßt es doch die rationale Ehre nicht zu, diese Abenteuer in vernünftiger Weise zu beenden. Ars einem Umwege wird das doch geschehen müssen und der Anfang ist auch schön gemacht.
Der Ministerrat hat nämlich beschlossen, 18060 Mann Truppen aus Tonkin zurückzu- ziehcn und daselbst nur 12000 Mann zu belassen. Man will blos das Dreieck behaupten, das von den zwei Havptflüfsen des Landes nach ihrer Mündung zu gebildet wird, woselbst auch die Hauptstadt Hue liegt. Allmählich will man dann erst das übrige Land wicdererobern, wenn die Armee der Eingeborenen formiert sein wird. Das ist ein Wechsel auf die Zukunft gezogen, der schwerlich eingelöst werden wird. Die Franzosen werden die ohneh n nicht ungeübten Eingeborenen genauer im Waffenhandwerk unterweisen und wenn dies geschehen, werden . . . die Lehrlinge sich gegen die Meister kehren.
Daß bei den neuerlichen Aufständen die Chinesen wieder die Hand im Spiele haben, kann nicht bezweifelt werden. Ein chinesischer Deserteur soll jetzt Anführer der Schwarzflagge» sein. Was China nicht im offenen Kampfe erzwingen konnte, nämlich die Abschaffung der mibcqucmen französischen Nachbarschaft in Tonkin, wird es sicher durch den Guerillakrieg erreichen, der die Franzosen mürbe macht und sie niemals in den ungestörten Genuß ihres tonkinestschen Besitzes gelangen lasten wird.
Tagespolitik.
— Der.Reichsanzeiger, veröffentlicht die kaiserl. Verordnung, nach welcher der Reichstag zum 19. Nov. einberufen wird.
— Nach den bis jetzt vorliegenden Ergeb. niffen der Wahlmännerwahlen zum preußischen Abgeordnetenhause wird eine bemerkenswerte Verschiebung der Parteiverhältniffe kaum ein treten. —
— Die zweite bayrische Kammer nahm einstimmig den Gesetzentwurf, betr. Ausführung des Unfall- und Krankenversicherungs-Gesetzes an.
— Der nationale Zwist in der Armee, welcher im österreichischen Abgeordnetenhause so heftige Debatten zwischen den deutschnatio- nalen Abgeordneten und den Ministerpräsidenten Grafen Toaste hervorrief, gelangte auch am Mittwoch in dem Heeresausschuß der ungarischen Delegation zur Debatte. Kriegsminister Bylandt wiederholte seine bereits iu einer Note an den Grafen Taoffe abgegebene und von diesem auf die Angriffe der Linken im Abgeordnetenhause verlesene Erklärung: daß er eine die nationalen Zwistigkeiten betreffende Ordre nicht erlassen habe. Die Zwistigkeiten seien auf unbedeutende, vereinzelte Zusammenstöße, auf einfache Wirtshausrempeleien zurückzuführen.
— Im letzten französischen Ministerrat kam die Frage der Ausweisung der Prinzen von Orleans zur Sprache. Grevy erklärte, daß er nur dann ein Ausweisungsdekret unterschreiben werde, wenn man ihm klar beweise, daß die Prinzen sich auf Verschwörungen gegen die Sicherheit des Staates oder gegen die bestehenden Staatseinrichtungen eingelassen hätten.
— Nachdem sich Prinz Plon-Plon in einem durch den .Figaro" veröffentlichten Schreiben für die Republik erklärt hat, nimmt auch sein abtrünniger Sohn in demselben Blatte das Wort und empfiehlt sich bei vorkommenden Gelegenheiten als „Gesellschaftsretter."
— Nach langem Sträuben hat der König von Belgien nun doch die Beschlüsse unterzeichnet, wonach mit einem Schlage 53 Gemcindeschulm abgeschafft werden. In Belgien find nun seit Jahresfrist, d. h. seit die Ultrawontanen dort die Oberhand haben, 1200 Volksschulen aufge- hobin und 4000 Lehrer der Not preisgegeben worden. Unglaublich, aber wahr! Daß dem belgischen Lauer, der den Lehrer als einen Tag dieb und das Schulgeld als eine Verschwendung ansteht, dies sehr wohl behagt, glauben wir wohl.
— Der Reichstag Dönernaiks ist vertagt worden. Das Ministerium Estrup regiert auf eigene Faust weiter. Es hat zwei prov sorische Gesetze erlassen; das eine ordnet die Bildung einer militärisch organisierten Gendarmerie an, das andere bewilligt den Kommunen für außerordentliche Polizeiausgabcn Slamszuschüsse. Man erwartet ein weiteres provisorisches Geich, welches die Preßfreiheit eivschränkt. Möglicherweise wird sogar über das ganze Land der Belagerungszustand verhängt.
— Durch den osstz ösen Telegraphen wird man belehrt, daß die „eigentliche" Botschafter Konferenz noch nicht zusammer getreten sei, daß
vielmehr nur erst vertrauliche Vorbesprechungen stattgefunden hätten. Inzwischen hat die Sachlage auch ein ganz anderes Bild gewonnen. Auf keinen Fall, so heißt es, werde man in eine Personal-Union zwischen Bulgarien und Ostrumelien willigen und die Rumelioten könnten froh sein, wenn man ihre Gesetzgebung etwas verbesserte.
— Die Türkei rüstet mit aller Macht; fortwährend finden Truppentransporte nach Mazedonien und nach der bulgarischen Grenze statt.
— Johann Most kommt nun selbst zu der Ueberzeuguug, daß seine anarchistische Agitation an dem praktischen Sinn der Amerikaner scheitert; er schreibt in seinem Blatte .Freiheit": „Wer erhofft, Freude am amerikanischen Partetleben zu haben, dem sei es hiermit gesagt, daß er auch in dieser Hinficht eitel hofft. Da die ganze revolutionäre Bewegung immer noch wesentlich von Fremden getragen und betrieben wird und da dieselben größtenteils aus gemaßregelten, verbitterten Elementen aus allen Winkeln der Erde, beseelt von den verschiedenartigsten Ansichten, bestehen, so kann es nicht vermieden werden, daß Krakehl, Stänkerest», gegenseitiger Kampf und innerer Hader aller Art auch noch diese kleine Strömung bis zum Eckel trüben und die rechtschaffensten, zähesten Elemente mit pessimistischen Anwandlungen infizieren. Jeder, der nach Amerika geht, ist durchschnittlich für die Bewegung in Europa verloren, und in Amerika ist das Resuliat seiner Agitation vor- läustg gleich Null."
LaAüesmHrichterr.
* Nagold, 29. Oktbr. Zwei Bauern in
Oberthalheim fingen vorgestern nachmittag auf der Wiese wegen eines Säckchen Grases, das die Frau des einen auf der Wiese des andern genommen haben sollte, Streit an, der schließlich so ausartete, daß der eine seinen Gegner mit der Sense am Schenkel und Oberleib traktierte und ihm lebensgefährliche Wunden beibrachte. Der letztere wehrte sich gegen seinen Angreifer mit einem Häpchen und brachte ihm auch mehrere Wunden am Arme bei, die aber gefahrlos sein sollen. Die Untersuchung ist im Gange. (N. T.)
* Stuttgart, 31. Okt. Wie wir hören, wird mit der diesmaligen Rekruteneinstellung das 8. württ. Infanterieregiment Nr. 126 in Straßburg auf erhöhten Mannschaftsstand gebracht, der zwar die Stärke d.r Regimenter des Gardekmps und des 15. Armeekorps nicht voll erreichen wird, aber doch erheblich stärker sein wird, als der der übrigen württemb. In« fonterieregimenter. Die Verstärkung des 8. Infanterie-Regiments Nr. 126 hat sich durch die dauernde Zuteilung des Regiments zum 15. A.K. als notwendig erwiesen, da das Regiement dieselben Aus-iabm insbesondere beim Manöver und bet eintrctcnder Mobilmachung zn ersüllen hat, wie jedes der übrigen Infanterieregimente! des 15. Armeekorps. (S. M.)
* Mit Genehmigung der zuständigen Behörde wurde die Ziehung der Lotterie zu Gunsten d s Framukirchenbaues in Eßlingen unwiderruflich auf Dienstag den 29. Dezember 1885 festgesetzt.
* Cannstatt, 29. Okt. Herr Oberamtstier- arzt Reiser hat gestern an einer Kuh eine inte'cssante Operation glücklich ausgeführt. Das Tier hatte ans dem Feld einen Rübenkopf verschluckt, der ihm im Hals stecken blieb. Der Besitzer ergriff seine Peitsche und wollte mit deren Stiel das Rübenstück hinabstoßen, der Stiel aber brach ab und wurde ebenfalls vom Tier hiuabgeschlungen. Herr Reiser rettete nun-