Vorurteil und dieselben wurden rasch in Frank­reich und ganz Europa verbreitet. In diesem Jahre feiern wir also ein doppeltes Jubiläum des beliebten Knollengewächses, dessen Einführ­ung und Verbreitung für die Ernährungsweise unserer Bevölkerung und damit für das ge. samte Culturleben von einschneidender Bedeut­ung gewesen ist.

* Aus Rhein Hessen, 2. Sept., wird ge­schrieben: In Waldülbersheim (Kreis Oppenheim) wurde am verflossenen Sonntag ein grauenhaftes Verbrechen verübt, das auf religiösen Fanatismus zurückzuführen ist. Eine aus 7 Personen bestehende, der Mennonitenge- meinde angehörende Familie, Stallmann mit Namen, hat nämlich in einem ihrer Angehörigen einem Mädchen von 24 Jahren, den Teufel erblickt und, um letzteren auszurotten, das Mäd­chen ermordet und den Leichnam in eine Pfuhl­grube geworfen. Als sie später die Leiche ver­scharren wollten, wurde die ThaL entdeckt. Wie die N. W. Z. und die Landeskrone melden, ist die ganze Familie tu das Irrenhaus gebracht worden.

* Einen Mäusekrieg führen die Landwirte in der Provinz Sachsen. Hinter jedem Pflug gehen die Schulkinder her, schlagen die Mäuse rot und erhalten für je 3 Stück 1 Pfg. Das Geschäft ist trotz des niedrigen Preises ein lohnendes. Ein Knabe erschlug an einem Tage auf dem Rittergute Rimberg bei Halle 370 Mäuse, die andern etwa 70 Stück weniger. Auf der Flur in Seligstadt wurden 20,000 Mäuse getötet. Im Kreise Halberstadt ist den Sperlingen der Tod geschworen. Aus den Amts­kassen wird für jeden getöteten Sperling 2 Pfg. und für jedes Ei 1 Pfennig gezahlt.

Ausland.

* Nachdem vor einigen Tagen 2 Frauen­zimmer zeigten, wie man aus dem Gefängnis in Rorschach entweicht, sahen sich in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag zwei weitere Inhaftierte und zwar diesmal Männlein, ver­anlaßt, das Beispiel nachzuahmen, was auch gelang. Am Donnerstag morgen baumelten die Leintücher am Fenster der betreffenden Zelle, aus welcher die Vögel entflohen waren.

* Monaco. Aus Monaco wird zur Ab­wechselung nicht der Selbstmord eines ausge­plünderten Spielers, sondern eine großartige Unterschlagung gemeldet. Der dortige italieni­sche Konsul, Notar Clerico, wurde wegen Ver­untreuung von 280000 Frank verhaftet.

* (Großer Erdrutsch.) Infolge eines hefti­gen Unwetters löste sich inFontenadoim Veltltn eine Rüfe vom Berge, begrub unter ihrer Last 23 Häuser, riß eine große Anzahl von Bäumen weg und ruinierte eine Boden­fläche im ungefähren Werte von 50000 Lire.

^Brüssel. Die deutsche Regierung hatte bei der belgischen die Auslieferung des aus Barmen flüchtig gewordenen Agenten Spitz beantragt. Spitz stand deshalb dieser Tage

vor dem Appelhofe in Brüssel; nach kurzer Verhandlung wurde seine Auslieferung beschlossen und der Gerichtsbote erhielt vom Präsidenten den Auftrag, Spitz »hinauszuführen- (d. h. iu die Zelle zurückzubringen). Der im Dienste noch nicht bewanderte Bote faßte das aber falsch auf und führte Spitz zum Justizpalast hinaus, wobei er ihm noch auf Befragen den Weg zum Bahnhof wies. Die Versuche, des Durchgebrannten wieder habhaft zu werden, waren bisher erfolglos.

* London. Einer der Redakteure der ,Pall Mall Gazette' ist bekanntlich gleichfalls wegen Mädchenentführung unter Anklage gestellt. Der Fall ist schon vorher in dem Blatte dargestellt Norden; danach haben die betr. Mitarbeiter der .Pall Mall Gazette' lediglich zum Schein, um zu beweisen, daß die von dem Blatte geschil­derten Greuel ohne Mühe jederzeit verübt wer­den können, ein 13jährigss Mädchen durch Ver­mittelung einer Kupplerin von seiner Mutter gekauft, dem Kinde ist aber nichts geschehen, son­dern es ist in sichere Pflege gegeben worden. Wenn die vermutlich gegen die Mutter und die Kupplerin erhobene Anklage auf die Mitarbeiter der ,Pall Mall Gazette' ausgedehnt ist, so scheint dies auf Formalitäten des englischen Gerichts­verfahrens zu beruhen.

* London, 1. Sept. Ein neues Sodoma und Gomorrha! In London leben 70,000 Frauenspersonen von der UeberLrstung des 6. Gebotes. 6000 sind davon unter 16 Jahren.

* (80000 Wahnsinnige) befinden sich in dm Privat- und öffentlichen Asylen Englands, auf je vier bis fünfhundert Einwohner einer! Da­bei sind die vielen Irren gar nicht gerechnet, deren Leiden, weil von den Angehörigen geheim­gehalten. nicht an die O.ffenLlichkeit dringen. Im Jahre 1884 betrug in England die Stei­gerung der Irrenhäusler gegen das Vorjahr 1176 Personen.

* Ein eigentümliches Seetreffen fand dieser Tage an der schottischen Küste statt. Da fast die ganze männliche Bevölkerung von Lewis von der Heimat abwesend ist und dem Herings­fang obliegt, beschlossen die Männer von U tg, sich wiederum der strittigen U g-Jnseln zu be­mächtigen, welche die Crofters als die ihrigen beanspruchen. Zu diesem Zweck fand in vori­ger Woche eine große Versammlung von Grund­beamten, Gilltes und Schäfern aus dem um­liegenden Bezirk statt. Die zurückgebliebenen Weiber und Töchter der Crofters, welche von dem beabsichtigten Angriff Wind bekommen hatten, beriefen schleunigst einen Kriegsrat und beschlos­sen, auf jede Gefahr hin den Eindringlingen zu Wasser und zu Land Widerstand zu leisten. Sie fetzten also eine große Flotte von Segel­booten in Bereitschaft, und als die Angreifer in Sicht kamen, waren sie zur Verteidigung be­reit. Eine jede war mit einem derben Knüttel und einer Schürze voll Steinen bewaffnet. Der Kampf begann etwa eine englische Meile vom Lande und dauerte volle 4 Stunden; aber die

in Weinheim nach Mannheim zu erreichen. Vor dem Zug ««gelangt, stürzte er zusammen und war tot.

* München, 4. Sept. Der »Frk. Ztg.- telegraphiert man: Bei Großheffenlohe fand gestern ein Pistolen-Dnell zwischen zwei Medizi­nern statt. Ein Duellant, ein Münchener, wurde getötet. Der Thäter, etnWürttemberger, stellte sich der Polizei.

* München, 5. Sept. Der im Duell Er­schossene heißt Beisler und ist der Sohn des Bezirksamtmanns aus Neuburg a. d. Donau. Sein Gegner war der Kandidat der Medizin Alfred Denk aus Tuttlingen.

* Würzburg. Als »Vandalen- bezeichnete der Amtsanwalt am Schöffengericht zwei Stu­dierende der hiesigen Hochschule, welche am 24. Februar auf dem Heimwege von Unter­dürr b a ch eine Ruhebank des Verschönerungs­vereins wegriffen und in die Weinberge warfen, Tbüren samt den Kloben aushoben, Zäune eiu- rissen, Weinbergspfähle auszogen und diese Gegenstände ebenfalls auf dem Wege zerstreuten. Sie erhielten je ein Monat Gefängnis.

* Mainz. Noch immer hat die Staatsan­waltschaft keine Aufklärung darüber» wohin die sonstigen menschlichen Körperteile, die an dem aufgefundenen Rumpf bis jetzt noch fehlen, ge­kommen find. Doch deutet alles darauf hin, daß dieselben ebenfalls in den Rhein versenkt wurden; um sich nun darüber Gewißheit zu ver­schaffen, hat die Staatsanwaltschaft einen Taucher kommen lassen und soll nunmehr die ganze Rhein- strecke von Weisenau bis Mainz einer gründ­lichen Untersuchung unterzogen werden.

* (Ein Verlierer gesucht.) Die Polizei-Direkt, zu Straßburg t. E. forscht gegenwärtig nach dem Aufenthalte eines Direktors G. Günther, um demselben ein i« einem dortigen Hotel zu- rückgelassenes Portefeuille mit 1500 Mark zu behändigen. Aus dem Fremdenbuchs des dort am Pariserstaden belesenen Hotel» geht hervor, daß G. im Jahre 1836 geboren, in Berlin heimatberechtigt, aus Karlsruhe kommend, vom 16. bis 18. Juni d. I. dort logiert hat und angeblich nach Freiburg in Baden abgereist isi.

* (Kartoffel-Jubiläum.) Im Jahr 1585, also vor dreihundert Jahren, war es, als Franz Drake die Kartoffeln von Amerika nach Europa brachte. Nur sehr langsam breitete sich die Kultur derselben aus, erst im vorigen Jahr­hundert gewannen fie mehr und mehr Boden und wurden nach und nach in ganz Europa eingeführt. Am 27. August 1785 wurde Par- mentier, der Etnfährer und eifrige Verbreiter der Kartoffeln als Nahrungsmittel, von Lud­wig XVI., König von Frankreich, im Schloß zu Versailles empfangen, wo er demselben einige von ihm selbst cultivierte, damals neuen Knollen- Gewächse nebst Blüten überreichte. Der König steckte die Blumen ins Knopfloch und befahl, daß die Knollen auf seinem Mittagstisch als Gericht aufgetragen werden sollten. Von da an schwand das gegen die Kartoffeln waltende

Der Verschollene.

Roman von Arnold Pauli.

(Fortsetzung.)

Das war eine äußerst auffällige Thatsache, hinter der irgend ein Geheimnis schlummern mußte. Es galt aber die höchste Vorsicht, wenn man hinter dieses Geheimnis kommen wollte. Daß dies geschehen müsse, schien Albert im Augenblick wichtiger, als die Herausgabe des Knaben.

»Und was soll ich meinem Freunde Frank sagend- fragte Albeet nach einer langen Panse.

»Teilen Sie ihm, bitte, meine Bedingung mit,- erwiderte der Oberst. »Ist die Liebe zu dem Knaben und seine Reue aufrichtig, so wird er meiner Ruhe das geforderte Opfer bringen. Ist bei ihm diese Aufrich­tigkeit nicht vorhanden, so wird mir niemand verdenken können, wenn ich das Kind, das sich an mich gewöhnt hat und mir kindlich fromm er­geben ist, zu behalten suche. Und dann noch Eins. Sie find ein Edel­mann und werden sich hoffentlich nicht zur Spionage gegen mich herge­ben, nachdem der Zweck Ihrer Nachforschung sich überraschend schnell er­füllt hat. Hier an demselben Tisch wird morgen ein Abgesandter von mir auf Ihren Bescheid warten. Lehnt Ihr Freund ab, io bin ich mor­gen abend mit dem Kinde auf dem Wege ins Ausland! Adieu, mein Herr!"

Damit erhob sich der Oberst, winkte den Zählkellner herbei und bezahlte denstlben aus einer wohlgefüllten Börse. Dann verließ er das Cafe, bestieg eine Drotschke erster Klaffe und fuhr in dieser, wie Albert durch die hohen Spiegelscheiben bemerken konnte, schnell von dannen.

In Albrrts Kopfe kreuzten sich blitzschnell allerlei Vermutungen und

Pläne. Bedächtig trank er seine Limonade aus und begab sich sodann in seine Wohnung, woselbst er den Freund, den Aufregungen der letzten Tage erlegen, im tiefen Schlafe liegend fand, aus dem derselbe erst spät nachmittags erwachte.

Albert teilte ihm das Erlebte mit, ohne indessen die Bemerkungen daran zu knüpfen, die er im stillen bei sich selber gemacht. Otto zeigte gegen die Erwartung Alberts durchaus nicht die geringste Freude darüber, daß es sobald gelungen war, die Spur seines Sohnes ausfindig zu machen. Es mag daran die Ueberreizung der Nerven die Schuld getra­gen haben, zum Teil aber auch gewiß der Umstand, daß auch Otto so­fort herauswitterte, mit der vom Obersten gestellten Bedingung habe es eine eigene Bewandtnis.

»Mich will er fort haben, der alte Schleicher!- sagte er. »Er wird aber auf keinen Fall gehen, selbst wenn ich in seine Bedingungen nicht willige. Wir müssen Zeit gewinnen. Albert, und ihn sicher machen. Ich werde ihm sagen lassen, daß ich auf seine Bedingung eingehe. Doch werde ich mir ausmachen, daß ich zuvor auf vierzehn Tage zu meinem Vater reife, um mich mit diesem zu versöhnen. -

»Und das möchtest du wirklich, Otto?- fragte Albert freudig.

»Mein Freund, die gegenwärtige Stimmung meines Gemüts erlaubt mir das noch nicht; erst muß ich ruhiger geworden sein. Ich werde irgendwo anders hin reisen, um mich za zerstreuen."

»Dein Reiseziel ist schon im Voraus von mir bestimmt worden,- versetzte Albert. »Ich schrieb meinem Onkel, daß ich dich mit auf sein Gut brächte. Und nun höre mich an. Ich will heute abend noch einige vertraute Freunde mit Aufträgen versehen, daß sie den Obersten, der sich unter einem anderen Namen hier aufhält, beobachten; er muß ihnen be­kannt sein, eben nur nicht unter dem Namm v. Tromski. Morgen mit-