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Stuttgart 10 Paffagiere teilgenommen, darunter zwei Damen. In Cannstatt war Paffagierwechsel, doch befanden sich auch unter den neuen Fahr­gästen Angehörige de« schwachen Geschlechts, ein Beweis de» großen Vertrauens, dar die Zepprlin- schiffe genieße«.

Stuttgart 7. April. (Die Huldigung de« Grafen Zeppelin.) Der heutige Tag stand vollständig im Zeichen der finnigen Huldigungtfahrt de« Beherrschers der Lüfte zur Residenz. Nach einer sternklaren, kalten Mitter­nacht war ein sonniger Morgen angebrochen. Die Prognose für einen großen Festtag war eine günstige und so konnte man schon in den ersten Vormittagsstunden ein geschäftige» Treiben im Bahvhofsviertrl beobachten. Von Stunde zu Stunde wurde der Feflschmuck in den Haupt­verkehrsstraßen imposanter, besonders die KönigS- straße zeichnet sich durch vornehme, geschmackvolle Dekorationen au». Neben den staatlichen Ge­bäuden find e« in erster Linie die große» Warenhäuser, die sich finnungSvoll dem Charakter der Festtage anpasien. Ueberall wehen Fahnen in den württembergischen und schaumburg- lippischen Farben, grüne» Laubgewivde wechselt ab mit Wappen und Emblemen, die Fassade« vieler Häuser find vom Erdboden bi« zum Dach- fiock mit Illumination«körpern versehe», der vornehme Schmuck am Königrbau läßt den klassizistische» Stil de» Gebäudes besonders her­vortreten, das Hotel Marquardt und der Olga- Bau füge» sich wirkungsvoll dem Rahme» de« Schloßplatze» ein. Den ganzen Tag über jage« die Hofwagen durch die Straßen und bringen die zahlreich eintreffenden Gäste de» Königspaare» in ihre Quartiere. Vor 8 Uhr erschien bereit« der König auf dem Bahnsteig, um den Herzog Ernst von Sachsen-Altenburg zu begrüßen. Er sah sehr frisch au» und promenierte elastischen Schritte» den Bahnsteig entlang. Am späteren Vormittag begann sich der Himmel zu bewölken, ein kalter Wind fegte durch die Straßen und ängstliche Gemüter gaben bereit» die Hoffnung aus, dem Grafen Zeppelin zujubel« zu könne«. Inzwischen aber durchquerte da« Luftschiff schon die Luftregionen de» Oberlandes. Immer tapfer ging es dem heftigen Gegenwind entgegen.Ulm überflogen" hieß e» an allen Straßenecken und nun begannen sich schon die Hälse nach allen Wind­richtungen zu recken. Jeder Zug brachte zahl­reiche Fremde hierher und gegen Mittag wim­melten die Straßen und Plätze von einer er­wartungsvollen Menschenmenge. Männer, Frauen und Kinder stürmten auf die Dächer und Kirch­türme, bewaffnet mit Feldstecher« und Photo­graphieapparate». E» schlug 12 Uhr. Jeden Augenblick konnte da» Luftschiff in da« Stutt­garter Tal einschwenke». Die Parade zog auf, da» MufikkorpS de» Gren.-Rgt«.Königin Olga" spielte vor dem Schloß, auf dessen großem Mittel­balkon kostbare Teppiche über die Brüstungen gelegt waren. */» i uhr war vorüber, al« da» Wehe» von Taschentüchern und lebhafte Ge­stikulationen der auf den Dächer» befindlichen Menschen die Ankunft de» Grafen Zeppelin anzeigten. Der König und die Königin traten mit allen Gästen ans den Balkon, «m hier den Huldigungsaft zu beobachten. Unver­wandt schaute alle» zum graue« Himmel empor. Von der Königstraße ging die Fahrt über den Schloßplatz und einen Teil de» Refidenzschloffe». Kurz vor 1 Uhr wurde die sinnige Hochzeitsgabe de» Grafe», ein mit Nelken gefüllter Blumen­korb in Gestalt eine» Fallschirm« de« Lüften anvertraut und der Wind trieb da» einzigartige Hochzeitsangebinde gegen den dem alten Schloß zugekehrten Flügel de» Refidenzschloffe», wo der Fallschirm vor dem Portal am Weiße» Saal von einer weniger zart empfindenden Menge in recht stürmischer Weise in Empfang genommen wurde und nur recht wenig war schließlich von des Grafen Huldigung»gabe übrig geblieben. Ueberall war die Begeisterung groß und die Freude über die erfolgreiche Fahrt aufrichtig. Rasch entschwand da» Luftschiff in der Richtung «ach Cannstatt, um auf dem Wasen um 1 Uhr glatt zu landen. Hier wurde» dem Grafen herz­liche Ovationen dargebracht. Der von einem Schutzmann»aufgebot und Militärmannschafte« in weitem Umkrei» abgesperrte Landungsplatz war

in kurzer Zeit von einer dichten Menschenmenge belagert. Sofort begann man mit Reparatur- arbeiten an den Motoren und um V-3 Uhr trat da» Luftschiff in schneller Fahrt die Weitersahrt nach OoS bei Baden-Baden an. Kurz «ach 2 Uhr trafen im Sonder­zug Großherzog Friedrich und Großherzogin Hilda von Baden hier ein. Der König und die Königin waren zur Begrüßung wieder am Bahnhof erschienen. Die frrundnachbarlichen Beziehungen zwischen Württemberg und Baden fanden in de« Jubelrufen, mit denen da« bad. Fürstenpaar empfangen wurde, beredte« Aus­druck. Die Badischen Herrschaften bewohnen die Oldenburger Zimmer, das eigentliche Kaiser­quartier im Residenzschloß.

Stuttgart 7. April. DieSchwäb. Tagwacht" kommt nochmal» auf die gemeldete parteiamtliche Erklärung zum Königrfeste zurück und modifiziert den schroffen Standpunkt jener Erklärungen:Die offizielle Erklärung des Vor­stands de» Sozialdemokratischen Vereins Stutt­gart gegen den Blumentag wird von der bürger­lichen Presse, voran vomBeobacht er", verdreht zu dem Zweck, die Sozialdemokratie als einen Ausbund von Niedertracht erscheinen zu kaffen. Die Erklärung richtet sich lediglich gegen den Versuch, ein Familienfest zugunsten einer An­schauung, die von einem sehr erheblichen Teil de» Volke» nicht geteilt wird, auszuschlochte». Sie wendet fick weiter gegen die inneren Wider­sprüche, die die Leiter der Veranstaltung bei dieser Gelegenheit an de« Tag legen, und gegen die Auswüchse, die die Blumentage bereits ge­zeitigt haben. Die Erklärung vermeidet jede Aeußerung über die Personen, die ihre Silber­hochzeit begehen. In der Sozialdemokratie weiß man die Personen von der Sache zu trenne». Wie dem einfachste» und ärmsten Staatsbürger, der seine Pflicht erfüllt, und seine Mitmenschen achtet, so wünschen wir auch dem Königspaar an seinem Festtag volle» Wohlergehen auf dem fernere» Lebenswege. Zu politischen Betrach­tungen gibt ei» solcher Familienfesttag eigentlich keinen Anlaß. Da die gegnerische Presse es aber so darstellt, al» sei e» der Sozialdemokratie gerade an diesem Tage um eine demonstrative Mißachtung der bisherigen politischen Ent­scheidungen de» Königs zu tun, so sei festgestellt: Wie der Prinzregent von Bayern, so hat sich auch der König von Württemberg im Gegensatz zu manchem seiner Berufskollegen bisher streng in dem konstitutionellen Rahmen bewegt, den ihm die Verfassung vorzeichnet, er hat in den politischen Kämpfen stet» die Zurückhaltung ge­wahrt, die seiner Stellung entspricht, er hat sich de« Strebe« de» Volke« »ach politischem Fort­schritt nicht widersetzt, sondern angepaßt und bei der Volkrschul- und der Verfaffuvg»reform diese« Streben entschieden gefördert. Da» kan» man anerkennen und braucht deswegen doch nicht dem Treiben orde»»lüsteruer Byzantiner sich stillschweigend zu unterwerfen."

Stuttgart 7. April. (Die Blumen­spende.) Wie verlautet, beabsichtigt da» Komitee für die Landessammlung auf die Silberhochzeit de» Königspaar» bei der Uebergabe der Erträg­nisse de» Blumentage» dem König die Gründung von Heimstätten für arme krüppelhaste Personen zu unterbreiten.

Stuttgart 7. April. (Zwei tödliche Unfälle.) Am Donnerstag früh wurde im Flur eine» Hause» der Kanalstraße in Cannstatt ein Kesselschmied tot aufgefunden. Er war ver­mutlich nachts beim Nachhausekommen die Treppe heruntergestürzt und hiebei so unglücklich ge­fallen, daß der Tod eintrat. Bei der eng­lischen Kirche wollte ferner am Donnerrtag nachmittag ein 10 Jahre alte» Mädchen un­mittelbar hinter einem Straßenbahnwagen, aus dem e» eben ausgestiege« war, über die Straße gehen, wurde hiebei jedoch von einem die Olga­straße abwärts fahrenden Auto angefahren und zu Boden geworfen. E» erlitt hiedurch so schwere Kopfverletzungen, daß e» kurz »ach seiner Verbringung nach dem Karl-Olga-Kranken- hau« starb.

Ellwange« 7. April. (Pressepro­zeß.) Vor dem Schöffengericht kam gestern eia

Prrßprozeß zur Verhandlung. Angrklagt wegen Beleidigung waren Redakteur Sti erlin von Aalen und Journalist Gr ein er von Ellwangen. In zwei Artikeln de» HärtSfelder Boten war dem Ellwanger Gemeinderat zum Vorwurf ge­macht worden, er habe die GaSkeffelaffaire, bei der im November vorigen Jahres wegen Un­vorsichtigkeit de« Gasmeister» der Gaskeffel zu­sammengedrückt worden und der Stadt ein Schaden von über 5600 ^ entstanden war, vertuschen wolle». Ferner sei der Gtmeinderat nicht gegen den GaSmeister vorgegangen, obwohl der Stadtverwaltung schwere Verfehlungen de» GaSmeisterS bekannt waren. Außerdem sei in der Hospitalpflege au» dem Geld der Armen eine Sinekure für den Verwalter geschaffen worden u, a. mehr. Die Verhandlung, die die Haltlosigkeit der Angriffe ergab, endigte mit einem Vergleich, in dem die Angeklagten er­klären, e» habe ihnen fern gelegen, die Neben­kläger, nämlich Stadtschultheiß Ettensprrger und 12 Gcmeinderäte, persönlich an ihrer Ehre an­zugreifen. Sie nehmen etwaige Beleidigungen mit dem Ausdruck de» Bedauerns zurück und tragen die Kosten.

Berlin 7. April. Ein junger Kaufmann, der Sohn eine» sehr angesehenen und begüterten Berliner Geschäftsmannes, ist verhaftet worden, weil er in dem Verdacht steht, aus Lnchlsiny sei» Automobil in Brand gesteckt zu haben, um in den Besitz der Versicherungssumme zu kommen. Der Beihilfe wird ein Chauffeur beschuldigt, der im September vorigen Jahres sein eigenes Automobil in der gleichen Absicht verbrannte.

Berlin 7. April. Aus Newyork wird gemeldet: Der DampferPrinzeß Irene" des Nordd. Lloyd lief vor Newyork im Nebel auf eine Sandbank auf. Der Kapitän versuchte sofort Gegendampf zu geben, jedoch der Dampfer saß schon fest, bevor die Maschinen umgestellt werden konnten. Die Vormittags flut war nicht genügend hoch, um dos Schiff wieder flott zu machen. Trotz der Anstrengung mehrerer Schlep­per blieb das Schiff fest sitze». Die Strandung erfolgte an der Fire-JSlandküste in einer Ent­fernung von 45 Meile» von der Südspitze von Newyork. An Bord brach eine große Panik aus, besonder» unter den 1500 Zwischendcck- passagieren, meist Italienern und Oestreichern. Rettungsgürtel wurde» verteilt und die Boote zum Verlassen des Schiff« fertiggemacht. Nach einer Stunde ruhte der Dampfer mit dem Vor­derteil tief im Sand. Der Seegang war heute früh sehr hoch. E» besteht keine Gefahr, daß da« Schiff vor Ankunft de» Hilfsschlepper» leck werden wird. Die Abschleppung bei Hochflut wird wahrscheinlich erfolgen können. Drahtlose Nachrichten erreichten das Dock von Hobokke». Die Auffindung de» Dampfers ist, solange der Nebel anhält, unmöglich. Der Kapitän Petersen ordnete an, daß die Paffagiere vorläufig an Bord bleibe». Die Kapitäne der Rettungsstation erklärten, daß die Situation nicht unmittelbar gesährlich sei.

Fm-llkirtschistlichtt KeMrvettii» Cslis.

Diejenigen Vieh- und Fohlenbesitzer des Be­zirks Calw, welche ihre Tire auf die Jungvieh, meide in Unterschwandorf OA. Nagold aufzu­treiben beabsichtigen, werden hiemit aufgefordert, die Fohlen bis späteste»» 18. April und die Rinder bis 20. April bei Gutspächter Fahrion aus Hof Dicke Post Stammheim anzumelden.

Bei der Anmeldung ist Alter, Rasse und Farbe anzugeben.

Das Weidegeld beträgt neben 1 Trink­geld für Rinder und 2 ^ für Fohlen für Mit­glieder des landwirtschaftlichen Vereins Calw: s) für ein Rind im Gewicht bis zu 200 kg 34 b) von 201300 . 36

o) 301 350 40 ^

ch » »über 350 45

e) Ijähriges Fohlen.95

k) 2jähriges .110

8) Mhriges .... 120

Nichtmitglieder des landw. Vereins haben pro Rind 5 und pro Fohlen 10 mehr zu bezahlen.

Die Eröffnung der Weide findet voraussicht­lich Ende Mai statt. Der Termin des Austriebs wird den Anmeldenden besonders bekannt gegeben.

Es soll nur zur Zucht geeignetes Vieh auf die Weide gebracht werden.