^ 83 . Amts- «u- AuMgeblatt für dm Oberamtsdyirk Calw. 88. z-hrg»»,.

TrscheinungStage: Montag, Dienstag, »onnerstag, Freitag und Samstag. I t< Pfg. pro Zeile für Stabt u. Bezirksorte; außer

, Mittwoch, nserttonSpreiS Bezirk 1L Pfg.

Samstag» den 8. April 1911.

BezugSpr.i. d.Stadt'/ZLHrl.m. Trägerl. Mk. 1.L5. PvftbezugSpr. frd. Orts- u. Nachbarortsverk. '/ZLHrl. Mk. 1.L0, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellg. in Württ. M Pfg., in Bayern u. Reich 4L Pfg.

Amtliche V«kanntmach«ngen.

Bekanntmachung

Die Maul- uud Klaueuseuche ist avsge- brochen in Schönbronn. Nagold. Ueber die Gemeindemarkung Schönbronn ist Sperre verhängt.

In das Beobachtungsxebiet stad die Gemein­den Effringen und Wtldberg einbezogen und ist das Durchtreiben von Wiederkäuern und Schwei­nen durch diese Orte untersagt.

Calw, den 6. April 1911.

K. Oberamt.

Amtmann Rippmann.

Tagesneuigkeiterr.

Calw 8. April. (Postsache.) Wege» de» heutigen Festes der silbernen Hochzeit Ihrer Majestäten des König» und der Königin wird der Postschalter um5Uhr abend« geschlossen.

Calw 8. April. Der Bericht über den Vor­trag des Hrn. Pfarrer Wagner in der Versamm­lung der Friedensfreunde muß Raummangels halber zurückgestellt werden.

L. Calw 8. April. Gestern abend fand im dicht besetzte« Saal de» Grorgenäum» eine Vor­lesung des Pasfion»sestspiel«KaiphaS und Pilatus" durch den Verfasser Herr» Pfarrer a. D. A. Burk statt. Da» Verständnis de» Stück» wurde dadurch wesentlich erleichtert, daß dank der gütigen Mitwirkung einer hiesiger Damen »nd Hetre« mit verteilten Rolle« gelesen werden konnte. Da» Festspiel führt de» Zuhörern in packende», lebenswahre» Bildern eine Zeit vor Auge», die eine» der bedeutsamsten Wendepunkte in der Entwicklung der Menschheit bildet. Die Ereignisse von damal» find ja bei Alt und Jung im Große« und Ganzen hinlänglich bekannt, be­kannter al» die irgend einer anderen Zeit. Doch steht im Einzelnen die Weltanschauung jener Zeit, der psychologische Zusammenhang der Ereignisse für unsere Zeit in nebelhafter Form. Da» Pasfion»spiel war geeignet, sie un» menschlich näher zu rücken. Da lernen wir in Szene 2 den Hohenrat kenne», an der Spitze den Sad­duzäer Kaipha«, um ihn seine Anhänger «eben den Pharisäern. Alle Schattierungen ziehen da vor dem Auge vorüber von de» mildest gesinnten Pharisäer«, die »eben ihrer starre« GesetzeStreue doch ihre Hoffnungen hegen und ungewiß find, wie sie de» neuen Mann beurteilen sollen bi» zu de« materialistischen Sadduzäern, die in dem Neuerer nur eine Gefahr für ihre Herrlichkeit erblicken und ihn mit blindem Haß zu vernichten suchen. Ein Bild ganz anderer Art führt Szene 5 vor. Aus da» Volk, namentlich die untere» Schichten, hat da» Erscheinen de» großen Manne» ganz anders gewirkt. Mit unbedingtem Ver­trauen hofften diese armen Leute von ihm Er­lösung. Hören wir Christus nicht selbst, so gibt dafür die lebhafte Schilderung de» geheilten Reguel, die noch durch Erinnerungen der Mädchen unterstützt wird, ein solch deutliche» Bild von der Persönlichkeit selbst und von seinem Ein­zug, daß man kaum vermißt, die Hauptperson selbst zu sehen oder zu hören. Dem über­wältigenden Eindruck, den Christus auf seine Umgebung «acht, kann sich (in Szene 6) selbst Juda» nicht entziehen; in dem Augenblick, wo

er schon mit den Juden schachert, wird er fast »och einmal wankend in der Erinnerung an die Augen seines Meister», an seinem liebe­vollen Blick. Da» Bild, da» die Volk«- genofsen nach einander von Christus entwerfen, wird noch vervollständigt durch die römischen Soldaten, die in Szene 7 selbst unter dem Ein­druck stehen, daß sie er mit keinem gewöhnlichen Manne zu tun haben. In wirku«g»vollen Gegensatz zu den von Leidenschaft getriebene« Jude» tritt in diese Szene der blasierte Römer Pilatu», der sich hoch über diese Streitigkeiten erhaben fühlt, der wohl die Ungerechtigkeit der Anklage erkennt, aber seinen Standpunkt doch nicht zu vertreten wagt, al» die Juden ihm da­mit drohen, daß sie ihn um da» Vertraue« seine» Kaiser« bringen werden. So vollzieht sich da» Geschick de» Dulder». I« Kürze führe« »och Szene 8 und 9 die Ereignisse am Grabe vor und der Verfasser dürfte hier in glücklicher Weise die Schwierigkeit überwunden habe», die für jede» Passionsspiel darin liegt, daß dieser letzte Teil an dramatischer Lebhaftigkeit gegen das Vorausgehende wesentlich abfällt. Welche Wirkung da« Festspiel auf die Zuhörer aut- geübt ha), war deutlich zu erkennen. Die feier­liche Stille am Schluß war sprechender al» rauschender Beifall. Dem Verfasser de» Fest­spiel», sowie den mitwirkenden Damen «nd Herren, die durch ihren verständnilvolle» Vor­trag wesentlich zur Wirkung de» Stück» bei­getragen haben, sprach der Vorsitzende de» Georgenäum»rat« den wohlverdienten Dank au».

Auf Grund der im Monat März abgehaltenen Aufnahmeprüfung sind nachstehende Zöglinge in die Lehrerbildungsanstalten in Eßlingen, Nürtingen, Künzelsau, Nagold, Backnang und Denkendorf ausge­nommen worden:

als ordentliche Schüler:

Blaich, Adam, aus Oberweiler, Gem. Aichhalden, OA.Calw, Burkhardt, Karl,ausCalw, Claß, Eugen, aus Gechingen, OA. Calw, Mönch, Lorenz, aus Oberkollwangen, OA. Calw, Reich- ardt. Albert, aus Deckenpfronn, OA. Calw, Straile, Richard, aus Althengstett, OA. Calw; als Hospitanten:

Sattler, Hugo, aus Althengstett, OA. Calw.

L. Lieben zell 7. April. Da» hiesige Fabrikanwesen de» Herrn Privatier K. Dittmar ging dieser Tage mit allen Gebäulichkeiten und Grundstücken durch Kauf auf den bisherige» Pächter Herrn Fabrikant W. Schnurr, Inh. der Firma Schwarzwälder Korkindustrie W. Schnurr hier über. Die Uebernahme ist bereit» erfolgt «nd bleibt damit der Fabrikationrbetrieb de» Herrn Schnurr am hiesigen Platze bestehen, nachdem anscheinend längere Zeit Unterhandlungen wegen Verlegung de» Geschäfte» nach Baden geführt worden find. E» wird die« hier all­gemein begrüßt werde», hauptsächlich weil der Fabrikationsbetrieb de« Herrn Schnurr die Kur­fremden im Sommer in keiner Weise stört oder belästigt.

Neuenbürg 8. April. In Salmbach ist heute nacht V- 3 Uhr da« Gasthau» zur Linde de» Metzger Heinz vollständig niedergebrannt. Die an da» Gasthaus anstoßende Scheune und die in dem Saale de» Gasthauses aufbewahrten Geräte eine» hiesigen Turnverein» find mit- verbraunt. Dem Feuer find auch 5 Schweine

zum Opfer gefallen. Brandstiftung wird ver­mutet.

Freudenstadt 7. April. Von der 80« langen und über 3 m hohen Gartenmauer an der Pfitzer'schen Villa ist ein Stück von 15 m Länge abgestürzt «nd hat erhebliche« Schaden angerichtet. Auch weitere Stücke von der Mauer sind vom Einsturz bedroht. Auf dem Hofgnt Büchenbronn schlug bei dem letzten Gewitter der Blitz ein und betäubte einen Knecht samt zwei Mägde», die aber keine Verletzungen erlitten.

Stuttgart 7. April. (Die große Fahrt de» Luftschiffe»Deutschland".) Al» Graf Zeppelin heute früh 8.25 Uhr mit seinem neuen großen Luftkreuzer die Huldigungs­fahrt nach Stuttgart antrat, waren die Augen von Millionen gespannt auf da» Ergebni» ge­richtet, da» nach den mancherlei Unfällen de« vorigen Jahre» eine neue Probe auf die Leistungsfähigkeit der Zepprlin'schen Luftschiffe bilden sollte. Da» Wetter war keinesweg» günstig. Die meteorologischen Versprechungen wurden nicht erfüllt, sondern bald nach einem klaren Sonnenaufgang «nd der ersehnten Wind­still« trat Trübung, verbunden mit einer stärkere« Luftbewegung Nord-Nordosten ein. Der Flug nahm denn auch zu Beginn über die ober- schwäbische Hochebene einen ziemlich langsamen Verlauf. Zwar wmde 8.55 Uhr schon Ravens­burg erreicht, aber erst um 10 Uhr passierte die Deutschland" Biberach «nd um 11 Uhr Ulm, eine Strecke, die Graf Zeppelin schon insgesamt in wenig mehr al» einer Stunde zurückgrlegt hatte. Der Uebergang über die Alb vollzog sich rascher. Um 11.40 Uhr wurde Gei»lingeu erreicht. Von da ab entwickelte da» Luftschiff ein scharfe« Tempo. 11.55 Uhr zog e» rasch über Göppingen, schwenkte 12.10 Uhr von Plochingen »ach den Fildern ab und stand be­reits 12.20 Uhr über dem Denkstein von Echter­dinge», besten Besuch Graf Zeppelin in einem freundlichen Telegramm an die Zeugen seine» großen Unglück» für 12 Uhr in A«»sicht gestellt hatte. Da« Luftschiff war um 12.45 Uhr über Degerloch, schwebte in den Stuttgarter Talkessel und brachte dem»ig»paare eine ebenso sinnige wie grandiose Huldigung über dem Residenzschlosse dar und landete um 1.10 Uhr in Cannstatt glatt. Auch der weitere Verlauf der heutigen Fahrt war in jeder Beziehung glänzend. 2.40 Uhr wurde die Reise von Cann­statt nach Baden-Baden fortgesetzt und schon 3.10 Uhr bezw. 3.20 Uhr zog der Riesenvogel über Vaihingen a. E. und Pforzheim dahin. Binnen einer Stunde, um 3.40 Uhr, wurde Karlsruhe erreicht und mit derselben, jede« Schnellzug übertreffenden Geschwindigkeit gelangte der Lustkreuzer kurz «ach 4 Uhr über den Flug­platz von Oo», wo um 4.10 Uhr eine glatte Landung erfolgte und 10 Minuten später da» stolze Schiff in seiner Halle geborgen war. Graf Zeppelin war in Stuttgart geblieben. Er hatte die Führung in die Hände von Dr. Eckener gegeben, der auch alle Paffagierfahrten am 8. und 9. April in Baden-Baden, ferner am 10. April die Fahrt nach Frankfurt und weiter nach Düffeldorf leitet. Dort wird da» Luftschiff stationiert und soll im Mai und Juni Zielfahrtea unternehmen. An der heutige« Fahrt hatten bis