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Ur. 93.

Mensteig, Dienstag dm 11. August

1885

2 Eia kalter Wasserstrahl.

Schon zu wiederholten Malen haben wir i die schädigende Wirkung der Hochsommerzeit auf die Zeitungen gekennzeichnet. Daß das Uebel ein allgemeines ist und der Stoffmangel überall gleichmäßig empfunden wird, zeigt neuer­dings wieder ein deutschenhetzender Artikel des Pariser,Temps'.

Dieses Blatt nimmt in der französischen Presse etwa den gleichen Rang ein, wie in Nord- Deutschland die,Vosstsche Zeitung'. Sie ist die politische Lieblingslektüre des behäbigen Mittel- standes, der sogenannten »kleinen Rentiers". Sie ist das politische Orakel dieser Klaffe von Staatsbürgern und hat auf sie einen bedeuten­den Einfluß. Naturgemäß ist die Haltung des .Tewps' auch ganz und gar den Interessen seiner , Leser angepaßt. Er macht stark in Liberalis- ! mus, hütet sich aber daraus energische Folge­rungen zu ziehen; er ist für den Frieden ! nicht etwa um des Friedens willen, sondern

weil durch den Krieg die Renten sinken; er räsonniert gegen die jeweiligen Machthaber, fürchtet aber ihren Sturz, weil jede Staats- i Umwälzung die Kurse zum Weichen bringen

kann; kurzum er redet seinen Lesern gut zu Wunde und erntet dafür deren Dankbarkeit in Form ständiger Abonnements ein.

Diese gute Lage, in der sich das Blatt be- ! findet, schützt dasselbe aber natürlich nicht vor

! den Folgen, denen die gesamte Presse durch die

i Hochsommerzeit ausgesetzt ist. So mag es ge-

^ kommen sein, daß dieses sonst den Frieden

schwärmerisch liebende Blatt einen langen Ar­tikel in seine Spalten ausgenommen hat, dessen Spitze sich gegen Deutschland richtet und der kl der Forderung gipfelt, daß die französische Regierung mehr Kavallerie gegen die deutsche Grenze hin stationieren solle. Man darf über­zeugt sein, daß ein solcher Aufsatz in einem sonst gemäßigten Blatte auch im Winter ein gewisses Aufsehen erregt hätte, aber die Be­deutung hätte er sicher nicht erlangt, die ihm heute beigelegt wird.

Die,Nordd. Allgem. Zeitung', welche als das Sprachrohr des Fürsten Reichskanzlers gilt, hat auf diesen Artikel hin wie man sich aus­drückt eine» kalten Wasserstrahl nach Paris gerichtet. Die Mühe war umsonst; man setzt eines einfachen Schornsteinbrandes halber keine Dampfspritze in Thätigkeit. Aber für die Presse sowohl Deutschlands wie Frankreichs war das ein guter Fund und die Erörterungen über die­sen Vorfall nehmen einen breiten Platz in den Zeitungen ein.

Was zunächst die Wirkungen des »kalten Wasserstrahls" auf die französische Presse be­trifft, so ist davon wenig zu spüren. Nur der ,Temps' selbst zeigt sich etwas betroffen; er sagt, der betr. Artikel, welcher den Zwischen­fall veranlaßt, sei auf Grund einer in Deutsch­land erschienenen militärischen Studie geschrieben und habe nicht den Zweck gehabt, Deutschland zu reizen. Die übrigen Blätter behandeln die Auslassungen des offiziösen Berliner Organs etwas von oben herab und meinen, dieselben seien nicht allzuernst zu nehmen.

* In Deutschland hat der Artikel der Nord­deutschen einen andern Eindruck gemacht, be­sonders die oppositionellen Blätter wittern da­hinter eine Einwirkung zu gunsten der Ver­längerung des MUitär - Septennats. Dafür aber kommen die offiziösen Aeußerungen viel zu früh; denn jene Frage wird erst im nächsten Jahre den Reichstag beschäftigen und so nach­haltig ist die Wirkung jenes Artikels denn doch nicht, daß sie dann noch die Gemüter der Wähler und Abgeordneten beeinflussen könnte.

Immerhin zeigt der entbrannte Federkrieg aber an, wessen wir uns zu gewärtigen haben werden. Schon seit reichlich einem Jahre heißt es, daß unsere Artillerie vermehrt werden solle; nun wird man auch die Kavallerie verstärken wollen. Da wir ferner am 1. Dezember d. I. Volkszählung haben, die zweifellos wieder eine Vermehrung der Seelenzahl in Deutschland er­geben wird und da ein Prozent der Bevölker­ung im stehenden Heere dienen soll, so ist auch eine Vermehrung der Infanterie nicht unwahr­scheinlich. Doch das sind alles noch Fragen der Zukunft; Reichsregierung und Reichstag werden und müssen die Interessen der Steuer­zahler mit denen der Sicherheit des Reiches in Einklang bringen; daran werden weder der Artikel des ,Temps' noch die Auslassungen der ,Nordd. Allgem. Ztg.' etwas ändern.

Sollte je wieder, was wir nicht hoffen, der kriegerische Geist in Frankreich gegen Deutsch­land die Oberhand gewinnen, so wird Deutsch­land ebenso einig und viel besser vorbereitet da­stehen, wie 1870. Aber die Anspielungen auf die »Revanche" werden von französischen Polss tikern meist nur gemacht, um die Masse der Wähler durch ein treffendes Schlagwort zu ködern. Ernstlich ist die Sache aber keineswegs zu nehmen und es wäre deshalb Thorheit, wenn wir uns in Deutschland wegen des,Temps'- Artikels beunruhigt fühlen würden.

Tagespolitik.

Nachdem der eintägige Besuch (s. u.), den das österreichische Kaiserpaar dem Kaiser Wilhelm in Gastein abgestattet, vorüber ist, tauchen allerlei Nachrichten von einem Gegen­besuch in Ischl, einer Zusammenkunft der Kaiser von Oesterreich und Rußland und einem Besuch des Zaren auf deutschem Boden als freundliche Ent­gegnung für die Zusammenkunft in Skierniewice auf. Was daran wahres ist, wird man am sichersten abwarten. Zu bemerken ist noch, daß die Presse Deutschlands und Oesterreichs die Gasteiner Zusammenkunft einstimmig als ein neues und erfreuliches Friedensunterpfand auf­saßt.

Zwischen Deutschland und Oesterreich sollen im Anschluß an die Telegraphen-Konferenz billigere Tarife für den gegenseitigen Verkehr vereinbart werden.

Anstatt der Vermehrung des Eisenbahn- Regiments um ein Bataillon, welche beabsichtigt war, soll zunächst ein Telegraphen-Bataillon ge­bildet werden, das im Falle einer Mobilmach­ung die Stämme zu den verschiedenen Feldtele- graphen-Abteilungen abgeben wird. Dagegen wird der Etat des Eisenbahn-Regiments um die Stärke des jetzigen Ballon-Detachements, zu dem Mannschaften der Infanterie der ganzen Armee abkommandiert sind, im nächsten Militäretat erhöht werden.

Die bekannte Ausweisungsangelegenheit hat insofern eine andere Gestalt angenommen, als die russischen Behörden jetzt die Uebernahme der Ausgewiesenen ablehnen. Diesen Zurück­gewiesenen wird bis auf weiteres der Aufent­halt in der alten Heimat gestattet. In Gali­zien sorgen die Polen ausgiebig für ihre aus Preußen Ausgewieseven und dort anlangenden Landsleute.

Aus Wien wird in Uebereinstimwung mit deutschen Zeitungsnachrichten gemeldet, daß die Zusammenkunft des Fürsten Bismarck mit Kalnoky wahrscheinlich iu Varzin stattfinden werde. Es wird versichert, daß dabei gewisse Ergänzungen zu dem deutsch-österreichischen Bünd­nisse vereinbart werden sollen.

DaS französische Parlament hat nun

auch endlich seine. Pforten geschlossen und so mancher Deputierte wird nicht wieder auf seinen Sessel zurückkehren. Denn das bei den auf den 4. Oktober angesetzten Neuwahlen zum ersteu- male wieder in Anwendung kommende Listen- skrutinium wird manche lokale Größe von der Bildfläche verschwinden lassen. Präsident Grevy wird dieser Tage wieder nach Jura zur Kaninchenjagd reisen und daselbst bis gegen Ende September verweilen. Da die Zusammen­setzung der neuen Kammer auch für die bevor­stehende Neuwahl des Präsidenten der Republik maßgebend ist. will er durch seine Entfernung von Paris auch den Anschein einer Einflußnahme auf die Wahlen seinerseits streng vermeiden.

Ueber den Stand der Zanzibar-Ange­legenheit herrscht noch ziemliches Dunkel; ob nd welche Streitkräfte der deutschen Flotte ort zusammengezogen werden, darüber existieren nur Vermutungen. Die Korvette »Gneisenau" hat verschiedene unter der Herrschaft des Sul­tans von Zanzibar stehende Plätze der Küste zwischen Zanzibar und dem Acguator rekognos­ziert; hiernach scheint das Ansehen und die Macht des Sultans auf dem Festlande nicht bedeutend zu sein.

Großes Aufsehen erregt in Spanien die Wiederaufnahme des im Jahre 1879 wegen mangelnder Beweise Merten Prozesses gegen die Meuchelmörder des Generals Prim, welcher bekanntlich im Dezember 1871, am Vorabende der Ankunft des von ihm geschaffenen Königs Amadeo, von einem Dolchstoße durchbohrt wurde. Die öffentliche Stimme nennt einige der ersten Persönlichkeiten des Landes als Mitschuldige oder Anstifter. Der in Paris weilende repu­blikanische Agitator Angulo ist in dieser Ange­legenheit vor die spanischen Gerichte geladen worden, wird sich aber natürlich hüten zu er­scheinen.

Lasdesvachrichtev.

* Altensteig,10. August. Die letzte Zeit war für uns an Vergnügen reich, denn jeden Sonntag bot sich ein anderer unterhaltender Genuß. Gestern abend war es das Wohl- thättgkeits-Konzert, das zwei Stutt­garter Luftkurgäste, die Herren W. Förstler und H. Blattmacher im Gasthof zur Traube gegeben und das, nach hies. Verhältnissen gerechnet, eine große Anziehungskraft ausgeübt hat. Das Programm bestand in Gesangs-(Solo-) und Klavierstücken berühmter Komponisten. Mendels­sohns Krtegsmarsch aus »Athalia", welcher die Einleitung des Konzerts bildete, wurde meister­haft gespielt. Gleichen Beifall fanden dann die von Herrn Förstler mit Klavierbegleitung gesungenen Lieder: »Nachtstück," »Frühlings­glaube," »Sei mir gegrüßt", Kompositionen von Schubert, und Bendel's »Dornröschen", gespielt von Hrn. Blattmacher. Wir durften »ns nun erfreuen an einer weiteren Kette von Liedern, die durch Wärme und Innigkeit des Ausdrucks, mit der sie gesungen wurden, von der hohen künstlerischen Begabung des Hrn. Förstler einen überraschenden Beweis lieferten und nennen namentlich das eingeschaltete Lied von Brandes: »Das Herz am Rhein", Wall­bachs »Im Walde" und das uns Schwarz- Wälder so packende Abt'sche Lied: »O Schwarz- wald, o Heimat", das mit hinreißender Be­geisterung ausgenommen wurde. Auch Schu­manns »Wanderlied" dürfen wir nicht uner- wähnt lassen. Einen wahren Kunstgenuß bot I. Kückens Polonaise und die ganz charakteristi­schen »spanischen Tänze" von Moszkowski, von den beiden Kouzertgebern trefflich gespielt. Für eine vortreffliche Erheiterung sorgte das Schluß