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vsrr der »8s«M Nagold.
Dreier B'ütt erjck'ewt wöchentlich dreimc>> na! zwar: Dienstag, Donnerstag und Samstag-
Der Akonnen enlSyrei? beträgt mo B srteljahr: in M-ensierg 9>> P.
m QA.-Bezirk 85 Pf.
außerhalb - M'.
Inieratenaufgabe spate- Kens morg. 10 Ur Tage vor dem jeweiligen Erscheinen.
MmSeig, Samstag den 8. August
1885
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Asserate find immer vom besten Erfolg« begleitet und wird die Ein, rstckungsgebühr stet» auf das Billigste berechnet.
Verwendbare Beiträge «erden dankbar angenommen und angemessen honoriert.
Mr. 92.
2 Sommerliche Zeituugsspeise.
Wenn man von Speisen hört, denkt man an die verschiedenen aufzutragenden Gerichte. Die Speisen, die im Sommer von den Zeitungen ihren Lesern vorgesetzt werden, sind zumeist Gerüchte Die Politik ruht, die meisten Staatsmänner find in die Ferien gegangen, in Bäder und in die Sommerfrische; die Parlamente haben ihre Pforten geschloffen, das englische und französische ausgenommen, welche in diesem Jahre eine staunenswerte Ausdauer beweisen. Wahlen stehen nirgend unmittelbar bevor — kurz, wenn man auch alles zusammenfaßt, so kann die politische Tagesausbeute eine nur geringe sein.
Aber die Zeitung ist einmal da und bietet alle Tage so und so viele Spalten leeren Raum, der ausgcfüllt werden mutz. Das ist für die Redakteure großer Blätter nicht eben eine leichte Aufgabe. Der Leser will unterhalten und angeregt werden, dafür bezahlt er sein Abonnement, und so sitzen denn die armen Zeitungsschreiber und sind gezwungen, dasjenige, was ihnen die Wirklichkeit versagt, nämlich interessante Neuigkeiten aus den Fingern zu saugen.
Wie ein erfrischendes Gewitter kommt da z. B. eine Nachricht des .Standards nach welcher am 22. v. Mts. abermals ein Zusammenstoß zwischen Russen und Afghanen stattgefunden habe. Wäre das wahr, so könnten im günstigsten Falle die Verhandlungen zwischen Rußland und England wegen der afghanischen Grenzfrage wieder von neuem angesangen werden. Diese Verhandlungen sind zwar keineswegs interessant und da in denselben so fremdkltngende geographische Namen Vorkommen, so versteht zwar von hundert Lesern kaum einer, um was es sich eigentlich handelt, aber der gähnende leere Raum der Zeitungsspalten wird doch wenigstens gefüllt. Einstweilen ist die Nachricht des .Standard" nur Gerücht und zwar ein solches, das nicht nur keine anderweile Bestätigung gefunden, sondern daß auch bisher keinem andern Menschenkinde zu Ohren g> kommen ist, als dem »Standard'-Berichterstatter. Und «dieser wieder soll sich in Kuchan aufhalten, einem Orte, der weder auf der Landkarte noch in einem geographischen Handbuche zu finden ist.
Da läßt sich doch in Monarchenbegegnungen und Ministerzusammenkünftm ganz anders arbeiten. Zwar hat die bevorstehende Zusammen kunft zwischen den Kaisern von Deutschland und Oesterreich keine besondere politische Bedeutung, da die Intimität zwischen beiden Kaisermächten Nicht gestört ist und der Besuch, den ein Monarch dem andern abstattet, immer nur als ein erfreuliches Zeichen der fortbestehenden guten und freundschaftlichen Beziehungen aufzufaffen ist. Aber dieses vorzeitige Kopfzerbrechen über den an und für sich ziemlich unerheblichen Umstand, ob die Begegnung in Ischl oder in Gastein stattfin- den wird, füllt doch immer so ziemlich eine halbe Zeitungsspalte. Dann läßt man den Blick vorwärtsgleiten und bereitet in Reichsstadt eine Dreikatserzusammenkunst vor. Der Palast daselbst wird schon dazu in Stand gesetzt. Leider, schreibt ein anderes Blatt, kann Kaiser Wilhelm nicht kommen, die Aerzte erlauben es nicht. Das dritte Blatt bestätigt das, weiß aber aus guter Quelle, daß der Kronprinz seinen kaiserlichen Vater vertreten werde. Unsinn! sagt das vierte Blatt, bei solchen Gelegenheiten würde «ine Vertretung dem bestehenden Zeremoniell widerstreiten. Und so geht es mit Grazie weiter.
Die Meldung, daß Fürst Bismarck und Graf Kalnokh in der nächsten Zeit Zusammen
treffen, der übrigens offiziös widersprochen wurde, steht heute auf dem Standpunkte, die Zusammenkunft der beiden Staatsmänner werde stattfinden. Ob die Nachricht begründet ist oder nicht, thut dazu nichts; die Presse nimmt sie allgemein als wahr an und da? genügt. Nun ist aber unter den leitxüden Preßorganen ein ziemlich heftiger Meinungsstreit darüber entbrannt, was die beiden' Herren wohl zu verhandeln hätten; die einen glauben, es handle sich um ein deutsch-österrelchisch-ungarisches Zollbündnis, von der andern Seite wird diese Annahme als purer Wahnsinn bezeichnet und beide haben natürlich Recht oder Unrecht, ganz wie man will.
Aus dem großen Material, an welches sich die Gerüchte klammern, haben wir nur einiges herausgegriffen. Eine kleinere Zeitung, die ge- wissenhaft redigiert ist und die sich der Natur der Sache nach auf das Referieren beschränken muß, kann gar nicht vorsichtig genug sein in bezug auf die unglaublichen Neuigkeiten, die unter dem Zeichen der sauren Gurke in die Welt gesetzt werden. Seit einigen Jahren schon ist allerdings die Seeschla^ge aus den sommerlichen Zeitungsspaltcn verschwunden; das arme Tier mutz sich selber recht lächerlich vorgekommen sein und taucht nun lieber gar nicht mehr auf. Aber es kann auch getrost der wohlverdienten Ruhe pflegen, denn es hat Nachfolger in allerlei Gestaltung gefunden. Die! unglaublichsten Dinge passieren im Sommer — aus dem Papier. Erfindungen werden gemacht, meistens in Amerika, die leider nur in der Hitze leben können, und von denen man sich zu sprechen schämt, sobald der Herbst hsranrückt.
Aber man muß Gnade für Recht ergehen lassen — eine hübsche Dichtung ist meist besser, als eine brutale Wahrheit und die den Zeitungen so unbequeme Zeit der sauren Gurke ist bald vorüber.
Tagespolitik.
— Das Präsidium des Württ. Kriegerbundes erließ im vorigen Monat eine Bekannt- machung dahin, daß dem vor zwei Jahren ergangenen Aufruf an dis Vereine zu freiwilliger sanitätlicher Dienst-Leistung für den Kriegsfall aus 93 Vereinen 880 Kameraden Folge gegeben haben. Im vorigen Frühjahr konnte unter Mitwirkung des Sanitätsvereins ''die Aufstellung und Ausbildung von Krankenträgerkolonnen in Angriff genommen werden. Stuttgart - B^rg, Ludwigsburg, Ravensburg haben den Uebungs- kurs vollständig durchgemacht. Bis jetzt sind 172 Mann vollständig ausgebildet. Bayern, 'Baden, Hessen besitzen seit einer Reihe von Jahren uniformierte freiwillige Krankenträgerkorps, daher auch unser Vaterland hinter diesen Leistungen nicht Zurückbleiben darf. Mögen sich in allen größeren Städten des Landes bürgerlich unbescholtene Männer diesem Sanitätsdienst bereitwilligst unterziehen!
— Für die ungarischen Steuerzahler beginnt jetzt eine schwere Zeit. Kaum ist die diesjährige Ernte geborgen, so klopfen bereits die Steuer - Exekutoren an die Thüren der armen Landleute, um ihnen das bißchen Getreide, das sie zu ihrem täglichen Lebensunterhalt brauchen, vor der Nase wegzunehmen. Der Finanzminister hat seine Anordnungen dahin getroffen, daß bet der Beitreibung der rückständigen Steuern mit aller Strenge verfahren und zu dem Zwecke militärische Hilfe iu Anspruch genommen werden soll. Von dem Umfang der Exekutionen kann man sich ein Bild machen, wenn man erfährt, daß sich die Unkosten dieser Steuereinziehungen auf 2 Millionen Gulden belaufen werden.
— Vom Kriegsschauplätze in An am meldet General Courcy nach Paris, daß wieder mehrere Mandarinen gefangen genommen worden se'en und daß das Land sich immer mehr beruhige. — Als Gegenstück weiß der,Temps" zu berichten, daß der Gesundheitszustand der französischen Truppen in Ostasien ein äußerst bedenklicher sei. Das Blatt erklärt es für unumgänglich nötig, daß alle Truppen, die seit 18 Monaten in Tonkin stehen, zurückberufen und durch neue ersetzt werden.
— Die belgische Regierung soll bereit sein, einen Kostenzuschuß zur deutschen Dampfersub- vention zu leisten, wenn Antwerpen zum Anlaufhafen gemacht wird. (Es war Vlisfingen in Holland dazu ausersehen worden.)
— Eine grobe Jnsultierung des Königs von Dänemark ist am 29. v. M. durch der sozialdemokratischen Part-i angehörende flrikende Elsenbaynarbeiter verübt worden. Als dieselben von einem i.> die Umgegend unternommenen Ausfluge zurückkehrten, stellten sie sich dem Wagen deS Königs entgegen und ließen dem Landesfürsten, anstatt ihm die schuldige Hochachtung zu bezeigen, ihre roten Fahnen ent- gegenwehen, wobei sie brüllende Rufe: „Nieder mit Estrup l" ausstießen. Der Kutscher mußte «mkehren und auf einem Seitenwege nach dem Palast fahren. Die dänischen Gesetze find gegen derartige Ausschreitungen machtlos.
Lavdesnachrichteu.
* Reutlingen, 3 August. Gestern wurde das von Gustav Werner errichtete Asyl für Kranke, Altersschwache und Gebrechliche aus seinen verschiedenen Anstalten eingeweiht. Milde Gaben von Hoch und Nieder, vom Ausland und Inland haben dieses Werk der Barmherzigkeit ermöglicht; was noch mangelt, wird die christliche CaritaS zuzuschießen wissen. Gegen 4 Uhr nachmittags sammelte sich eine zahlreiche Menge von Freunden und Angehörigen der Wernerschen Anstalten. Erst die Schüler der Anstalt, daun der Hausvater selbst mit den Festgästen; die Arbeiter und Hausgenossen schloßen den Festzug, der sich zum verschlossenen Aiyle hinbewegte. Dort angekommen, stimmten die Kinder ein Lied an, während G. Werner vortral und ein gebrechliches, von ihm aufgenommenes Kind als ersten Kranken in das sich öffnende Haus binein- trug. Durch das Gebäude hindurch ging es nun in den Obstgarten. Dort wechselten fromme Gesänge, Sprüche und Reden ab. In ergreifenden Worten gab Werner einen Rückblick auf seine 45jährigeThäiigkeit in Reutlingen zu Gunsten der Verirrten, der verwahrlosten Kinder, und mit dem Zweck, dieselben an nützliche Thätig- keit zu gewöhnen, vor dem Bösen zu bewahren, die Erwachsenen in der Gemeinschaft Christi zu vereinen. Kranke und Gebrechliche zu versorgen und vom Nebel Leidens und der Seele zu heilen. Jedem gelte Jesu Wort: Gehet hin und arbeitet in meinem Weinberg; die Ernte ist groß, der Arbeiter wenig! Er schloß mit Worten des Segens über die Stadt und die Mitarbeiter am Bau, des Segens über König und Vaterland, Kaiser und Reich. „Gustav Werner"", sprach ein Heimkehrender, „hat den richtigen Weg zur Heilung unsrer sozialen Schäden gefunden! Möchte sein Beispiel noch um» faffendere Nachahmung finden, als bisher!""
* (Die Rechnung ohne den Wirt,) schreibt die „W. L.,* haben die Ca unflotter Schützen, wie es scheint, beim Landesschießen gemacht. Während desselben war allgemein die Ansicht verbreitet, daß die Ausgaben gegen die Einnahmen gedeckt seien, auch noch ein erklecklicher