AS 79,

Amts- Md Alyeigeblatt für dm Obrramtsdtzirk Calw.

86. ZahrgaW

Erscheinungstaqe,' Montag, Dienstag, Mittwocb, Donnerstag. Freitag und Samstag. JnsertionsprerS 1- Pfg. pro Zeile für Stadt u. BezirkSorre; außer Bezirk 12 Pfg.

^ -

Dienstag, den 4. April Ml.

- -- - -

Bezugspr.i.d.Stadtl/ 4 jährl.m. Trägerl.Mk. 1.25. PostbezugSpr. r.d.Or1S-u.Nachbarortsverk. V^ährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellg. in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42Pfg.

Amtliche Bekannt«,,achnngett.

K. Oberamt Calw.

Die Gemeindebehörden weiden darauf auf­merksam gemacht, daß im Verlage von W Kohl- Hammer in Stuttgart das Jnstrnltionsbnch für die württ. Feuerwehren in neuer Auflage zum Preis von 1 80 erschienen ist. Das Büchlein

ist in jeder Buchhandlung zu haben; etwaige Be­stellungen wollen diese« übermittelt werden.

Den 3. April 1911.

Reg-Rat. Binder.

Bekanntmachung,

betr. die Maul- und Klauenseuche in Gechingr».

Nachdem sich die Seuche in Gechingen rasch weiter verbreitet und gefährlich auftritt, wird auf Grund des 8 61 der Bundesrats-Jnstr. zum Reichs- " viehseuchengesttz folgendes verfügt:

1) Die verseuchten Stallungen bleiben in der an- geordnrten Weise gesperrt.

2) DaS Durchtreibeu von Wiederkäuern und Schweine« durch die Feidmarknng der Ge­meinde Gechingen ist verboten.

Von den Besitzern seuchenfreier Stallungen in Gechingen kann die Markung befahren werden; das Fahren außerhalb der Markung ist verboten, desgleichen ist verboten das Be» fahren der Markung mit Vieh aus benach­barten O^en.

Den Mehrsitzern in den verseuchten Gemeinden wird wiederholt dringend nahegelegt, ihre Stallungen vorsorglich zu desinficieren und fremden Personen, insbesondere Händlern und Metzgern, den Zutritt in die Stallung zu versagen.

Die in Betracht kommenden OrtSpolizei- behördea werden veranlaßt, diese Verfügung in den Gemeinden bekannt zu geben.

Calw, den 3. April 1911.

K. Oberamt.

Amtmann Rippmann.

K. Oberami Calw.

Bekarmtrrmchrmg.

Diejenigen Gemeinden, welche um einen Staaisvertrag zu den Kosten des Schneebahnens auf den Staatsstraßen, sowie auf Nachbarschafts­straßen mit Personenpostverkehr im Winter 1910/11 nachsucheu wollen, haben die Kosten nach dem im Amtsblatt des K. Ministeriums des Innern von 1901 S. 143 abgedruckten Muster zu verzeichnen und das Verzeichnis bis spätestens 20. April d. Js. dem Oberamt vorzulegen.

Formulare können vom Oberamt bezogen werden.

Dm 3. April 1911.

Reg.-Rat Binder.

Tagesueuigkeiteu.

ßj Calw. Bei dem in de» letzte« Tagen vor der König!. Prüfungskommission für Eiuj - Freiwillige in Stuttgart stattgehabten Termin haben wiederum sämtliche Kandidaten der NeuenHandelsschnledas Examen bestanden.

Stuttgart 3. April. Zur Feier der silbernen Hochzeit des Königspaares werden außer dem bad. Großherzogtpaar und Prinz Johann Georg von Sachsen die Geschwister der Königin, die fürstlich Wied'schen Herrschaften, sowie der Erbprinz von Schaumburg-Lippe hier erwartet. Der Großherzog und die Großherzogin von Baden werden die Oldenburger Zimmer im Schloß bewohnen, der Erbprinz zu Schaumburg- Lippe die französischen Kaiserzimmer. Prinz Johann Georg von Sachsen, der schon morgen hier eintrifft, wird im Kronprinzenpalais Wohnung nehmen.

Stuttgart 3. April. Oberbürgermeister a. D. von Gauß wurde gestern Vormittag vom König in Audienz empfangen. Der König ver­

lieh dem scheidenden Oberbürgermeister das Kommentmkrenz des Ordens der Württembergi- schen Krone. Bis zur Neubesetzung der Stutt­garter Stadtschultheißenstelle ist von den bürger­liche» Kollegien Bürgermeister Dr. Rettich zum Amtsverweser bestellt worden.

Stuttgart 2. April. Anläßlich de» 90. Geburtstages des Prinzregeuten Luitpold von Bayer« hat Graf v. Zeppelin die Krone zur Kgl. Bayer. Prinzregent Luitpold-Medaille in Gold erhalte».

Stuttgart 3. April. Von der »«längst von der Stadt beschlossenen Gehaltsaufbesserung für die städtische« Beamten sind die Beamten und Unterbeamten des Polizeidienste» vorläufig nicht betroffen worden und zwar deshalb, weil man glaubt, keine definitive Regelung treffe» zu können bis da» Schicksal der städtischen Polizei, die ja nach Ansicht der Regierung verstaatlicht werde« sollte, entschiede» ist. Sollte die Ver­staatlichung nicht zustande kommen, so werde» die Polizeibeamte« ihre Aufbesserung mit Rück­wirkung bis zum 1. Januar 1911 erhalten.

Stuttgart 3. April. (Der Frühling.) Heute morgen ist mit der Ausschmückung des Schloßplatzes durch die herrliche« Palmen und große Blattpflanze« begonnen worden. Hoffent­lich richten die drei gefürchteten Wetterheilige», die vor der Türe stehen, keine» Schaden an.

Stuttgart 3. April. (Strafkammer.) Ein Wirt von Tamm war wegen Vergehens gegen das Weingesetz angeklagt. Er hatte im Herbst v. I. einem Quantum gezuckerten neue» Tammer Wein ei« Quantum Tirolerwei« zu- grsetzt. Der Angeklagte behauptete, daß er den Tirolerwein erst beigemischt habe, nachdem der gezuckerte Tammerwein bereit» vergoren gehab -- - - t

Die Aßmwms.

Roman von Courths-Mahler.

(Fortsetzung.)

Georg Aßmann plauderte liebenswürdig mit allen und quittierte mit selbstgefälligem Lächeln über all die heißen oder schmachteuden Blicke, die ihn trafen. Die jungen Damen zeichnete« ihn sehr aus, den« er war nicht nur einschöner Mann", sondern vor allem auch eine begehrens­werte Partie.

Drüben am Fenster stand Hauptman« Netzschkau mit seiner jungen Frau, einer schlanken, ätherischen blonden Erscheinung. Die beide» plauderte» mit Leutnant von Bühren, vor dem vorsichtige Mütter ihre Töchter warnte». Dens so hübsch und liebenswürdig er war, so tüchtig im Dienst und beliebt bei seinen Vorgesetzten er hatte eine» große« Fehler er war arm sehr arm und bekam seine sehr knappe Zulage von einer Schwester seiner Mutter, die diese Zulage nur mit große« Opfern ermöglichte. Seine Eltern waren beide schon tot. Bühren war mit Georg befreundet, das heißt, er hatte ihn schon einige Male mit einer kleinen Anleihe bedacht. Der junge Offizier wußte trotz aller Spar­samkeit nicht, wie er mit seiner lächerlich kleinen Zulage auskommen sollte und hatte in seiner Bedrängnis Georg verschiedene Male um eine kleine Summen gebeten. I» Kleinigkeiten war Georg Aßman« groß. Bi« zu hundert Mark ließ er es kommen darüber hinaus nicht. Er hatte seine Grundsätze. Und Bühren wußte das und blieb bescheiden. Er hatte sich auch nun beinahe an dieArmeleutnantsmisere" gewöhnt, die sei» Schicksal war.

Bei den jungen Damen war Bühren trotz de« Mahnrufen der Mütter sehr beliebt. Sein gutherziges, bescheidene» Wese», sein trotz

aller Sorge« heitere« Naturell nahm sie für ihn ein. Und er war ei» sehr schneidiger, flotter Tänzer.

Bettina stand bei den jungen Damen, mit denen sie herzlich wenig anzufange» wußte. Ihre Welt lag so weit ab von diesem lebenslustigen gedankenlose» Treiben der andern. Sie wußte nicht mitzuspreche» von Flirt, Tennis, Eissport, Bällen und Theater. Und die gehaltvolle, ernste Lektüre, die sie mit Großtanting trieb, war den jungen Dame« unbekannt. Also konnte sie auch darüber nicht mit ihnen spreche«.

Außerdem wußten all die jungen Mädchen, daß Bettina hier im Hause sozusagen da» Gnadenbrot und sahen mit einer gewissen mit­leidig herablassenden Duldung auf sie herab. Sie betrachteten sie nicht alt gleichberechtigt. Georg hätte da» sehr leicht ändern können. Bei seiner Beliebtheit in Damenkreisen hätte er seiner Base, wenn er gewollt hätte, sehr leicht eine andere Stellung in der Gesellschaft schaffen könne«. Sie war ihm jedoch nur eine sehr untergeordnete Persönlichkeit und er ließ da» so deutlich durchblicken, daß man sich nicht die Mühe nahm, sich viel mit ihr zu beschäftigen.

Bettina» Augen suchten immerfort Großtanting. Diese hatte einige alte Freunde begrüßt und ging eben quer durch de« Saal. Dabei ent­fiel ihr der seidene Schal, den sie um die Schulter» trug. Bettina lief hinüber, ihn aufzuheben, froh einen Grund zu haben, sich ihr zu näher». Zugleich mit ihr langte Leutnant Bühren bei der alte» Dame an. Gleich­zeitig bückten sie sich «ach dem Schal und lachten sich an, als sie ihn zu­sammen aufhoben. Großtanting lachte mit und dankte den beide» jungen Leuten. Bühren bat sich bei dieser Gelegenheit Bettinas Tanzkarte an» und unterhielt sich sehr nett »nd artig mit ihr. Dan» wurde er von einem älteren Herrn angesprochen und mit fortgeführt. Bettina hing sich an GroßtantingS Arm.

Gottlob daß ich wieder bei dir bin, Großtanting. Ganz beklommen ist mir unter all den fremden Menschen. Laß mich bei dir bleibe», ja."