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Stuttgart 27. März. (Telephonteil­nehmerverzeichnis.) Da» Verzeichnis der Telephonteiler für das Jahr 1911 ist heute im Druck erschienen. Es unterscheidet sich von seinem Vorgänger durch ein anderes Format und durch die Aufführung der Abonnenten in drei Spalten auf einer Seite, wodurch da» Buch handlicher geworden ist, ohne an Ueberfichtlichkeit zu ver­lieren.

Stuttgart 25. März. (Die Verkehrs­gefährlichkeit de» Automobils) Das Ministerium de« Innern hat an die Oberämter und die Ortipol'zeibehördkN einen Erlaß be­treffend statistische Erhebungen über die beim Betriebe von Kraftfahrzeuge» vorkommenden schädigende» Ereignisse gerichtet.

Schwaigern, OA. Brackenheim, 27. März. (Autom obilunfal!) Am Samktag nachmit­tag ist ein von Karlsruhe kommendes Automobil im Walde zwischen Gemmingrn und Schwaigern in Brand geraten und bis auf das Eisengestell verbrannt. Die Insassen wurde« noch rechtzeitig auf die ihnen drohende Gefahr aufmerksam ge­macht und konnten sich in Sicherheit bringen.

Pforzheim 27. März. (Rohe Men­schen.) Am Samktag abend geriet beim Karten­spiel der 30jährige Taglöhner Anton Nothweiler mit seinem Kollegen Gottlieb Holzwarth in Streit, in dessen Verlauf Nothweiler den Holz­warth des Falschspiels bezichtigte, worauf dieser 15 Pfennige, die er dem Nothweiler vorher ge­liehen hatte, zurück verlangte. Darüber geriet Nothweiler derart in Aufregung, daß er nach dem Messer griff und dem Holzwarrb einen Stich in den Leib versetzte, daß ein Stück Darm hrrvor- trat und Holzwarth schwer verletzt ins Kranken­haus gebracht werden mußte. Bei der Gegen­wehr erhielt Holzwarth außerdem eine Schnitt­wunde an der rechten Oberhand. Der Täter wurde verhaftet.

Eine Frage, die Jeden avgeht.

Bei der Beratung des Etat« für das Reichs- ami des Innern wurde dieser Tage im Reichs­tag die Frage der Bekämpfung der Tuber­kulose aufgeworfen und konnte vom Staats­sekretär Dr. Delbrück im allgemeinen in erfreu­licher und zufriedenstellender Weise beantwortet werden. Man blickt gewiß auf einige Erfolge bereits zurück; dar macht indessen die Forderung, daß immer noch mehr geschehen müsse, nicht überflüssig. Denn wir haben e» da mit einer Kampfarbeit zu tun, bei der nicht leicht ein Zu­viel geschehen kann und bei der sich ei» ernster und allgemeiner Kampf wirklich lohnt. Und wir haben e» da mit einer Aufgabe zu tun, die nicht nur das Reich und die Bundesstaaten, sondern ebenso die Kommunen und jeden einzel­nen Bürger angeht. Denn die Maßnahmen der Behörden können gerade in der Bekämpfung der Lungenschwindsucht al» einer Volksseuche nur dann von Erfolg sein, wenn jeder einzelne an seinem Teil mitarbeitet, wenn er die Augen offen hält, in seiner Umgebung auftreteude Fälle von Lungenschwindsucht frühzeitig beachtet und frühzeitig auf Abhilfe drängt, wenn er dafür sorgt, daß sein eigener Körper und der seiner Angehörigen gestählt wird und daß er vermeid­baren Gesundheitsschädigungen aus dem Wege geht. Je früher eine Tuberkulosegefahr erkannt wird, umso leichter ist der betreffende Kranke noch zu retten, und je sorgfältiger man die Be­obachtung der elementarsten hygienischen Vor­schriften pflegt, umso sicherer kann man sich selbst vor Uebertragung schützen. Im Anfang ist die Erkrankung noch verhältnismäßig gutartig und führt leicht zum Erfolg, wenn man die vorhan­denen Einrichtungen benützt. I» allen Bundes­staaten existiert eine Fülle solcher Einrichtungen. Für erwachsene Lungenkranke sind im deuischen Reich 99 Volksheilstätten mit 11066 Betten in Betrieb, dazu kommen noch 13 079 Betten in Privatanstaltev. Bei einem durchschnittlichen Aufenthalt von drei Monaten, der im Anfangs­stadium schon Wunder wirkt, können also 52000 Kranke in Heilstätten behandelt werden. ES gibt ferner 92 Walderholungsstätten und 9024 Bet­

ten in 97 Anstalten für Kinder. Für Lungen­kranke im vorgeschrittene» Stadium gibt es 25 Pflegeheime. Ferner bestehen 224 Aus­kunft«- und Fürsorgestellen im deutschen Reich, von denen man jederzeit unentgeltlich Rat er­holen kann, abgesehen von den sehr zahlreichen Tuberkuloseausschüffen in Baden.

Blickt man auf die Erfolge, so dürfen diese in der Tat schon al» recht ermutigend be­zeichnet werden. An Tuberkulose (Lungen­schwindsucht und andere tuberkulöse Krankheiten) starben auf je 100000 Einwohner im Jahre 1905: 222,6, 1906: 202,7, 1907: 197,7, 1908: 192,5. Die Landesversicherungsanstalten ließen seit 1895 23000 Tuberkulose behandeln und wendeten dafür etwa 99 Millionen Mark auf. Im Jahre 1908 belief sich der Heilerfolg auf 81 7 °, 1909 auf 83 7 ».

Man sieht also, daß sich die Mühen und Aufwendungen sehr wohl lohnen. Wenn man nun betont hat, daß der Betrag, den da» Reich direkt für die Tuberkulosebekämpfung aufwrndet es sind jährlich 120 000 ^ zu niedrig ist, so ist dem, wie auch der Staatssekretär Del­brück im Reichstag bereits hervorhob, entgegen­zuhalten, daß hier nicht lediglich Aufgabe» des Reiche» liegen. Die Einzelstaaten und die Ge­meinden haben hier a« ihrem Teile mitzuwirkrn, und es geschieht dies ja auch. Man braucht nar beispielsweise auf de» preußischen Ministerial- erloß vom 23. September 1909 oder de» würt- tembergifchen Ministerialerlaß vom 10. Juli 1909 hinzuweise«. Beide Erlaffe äußern sich mit Recht dahin, daß gerade in dem Kampf gegen die Tuberkulose mit der Betonung und Ergreif­ung einer einzelnen Maßnahme nicht auszvkom- men sei. Neben der Absonderung vorgeschrit­tener Krankheitsfälle- in Krankenhäuser» und der Unterbringung besserungsfähiger Kranker in Pflegeheimen, Heilstätten u?w. muß die Einrich­tung der Auskunft»- und Fürsorgrstellen geför­dert und viel benutzt werden, muß die Gemeinde den Derinfcktwnszwang bei Wohnungswechsel Tuberkulöser einführe» und müssen von staat­licher wie kommunaler Seite die privaten Wohl- tätigkeitSvereine für den Kampf interessiert und die Aufklärung mit alle» Mittel« in» Volk ge­tragen werden. Durch den württembergischen Erlaß wurden die Obrrämter und OberamtS- physikaie angewiesen, die Bezirkswohltätigkeit»- vrreine für die Frage zu interessieren und all­jährlich an das Ministerium zu berichten, was in ihren Bezirken auf dem Gebiete der Tuber­kulosebekämpfung geschehe« sei.

In diesem Zusammenhang verdient aber eine neue, sehr nachahmenswer e Einrichtung der LandrsversicherungSanstalt Rheinprovinz Erwäh­nung, da diese gerade für die vorbeugende Tuberkulosebekämpfung gangbare und erfolgver­sprechende Wege weist. Die Versicherungsanstalt hat die Schaffung von Landkreis-, Auskunftr­und Fürsorgeorganisationen in dis Wege geleitet, die eine Zusammenfassung aller vorhandenen Kräfte bedeutet, nämlich Gemeinden, Kranken­kassen, Versicherungsanstalt und Aerzte mit de» örtlichen Pflegefürsorgestellen und Pflrgeschwestern zu einer einheitliche» Organisation verbindet. So werden nicht nur die Koste« herabgesetzt, sondern es erscheint die» auch als da» einzige System, da» Gewähr dafür bietet, daß alle Tu­berkulosekranke» au» den verschiedenen Schichten der Bevölkerung möglichst früh ermittelt werden, was die erste und wichtigste Aufgabe, jeder Tuberkulosebekämpfung ist und allein Aussicht auf Heilung des Einzelne» gibt. Auf diese Weise ist die frühzeitige Ergreifung der erforder­lichen Maßnahmen gewährleistet und die ständige Wohnungipflege tritt dadurch in den Vorder­grund. Denn die Wohnungsfürsorge und da­mit im Zusammenhang die Frage der weiträu­mige» Stadlbebauung und dergleichen, ist einer der allerwichtizst-n Faktoren bci der Bekämpfung der Tuberkulose. Man hat jüngst nachgewiesen, daß in den Orten oder Städten, die die meisten freien Plätze habe», die Anzahl der Tuberku­loseerkrankungen die niedrigste ist und umgekehrt, und daß, je kleiner und dichter bewohnt eine Wohnung ist, also je weniger Luftraum auf den einzelnen Bewohner kommt, auch unweigerlich und ebensoviel die Gefahr und ErkrankungSziffer

größer ist. Hier liegen wichtige Aufgaben der Gemeinden, eine Wohnungspolitik zu treiben, die im Kampfe gegen die Tuberkulose besiehe« kann, und es wird immer ein Ehrentitel für eine Gemeindeverwaltung bleiben, wenn sie eine recht niedrige Sterbe- und Erkrankungsziffer an Lungenschwindsucht aufweist. Hier auf» neue energische Maßnahme» zu wecke», dazu möge die Besprechung der Frage im Reichstag wiederum das ihrige beitragen.

Vermischtes.

(Der neue Hundertmarkschein.) Diesen neuen Geldschein glossiert die Kw.-Korr. i« der folgenden Weise: Wa» verlangte die Sache? Ersten«: Sicherung gegen Nachahmung. Bei welcher Einfachheit sich die erreichen läßt, da» bezeugen die englischen Banknote». Zwei­ten»: graphischen Stil. Klarlegung dem erste» Blick: diese» Stück Papier ist eine Reich»bank- «ote zu 100 Da» Mittel dazu ist die Schrift, wie z. B. wiederum die englischen Noten sich auf die Schrift beschränken. Die Schrift ist deutlich, schön, übersichtlich zusammengefaßt. Wir haben ja gerade in der Schriftkunst sehr große Fortschritte gemacht. Will man aber wirk­lich ein Bild mitgeben: Trennung de» Bilde» von der Schrift, damit in ungestörter Einfach­heit nun auch da» Bild als Bild wirkte und die Schrift «nglstört al» Schrift. Die neuen Reichs­bankscheine haben ein Bild. Eichenwald an an einem Strand, an dem Kriegsschiffe vorbei- fahren. Neben den Bäumen sitzt, »«kenntlich worauf und unkenntlich wovor, eine Germania, naL Gestalt und Tracht Nachbars Liese, wenn sie sich gelegentlich ihrer Mitwirkung im Wer- ningschen Festspiel im Kostüm photographieren läßt. Link» ein Haufen Embleme au» dem Fund»» des gleichen patriotischen Bühnenunter­nehme«». Mitten über dieser Bild weg ist ge­drucktEin Hundert Mark", sogar mit dem Punkt dahinter. Außerdem hat» an nicht weniger als 6 Stellen Zahlen. Und eine Umrahmung von einer bimmelnde» Kleinigkeit, daß ein tüch­tiger Kunstgcwerbelehrer dem Jungen aufrichtigst abraten würde, der da» bei der Aufnahmeprüf­ung vorwiese. Die andere Seite soll, glaub ich,graphisch" sein, wenigsten» in der Mitte. Jede Zeile Schrift anders, und alle in Lettern- satz-Jmitation. Allealtdeutsch", da» AuSzeich- nende stumpfsinnig-mechanisch verschnörkelt. Der beschriebene Teil ist ungefähr so groß wie einer der alten Scheine. Ihr Format war leidlich praktisch, aber wa« tut man nicht der Kunst wegen? Man gibt für hundert Mark noch mehr, eine Ueberraschuvg. Ein leeres Feld. Man hälis gegen das Licht und traut seinen Augen nicht. Nicht nur al» graphische Zeichnung, son­dern wie eine 10 Jahre im Schaufenster ver­blaßte Naiurphotographie nebelt etwas wie ei» Brustbild de» alten Kaisers auf, da» freilich auch neu schon majrstätSbeleidigend schlecht gewesen sein muß. Wer ist für diesen Schund verant­wortlich ? Welche Aufwendungen habe» wir allein für Brüssel gemacht, von welchem Ernst zeuge» all unsere Kunst- und Kunstgewerbeausstellungen, wie arbeitet man bei un« an künstlerischer Kul­tur! Da» Reich aber wirft mit seinen Münze», Briefmarken, Geldscheinen jahrein jahrau» Spott­geburten in die Welt, al» wollte es all seine eigene Arbeit und sich selber damit verhöhnen. Zum Schluffe glaubt der Verfasser, daß für die Zeichnung de» Hundertmarkscheine» wohl der bureaukratische Amtsschimmel verantwortlich ge­macht werden müsse, dem kein kräftiger Wille hemmend entgegenwirkt.

Neklameteil.