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73.

Amts- und AnMgeblatt für -m Oderamtrdyirk Calw.

86. Iahrgaua.

Erscheinungsrage: Montag, Dienstag, Mittwocb, Donnerstag, Freitag und Samstag. Jnsertionsvreis IS Pfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Dienstag, den 28. Mar; 1911.

Bezugspr.i.d. Stadt'/ijährl.nr. Träger!. Mk.1.25. PostbezugSpr. f.d.Orts-u.Nachbarortsverk. ^jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellg. in Württ.30Pfg., in Bayern u. Reich 42Pfg.

Tttgesueuigkeiteu.

Amtliche Bekanntmachungen.

Bekanntmachung.

Die Meisterung und Jnstrniernng der PolizeiSiener des Bezirks findet in diesem Jahre durch Stanonskommandant Sauter wie folgt statt:

ZN Neuweiler: am Donnerstag, den 6. April, vormittags 10 Uhr, für Agenbach, Aich- Halden, Aichelberg, Breitenberg, Hornberg, Martinsmoos, Neuwerte", Oberkollwangen und Zwerenberg.

ZN LiebenM: am Samstag, de« 8. April, vormittags 8'/? Uhr, für Dennjächt, Ernst­mühl, Hirsau, Liebenzell, Monakam, Mött- lingen, Oberkollbach, Oberreichenbach, Otten- bronn, Unterhaugstett und Unterreichenbach.

ZN Gechingen : am Mittwoch, den 12 . April, vormittags 8'/-Uhr, für Althengstett, Dachtel, Deckenpfronn, Gechingen, Holzbroun, Neu- hengstett, Ostelsheim, Stmmozheim und Stammheim.

In Teinach : am Donnerstag, den 20. April, nachmittags 3 Uhr, für Altburg, Altbulach, Emberg, LiebelSberg, Nenbulach, Oberhaug- stett, Rötenbach, Sommenhardt, Schmieh, Alzenberg, Teinach, Würzbach und Zavslstein.

Die Musterung findet je auf dem Rathause statt. Die Polizeidiener haben hiebei in voller Uniform zu erscheinen und Dienstbuch, Mantel und Gelenkfessel mitzubringen.

Die Ortsvorsteher werden beauftragt, dies den unterstellten Polizeidienern zu eröffnen und für das rechtzeitige Eintreffen derselben zur Musterung Sorge zu tragen.

Calw, 27. März 1911.

K. Oberamt.

Binder.

* Calw 28. März.^ Mit der gestern abend wiederholten Fistaufführung hat der Cal- wer Blumentag, von dem so lange die Rede war, nun seinen Abschluß gefunden. Auch gestern abend herrschte bei der Versammlung eine fest­frohe, vorzügliche Stimmung. Wiederum war der Besuch so stark wie am Sonntag. Alle Nebenräume waren wieder besetzt und im Saale selbst eine drangvoll fürchterliche Enge. Jeder wollte noch de» Genuß des Blumentages haben und sich an den ausgezeichnete« Vorstellungen erfreuen. Auch gestern ist das harmonische Zu­sammenarbeiten, die schöne Einmütigkeit, das Zusammengehen bei dieser allgemein patriotischen Sache hervorzuheben. Von dem alte» Erbfehler der Deutschen, der Uneinigkeit, war nichts zu spüren; in voller Harmonie nicht bloß der ^Töne sondern auch bei den übrigen Darbietungen ge­schah die Ausführung des Festprogramms. Nummer von Nummer wurde mit endlosem Jubel begleitet und immer höher schlugen die Wogen des Beifalls und der Festesstimmung. Mit Jubel wurden die Aufführungen des Blumen­reigens, der turnerischen Uebuvgen, der Thater- stücke, der Männerchöre ausgenommen und e» herrschte nur eine Stimme, die des Lobes und Entzücken», auch über die zweite Aufführung. So läge nun der Tag hinter «ns, der vielbe­sprochene Blumentag. Wenn auch gesagt wird, bei schönem Wetter wäre das noch alles ander« geworden, so wollen wir uns daran nicht mehr aufhalten, sondern uu» freuen, daß dank der Einmütigkeit aller beteiligten Personen und Vereine alle« vorzüglich geklappt hat. Dabei dürfen wir außer den Mitwirkenden noch derer gedenken, welche die Vorbereitungen geleitet

haben: des Ortsausschusses und der Damen­komitee», welche beide eine unermüdliche Tätig­keit an den Tag gelegt haben. Es steckt viel heimliche Arbeit in einer solchen Veranstaltung, denn nur gute« Vorbereiten verspricht Erfolg. Dazu haben aber besonders auch die Blumen­fräulein beigetrage», die ihre Sache vorzüglich verstanden haben. Und noch etwas verdient Erwähnung: die zum Teil sehr gelungene», hübschen Aurstattungen der Schaufenster einzel­ner Läden mit Bildern des KönigSpaare«, um­geben von schwarzrotem Band und geziert mit der Königsnelke, dem Zeichen unseres Blumen- tageS. In harmonischer Weise ist der Calwer Blumentag verlaufen und wir können mit größter Zufriedenheit, mit Stolz und Freude auf die dabei bekundete hochpatriotische Festesstimmung und Liebe zum angestammten Herrscherhaus zurück- blicken. Da« finanzielle Ergebnis de» Blumen­tag» darf als sehr günstig bezeichnet werde«. Außer dem Betrag von 1620 ^ für Nelken und Postkarten am Haupttage wurde« noch fol­gende Einnahmen erzielt: Eintrittsgelder bei der 1. Aufführung 186 bei der 2. Aufführung 118 dazu kommen noch 127 ^ für Blumen- und Postkarteuverkauf bei beiden Aufführungen. Mit einer außerordentlichen Spende von 100 ^ belaufen sich die Gesamteinnahmen auf 2250 die sich aber noch durch weitere Beiträge er­höhen werden.

--- Hirsau. Der Blumentag Hirsau- Ernstmühl zur Feier der silb. Hochzeit unseres Königspaares verlief am letzten Sonntag auch hier aufs Anregendste und Schönste. Nach dem VormittagSgotteSdienst zogen die hübsch gekleideten jungen Verkäuferinnen mit ihren sinnig geschmückten Körbchen durch die Straße»

Sie Aßmanns.

Roman von CourthS-Mah ler.

(Fortsetzung.)

Die alte Dame hatte ihm lächelnd auf die Schulter geklopft.

Laß gut sei«, Peter, es geht auch so. Du sollst Adolphine meinet­wegen kein Wort sagen. Kleine Schwächen hat jeder Mensch. Was meinst du wohl, wie glücklich deine Frau ist, daß sie durch ihre Tüchtig­keit im Haushalt sparen kann. Da« hebt sie über sich selbst hinaus, sitz, ist stolz darauf, al» hätte sie dir damit ein große« Vermögen eingebracht Wozu sie kränken und ihr diese Genugtuung schmälern. Laß ihr den Spaß, wir halten uns schon schadlos."

Damit war diese Angelegenheit zwischen den beiden erledigt. So fügte sich scheinbar jeder im Hause in Frau Adolphines Sparsystem. Nur die Dienstboten revoltierten zu ihrer Entrüstung sehr oft. Die wollten ihr Recht haben und begehrte» auf, wenn sie nicht reichlich genug zu essen bekamen. Da« gab manchen Streit und manche ungemütliche Stunde.

Bertina hatte im Speisezimmer die Jalousien Herabgelaffe», den Tisch besorgt und alle« fertig gemacht. Sie sah nach der Uhr. ES blieb ihr noch ein Viertelstündchen Zeit. Da konnte sie flink noch ein Weilchen zu Großtanting hinüberhuschen.

Diese saß in einem tiefen Lehnstuhl im Erkervorbau ihre« Wohn­zimmer», mit im Schoß gefalteten Händen und sinnendem Blick. Sie trug ein dnnkelviolettes Tuchkleid, welche« bei Licht fast schwarz erschien und einen eigenartigen Schnitt hatte. ES fiel von der Taille in reichen schweren Falte» an der noch fast mädchenhaft zierlichen Gestalt herab und schloß am Hals mit einer schönen, alten Spitze, die mit einer goldenen Brosche befestigt war. Weiße« Haar umrahmte da« noch frischfarbige,

wenn auch mit zahllosen feinen Fältchen durchzogene Gesicht. Auf dem weißen Haar saß eine weiße Spitzenhaube, deren Bänder über den Rücken herabfielen. Ganz kokett nahmen sich diese Spitzenbänder auf dem dunklen Kleide aus.

Großtanting« hielt trotz ihres Alter« auf ein zierliche» Aussehen. Die weißen Scheitelhaare wurden jeden Abend vor dem Zubettgehen fest eingeflochten, damit sie am Tage, zu kleinen Weilchen aufgebauscht, noch reich und voll erschienen. Um den Hals schlang sich eine lange goldene Kette, daran trug sie ihr Stiellorgnon und von dieser langen Kette zweigte sich ein dünnes Nebenkettchen ab, dessen Ende zwischen dem Schluß ihre« Kleides verschwand. Daran war ein Medaillon befestigt, in dem sie ein Miniaturporträt ihres im Kriege gefallenen Bräutigams trug. Sie ließ e» nie von sich und nur, wen sie sehr liebte, wie Ernst und Bettina, der durfte zuweilen einen Blick auf dieses Bildchen werfen. Sie hatte ihn so sehr geliebt, den stattlichen Offizier und al» er ihr ge­storben war, wollte sie niemand an seine Stelle setzen.

Großtanting» dunkle Augen blickten lächelnd auf, als Bettina ein­trat und schnell auf dem Erkertritt zu ihren Füßen Platz nahm.

Noch ein Viertelstündcheu, Großtanting. Wie lang ist mir heut der Nachmittag geworden, weil ich nicht bei dir sein konnte," rief Bettina zärtlich und streichelte die blaffe» gefalteten Altfrauenhände.

Hast du viel Arbeit gehabt, mein Blondchen?" frug die alte Dame zärtlich.

O «ein nicht mehr als sonst bei der Wäsche. Die Mädchen find alle noch in der Waschküche."

Und nun bist du fertig?"

Alle Arbeit ist getan. Sonst wäre ich doch jetzt nicht bei dir. Tante ist sonst so leicht bös."

(Fortsetzung folgt.)