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Mr. 138.

Mensteig, Samstag den 22. Wovemßer

1884

Eine neue Aufgabe der Sozialpolitik.

Das vielgestaliete und vielköpfige Ding, das mansoziale Frage" nennt, wird auch den am 20. d. zusammengciretenen Reichstag be­schäftigen; und zwar nicht in der Form der Altersversicherung, welche noch nicht genügend twrv'reitet ist auch nicht die kolonialen An­gelegenheiten meinen wir, obwohl auch sie ein Gl>ed der Sozialreform-Kette sind, sondern die vom Reichskanzler aufgestellte These vomRecht auf Arbeit" wird zum Gegenstände einer Ge­setzvorlage werden.

Es sollen nämlich offiziösen Andeutungen zufolge Arbeitsämter, amtliche Arbeitsnachweise, geschaffen werden. Die bevorzugte Stellung, die das Großkapital einnimmt und es diesem ermöglicht, die Telegraphen auszunutzen und sich der Beihilfe zahlreicher, an den Hauptar­beitsmärkten ansässiger Agenten zu bedienen, hat den Gedanken nahegelegt, auch für die Ar­beitsuchenden die Vorteile zu schaffen, welche Zeutralstellen unentgeltlichen Arbeitsnachweises bieten. Man scheint dabei die Vorbilder im Auge gehabt zu haben, welche die englischen Gewerkvereiue geschaffen haben. Die letzteren waren es zuerst, die die Nachrichten über den Nrbeitsmarkt methodisch verwerteten. Einige der englischen Eewerkvereine zählen 30000 und mehr Mitglieder, von denen jedes einem Orts­verein angehören muß. Jeder solcher Verein ist verpflichtet, allwöchentliche Berichte über die Höhe des Arbeitslohnes, Preise der Lebens- m.ttel und Wohnungen, in Aussicht stehende Unternehmungen, bet denen Arbeiter Verwend­ung finden, an den Generalsekretär des Ge­werkvereins einzusenden, so daß dieser auf Grund der eingegangenen Berichte die Lage des Arbeits- ma^ktes in der Branche, die der resp. Gewerk­verein umfaßt, am Ende einer jeden Woche ziemlich genau zu übersehen vermag.

Steigt durch Nachfrage nach Arbeitern an irgend einem Orte der Lohn und verspricht diese Lohnsteigerung eine dauernde zu werden, so ver­anlaßt der Gewerksvereinssekretär die Zuwen­dung von Gewerksgenossen aus solchen Distrik­ten, in denen die Löhne die landesübliche Durch­schnittshöhe noch nicht erreicht haben; ist irgend­wo ein neues Unternehmen begonnen, so sorgt

der Sekretär dafür, daß nicht mehr Kräfte am Platze erscheinen, als gebraucht werden. Durch derartige gut organifirte Arbeitsvermittelung befinden sich die Mitglieder der Gewerkvereine gegenüber den Nichtmitgliedern in einem be­sonderen Vorteil.

In ähnlicher Weise will nun auch die Reichsregierung Vorgehen. Sie beabsichtigt, öffentliche Stellen zu errichten, welche das An­gebot und die Nachfrage von und nach Arbeit vermitteln sollen. Die Nachrichten über den Arbeitsmarkt rc. würden an einer Zentralstelle zu sammeln und von dieser aus über das ganze Land schnellstens zu verbreiten sein. Damit allein will man sich aber nicht begnügen, son­dern wie verlautet, auch für billigen Transport der Arbeiter sorgen, wozu der Slaat als Eigen­tümer der meisten Bahnen wohl in der Lage ist. In England, das nur Privatbahnen hat, existieren staatlich eingerichteteArbeiterzüge" mit einem ganz geringen Fahrgeldsatz, welche den Ardeitsverkehr erklärltcherweise sehr er­leichtern und sich dadurch auch der ganzen In­dustrie nutzbar machen.

Man wird zugestehen müssen, daß die Idee, welcher in dem Regierungsprojekt Ausdruck ge­geben wird, eine gesunde ist. Soweit bisher darüber Zeitungsstimmen vorliegen, wird dies auch anerkannt. Die verhältnismäßig geringen Kosten, die ein Versuch in dieser Richtung hin verursacht, fallen gegenüber den möglicherweise zu erringenden Vorteilen nicht ins Gewicht. Nur zwei Umstände könnten Bedenken erregen und ihrer sei hier gedacht. DasRecht auf Arbeit", von dem der Reichskanzler im Parla­ment gesprochen, ist ein solches, das der Staat nicht immer und unter allen Umständen erfüllen kann. Wenn feiernde Arbeiter sich demArbeits­amt" melden, könnten sie nun leicht zu der An­nahme geneigt sein, es müsse ihnen Arbeit nach­gewiesen werden. Das wird ja auch der Fall sein, wenn solche vorhanden ist. aber auch eben nur dann. Ist keine Arbeitsgelegenheit ange meldet, so könnte dasArbeitsamt" leicht die Unzufriedenheit der Arbeiter, die es doch heben soll, steigern. Neben der mißverständlichen Auf­fassung, welche die Arbeiter von dem neuzuer­richtenden Amte möglicherweise gewinnen, kommt noch die schiefe Stellung, in welche das Arbeits­

amt bei erwaigen Streiks geraten muß. Dem Amt kann unmöglich die Entscheidung über­lassen bleiben, welcher von den beiden streiten­den Teilen das Recht auf seiner Seite hat. Da hierüber überhaupt kaum je in kompetenter Weise entschieden werden kann, so würde die Frage sein, wie sich das Arbeitsamt in Streit­fällen zu verhalten hätte.

Diese Punkte werden bei der Beratung der betreffenden Vorlage im Reichstage zweifel­los die schärfste Beleuchtung erfahren.

Tagespolitik.

Die Reichsregierung bereitet die Vorlage eines Blaubuches vor, welches speciell über die Politik Deutschlands in Westafrika klaren Aufschluß geben wird. An die Einbringung des von der Reichsregierung beanspruchten Nach tragskredits von 180,000 Mark zwecks Br schaffung eines Küstendampfers nebst Dampf- barkaffe für den Gebrauch des Gouverneurs von Kamerun dürfte sich aller Wahrscheinlich­keit nach eine eingehendere Debatte des Reichs­tags über die Gesamtheit der deutschen Kolo- nialpolttik anschließen.

Gerüchtweise verlautet, daß seitens der Regierung in den Reichstag ein Antrag kommen werde, um durch Uebergangsbestimmungen oder Abänderung des Strafgesetzbuches die Verlänge­rung des Sozialistengesetzes über 1886 über- flüffia zu machen.

Das Listenwahlsystem, der Lieblings­plan Gambettas, wird nun doch in Frankreich zur Einführung kommen. Ferry teilte am Sams­tag der Kommission, die sich mit dieser Frage beschäftigt, mit, daß die Regierung zustimme, auch keine Einwendungen mache gegen die Nicht­wählbarkeit der Mitglieder ehemals in Frank­reich regierender Familien. Die Debatten über diese Wahlreform wünscht Ferry bis zum Febr. vertagt zu haben. Es heißt, daß seitens Ferry die deutsche Regierung zuerst vor allen anderen um ihre Geneigtheit befragt worden ist, die für 1889 geplante Pariser Weltausstellung zu beschicken. Die Reichsregierung hat nicht nur ihre Teilnahme zugesagt, sondern soll sich auch bei den andern Regierungen für die Ausstellung verwendet haben.

Die herbe Kritik, welche die englische

Des Weinwirls Höchterkein.

Origmalerzählung von Rich. Bach mann.

(Schluß.) (Nachdruck verboten).

Mit dem Martin, meinte Peter Scharffenberg, sei es aber eine ausgemachte Sache, daß er wohl ein ganz kreuzbraver Mensch, aber doch auch so arm als eineKirchenmaus" sei.

Ei, wenn ich nur erst wieder ein Lebenszeichen von ihm hätte," das andere glaub' ich würde sich schon finden lassen," hatte der alte Spölling darauf zur Antwort gegeben und dabei geheimnisvoll lächelnd, von seiner Ladenthür aus, die Straße hinuntergesehen, auf welcher Peter Scharffenberg heimwärts gehend, dem Postboten begegnet.

Der alte Meister war seit langem nicht so vergnügt gewesen als heute, nachdem er den ihm überbrachten Brief gelesen. Schon aus der Adresse hatte er die Handschrift Martins erkannt.

Dieser schrieb aus Augsburg, woselbst er nach längerem Hin-und Herziehen eine Stellung gefunden, daß ihm von seinem früheren Meister die Briefe Spöllings nachgesandt worden seien, nachdem er diesem Be­scheid von seinem neuen Aufenthalte gegeben.

Die Kunde von Steffens Entlarvung habe ihn höchlichst über­rascht, noch mehr aber die Nachricht ihn erfreut, daß Leni, an die er viel tausendmal mit schwerem Herzen gedacht, wieder frisch und munter sei, und sich des Daseins freuen könne. Er wolle die Rückreise baldigst antretenund werde in längstens drei Wochen bet dem väterlichen Meister Spölling seinen Einzug halten, dessen Briefe ihm, falls er innerhalb der Grenze angehalten werden sollte, als Legitimation gegen das Aus' wetsungsverbot dienen können.

Spölling eilte mit dem Briefe in der Tasche nach dem Schiffhaus?,

woselbst er ihn Leni übergab, die freudig bewegt dem alten die Hände drückte.

Von Steffens konnte er keine Spur mehr entdecken.

Kein Mensch wußte zu berichten, wohin er sich gewendet.So ist es an der Zeit," sagte sich Spölling, nahm die von Steffens zurück- bchaltenen Papiere zur Hand und wanderte diesmal mit leichtem Herzen nach dem alten Amte.

Die Herren zogen seltsame Gesichter, als sie den Bericht des Meisters Goldschmied vernahmen, der Zeugen und Beweis dafür so­gleich zur Stelle brachte. Nachdem auch Peter Scharffenberg zur Be­stätigung der von Spölling geschilderten Vorgänge, die an jenem Abende im Schiffhause stattgefunden, vorgeladen wurde, erfolgte bereits die Auf­hebung des Urteils, noch ehe Martin wieder zuiückgekehrt war. Ob dieser sein Wort, zu kommen, auch eiulösen würde, daran zweifelte wohl niemand, als aber die ausgesetzte Frist verstrichen und ein Tag nach dem andern verging, ohne daß Martin erschien, da wollte nicht nur Leni in ihrer Angst vergehen, sondern auch der alte Spölling wurde unruhig und er machte sich allerlei Gedanken, wobei die, an eine Rache des entflohenen Steffens ihm nicht den wenigsten Kummer machten.

Desto größer war aber die Freude, als eines Tages um die Zeit des Sonnenunterganges Martin plötzlich Spöllings Haus betrat und den Meister stürmisch umarmte. Es war ein freudiges Wiedersehen.

Die kleine Fränzt jubelte hell auf, als sie den stattlichen, wetter- gebräunien Mann erblickte, in welchem sie ihren Lebensretter verehrte, und dem sie wie Martin laut und dankbar rühmteso außerordent­lich wichtige Dienste geleitet hatte.

Als nach dem frugalen, gemeinschaftlichen Abendbrot Martin nach dem Schlffhause gehen wollte, bemerkte der alte Spölling mit vergnüg-