mächtigen Gefangenen gegen sie als Schild, indem er diesen, rückwärts schreitend und kriechend, »ach sich zerrt und ihn gegen sich und die drohenden Gewehrmündungen hält. Aus Furcht, ihren Kameraden zu treffen, wagen die anderen nicht zschießen, und so gelangt der Förster denn unbehelligt mit dem ergriffenen Wilddiebe nach dem Forsthause. Von hier sendet er sofort Nachricht an seine Kollegen und an die Gens- darmen, um sie zu benachrichtigen, daß die Wilddiebe aus Dabsbnrg vermutlich im Laufe des Tages nach dem Orte zurückkehren würden, man möge sie beim Einpassieren festnehmen. Förster «nd Gensdarmen umstellten denn auch heimlich rechtzeitig das Dorf und es gelang ihnen auch wirklich, die fünf übrigen Wilddiebe zu arretieren, als sie aus dem Walde heimkehrten.
Ausland.
* Wien, 31. Oktbr. In Czernowitz überfielen unbekannte Thäier das russische Konsulat, rissen den russischen Adler herab und schlugen sämtliche Scheiben ein. Eine dort erscheinende „Gazetta Polska" meint, daß ausländische Agitatoren das Attentat verübten.
* Florenz. Nach Mitteilung des „Secolo" ließ der Präfekt, ein reicher Grundbesitzer, den Arbeitern in seinen Weinbergen während der Weinlese eiserne Maulkörbe anschnallen, um sie zu verhindern, Trauben zu kosten. Diese Handlungsweise gelangte zwar zur Kenntnis der Regierung, doch der Präfekt blieb nach wie vor im Amte.
* Paris, 30. Okt. Verschiedene Gruppen der „Schulen" des lateinischen Viertels haben an Antoiue's Sohn folgende Adresse gerichtet: „Lieber Kamerad!" Es lebe Frankreich! Das ist der Wahlspruch Ihres edlen Vaters, der im deutschen Reichstag für die rechtmäßigen Zurückforderungen Frankreichs kämpft. Wollen Sie im Namen der „Schulen" Ihrem Vater bei Gelegenheit seiner Wiederwahl die Sympathien der jungen Franzosen darbringen, welche ihm im entscheidenden Augenblicke Hilfen werden, Elsaß-Lothringen zurückzunehmen. Die Kundgebung der Elsaß-Lothringer an dem Standbilde von Straßburg auf dem Concordiaplatz soll am nächsten Sonntag erfolgen; sie werden sich in corpore dorthin begeben, um einen großartigen Blumenstrauß vor ihren Fetisch niederzulegen.
— Vom chinesischen Kriegsschauplatz werden bald wieder Nachrichten von Wichtigkeit eintreffen. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß die Chinesen emen energischen Widerstand vorbereiten. So wird aus Shanghai gemeldet, daß die chinesischen Behörden die Arbeiten zur Absperrung des Woosung-Flusses begonnen haben. Die Zusammenziehung der chinesischen Truppen bei Shangai und Pecking dauert fort. Ein weiteres Vordringen der Franzosen dürfte somit zu einem weiteren heftigen Zusammenstoß führen.
* Die F-wge der Einführung einer Brottcxc
wird in Paris immer dringlicher. Kürzlich als die Arbeiter von ihrem Wochenlohn ihre Bäckerrechnung berichtigten, ist es an verschiedenen Stellen in den Arbeitervierteln zn Streitigkeiten und Schlägereien gekommen. Es ist erwiesen, daß der Brotpreis nicht im richtigen Verhältnis zum Preise des Mehls steht, sondern daß in Paris das Kilogramm Brot 10 bis 15 6t8. zu teuer verkauft wird. Die radikalen Blätter haben auf diese Ungehörigkeit aufmerksam gemacht, und infolge hiervon verlangen die Arbeiter und die niederen Beamten, die Regierung solle eine für die Bäcker verbindliche Brottaxe einführen, aber auch die Einfuhr ausländischen Getreides nicht durch Erhöhung des Zolls verhindern. Der Gemeinderat von Paris hat die Angelegenheit in die Hand genommen und für eine der nächsten Sitzungen die Regelung des Brotpretses in der Hauptstadt und ihrem Weich bild auf die Tagesordnung gesetzt.
* Eine Zeitung in Paris bietet den Deutschen 5 Milliarden bar, wenn sie Bismarck Frankreich abtreten. Jeder Franzose werde freudig seinen Obolus zu diesem Geschäfte beisteuern und die Staatskaffe den Rest darauflegen. Die Deutschen wollten ihn ja ohnehin los werden.
* (Oeffentliche Anlagen und freie Plätze in Amerika.) Die städtischen Behörden in Amerika halten es für ihre Pflicht, die öffentlichen Straßen u. Plätze nach Möglichkeit zu schmücken und die Folge davon ist, daß Alleen und Boulevards überall reichlich mit Grün versehen sind, sogar in New-Uork und Brooklyn, den zwei am schlechtesten verwalteten Städten Nordamerikas. Bei Anlegung neuer Städte richtet man sein Augenmerk darauf, das Leben daselbst durch städtische Anlagen und Sorge für grüne Vegetation angenehm zu machen. In einigen Gemeinden, z. B. in Rochester, ist es Sitte, Grundbesitzern einen Teil der Steuern zu erlassen, wenn sie längs ihres Grundstückes Bäume pflanzen. Zur Verschönerung der Umgebung von Chicago sind schon viele Meilen der lieblichsten Spaziergänge geschaffen u. man halPläne entworfen, sämtliche öffentlichen Parks, welche die Stadt umgeben, so mit einander zu verbinden, daß nicht weniger als 48 Meilen präch tiger Promenaden in Besitz des Volkes kommen. New-Haven oder Elmstadt in Connecticut ist so üppig mit Grün gesegnet, daß es, vom East Rock aus gesehen, den Anschein hat. als ob die Stadt mitten im Walde läge. Auch Detroit und Cleveland sind wegen ihrer Schönheit und ihres Reichtums an Parks und Gärten bekannt. In ganz Europa u. Amerika dürfte es aber keine anmutigere Stadt geben, als Mil- wauke. Seine reizenden Promenaden, die schattigen Spaziergänge, die offen zugänglichen Wiesen- und Blumengärten machen den Eindruck als ob man eher durch einen Park wandelte als durch die Straßen einer geschäftigen gewerb- reichen Stadt.
* Tan Francisco. Ein armer Hausierer
in San Francisco, namens John Jacobs, welcher sein Leben mit dem Verkaufe von Zigarren fristete, erhielt unlängst von Eng.and die Nachricht, daß ein dort.gestorbener Verwandter ihm die Kleinigkeit von 6,500,000 M. hinterlassen habe. Jacobs verkaufte keine Zi- garren mehr!
Handel und Verkehr.
4 - (Günstige Aussichten.) Es ist gewiß gegenwärtig Vielen eine auffallende, sonst gewöhnlich wenig beobachtete Erscheinung, daß die gesamte Baumwelt in Feld und Wald die Blätter so lange behält. An sonnenhellen Tagen gewährt der Anblick dieser buntfarbigen Herbstlandschaft ein sehr schönes poetisches Bild, nebenher aber überwiegt wohl der reale Nutzen davon. Es versichern nämlich sachkundige Baumzüchter, daß das so lange Haften der Blätter an den Bäumen ein Zeichen von vollständiger Auszeitigung des Holzes und die Hoffnung auf einen blütenreichen Frühling in der Regel damit verbunden ,et. Wir würden uns dies ja wohl ger^e gefallen lassen, und die Propheten solcher Art sollen Recht behalten. In der That, wenn man die Baumzweige genau untersuch!, so hat's allerdings den Anschein, als wäre eine ganze Menge von Blütenknospen bereits angetrieben.
* Tübingen, 31. Oktbr. (Hopfen.) Auf der hiesigen Stadtwaage wurden ca. 35 Ctr. abgewogen. Die Preise stehen zur Zeit auf 98 M.
* Nürnberg, 30. Oktbr. Zum Markee wurden 1200 Ballen zugefahren, welche bei unveränderter matter Stimmung und bei schleppendem Verkehr zu den seitherigen Preisen verkauft wurden.
Vermischtes.
* (Wie viel Kapital steckt in den Eisenboihnen der Well?) Im Ganzen 4,444,000,000 Pfund sterling (sm Pfund Sterling cunS-^-20 M.) Davon entfallen auf Australien 58, Belgien 61, Kanada 72, Spanien 89, Italien 108, Oesterreich-Ungarn 225, Rußland 809, Deutschland 476, Frankreich 594, Groß-Britannien und Irland 770 und die Vereinigten Staaten 1190 Mill. Pfund Sterling. -
* (Einen guten Witz) machte das humoristische antisemitische Blatt, die Wahrheit, indem es schreibt: „Es werden einige gute Haare gesucht, welche die verschiedenen Parteien bei den Wahlen noch an sich aelaffen haben.
Für die Redaktion verantwortlich: W. Rieker Altensteig.
Fürs Land.
Es kann nicht dringend genug Allen, welche auf dem Lande wohnen, empfohlen werden, stets eine Schachtel Apotheker R. Brandts Schweizerpillen im Sause zu haben, um bei plötzlich eintretenden Störungen (Blähungen, Blutandrang, Leber und Gallenleiden rc.) dieses sichere und schmerzlose Haus- und Heilmittel anzuwenden. Erhältlich L Schachtel Mk. 1 in den Apotheken. Man gebe acht, die ächten Apotheker R. Brandt's Schweizervillen zu erbalten.
Vater, ich bitt' Euch drum. Einen Gruß der Ehre Eures Hauses, Frau Kathrine, und nun Ade!"
l Martin streckte die Hand entgegen, Peter Scharffenberg zauderte.
! Er hätte es am liebsten gesehen, wenn der seltsame Mensch, der ihm mit so ungeahnter Redegewandtheit entgegeutrat und zu Herzen sprach, gar nicht gekommen wäre.
Der eigentümliche Klang seiner Worte, die Fürsprache, die er für Leni bei ihm geführt, und zu einer Zeit, in welcher ihm doch völlig klar sein mußte, daß er nie mehr auf die Verwirklichung ehemals ge hegter Hoffnungen rechnen konnte, der offenherzige Blick und die trotz aller Anfeindung ruhig ernste Haltung des jungen Mannes, die Erinnerung an die schnelle und geschickte Hilfeleistung bei jenem Brande, der sein eigenes Haus in Gefahr brachte, dies alles wirkte auf den Alten und überwog auf einen Moment seinen langgehegten Groll.
„Fahret wohl", klang es doch noch immer etwas barsch von seinen Lippen und mit strenger Miere schlug er in die dargebotene Rechte.
- „Gott sei Dank, daß er hinaus ist," sagte Peter Scharffenberg
! halblaut vor sich hin, als er Martin am Fenster draußen vorüber- ! ziehen sah.
! Sinnend schritt er im Schankzimmer auf und ab, dann ging er
hinaus, und trat unter den gewölbten, mit seinem Wappen verzierten ! Thürbogen, als müßte er sich überzeugen, ob Martin nicht vielleicht gar noch auf der Gaffe stehen geblieben sei und Grüße winkend, hinauf i nach dem Fenster sehe, an welchem möglicherweise Frau Kathrine sitzen
, konnte — Martin war nicht mehr zu sehen. Befriedigt wendete er sich
! Herum und ging die Stufe hinauf.
Oben saß Frau Kathrine am Kraukeulager des einzigen Kindes.
Ihr bekümmerter Blick ruhte aus Leni, und als Peter Scharffenberg die Thür öffnend, hereintrat, winkte sie ihm, leise aufzutreten.
Vorsichtig nahte sich der Schiffhauswirl und mit einem beobachtenden Blick auf die bewußtlos Schlummernde, sagte er Frau Kathrinen fast unhörbar etwas ins Ohr. Sie nieste nachdenklich, ohne zu ihm aufzuschauen. Nach einem Weilchen entfernte sich der strenge Hausherr wieder, und als er die Treppe heruntergekommen, trat Herr Steffens ins Haus.
Nach einem strengen Winter war der Frühling mit seinen Blüten und frischen grünen Maien in bas Land gekommen und neubelebt atmeten alle Wesen wieder auf. Die Sonne lächelte aus hett'rem Blau auf die verjüngte Erde nieder, ihre mild-warmen Strahlen drängten sich herein durch das halbgeöffnete Fenster, an welchem des Wettiwirts Töchierlein, die sanfte Leut, in einem Lehnstuhl gebettet saß und sich an dem Duste der holden Maiglöckchen labte, von welchen holden Früh- lingskindern sie ein Sträußchen vor sich hatte.
Wie blaß, ermattet und abgemagert saß sie da, die noch vor Jahresfrist in jugendlicher Schönheitsfülle strahlte. Sie hatte schwere Tage überstanden. Erst in der jüngsten Wache war der Arzt der Ueber- zeugung geworden, daß nunmehr die Krisis vorüber und sine leise Wendung zur Befferung ein gtreten sei.
Freilich konnte dies nnr langsam vor sich gehen, den Leni war der Auflösung nahe und Frau Kathrine mehr als einmal der betrübte« Meinung gewesen, daß sie am Lager der Tochter wachend, die letzte« Züge des einzigen Kindes gehölt habe.
In dieser trüben Zut üate Marttn aus weiter Fern-mehr als einmal seine Briefe an Meister Spölling gelangen taffen und sich nach der ihm unvergeßlichen Leut mit herzgewinnender Berrraullchkeil erkundigt. (Frots. f.)