Leu König über die wahren Gefühle eines so großen Teiles des Volkes unterrichten. Sie sei überzeugt, der König werde die den Interessen des Landes angemessenste Lösung finden. Der König antwortete, er glaube dem Willen des Landes, wie er in der Majorität beider Kam­mern zum Ausdruck gelangt sei, gehorchen zu müssen. Er werde dem Eid und den Pflichten eines konstitutionellen Königs getreu bleiben. Nach längerer Besprechung bat der Bürgermeister den König, die Verkündigung eines Schulgesetzes einige Tage hinauszuschieben, was der König versprach. Das Volk applaudierte der De­putation bet der Rückkehr vom Palais.

Die Aufregung in Brüssel und den anderen großen Städten des Landes ist eine ungeheure; durch die Vorgänge in Brüssel vor­sichtig gemacht, hat die Regierung daselbst Mi­litär zusammengezogen. Da der König, wie die ,Gazette de Bruxelles' meldet, das neue Schul­gesetz in der That unterzeichnet hat, wodurch die Liberalen in nicht geringe Aufregung ver­setzt werden, so dürften diese Schutzmaßregeln vielleicht nicht unbegründet sein. Die genannte ,Gazette' richtet denn auch an die Liberalen die dringende Aufforderung, sich ruhig zu verhalten und von allen Kundgebungen abzusehen.

Der Forschungsreisende Charles Huber, welcher aus Kosten des französischen Unterrichts- Ministeriums das Innere Arabiens bereiste, ist samt seinem arabischen Diener bei Labegh durch Beduinen ermordet worden. Das Motiv des Verbrechens war das Verlangen, sich der Waffen und Wertsachen zu bemächtigen, welche die Opfer in ihrem Besitze hatten. Man darf wohl er­warten, daß an den Mördern, die bekannt sind, eine exemplarische Strafe vollzogen werden wird.

In englischen Kreisen zeigt man sich sehr beklemmt über die politischen Vorgänge der letzten Woche und fühlt heraus, daß die Zeiten vollständig vorbei sind, wo England über die Köpfe der festländischen Großmächte in der Welt schalten und walten konnte, wie es wollte. Wenn man indessen annimmt, daß die Kaiser- Begegnung direkt gegen England gerichtet sei, so irrt man sehr, denn dadurch würde dem all' gemeinen Frieden ein schlechter Dienst erwiesen werden. Wohl dürften aber die festländischen Großmächte gemeinsam England begreiflich machen, daß sie die Engländer in Bezug auf wirt­schaftliche und komerzrelle Interessen, zuutal in den zu Kolonien geeigneten überseeischen Ländern als gleichberechtigte zu betrachten haben.

In Limerick (Irland) herrscht die größte Aufregung bei der Aussicht, daß die städtische Behörde hinter Schloß und Riegel ge­bracht werden wird, weil sie sich weigert, die fällige Extra-Polizeisteuer in Höhe von 2000 Pfund zu bezahlen. Innerhalb der letzten paar Tage teilte der Vizekönig der Stadtbehörde mit, daß der volle Betrag binnen Monatsfrist be­zahlt werden müsse, oder die Regierung werde das Gesetz seinen Lauf nehmen lassen.

Ein Opfer des Rouletts ist der Sohn

eines reichen Kaufmanns in Warschau geworden, dem vor Kurzem durch Erbschaft 60 000 Rubel zugefallen waren. Der beklagens­werte junge Mann hat sich in diesen Tagen, wie die »Nowoje Wr." berichtet, in Monaco erschossen, nachdem er vorher sein ganzes Erb­teil verspielt hatte.

Ein Gutsbesitzer, der die Petersburg-War­schauer Bahn benutzte, wurde von einem Mit­reisenden, mit dem er sich allein im Waggon befand, in ein lebhaftes Gespräch verwickelt und bot der junge Mann nach einiger Zeit dem Gutsbesitzer eine Erquickung an, die dieser an­nahm. Der Wein war aber mit betäubenden Mitteln versetzt; bald nach dem Genüsse verfiel der Gutsbesitzer in einen tiefen Schlaf. Als er erwachte, bemerkte er, daß der Reisegefährte mit seinem Reisekoffer verschwunden war. Derselbe hatte ihm außerdem ein Portemonnaie mit 95 Rubel Inhalt und eine goldene Uhr nebst Kette abgenommen. Der Gutsbesitzer führte viel Geld mit sich. Zu seinem Glück trug er dasselbe jedoch in einem Beutel unter seinem Hemde, wo es von dem Diebe nicht ge­funden worden war.

Die Offiziere in den Ver. Staaten erhalten aus den Apotheken alles auf Staats­kosten. In den letzten Jahren wurden aber diese Rechnungen so enorm, daß die Regierung eine Untersuchung eintreten ließ; dieselbe hat nun ergeben, daß die Offiziere und ihre Familien alles mögliche verschreiben ließen; sie gingen dann in die Apotheke, ließen berechnen, was das Rezept koste, worauf sie sich Toilettenartikel, Sodawasser- und Stadtbahnbillette, Briefmarken u. s. w. zu dem Betrage des Rezeptes geben ließen. Einige Frauen von solchen Offizieren wurden alle krank und der gefällige Arzt ver­schrieb ihnen täglich ein neues Rezept mit recht vielen teuren Heilmitteln, so daß die Dame mit Hilfe des gefälligen Apothekers täglich Klein­geld hatte. Dieses ist der erste Anfang der Untersuchung.

Mexiko. Bei dem Pfarrer der »Santa Cruz-Kirche" wurde letzthin ein Leichenbegängnis bestellt, das am nächsten Morgen um 4 Uhr eine in der dortigen heißen Gegend für Be­erdigungen nicht ungewöhnliche Zeit statt­finden sollte und zugleich der Geistliche um die Erlaubnis gebeten, die Leiche am Abend vorher in die Kirche stellen zu dürfen. Der schwere Sarg wurde vor den Altar gestellt und die Kirche zugeschlossen. Während der Nacht machten die Hunde des Küsters einen schrecklichen Lärm, nnd als der Pfarrer dann in dis Kirche eilte, sah er einen Mann vom Altäre herunter- spcingen. Es war aber nirgends mehr eine Spur von dem Eindringling zu entdecken, bis man zuletzt den Sarg untersuchte und statt der Leiche einen lebenden Dieb fand, der die wert­vollsten Kleinodien der Kirche bei sich hatte.

Handel »us Verkehr.

Sondelfingen, 17. Sept. Unser Ort

liefert den Nachweis, wie eine Landgemeinde durch Kultivierung öder Plätze und durch zweck­mäßige Baumanlagen sich eine bedeutende Ein- nahmequlle in gesegneten Jahren zu erschließen vermag. Neben einem ansehnlichen Gemeinde­hopfengarten ist hier nach und nach auf einem früher nahezu unbeuützteu Platze (sog. Wasen) eine schöne Baumanlage herangewachsen, von welcher in Verbindung mit dem Straßeu­baumsatz Heuer der Ertrag an Gemeindeobst zum Geldwert von 181900 M. abgeschätzt wurde, beim Verkauf am verflossenen Montag aber wurde ein Erlös von rund 2750 Mark erzielt.

Rottenburg, 15. Sept. (Hopfen.) Mit bezug auf die bisher hier stattgehabteu Verkäufe zu 110 bis 115 M. per Ztr. schreibt der »Sch. M.": Die Produzenten hoffen mit Recht für schöne Helle und gut behandelte Ware auf bessere Preise; denn Deutschland erntet dieses Jahr nach den neuesten Hopfenberichten nicht viel mehr als voriges Jahr. Aus vielen Gegenden, namentlich auch aus Bayern, wird darüber geklagt, daß das Ergebnis der Ernte allgemein hinter der Schätzung zurückbleibe. Amerika macht eine schlechtere Ernte als voriges Jahr und, was hauptsächlich von Belang ist, die Ernte Englands, das voriges Jahr eine volle Ernte machte, wird nur auf Vstel Ernte geschätzt. Ferner sind erhebliche Ueberschüsse von alten Hopfen nicht vorhanden. Nach all diesen Thatsachen ist mit Sicherheit darauf zu rechnen, daß die Hopfen tm Preise steigen müssen, und die Produzenten werden klug handeln, wenn sie mit dem Verkauf sich nicht beeilen.

Künzelsau, 16. Sept. Unser städtischer Obstertrag, geschätzt zu 411 Zimri meist Birnen, wurde gestern um 700 Mark verkauft, so daß das Simrt durchschnittlich auf 1 Mark 58 Pfg. zu stehen kommt.

(Kartoffel.) Der Kartoffelertrag scheint in der Wiblinger Gegend ein ganz außergewöhn­licher zu werden. Im Laufe der letzten Woche hat Adlerwirt Bäurle daselbst aus einem einzigen Stocke 7 Pfd. hsrausgethan, von welchem der größte Knollen 405 Gramm wog. Dabei find die Kartoffeln noch keineswegs ausgewachsen, sondern hängen alle noch am Kraut.

Die Weinermeberichte aus Frankreich lauten fortwährend sehr günstig hinsichtlich der zu erwartenden Qualität, dagegen mißlich in Betreff der Quantität, die so ziemlich überall den Betrag einer mittleren Ernte nicht erreichen wird. Es gilt dies sowohl von süofrankreich wie von Burgund und Beaujolais.

Vermischt«-.

I (Erkannt.) Zwei ehrsame Kauze zanken sich in einer Kneipe. Der jüngere will den äl­teren belehren, daß er im Irrtum sei; der aber spricht in gerechter Entrüstung: »Was Sie sind, das bin ich schon lange gewesen, Sie Rind­vieh, Sie!"

Für die Redaktion verantwortlich: W. Rieker, Altensteig,

verharrte Marnn noch immer schweigend auf fernem Platze. Ihm war es, als könne er gar nicht eher von dannen gehen, bevor er nicht die heißgeliebte Leni auf einen Augenblick gesehen und gesprochen, sie ermutigt hatte, nur getreulich auszuharren, es werde sich gewiß noch alles zum Besten wenden lassen.

Er wünschte nichts sehnlicher, als daß sich die Herren der hohen Ehrbarkeit recht bald und alle zugleich nach Hause begeben möchten, damit er nur noch ein Viertelstündchen mit Lenis Vater allein sein und den stolzen Schiffhauswirt mit herzgewinnenden Worten und Bitten um Lenis Hand bestürmen könnte. Er hoffte den gestrengen Hausherrn mit Aufbietung all seiner Beredsamkeit, wenn auch nicht allsogleich zu über­winden, so doch geneigt machen zu können und dann auf Lenis unwandel bare Liebe und Treue ließ sich eise ganze Welt der Glückseligkeiten bauen, glaubte er das Ziel feiner Wünsche ganz bestimmt zu erreichen.

Während solchen lautlosen Betrachtungen, legte Marlin sich schon die Worte zurecht, wie er sie in wohlgeformter und gewandter eindring licher Rede an das väterliche Herz Peter Scharffenbergs richten wollte. Er hörte dann auch nicht minder im Geiste die harte, entschiedene Ab­weisung. Sogar kränkende Anspiegclungen, daß er ein hergelaufener Fremd­ling sei, von dem niemand wisse, wie es eigentlich um ihn stehe und daß er (Scharffenberg) es als eine Kühnheit sondergleichen betrachten müsse, daß Marlin sich erdreistet habe, um die reiche, vornehme Erbin des Schiffhauswirts zu freien. Wie es überdies schon ein sträfliches Beginnen gewesen sei, hinter seinem Rücken der guien Leni den Kopf und das Herz zu beschwatzen.

Wenn alles, was sich in diesen Augenblicken vor Martins geistigem Auge und Ohr abspielte, in Wahrheit vollzogen hätte, wahrhaftig, stürmi­scher konnte ihm das Blut nicht durch die Adern jagen, laurer das Herz

nicht klopfen, schneller die Gedanken nicht durch das erregte Hirn zucken als es eben geschah.

Mit unwiderstehlicher Beredsamkeit ausgerüstet, sah er sich dem widerspenstigen Alten gegenüber. Seine Argumente mußten den Vater Lenis besänftigen und nachgiebiger aus der Unterredung hervorgehen lassen. Ern befriedigtes Lächeln zuckte bereits um Martins Lippen, die von einem schwarzen Bärtchen leicht beschälter wurden; seine Augen gläuz- icn in tiefempfundener Freude, da, wie aus einem lebhaften Traum plötzlich erwachend, das Spiel seiner in sich versenkten Smnesthätigkeit war verschwunden.

Wie der Stich einer Tarantel, so hatte ihn eine im Zimmer selbst­gefällig stolz lachende Stimme emporgeschreckt; er wendete sich herum und überflog prüfenden Auges die lange Tafel, au der sich die ehrbaren Väter versammelt harten. Er sah in das stolze neidische Gesicht des stolzen Herrn Steffens.

Dieser hatte sich eben dort niedergelaffen und bald erzählte er mit erheuchelter Freundlichkeit, daß er in einer höchst wichtigen Angelegenheit heute schon einmal hier im Schiffhause gewesen, dabei warf er einen ge­ringschätzigen, mehr noch vernichtenden Blick auf Martin, um tm nächsten Momente schon dem Peter Scharffenberg vergnügt entgegen zu blinzeln und in dessen dargebotene Rechte fast herablassend einzuschlagen.

(Fortsetzung folgt.)

(Ein Ruhe pl ätzchen.) »Man hat doch," klagte kürzlich em Thearerdirektor einem Kollegen, »den ganzen Tag keine Ruhe, bald kommt der, bald jener." »Ja," antwortete der Kollege, »wenn ich a bissel Ruh haben will, setz' ich mich an die Kasse, da Hub' ich gleich welche."