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Aus den Tmiitii.

Intelligenz- L Anzeige-Matt

von der öderen Nagold.

Diese? Blatt erscheint wächemlitz dreimal nnd zwar: Dienstag, Donners­tag und Samstag,

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Fr. 83. Menstaig, Donnerstag dm 29. Mai. 1884

Ml dm Womit Juni

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Aus den Tannen"

zu dem bekannten Preise entgegen.

L Eine neue Börsensteuer-Borlage.

Wenn sonst in irgend einem der Reichsämter ein Gesetzentwurf in der Ausarbeitung begriffen ist, so hört man davon sehr bald und ehe die Vorlage bis zur Veröffentlichung reif ist, hat sich über sie in der Presse schon eine Meinung gebildet. In anderer und zwar völlig über­raschender Weise ist eine Novelle zum Reichs­stempelgesetz an die Oeffentlichkeit getreten; fix und fertig wie Minerva aus dem Haupte des Zeus, trat sie am Himmelfahrtstage vor das kaufmännische Publikum hin und mag sie so manchem die Feststimmung beeinträchtigt haben.

Die neue Vorlage unterwirft alle Kauf-, Rückkauf-, Tausch- und ähnliche Geschäfte über Wechsel, Banknoten und Wertpapiere oder über Waren jeder Art, sofern sie zur Weiterver­äußerung in derselben Beschaffenheit oder nach vorgängiger Bearbeitung oder Verarbeitung be­stimmt find, einem Steuersätze von Vi» Pro Mille (20 Pfg. auf 1000 Mark). Diese Ab­gabe wird nicht erhoben: falls der Wert des Gegenstandes des Geschäfts nicht mehr als 300, bei Warengeschäften nicht mehr als 1000 Mark beträgt. Frei vom Stempel sind auch sogen. Kontantgeschäfte über Wechsel, gemünztes oder ungemünztes Gold oder Silber.

Man ersteht daraus, daß dieser von der preußischen Regierung beim Bundestage einge- brachte Entwurf weiter geht, als die Börsen­steuer-Vorlage, die 1882 von den Abg. Wedell- Malchow und Genossen dem Reichstage vorge­legt wurde. Der Steuersatz in jenem Entwurf war nur Vi» Pro Mille, im vorliegenden Vio. Der Wedellsche Antrag wollte nur die eigent­liche Spekulation, die Zeitgeschäfte, treffen; die neue Vorlage will Zeit- und Kassengeschäfte gleichmäßig besteuern.

Eine besondere Schwierigkeit bei Einführ­ung eurer Börsensteuer bildete von jeher die angeblich gar nicht durchzuführende Kontrolle. Damit sucht sich nun der neue Entwurf in fol­gender Weise abzufinden: Personen, welche die abgabenpfltchtigen Geschäfte für eigene Rechnung oder als Kommissionäre gewerbsmäßig betreiben, haben ein auf den Namen lautendes, von der Steuerbehörde beglaubigtes Steuerbuch zu füh­ren, die abgabenpflichtigen Geschäfte darin etn- zutragen, am Monatsschluffe das Steuerbuch abzuschließen, spätestens am sechsten Tage des folgenden Monats unter Einzahlung des berech­neten Abgabenbetrages an die Steuerbehörde abzuliefern. In gleicher Weise haben vereidigte Makler Tagebuchauszüge, solche Personen, welche dergleichen Geschäfte gewerbsmäßig als nicht vereidigte Makler vermitteln, Verzeichnisse zu führen und vorzulegen. Personen, welche keiner dieser Kategorien angehören, haben der Steuer­behörde schriftlich von ihren Geschäftsumsätzen Anzeige zu machen und die Steuer einzuzahlen. Für Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz, un­terlassene oder unrichtige Eintragungen sind Strafvorschrtften vorhanden, bei welchen auf Geldstrafen bis zu 10 000 Mark erkannt werden kann.

Es geht diesem Gesetzentwurf in der Presse, wie es den meisten Vorlagen ergeht; sie wer­den nicht sachlich auf ihren wirklichen Wert hin geprüft, sondern an der Hand der verschiedenen

Parteiprogramme; stimmt die Vorlage mit diesen überein, dann findet sie ein begeistertes Lob, steht sie aber mit dem Parteiprogramm im Widerspruch, dann ist ihre Verurteilung ge­wiß. Aus diesem Grunde versteht man die außerordentliche Genugthuung, mit der viele konservativen Organe die Vorlage begrüßen man versteht auch die Abneigung, welche dieselbe den Organen der Linksliberalen einflößt. Hinter diese Gefühlsäußerungen treten die rein sachlichen Erwägungen wett zurück. Und dennoch ließe sich ein ganzes Arsenal von Gründen für und gegen die Vorlage ins Gefecht bringen. Das wird auch zweifellos noch geschehen vorläufig ist die Sache noch zu neu und hat in den zumeist interessierten Kreisen verblüffend gewirkt.

Laudesuachrichteu.

Alten staig, 27. Mai. Letzten Sonntag stattete der hiesige Liederkranz der befreun­deten Pforzheimer Liedertafel einen schuldigen Besuch ab, an welchem sich 22 aktive und 3 passive Mitglieder beteiligten. Die Psorz- heimer Sangesbrüder waren den hiesigen auf den Bahnhof in Weißenstein entgegengekom­men, wo auch Hr. Rosenwirt Dengler und die Feuerwehrmusik von Dill stein sich einge­funden und Aufstellung genommen hatten. Nach herzlicher gegenseitiger Begrüßung wurde unter dem erhebenden Spiel der Musik nach Dillstein marschiert, in derRose" kurze Einkehr gehal­ten und alsdann der Weg nach dem nahen Pforzheim angetreten. Hier angekommen, wurde der Besuch in das sehr schön dekorierte Vereins­lokal geleitet und die Altenstatger Sänger sei­tens des Vorstands der Liedertafel freundlichst begrüßt und willkommen geheißen. Nun ver­gnügte man sich bei abwechslungsweisem Ge­sang und beim Kredenzen des Vereinskruges in ungezwungener Weise bis zur Mittagsstunde. Um halb 1 Uhr wurde imPfälzer Hof" ein gemeinsames frugales Mittagessen eingenommen und später produzierten sich beide Vereine in einem hübschen Biergarten vor sehr zahlreich herbeigeströmtem Publikum und wetteiferten in gerechtfertigter Art durch ihre gelungenen, mit vielem Beifall aufgenommenen Gesangsvorträge. Zu bald mahnte die Zeit zur Heimkehr und man schickte sich nur ungern auf den Marsch zum Lahnhof an, wohin die Liedertafel das Geleite gab. Hr. Schittenhelm drückte hier noch namens aller Teilnehmer den besten Dank für den freundlichen Empfang und die sonst be­wiesenen ehrenden Aufmerksamkeiten aus und schloß mit einem 3maligen Hoch auf die Lieder­tafel. Man trennte sich mit dem Wunsche auf ein baldiges Wiedersehen. Alles verlief zur größten Befriedigung und selbst das gute Wetter, das nachmittags auf dem Schwarzwald durch den Ausbruch schwerer Gewitter beeinflußt wurde, bewahrte in Pforzheim, man könnte glauben als Zeichen besonderer Gunst, seine freundliche Seite. Die Psorzheimer Liedertafel zählt ca. 48 Sänger, lauter ausgezeichnete und gutge­schulte Stimmen.

Calw. 26. Mai. Stadtschultheiß Schuldt hat heute sein 80. Lebensjahr zurückgelegt und bis in dies hohe Alter sein Amt, welches er 1835 antrat, durch die geschäftsreichsten und schwierigsten Zeiten hindurch mit seltener That- kraft und Geistesfrische geführt. Er hat auch als Abg. während mehrerer Perioden den Bezirk in der Ständekammer würdig und erfolgreich vertreten. Die Gebrechen des Alters scheinen jedoch auch ihn nicht verschonen zu wollen und in jüngster Zeit bei ihm fich^ verbindlich gemacht zu haben. Nach beinahe 50jähriger Dienstzeit sah er sich daher veranlaßt, an seinem heutigen

Geburtstage sein Amt niederzulegen. Die bür­gerlichen Kollegien haben ihm in einer Adresse den Dank der Gemeinde für seine langjährige Amtsführung dargebracht und in liberaler Weise eine Pension festgestellt. Infolge eines gestern nachmittag in Wildberg niedergegangenen Wolkenbruchs hat der Zug, welcher 3 Uhr 49 Min. von Horb hier eintresftn soll, 1 Stunde Verspätung. Nach demGes." entstand durch den starken Regen an der Bahn bet Emmingen eine Dammrutschung.

Stuttgart, 26. Mai. Die Schwurge­richts-Verhandlungen vom II. Quartal beginnen hier den 30. Juni d. I. Verwiesen find bis heute 9 zum Teil sehr schwere Fälle, von denen die Verhandlung gegen den Anarchisten Kumitsch und den Raubmörder Hetzel das meiste Interesse erregen dürfte. Die Verweisung Döttling's als des Raubmords bei Pfandleiher Reinhardt ver­dächtig dürfte vorläufig nicht erfolgen, da die Einstellung des Verfahrens gegen denselben wohl möglich ist. In diesem Falle wäre das fragliche schwere Verbrechen in absolutes Dunkel gehüllt.

Stuttgart, 26. Mai. Vom hiesigen Landgericht wurde gestern der 28jährige Vieh­händler Julius Regensburger von Göppingen wegen vollendetem Betrug an einem Bauern in Plochingen, des dortigen Totengräbers Findeisen, zu 4 Monaten Gefängnis, 200 M. Geldstrafe und 3jährigem Ehrenverlust verurteilt. Regens­burger hatte an den Findeisen eine Kuh um 200 M. auf Abzahlung verkauft, iu dem Ver­trag aber noch die Herausgabe eines Rindles, das Findeisen im Stalle hatte, ausbedungen. Diesen letzter« Passus las er aber vor der Unterzeichnung durch die Ftudeisen'schen Eheleute nicht vor. Dieselben weigerten sich denn auch nachher, das Rindle herauszugeben. Es kam z« einem Zivilprozeß, bei dem sich der Betrug herausstellte. Es wurde darum die Untersuch­ung gegen Regensburger etngeleitet. Dessen Vater scheint nun eine Zeugin für seinen Sohn erkauft zu haben, die aber keinen Glauben fand. Der Vater wurde jetzt wegen Verdachts der Verleitung zum Meineid in Untersuchungshaft genommen und, je nach Befund, kommt die Zeugin wegen Meineids mit dem alten Regens­burger zusammen vor das Schwurgericht!

In einer Stadt im Fränkischen kaufte ein Bürger von einem Weinhändler einen Kubik- meter Wein. Der Käufer fragte zuerst den Verkäufer, wie hoch ein Kubikmeter trinkbarer Wein zu stehen komme, worauf er zur Antwort erhielt: 60 M. Er schlug ein, der Kauf war abgeschlossen und mußte jetzt der Verkäufer zu seinem größten Erstaunen die bittere Erfahrung machen, daß der Inhalt eines Kubikmeters gleich 1000 Liter ist und daß er demnach seinen Wein per Liter zu 6 Pfg. verkauft hat.

Ravensburg, 20. Mai. Zum Kolpor­tageschwindel wird demO. A." geschrieben: Gegenwärtig steht bei uns die Kolportage in Büchern, Zeitschriften und Bildern in einer Blüte, daß sie anfängl, zu einer wahren Land­plage zu werden. Seit mau im Norden den Kolporteuren gründlicher iu die Mappe guckt, scheinen sie Süddeutschland und besonders Ober- schwaben zum Terrain ihrer segensreichen Wirk­samkeit ausersehen zu haben. Bei der Raffiniert­heit, deren die meisten Kolporteure sich erfreuen, gelingt es ihnen leider in der Regel ihre Ware an den Mann zu bringen und der Abnehmer steht zu spät ein, daß er sein Geld für Schund ausgegeben und häufig ohne Wissen verderbliche Geistesprodutte unter Dach gebracht hat. Also doppelte Vorsicht ist sehr von Nöten.