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Deutsches Reich.

Köln. Der Inhaber des hiesigen Aus- kunftsbüreausSecuritas" ist seit Donnerstag verschwunden. In der Kaffe fehlen 30 000 M.

Danzig. Ein erschütternder Unglücksfall ereignete sich vor kurzem in der Vorstadt Neu­schottland. Drei Knaben waren beim Spielen in den Mühlenteich gefallen und waren nahe daran, zu ertrinken. Ein Arbeiter bemerkte kaum die Gefahr, als er auch sofort in den Teich sprang und mit eigener Gefahr zwei Knaben rettete. Als der mutige Mann aber­mals in die Flut Hinabstieg, um auch noch den dritten Knaben ans Land zu holen, befiel ihn ein Krampfanfall und er versank sofort in die Tiefe. Der Knabe wurde zwar noch mittels Stangen vom Ufer aus gerettet, dem menschen­freundlichen Retter aber konnte keine Hilfe mehr gebracht werden.

In Wittkowo (RegierungsbezirkPosen) ist kürzlich der Oberst von Malczewski im Al­ter von über 100 Jahren gestorben. Derselbe wurde in der Kriegsschule zu Berlin erzogen, geriet als preußischer Offizier nach der Schlacht bei Jena anno 1806 in französische Gefangen­schaft, trat dann ins französische Heer ein und war mit Napoleon im Jahr 1815 auf der In­sel Elba. Nach dem November-Aufstande und dem Jnsurrektionskriege im Jahre 1831 geriet er in russische Gefangenschaft und wurde nach Sibirien geschickt, wo er 47 Jahre zubrachte. Vor zwei Jahren kehrte er aus der Verbannung zurück.

Ausland.

Wien. Am Montag vormittag stürzte der 28 Jahre alte, beim Bezirksgericht ange- stellte Lohnschreiber Josef Baar plötzlich bewußt­los zusammen. Die freiwillige Rettungsgesell­schaft wurde gerufen und es stellte sich heraus, daß Baar vor Hunger ohnmächtig geworden war. Er hatte seit zwei Tagen nichts gegessen.

Wien, 17. Mai. Gestern Abend ist im Stadttheater auf der linksseitigen Gallerie ein Brand ausgebrochen, der Zuschauerraum brannte sofort lichterloh. Um 5 V» Uhr brannten bereits Dachstuhl, Gallerien und Parterre; um 5^2 Uhr stürzte das Dach mit dem Lustre ein. Nach dem Einsturz des Dachstuhls begann die Zinkein- faffung zu schmelzen, worauf auch der eiserne Vorhang zusammenbrach. Mittlerweile schlug der Wind um und trieb die Flammen gegen die Schellinggasse, wo die Requisitenkammer sich be­findet, die ebenfalls vom Feuer rasch vernichtet wurde. Das Theater wurde von Ausbruch des Brandes an für unrettbar verloren gehalten, die Feuerwehren der Stadt Wien und Umgeb­ung waren in gefahrvollster Thätigkeit zur Rett­ung anstoßender Gebäude. Abends 10 Uhr war das Feuer endlich allseitig abgedämpft. Das Theater ist total abgebrannt. Kein Men­schenleben ist zu beklagen; doch sind Wachmänner bet den Löscharbeiten verletzt worden. Das Feuer

soll durch die Unvorsichtigkeit von auf der dritten Gallerie beschäftigten Arbeitern oder nach an­derer Version im Maleratelier ausgekommen sein.

(Die verstorbene Kaiserin Maria Anna von Oesterreich) hat zu ihrem Universalerben Exkönig Franz von Neapel eingesetzt. Derselbe erhält vom vorhandenen Vermögen etwa zwölf Millionen Gulden; ihm zunächst steht im Te­stament Erzherzog Albrecht; auf ihn entfallen mehrere Millionen bar Geld und die Herrschaft Cagliera in Italien. Bedeutende Summen erhalten einige Klöster in Prag und Italien. Kaiser Franz Joseph erbt 700000 Gulden. Die drei Beichtväter der Verstorbenen erhalten Jahresrenten von je 1700 Gulden.

Bern. Von den Anhängern der Heils­armee ist an den Bundesrat ein Rekurs ein­gereicht worden gegen die vom Großen Rate des Kantons Neuenburg erlassenen und vom Volke genehmigten Dekrete, welche die Heilsarmeever­sammlungen verbieten. Protestiert wird ferner gegen die Ausweisung derMarschallin" Booth, der Miß Clark und der Offiziere Eduard Becket und Zitzer, sowie gegen die Verletzung des Hausrechts durch die Gendarmerie.

Parts. Der Jubel über die chinesische Freundschaft, die Ferry gestiftet, dauert in den hiesigen Blättern noch immer fort. Das ist be­greiflich. Das friedliebende Ausland kann da­mit zufrieden sein, daß die Franzosen nunmehr ihre zwei Land- und Machtentschädigungen für den Verlust von Elsaß-Lothringen glücklich un­ter Dach und Fach gebracht haben, und Ferry soll als Friedensfreund gepriesen werden, wenn er seine Landsleute auch auf diese moralische Seite seiner Politik aufmerksam macht: Tunis hat 116,340 gllm Flächeninhalt und 2,100,000 Einwohner, Anam 440,500 qkm und runde 21 Mill. Einwohner, wovon 15 Mill. in Ton- kin. Die Mehrung Frankreichs ist, wie man steht, keine kleine; für jeden verlorenen Elsaß- Lothringer hat Frankreich in Afrika und Asten dutzendfachen Ersatz gewonnen, wobei die große Ueberzahl den geringern Wert des einzelnen wohl ausgleicht. Auch find die französischen Afrikaner kein übles Kriegsmaterial, während die Anamesen eingeübte Lasttiere für die Staats­regalien: Reis, Opium, Bergbau und Fischerei sind. Als Merkwürdigkeit sei erwähnt, daß der National" es für nötig hält, die englische Presse zu belehren, daß, wenn auch der Ab­schluß des Vertrags von Tientsin mit der An­kunft des deutschen Gesandten v. Brandt zu­sammentreffe, doch nicht der Schluß berechtigt sei, Bismarck stehe mit dem Ereignisse in wel­cher Beziehung:Weit entfernt, sich in die Tonkinfrage einzumischen, hat Deutschland die größte Zurückhaltung bewiesen und ist den Ver­handlungen für den Abschluß des Vertrags durchaus fremd geblieben."

Paris, 16. Mai. Der spanische Partei­führer Ruiz Zorilla ist wieder in Genf einge­troffen.

Paris, 16 Mai. Ein Telegramm des

Temps aus Aden meldet: Bei Stana ist eine furchtbare Empörung ausgebrschen; 300 Türken wurden dabei niedergemetzelt.

Turin. In der vergangenen Woche er­hielten vierzig bis fünfzig Aussteller durch die Post eine Einladung zur königlichen Hoftafel für den nächstfolgenden Abend. Zur festgesetz. ten Stunde am nächsten Abend fuhr nun eine lange Reihe von Fiakern vor dem königlichen Palais vor, denen die geladenen Aussteller, alle selbstverständlich im Festgewande, entstiegen. Hier erfuhren sie, daß die an sie ergangenen Einladungsschreiben alle gefälscht waren und wahrscheinlich von irgend einem Spaßvogel ver­schickt wurden. Beschämt und hungrig kehrten sie dann zu ihrer bürgerlichen Tafel heim.

Petersburg. In Rußland wird man demnächst einen Prozeß erleben, der in seiner Art alles dagewesene überbieten wird. Eine vor etwa zwei Jahren eingesetzte Spezialkom- missson, welche die Thätigkeit der Verwaltung der großen Eisenbahngesellschaft zu prüfen hatte, ist zu dem überraschenden Resultat gelangt, daß die Verwaltung im Laufe der Jahre das nette Sümmchen von dreißig Millionen Rubel wo­von 25 Millionen der Krone gehörig unter­schlagen hat. Die Entrüstung der öffentlichen Meinung über diesen unerhörten Vorfall ist grenzenlos.

Vermischte-.

(Ein Paradies für Schuldenmacher.) Aus Erlau wird derBanater Post" geschrieben: Ein Urteil des hiesigen Bezirksgerichtes hat hier allgemeines Aufsehen hervorgerufen und zu zahl­reichen Glossen Anlaß gegeben. Der Fall ist folgender: Ein hiesiger Bürger begab sich in einen Schlächterladen, um Würste zu kaufen, und wollte sich mit der Ware entfernen, ohne den entfallenden Betrag 1 fl. 20 kr. zu ent­richten. Der Schlächter erklärte, er sei nicht geneigt, ihm zu borgen; er möge bezahlen oder die Würste dort lassen. Der Bürger ließ die Würste zurück, begab sich aber stracks zum Be­zirksrichter, um ihm den Fall anzuzeigen. Der Bezirksrichter fällte nun die salomonische Ent­scheidung :Das Nichtborgev drückt einen Zweifel an dem Charakter des Entlehners aus, es ist daher eine Ehrenbcleidigung." Und er bestrafte den Schlächter mit 20 fl. wegenEhrenbe­leidigung".

(Ein genügsamer Arzt.)Doktor," sagte ein dankbarer Patient, als er bet seinem ersten Ausgang nach einer längeren Krankheit seinen Arzt auf der Straße traf,ich schulde Ihnen mein Leben und werde dessen stets eingedenk sein!"Sie übertreiben," erwiderte der prak­tische Doktor,Sie schulden mir nur sechzig Mark für zwanzig Besuche und ich hoffe, Sie werden das nicht vergessen!"

Für die Redaktion verantwortlich: W. Rieker in Altenstaig

Landsleute glaube ich!" rief er lächelnd und rückte näher. Das sind die ersten dänischen Worte, die ich seit vielen Jahren gehört habe!"

Da thut es mir wirklich leid, daß sie nicht besser gewählt waren," antwortete mein erster Reisegefährte entschuldigend.

Hat nichts zu bedeuten!" versicherte der Andere.Drüben in Paraguay habe ich einmal eine alte Teerjacke umarmt, weil sie mir auf Dänischpack dich zum Teufel!" zurief. Glauben Sie mir, wenn man lange im Auslande gewesen ist und plötzlich seine Muttersprache zu hören bekommt, dann ist man schon über die Melodie entzückt, der Text mag lauten wie er will."

Damit war die Bekanntschaft eingeleitet, und ehe eine Viertelstunde verflossen war, hatte unsere Unterhaltung einen so freimütigen Ton an­genommen, als wären wir gute alte Freunde.

Namentlich der zuletzt gekommene Landsmann trug das Seine zu der lebhaften und offenen Konversation bet. Er bildete einen vollständigen Gegensatz zu dem ersten. Schön war er durchaus nicht. Die Umrisse seines Gesichts waren eckig, die Augenbrannen buschig und die Stirn be­gann an beiden Seiten sehr hoch nach dem Scheitel empor zu gehen; seine Haut war dunkel und von Wind und Wetter verbrannt, ja eine Sammlung blauer Flecke auf der einen Wange bewies sogar, daß er mit dem Feuer in direkter Berührung gewesen kurz sein ganzes Äußere deutete an, daß er eine gefährliche, stürmische Reise über den Ozean des Lebens gemacht, während das jugendliche Feuer seiner Augen und das warme Interesse, mit dem er für jede Sache Partei nahm, deutlich be­wies, daß er trotzdem so glücklich gewesen, niemals Schiffbruch zu leiden. Mein anderer, in seinem Aeußern so wohl konservierter Reisegefährte sah dagegen aus, als hätte er das Schiff gerettet, aber die Ladung

verloren, sein Blick war matt, seine Stimme kalt und nur von Zeit zu Zeit, wenn er eine spöttische Bemerkung machte, zeigte sich ein müdes Lächeln auf seinem schönen Gesicht.

So z. B. lächelte der Schöne einmal über den Eifer, mit dem der Andere das Koupee untersuchte, um sich zu überzeugen, ob eine naseweise Wespe, die zu uns hereingcflogen, wirklich wieder htnausgeschlüpft war oder nicht.Mir scheint," bemerkte er,Sie beehren dieses unbedeutende Insekt mit einer ganz unverdienten Aufmerksamkeit."

Durchaus nicht," antwortete der Andere;nnd gegen den Aus­druckunbedeutendes Insekt" muß ich sogar protestieren. In einem der Kämpfe zwischen den südamerikanischen Republiken hat ein Insekt von derselben Größe einmal das Schicksal zweier Länder entschieden. Es stach das Pferd des einen Anführers so empfindlich, daß das Tier wild wurde und mit seinem Reiter kopfüber einen Abhang hinunterstürzte; damit war das Heer ohne Anführer, und damit war die Schlacht ver­loren, und damit war das Land dem Feinde preisgegeben."

Da nehme ich meine Worte zurück. Eine Fliege richtete also mehr aus als ein Elephant, und in Zukunft werde ich Mücken und Käser als Wesen respektieren, die einen mächtigen Einfluß haben auf den Gang der Welt!"

(Fortsetzung folgt.)

(L e s e f r u ch r.)

Der Mensch kann nichts sein eigen nennen als die Energie, mit welcher er sich offenbart, und wär' es eine aufgedrungene.

Gedanken sind die Nahrung, Gefühle die Lebenslust, Willensakte die Kraftübungen des menschlichen Geistes.

Dr. v. Fcuchtersleben.