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Von der oberen Nagold.
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M. 59.
Menstaig, Dienstag den 20. Mai.
L Die Bank für überseeischen Handel.
Hat der dem Bundesrat vorliegende Gesetzentwurf, betr. die Unterstützung direkter Postdampferverbindungen mit Ostasien und Australien den Zweck, Deutschland in seinen Handelsbeziehungen mit jenen Ländern von der Abhängigkeit vom Auslande zu befreien, so ist dies noch mehr der Fall durch die geplante Gründung einer „Bank für den überseeischen Handel/ die gegenwärtig der Präsident der Reichsbank, Herr v. Dechend, betreibt. Eine solche Bank würde dem internationalen Handelsverkehr Deutschlands die besten Dienste leisten.
Bisher waren die Großkaufleute, die deutsche Waren nach überseeischen Ländern brachten oder Waren von dort nach Deutschland einführten, fast ausschließlich auf die Vermittlung der großen englischen Banken angewiesen. Diese gaben sowohl beim Versand ins Ausland als auch bet der Einfuhr aus demselben sehr bedeutende Geld- Vorschüsse. Dadurch und durch Gewährung anderer Vorteile wurde England zum Mittelpunkt des ganzen Geldverkehrs — die englischen Pfunde Sterling sind die Rechenmünze der ganzen Welt; alle Wechsel des Weltverkehrs werden auf „London" gezogen. Seitdem in den meisten Staaten die reine Goldwährung eingeführt worden ist, hat sich die Handelsherrschaft Englands fast zu einer unumschränkten gestattet. Daß bei diesem Wechselgeschäft stets ein sehr anständiger Profit in England zurückbleibt, ist klar.
Die Gründung einer deutschen „Bank für den überseeischen Handel", welche in Hamburg ihren Sitz haben soll, ist nun dazu bestimmt, die Alleinherrschaft Englands im Großhandel zu brechen. Diese Bank soll dem deutschen Großhandel den gleichen Kredit und die gleichen Vorteile bieten, wie die englischen. Sie hätte aber noch einen weiteren Zweck, der dem mit den hohen Finanzangelegenheiten nicht Vertrauten zwar nicht so klar vor Augen tritt, wie der erstangegebene. Deutschland besitzt nämlich noch große Silbervorräte und war zur Verwertung derselben ausschließlich auf den englischen Geldmarkt angewiesen. China und Indien aber sind gute Abnehmer für Silber. Tritt Deutschland nun mit jenen Ländern in direkte Handelsverbindungen, so erzielt es für sein Silber einen viel höheren Preis, wie in England, und andernteils wird seinem Handel dadurch ein bedeutender Aufschwung zu teil.
Die große Frage hinsichtlich der „überseeischen Handelsbank" ist nur, ob dieselbe wie die Reichsbank, ein Reichsinstitut oder aber ein Privatunternehmen sein soll. Der Gründungsplan ist kaum über die ersten Vorbesprechungen hinaus gediehen und schon treffen die Gegensätze hinsichtlich der obengenannten Frage scharf aufeinander. Daß es nämlich der Präsident der Reichsbank ist, der die Bankgründung plant, läßt der Vermutung Raum, daß das Reich die Sache in die Hand nehmen wolle. Dagegen aber tritt der Freihandel mit aller Entschiedenheit auf und macht für sich mit Geschick geltend: Eine Kreditbank, wie die geplante, könne in Zeiten großer Handelskrisen in schwere Mitleidenschaft gezogen werden; sie wäre ein rein spekulatives Unternehmen und mit einem solchen dürfe sich der Staat nicht einlaffen; die bessere Verwertung des Silbers könne die Nachteile nicht aufwiegen, die eine gewagte Spekulation für den Staat im Gefolge haben könne.
Es kann indessen keinem Zweifel unterliegen, daß die Bank auch ohne die materielle Unterstützung durch Reichsmittel ins Leben treten wird. Allerdings — so etwa eine halbe Mil
liarde Mark müßte man wohl als Grundkapital zusammenbringen! Aber der gute Zweck wird auch wohl die Mittel flüssig machen. Wir sind stolz auf unsere Marine und deren Leistungen; die deutsche Flagge findet heute auf allen Meeren, wo sie sich zeigt, volle Anerkennung. Der deutsche Ausfuhrhandel gewinnt immer mehr an Ausdehnung, und doch muß sich der deutsche Kaufmann fremder Banken bedienen, um im Auslande Geschäfte zu machen. Da muß ja die zu gründende Bank wie eine Erlösung von lästigem Druck erscheinen und deshalb ist sie mit Freuden zu begrüßen.
Tagespolitik.
— Die feierliche Grundsteinlegung zu dem neuen Reichstagsgebäude wird gegen Ende dieses Monats statiftnden. Zu dieser Feierlichkeit werden bereits die notwendigen Vorbereitungen getroffen.
— Der Chef der Admiralität hat der Seewarte in Hamburg die Verfügung zugehen lassen, die Mitteilungen von täglichen Wetterverkündigungen an die Zeitungen vom 1. Juni d. I. ab einzustellen. (Scheinen diese Wetterprognosen selbst dem Admiralitätschef zu unverlässig ?)
— Der Verkehr zwischen Kaiser Wilhelm und dem Reichskanzler ist gegenwärtig ein äußerst lebhafter. Am Freitag wurde Fürst Bismarck zweimal und auch am Sonnabend wurde er vom Kaiser empfangen.
— Die Nachricht bestätigt sich, daß die Reichsregiernng sich zur Einführung der deutschen Gesetzgebung in Angra Peqnenna entschlossen hat.
— Eine Hamburger Gesellschaft hat sämtliche bisher im englischen Besitz befindlichen Ak- tien der „Handels- und Plantagengesellschaft der Südsee-Jnseln" (Samoa-Inseln) erworben.
— Im Reichstage wird es, wie man hört, in nächster Zeit voraussichtlich zu einer Verhandlung über die Erhöhung der Kornzölle kommen. Es liegt dem Reichstage eine ganze Reihe Petitionen dieses Inhalts vor und es herrscht auf verschiedenen Seiten der Wunsch, ein Votum des Reichstags über diese immer brennender werdende Frage herbeizuführen. Dieselbe wird ohne Zweifel auch in der Wahlbewegung eine große Rolle spielen und eben im Hinblick hierauf wird es sowohl von freisinniger als von konservativer Seite gewünscht, daß die Sache im Reichstage zur Spräche kommt.
— Der Bundesrat nahm die Vorlage betreffs Subvention überseeischer Dampferlinien in folgender Fassung an: „Der Reichskanzler wird ermächtigt, die Einrichtung und Unterhaltung regelmäßiger Postdampfschiffsverbindungen zwischen Deutschland einerseits und Ostasten bezw. Australien andererseits auf eine Dauer bis zu 15 Jahren au geeignete Privatunternehmungen zn übertragen." Die Vorlage wird bald an den Reichstag gelangen und noch in dieser Session erledigt werden. Die deutsch- freisinnige Fraktion hielt vorgestern eine Sitzung ab. in der sie eine ablehnende Haltung gegenüber der Vorlage beschloß.
— Der Prozeß v. Kraszewski-Hentsch, so schreibt man der „B. L.-Z." von Berlin, wird allseitig mit allergrößter Aufmerksamkeit verfolgt. Man steht in ein Getriebe hinein, daS an Gewissenlosigkeit und Mangel an Vater» landsliebe seines Gleichen nicht hat. Die militärischen Behörden dürsten für den Fall der Verurteilung Hentsch's sich angelegen sein lassen, dessen Helfershelfer zu entdecken, die sich von dem früheren Hauptmann bestechen ließen, und deshalb wird der jetzige Landesverratsprozeß seine sehr üblen Nachwehen haben. Politisch
betrachtet, ist die Leipziger Verhandlung ungewöhnlich interessant, denn wir erfahren, wie umfassende Anstrengungen die französische Regierung gemacht hat, um durch Spione hinter deutsche Militärgeheimnisse zu kommen. Der Vorwurf, von Spionen umlauert zu sein, die alles Französische brühwarm an Moltke melden, ist in Paris seit Jahr und Tag ein stereotyper, die Behauptung hat bisher durch nichts erwiesen werden können, während jetzt vor aller Welt der Nachweis geliefert wird, daß die französische Regierung jede Summe ausgegeben hat, um durch Spionageberichte dahinter zu kommen, was seit 1871 in Spandau, in Metz, in Berlin und wo sonst nicht noch auf militärischem Gebiet vorgegangen ist. Einen peinlichen Eindruck macht es ferner, daß sich auch eine eng befreundete Regierung, nämlich die Oesterreichs, in diesen fatalen „Handel" verwickelt steht. Der Urteilseröffnung, die auf Montag den 19 Mai mittags 12 Uhr angesetzt ist, sieht man mit Spannung entgegen.
— Am Freitag begannen im Prozeß Kras- zewski-Hentsch vor dem Reichsgericht die Plai- doyers. Reichsanwalt Treplin beantragte das Schuldig im vollen Umfange im Sinne der Anklage und bat, bei Heroisch mildernde Umstände auszuschließen. Er beantragte gegen Hentsch 10 Jahre Zuchthaus und 10 Jahre Ehrverlust, gegen Kraszewski 5 Jahre Zuchthaus und fünf Jahre Ehrverlust.
— Der Antrag der Herren v. Kardoff, Fürst v. Hatzfeldt-Trachtenberg und Gen., welcher dahin geht, „den Bundesrat zu ersuchen, eine Enquete darüber zu veranstalten, ob ohne Schädigung der einschlagendcn landwirtschaftlichen Interessen eine Erhöhung der bestehenden Branntweinsteuer zulässig erscheint, und zu diesem Zwecke eine ausgiebige Vernehmung von Landwirten, sowie von größeren und kleineren Spiritusfabrikanten und Händlern zu veranlassen", ist u. a. unterstützt durch Dietze (Barby), Freih. v. Ow, Reiniger, Dr. v. Schwarze, Stälin.
— Aus dem Gioßherzogtum Hessen wird berichtet, daß die Rückkehr des Großherzogs ans England in den nächsten Tagen erwartet wird. Es gilt als gewiß, daß Verhandlungen etngeleitet sind, um die stattgehabte Eheschließung, soweit möglich, wieder rückgängig zu machen. Damit im Zusammenhang stehend wird der Rücktritt des Staatsmintsters v. Starck als nahe bevorstehend bezeichnet.
— Der italienische Kriegsminister hat dieser Tage in der Kammer einen Antrag auf Erhöhung des jährlichen Rekruten-Contingents von 65,000 auf 80,000 Mann eingebracht. Wie die italienischen Zeitungen ausrechnen, würde dadurch die Stärke der italienischen Feldarmee auf 540,000, die der Milizia mobile auf 200,000 Mann gebracht, das heißt auf die doppelte Zahl der Streitkräfte, über welche Italien im Jahr 1860 verfügte.
— Die Wiener „Presse" bezeichnet die jüngste Reichstagsrede des Fürsten Bismarck als weitaus seine bedeutendste Kundgebung auf dem Gebiete der sozialen Frage, denn sie enthalte, was die Parteien so oft forderten, das volle und ganze Programm der leitenden deutschen Sozialpolitik. „In drei schlichten Sätzen, so schreibt das Blatt, hat der Fürst dasselbe ausgesprochen: Den gesunden Arbeitern Arbeit, den kranken Verpflegung, den invaliden Versorgung. In der That, in diesen drei Punkten gipfelt für alle Vernünftigen die soziale Frage und so weit ist der Staat im Stande, sie einer Lösung näher z« bringen. Mit den utopistische» Träumen des Anarchismus vom allgemeinen Besitz und Genuß nach gründlicher Liquidation