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Aus Heu Tamm.

Intelligenz- L Anzeige-Matt

Von der öderen Nagold.

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Wr. 56.

D Die Sprengstoff-Gesetzentwürfe.

Es kann nun leider keinem Zweifel mehr unterliegen, daß von seiten einiger verbissenen Anarchisten ein Dynamit-Attentat geplant war, vm die vorjährige Feier der Enthüllung des Niederwald-Denkmals in der entsetzlichsten Weise zu stören. Der Abg. Eugen Richter lieh den bisher darüber umgehenden Gerüchten zum ersten- male in einer Sozialistengesetz-Kommission Worte und seitdem sind von mehreren Seiten bestätig­ende Meldungen eingegangen. Ob das Dynamit unter das Fundament des Denkmals selbst oder unter das Kaiserzelt gelegt war u. welche glück­lichen Umstände den Erfolg des Bubenstücks vereitelt haben, kann zur Zeit noch nicht mit Bestimmtheit gesagt werden.

Das Bekanntwerden dieser Thatsachen hat die Folge gehabt, daß die deutsch-freisinnige Partei einen besonderen Gesetzentwurf gegen die mißbräuchliche Verwendung von Sprengstoffen eingebracht hat; sie wollte damit dokumentieren, daß sie trotz ihrer dem Sozialistengesetz gegen­über ablehnenden Haltung sich keineswegs gegen die Gefahren verschließe, welche die Verpflanz­ung der anarchistischen Agitation auf deutschen Boden in sich schließt. Aber auch der Bundes­rat befaßt sich gegenwärtig mit einer von Preu­ßen eingebrachten Vorlage, welche sich gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von'Sprengstoffen richtet.

Zwischen beiden Entwürfen, dem der deutsch- freisinnigen Partei uud dem der preußischen Regierung, bestehen schwerwiegende Unterschiede, von denen am bezeichnendsten die große Verschie­denheit der angedrohten Strafbestimmungen her­vortritt.

Wer vorsätzlich durch Anwendung von Sprengstoffen Gefahr für das Eigentum, die Gesundheit und das Leben anderer herbeiführt, wird nach dem preußischen Entwurfmit Zucht­haus-, nach dem andernmit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren- bestraft, welche Bestimmungen wohl nahezu gleichwertig sind, da sie beide dem Ermessen des Richters in der Höhe der Straf­bestimmung keine Schranken setzen. Ist durch die verbrecherische Handlung der Tod eines Menschen herbeigeführt worden und konnte dies der Attentäter vorhersehen, so ist nach pr. Ent­wurf auf Todesstrafe zu erkennen, während der andere Entwurf nur Zuchthausstrafe bis zu 10 Jahren oder lebenslängliche Zuchthaus­strafe zuläßt. Für Teilnehmer an Dynamir- komplotten setzt der Regierungsentwurf Zucht­haus bis zu fünf, der andere bis zu drei Jahren fest. Eine überraschende Übereinstimmung des Wortlauts in beiden Entwürfen weisen die be­treffenden Paragraphen über die öffentliche An­stiftung und Anreizung zu Dynamttverbrechen auf. Sie lauten:Wer öffentlich vor einer Menschenmenge oder wer durch Verbreitung und öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von Schriften oder andern Darstellungen- (bis­her die wörtliche Übereinstimmung!) zu Spreng­stoff-Attentaten anreizt, wird mitZuchthaus- »ach dem preußischen, mitGefängnis nicht un­ter zwei Jahren- nach dem andern Entwurf bestraft.

Ein anderes wesentliches Unterscheidungs­merkmal zwischen beiden Entwürfen ist, daß die Regierung die Zubereitung von Sprengstoffen unter polizeiliche Kontrolle nehmen will und mit Bezug darauf sehr detaillierte Bestimmungen tu das Gesetz etnfügt, während der von der deutsch-frei finnigen Partei eingebrachte Entwurf «nr mitGefängnis bis zu drei Monaten- die­jenigen bedroht, die Sprengstoffe und dazu ge­hörige Maschinen und Apparate anfertigen, aus

Menstaig, Dienstag dm 13. Mai.

dem Auslande einführen, aufbewahren oder vertreiben, ohne erweisen zu können, daß dies zu erlaubten Zwecken geschieht.

Nach Andeutungen, die schon vor Bekannt­werden des Regierungsentwurfs durch die Presse gegangen sind, stützen sich die Bestimmungen über die strenge Polizeikontrolle der Sprengstoff­fabrikation auf Abmachungen mit Rußland, Oesterreich und anderen Mächten Abmachun­gen, die entweder schon getroffen sind oder doch angebahnt werden. Die Dynamitgefahr ist für alle Länder die gleiche: Im despotisch regierten Rußland und imfreien- England sind in den letzten Jahren Sprengstoffattentate in großer Zahl vorgekommen und diese Gefahr macht ein einheitliches Vorgehen erforderlich. Es handelt sich dabei nicht um die Verfolgung politischer Gesinnungen, die den jeweiligen Machthabern unbequem sind, sondern um die möglichste Ver­hütung von Verbrechen, die unter dem Deck­mantel politischer Ueberzeugungstreue aus dem Hinterhalt gegen wehrlose Mitbürger in Szene gesetzt werden, um ruchlose Thaten, auf die jeder in sittlichen Anschauungen ausgewachsene Mensch, und möge er auf einem noch so extremen Parteistandpunkt stehen, mit schaudernder Ent­rüstung blickt.

Limdesuachrichteu.

Der wegen Verdachts der Urheberschaft an dem gräßlichen Brandunglück in Schopf­loch verhaftete Eigentümer des abgebrannten Hauses ist am 8. ds. wieder aus der Haft ent­lassen worden.

Stuttgart, 9. Mai. Divistonsgeneral Knörzer wurde pensioniert und aus diesem An­laß in den Adelsstand erhoben.

Das StuttgarterN. T.- schreibt: Wenn der Himmel uns Heuer so gnädig ist, wie genau vor 300 Jahren, so dürfte ein Herbst­segen zu erwarten sein, bei welchem heute schon den Weintrinkern das Herz im Leibe lacht. Als Gewährsmann für jenen außerordentlichen Herbstsegen dient uns einPaul Kapp-, dessen Ünterschrifi ein Stein trägt, welcher in der Schildmauer eines Kellergewölbes im Metzger Alb. Linck'schen Hause in der Karlsstraße zu sehen ist. Die auf demselben zu lesende In­schrift lautet: Anno. Domini. (Im Jahre des Herrn) 1584 . ist dieser Keller . gemacht. worden . und . hat . ain . Mas . Wein . gölten .ain. Pfing . und . in. Stiftsckeller . um . sunst . wer . hat . wellen.- Möchte sich dieser Preis, wenn auch in modifizierter Weise, Heuer wieder einmal etnstellen!

Cannstatt, 9. Mai. Gestern abend er­hängte sich in seiner Scheuer ein 42 Jahre alter Weingärtner von hier. Da er in ganz geord­neten Verhältnissen lebte und auch keine Familien­zwiste vorkamen, so läßt sich das Motiv zur That nicht denken. Gestern abend wurde bei Münster in der Nähe des sog.schwarzen Loches- ein männlicher Leichnam aus dem Neckar gezogen, der bereits, der vorgeschrittenen Ver­wesung nach zu urteilen, seit einigen Wochen tot sein muß.

Niedernau, 7. Mai. Zwei Schüler­mädchen Namens Louise Schänder und Pau- lina Ulmer, deren Heim ziemlich wett vom Schulorte entfernt ist, fanden beim Nachhause- gchen ein mit 184 M. 34 Pfg. und einem goldenen Uhrschlüffel gefülltes Portemonnaie. Die ehrlichen Schülerinnen trugen den gemach­ten Fund sofort zum hies. Schultheißen. Abends holten Studirende aus Tübingen ihr Verlorenes ab und beschenkten die guten Kinder mit 20 M.

Ulm, 8. Mat. Heute Vormittag mit dem Zug von Friedrichshafen wurde Postasfistent

1884.

Pfuderer von Zürich hierher gebracht und dem K. Amtsgericht eingeliefert.

Aus Oberschwaben wird demJpf- über das Rekruten - Unwesen geschrieben: In jetziger Zeit, wo alles über Verdienstlostgkeit klagt, ist es geradezu unbegreiflich, wie die El­tern den jungen Leuten so viel Geld in die Hand geben, da sie doch wissen, wie dasselbe im Wirtshause vergeudet wird. Auf das über­mütige Verprassen des Geldes folgt dann der Rekrutenbettel! Ganze Oberämter, ja größere Landesteile werden ausgefoch'en und oft von Leuten, die eine Unterstützung nicht im geringsten nötig haben. Mancher erbettelt 50100 M., je nachdem er damit umgehen kann. Oft kommt es vor, daß soarme Rekruten- mit Cigarren im Mundeum eine kleine Unterstützung bitten.-

(Unglücksfälle und Verbrechen.) Am Mittwoch Nachmittag kam in Stuttgart der 27jährige, verheiratete Maschinenarbeiter Carl Hafen von Wehingen im Geschäft von Friedel u.Cie. dortselbst, mit beiden Händen in die Abrichtmaschine und verletzte sich derart, daß ihm im Katharinenhospiial von der linken Hand drei und von der rechten Hand IV 2 Finger ab­genommen werden mußten. Das dreijährige Söhnchen eines Bahnwärters in Besigheim geriet in dem Angenblicke auf die Bahnlinie, als der Schnellzug daherfuhr. Das Kind wurde von der Maschine beiseite geschleudert, infolge­dessen es einen Schädelbruch erlitt, an welchem dasselbe in der Nacht verschied. Es war, wäh­rend die Mutter in der Stadt und der Vater im Dienst sich befand, einem O^jähr. Schwester­chen zur Aufsicht anvertraut. DerJpf- er­zählt aus Ober sch wa ben ein Stück von einem Stromer, der die im Rathause eines Orts ver­sammelten Gemeinderäte anbettelte, nicht ohne Empfang einer Gabe vom Platze weichen zu wollen erklärte und mit Gewalt vom Ortsdimer in Arrest abgeführt werden mußte, wobei er seine Kleider in Fetzen riß. Am anderen Mor­gen mußte er mit Extragefährt vom Landjäger in die Oberamtsstadt geführt werden, da er sich zu Fuß zu gehen weigerte; wenig erbaut war er davon, daß der Landjäger ihn mit einem Strick hinten au den Wagen band.

Deutsches Reich.

Berlin, 10. Mai. Die heutige Sozialisten, debatte beginnt mit der Rede des Sozialisten Geifer, welcher die Worte des Kanzlers von dem Recht auf Arbeit, natürlich für seine Partei reklamiert, die schon früher solche Anträge vorbereitet habe. Da jetzt Spezialdiscussion ist, unterbricht der Präsident den Redner, welcher zur Generaldebatte spricht. Derselbe bestreitet ohne Originalität die Beschuldigung, daß seine Partei umstürzlerische Tendenzen verfolge, wobei die anarchistischen Brandartikel des Züricher Sozialdemokraten desavouiert werden. Redner spricht ohne die Aufmerksamkeit des Hauses so weiter. Ju der Vorabstimmung über die Anträge Windt- horst's zu den einzelnen Paragraphen des So­zialistengesetzes gestaltete sich im Plenum das Stimmenverhältnis ebenso wie in der Kommis­sion. Sie wurden vom Zentrum und den Frei­sinnigen angenommen. Damit ist natürlich die Schlußabstimmung nicht präjudtoiert.

Berlin, 10. Mat. (Telegramm ds. Bl. Aus den Tannen-.) Der Reichstag nahm die Regierungsvorlage betr. die Verlängerung des Sozialisten-GesetzeS nachdem die Windthorst'- schen Abänderungsanträge zurückgezogen worden wareu, mit 189 gegen 157 Stimmen an. Mon­tag dritte Lesung.