Prag wird berichtet: Der Mormonen-Misstonär Thomas Biestnger, welcher in Wien und Prag Anhänger für die Mo?monensekte warb, wurde vom hiesigen Senate zu etnmonatlichem Arreste verurteilt. Biestnger hatte in Wien mit einem zweiten Missionär, namens Paul Hauser, eifrig für das Mormonentum gewirkt. Als der Aus­nahmszustand erklärt wurde, reiste Biestnger nach Prag, wo er nach kurzem Wirken verhaftet wurde. Bei Biestnger wurde ein Beglaubigungs­schreiben der Mormonen-Gemeinde Lehi in Utah vorgefunden, worin er speziell für die Mission in Österreich bestellt wird. Der Angeklagte ist aus Württemberg gebürtig, war früher Schnei­der, ist jetzt Bergwerks-Aufseher und nach Leh' in Utah zuständig.

Bern, 7. Mai. Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement hat die Behörden der Kantone Bern, Fretburg, Waadt, Neuenburg und Genf auf 13. Mai zu einer Konferenz nach Bern ein­geladen, damit beraten werde, wie gegenüber der Heilsarmee die Rechte der Glaubens- und Kultusfreiheit aufrecht zu erhalten seien.

Ein sonderbares Wettrennen fand dieser Tage auf einer Strecke der Bahnlinie Bern- Luzern statt. DasLuz. Tagbl." erzählt darüber: Als der Personenzug von der Station Wohlhausen fortfuhr, sprang ein etwa vier­jähriges Pferd, das sich losmachen konnte, kurz vor der Maschine ins Geleise und galoppirte dem Zuge voran bis zu der 9 Kilometer ent­fernten Station Malters. Hier war zwei Mi­nuten Aufenthalt und weiter ging das sonder­bare Rennen mitten auf den Schwellen, so datz Kies und Funken stoben. Kurz vor der sechs Kilometer entfernten Station Littau der letzten vor Luzern kam der edle Renner zu Fall. Er überschlug sich und ein Hufeisen sauste dem Lokomotivführer um den Kopf. Aber noch einmal raffte sich das feurige Tier auf und sprengte dem Zuge voran und kam als Sieger in Luzern an, wo es, in Schweiß gebadet, jedoch unverletzt, von Bahnbeamten eingefangen wurde. Es hatte die 20 Kilometer betragende Strecke in 34 Minuten zurückgelegt und wiehernd auch die beiden finstern Tunnels Zimmeregg und Sentt gleich der Lokomotive glücklich passiert.

London, 7. Mai. Der Standard glaubt, das Kabinet werde, um dem Tadelsvotum vor­zubeugen, die Absendung einer Expedition zur Unterstützung Gordon's, sobald die klimatischen Verhältnisse solche gestatten würden, ankündigen.

New-Jork, 3. Mai. Wie in Europa, so ist auch in Amerika 'die Geschäftslage so gedrückt, daß in allen großen Jndustrtemittel- punkten zahlreiche Arbeiter entlassen werden müssen. Neu einwandernde Arbeiter haben da­her die größte Schwierigkeit, Beschäftigung zu erlangen und es ist für mittellose Leute jetzt mehr als je ratsam, nicht ohne vorherige feste Anstellung nach Amerika zu gehen, da sie sonst leicht in das größte Elend verfallen können. Von den 38 587 Einwanderern, welche im März d. I. in den Staaten der Union eintrafen, sind

die meisten dem Handwerkerstande Angehörenden noch unbeschäftigt, und nur landwirtschaftliche Arbeiter, oder solche, welche die Landwirtschaft verstehen und Mittel haben, sich eine kleine Farm zu kaufen, haben einigermaßen sichere Aussicht, ihre Lage zu verbessern.

New-Jork, 7. Mai, Der Dampfer Titania" von Glasgow passierte heute vor­mittag Fächer Point mit 24 Personen von dem DampferState of Florida" an Bord, welcher infolge des Zusammenstoßes mit einer Barke auf hoher See untergegangen sein soll. Der Kapitän derTitania" sagt, von 167 Personen, welche sich an Bord desState of Florida" befanden, seien nur 44 gerettet, die Barke habe eine Besatzung von 15 Mann gehabt, wovon nur der Kapitän und zwei Mann gerettet seien. Die Geretteten werden wahrscheinlich in Quebec gelandet.,

Vermischtes.

(Ern See verschwunden.) Red Fish Lake, ein See auf einer Bergkette in Idaho, der meh­rere Meilen lang und sehr tief war, ist plötz­lich in der Tiefe verschwunden. Der See lag etwa 11000 Fuß über dem Meeresspiegel und war mit einem dichten Wald umgeben. Die Felsen bestehen aus Granit und Kalkstein und eine ungeheure Öffnung hatte sich gebildet. Der See enthielt Millionen roter Fische, welche mit dem Wasser spurlos in die Tiefe versunken sind.

(Ein gefährliches Mittel.) Im Briefkasten derDresdener Nachrichten" fragte neulich je­mand an, ob es Mittel gegen denKater" gäbe. Hierauf erhielt er folgende Antwort:

Der Kater ist ein Leid fürwahr,

Vor dem es jedem schautert;

Ein Mittel gibt's dagegen zwar,

Doch wird's nicht ausgeplaudert.

Denn ist das Mittel erst bekannt.

Dann nimmt das Trinken überhand.

Es säuft hernach wohl Mt und Jung Und uns trifft die Verantwortung.

(Merkwürdige Studienreise.) Ein Prahl­hans erzählte in einem Gasthaus von den vielen Ländern der Welt, die er aufs Gründlichste besucht und in denen er sich überall wie zu Hause gefühlt hätte. Ein Fremder, der abseits den elenden Aufschneidereien lange schweigend zugehört, dreht sich endlich langsam um und fragt gelassen:Waren Sie auch in der Al­gebra?"Ha natürlich!" versetzte jener, sich in die Brust werfend,ich durchreiste dieses Gebiet ungefähr vor anderthalb Jahren auf dem Verdeck einer Postkutsche!"

Biktualienprets e

auf dem Wochenmarkt in Altenstaig am 7. Mai V- Kilo Butter ... 70, 75 u. 78 Pfg. 2 Eier ........ 8 u. 9 Pfg.

Schiffs-Nachrichten.

Moravia", 23. April von Hamburg abgegangen, ist am 5. Mai in Newyork ange­kommen.Wieland", 20. April von Ham­burg, 22. April von Havre abgegangen, ist am 2. Mai in Newyork angekommen.

aber seinem Leben ein Ende gemacht. Nieder­maier befand sich seit 8 Tagen in Karlsbad zur Kur. Während dieser Zeit ist ermittelt worden, daß er sich grobe und beträchtliche Veruntreu­ungen zu schulden kommen ließ. Die bisher er­mittelten Veruntreuungen, nach deren Entdeckung Niedermaier durch zwei Vorstandsmitglieder des Vorschußvereins in Karlsbad abgeholt wurde, beziffern sich auf ca. 175,000 Mark. Zur Be­gleichung derselben wird der Reservefond des Vereins in Höhe von 60,000 M. und die Kau­tion des Niedermaier verwendet werden; einen Teil des Restes zu tilgenchaben dessen Verwand­ten übernommen, das übrige werden die Mit­glieder zu decken haben. Bei dem anspruchs^ losen Leben des Niedermaier ist selbst solchen, welche demselben nahe standen, rätselhaft, zu welchen Zwecken er die defraudirten Summen verwendet hat. Wie einstweilen festgestellt wurde, wurden die Unterschlagungen dadurch ermöglicht, daß Niedermaier ihm übergebene Anteilschein- Formulare, welche von den Vorständen in blanco gezeichnet waren, auf Namen von Mitgliedern ausstellte, sie als Pfandpapiere im Depot behielt und die als Darlehen gebuchten Beträge in seinem Nutzen verwendete. Durch das vom De­fraudanten gemachte Geständnis ist festgestellt, daß er seit 11 Jahren in der angegebenen Weise manipuliert hat. Daß die Entdeckung nicht früber eintrat, liegt zum Teil an dem großen Vertrauen, welches Niedermaier genoß, demzu­folge ihm schon früher Unregelmäßigkeiten, aller­dings anderer Art, nachgeschen wurden. Es ist dieselbe Ursache, welche bei anderen Vorschuß- Vereinen unsägliches Elend herbeiführte.

Finster walde. Kürzlich verstarb im hiesigen städtischen Krankenhause die unverehe­lichte Marie Richter im Alter von etwa achtzig Jahren. Dieselbe hat wegen verschiedener schwerer Diebstähle nach und nach zusammen 41 Jahre Zuchthausstrafe verbüßt, also über die Hälfte ihres Lebens im Zuchthause zuge­bracht.

(Deutsche Einwanderung in Californien.) Die Aussichten auf eine Zunahme deutscher Ein­wanderer nach Californien, so schreibt derCal. Demokrat", sind gegenwärtig die besten. Es treffen jetzt viele Süddeutsche hier ein, wackere Badenser, stämmige Württemberg er, ar­beitsstramme Bayern rc., denen in Californien eine gute Zukunft winkt und die für den Staat ein wertvolles Bevölkerungs-Element abgeben. Überhaupt fühlt sich der Süddeutsche hier gleich viel heimischer. Ihm ist das Berg- u. Hügel­land bekannt und genehm, er ist ein Obst- und Rebenzüchter, der seine Sache versteht und ein mildes Klima zu schätzen weiß, während der an ebene Landstrecken und zumeist Korn- und Kar­toffelbau gewöhnte Norddeutsche zu Anfang die Vorteile Kaliforniens weniger zu würdigen ver­steht.

Ausland.

(Ein württembergtscher Mormone.) Aus

stark, hübsch heiß in Afrika Hab' ich mich an die Hitze gewöhnt ist wiederum meine Leidenschaft. Sie sorgen wohl dafür, mein treff­licher Wirt?"

Und dreimal gähnte er dem Dienstfertigengute Nacht" zu und der Wirt gieng hinunter, ganz betäubt von den kolossalen Reiseberichten des Fremden und träumte von zwölf bis fünf Uhr von nichts als Wüsten­bewohnern, Wasserfällen und brausenden Strömen.

Die Nacht bringt Rat. Die glühende Begeisterung des Abends ist gewöhnlich am nächsten Morgen verraucht. Die Stunden vor dem Schlafengehen gehören der schöpferischen Phantasie an; Aurora setzt wieder die nüchterne Wirklichkeit auf den Thron. Wir könnten noch allerlei bunte Gleichnismäntelchen um diese sehr gewöhnliche Wahr­nehmung hängen, und das wäre vielleicht ganz schön. Vor der Hand wollen wir indessen, da die Zeit drängt, bei den obigen es bewenden lassen.

Also: die Zeit bringt Rat, und der Falkenwirt steht trotz aller wilden Träume mit kühlem Kopfe auf und denkt bei sich:

Ich will meinem Herrn Grafen von Mannenbach doch heute seine Rechnung präsentieren lassen. Wer weiß, wozu es gut ist! Mein Kellner hat eine Stirn wie Eisen und die Delikatesse zieht nicht bei ihm, wenn er einmal seinen Fremden aufs Korn genommen."

Sagte stch's und schrieb die Rechnung mit der netten säubern Hand, die alle Welt vom Falkenwirt kennt, so wie auch seine Billigkeit bekannt ist.

Die kleine Note lautete ohngefähr wie folgt: Nachtessen 52 Kreu­zer; drei Schoppen Markgräfler vom Extra: 64 Kreuzer; Logis: 30 Kreuzer; Frühstück: 18 Kreuzer. Summa: 2 Gulden 34 Kreuzer.

Im schlimmen Falle," dachte der Wirt ganz vernünftig,

und wenn auch der Herr nur den einzigen Thaler gehabt und sogar gestern etwas davon ausgegeben hätte, werde ich an meiner Rechnung nur wenige Kreuzer verlieren müssen, und der Himmel weiß, wieviele von den seligen Restkreuzern ich schon in den Schornstein geschrieben habe! Sollte im Gegenteil mein Fremder, wie ich doch ein bißchen für möglich halte, in der That ein solider Kunde sein, so mag ich ihn wohl mit der Versicherung beschwichtigen, daß meines Hauses Gewohnheit ist, all­morgendlich mit der Rechnung vorzufahren."

Gieng sodann zur Küche, schärfte dem weiblichen Personale, das gewöhnlich der Versuchung, den Kaffee mit Zichorien und Ähnlichem zu mißhandeln, nicht unzugänglich ist, die äußerste Redlichkeit in der Frühstücksbedienung des Herrn Graf von Mannenbach ein; und als nach wenigen Minuten die Glocke von oben ertönte und der Kaffee verlangt wurde, derselbe auch bald in Bereitschaft stand, hinaufgetragen zu wer­den , rief der Wirt seinem Kellner; allein: wie vor grauen Zeiten Adam gethan, so that heute der Kellner: er ließ sich rufen und antwortete nicht. Steckte er beim Liebchen oder ließ er sich gerade frisieren oder schlief er noch, vom Morgenstrahl der Sonne in Gold gefaßt? davon meldet die Geschichte nichts.

Und weil auf mein mehrmaliges Rufen niemand sich stellte, der dem eleganten Kellner nur im mindesten ähnlich sah, so faßte sich der Wirt kurz und sagte: Selbst ist der Mann! schob die Rechnung, bestimmt, gleich einer Sondiernadel Herz und Nieren des Gastes zu prüfen, in seine Tasche und stieg heldenmütig die Treppe hinan.

(Fortsetzung folgt.)

(Lesefrucht.) Es ist eine alte Regel: Ein Unverschämter kann be» scheiden aussehen, wenn er will, aber kein Bescheidener unverschämt.