Frechheit gehabt, wieder als „Rechtspraktikant" aufzutreten. Zu bemerken ist, daß der Held unserer Geschichte ein Bauernsohn aus Karbach (Unterfranken) ist, Hans Hain heißt und sich feine juristischen Kenntnisse als Advokatenschreiber iu München erworben hat.
Als letzthin in Pirmasens der Postwagen zum ersten Zug nach dem Bahnhof fuhr, machte sich ein Dieb über denselben her und entwendete den mit Briefschaften gefüllten Beutel. Es sollen sich darin Werthbrtefe im Betrage von ca. 40000 Mrk. befinden. Die Polizei ist in voller Thätigkeit, ohne aber bis jetzt ein Resultat erzielt zu haben.
(Eine galante Behörde) ist die Bürgermeisterei in Mainz, die gelegentlich der Einweihung der neuen Stadthalle folgende Bekanntmachung erließ: „Vielfachen Anfragen zu begegnen, fühlen wir uns veranlaßt, es als selbstverständlich zu erklären, daß das Fest zur Eröffnung der Halle durch das Erscheinen von Damen welches wir wünschen und erwarten dürfen, seine schönste Verherrlichung erlangen wird."
Ausland.
Wien, 9. Jan. Die Redaktionen der „Presse", des „Neuen Wiener Tagblatt", des „Extrablatt", der „Wiener Allgemeinen Zeitung" und der „Vorstadtzeitung" erhielten angeblich aus radikalen Arbeiterkreisen Dohbriefe, daß ihre Druckereien in die Luft gesprengt werden sollten, weßhalb die Polizei Vorsichtsmaßregeln ergriff und starke Bewachungen verfügte.
Aus Bregenz wird der „N. Z. Z." geschrieben: In Bezau (Hauptort des Gerichtsbezirks Bregenzerwald) hat eine ernstliche Bergrutschung stattgefunden; 4 Häuser stürzten ein, 12 droht das gleiche Schicksal; die Leute flüchten.
Die Pester Polizei sichert dem Zustandebringer des Diebes, welcher die aus dem Hof des dortigen Hauptpostamtes verschwundene Geld- ktste mit 240000 fl. gestohlen hat, eine Belohnung von 3000 fl. zu. Bis jetzt hat man von dem Thäter keine Spur.
Rom, 9. Jan. Sämmtliche Mitglieder der Königlichen Familie begeben sich heute zum Phanteon, um an dem Grabe Victor Emanuels ihre Gebete zu verrichten. Von außerhalb find zur Theilnahme an der Gedächtnißfeter gestern und heute bereits über 10000 Personen hier eingetroffen.
— Der Stadtrath vonParis hatte einen Betrag bewilligt, um Abgeordnete aus den Pariser Gewerbekammern zur Ausstellung nach Boston zu schicken, nämlich einen Vertreter von jedem wesentlichen Industriezweige. Diese sollten die industriellen Verfahrungsweisen, die neuen Erfindungen, die Fortschritte der amerikanischen Fabrikanten rc. studiren. Die Abgesandten faßten aber ihre Aufgabe anders, wie mau aus einer Rede entnimmt, die der Bürger I Camelinat bei einem großen Bankett von Arbeitern in New-Dork gehalten hat. Er erklärte.
sie seien gekommen, um die amerikanischen Arbeiter aufzufordern, gemeinschaftlich an der sozialen Revolution mitzuwirken. Und der Stadtrath von Paris hat die Reisekosten dieser Propaganda zu Gunsten einer zukünftigen Kommune bezahlt.
Petersburg, 5. Jan. Die hiesige Polizei soll durch die Ermordung Ssudeikin's, wie man behauptet, in besondere Verlegenheiten gesetzt seien. Der Ermordete war ein Mann von von großem Ehrgeiz, der die Fäden der politischen Polizei in Petersburg fast ausschließlich in seine Hände genommen hatte und wie er im Verkehr äußerst verschwiegen war, so hat er auch keine schriftlichen Anhaltspunkte zurückgelassen. Das Buch, in dem er sich Namen und Adressen zu notiren pflegte, trug er immer und auch an seinem Todestage bei sich — und dieses Buch haben die Mörder mitgenommen. Das Reuter'sche Bureau meldet, Jablon'ski habe selbst der Frau Ssudeikin den Tod ihres Mannes gemeldet und dann, als die Frau fortstürmte, das Schreibpult des Ermordeten erbrochen und alle wichtigen Papiere desselben mitgenommen.
Landwirthschastliches.
Ein Rückblick ans das Jahr 188 L.
(Schluß.)
Der Viehzucht wird alle Aufmerksamkeit geschenkt und bildet dieselbe namentlich auf unserem Schwarzwalde eine Haupterwerbsguelle der Landwirthschaft. Der Viehpreis behauptete durchschnittlich eine ordentliche Höhe und brachte dem Bauern manche baare Mark ins Haus. — Sodann haben die Holzpreise, namentlich fürs Brennholz, wieder wesentlich angezogen, so daß auch die Rente aus dem Waldbesttz sich günstiger gestaltet hat. — Das Jahr 1883 hat aber auch für Süßigkeiten gesorgt. Die Bienenzucht war lohnend; centnerweise wurde Honig gewonnen und dabei wurden die kleinen emsigen Thier- chen möglichst human behandelt. — Sieht man sich nun das Thun und Treiben des verflossenen Jahres im Allgemeinen an, so findet man, daß auch auf landw. Gebiete eine „Verschiebung" der Verhältnisse stattfindet. Eine Erfindung „jagt" die andere; „der Dampf regiert die Welt". Die Bauern verlernen schließlich noch das Putzen und Dreschen, die Maschine besorgt es ja; die Unterhaltung führt man per Telephon und vielleicht hört man noch „die Engel im Himmel singen," — Es ist ein Glück, der Landmann im Allgemeinen bewahrt seine Ruhe, er ist entschieden — mindestens geschäftlich — konservativ. Er hat es nöthig, denn der Dampf führt ihm aus fernen Ländern mit üppigem, billigem Boden Früchte ins Land um Preise, uut denen er nicht mehr konkurriren kann, wie Waizen und Gerste, Früchte, die er nach dem nassen Jahre 1882 gar nicht an den Mann bringen kann; er muß sich bei Körnerfrüchten mehr auf den Anbau des dankbaren und verkäuflichen Habers legen, dann auf Hopfen,
Obstbau, Futterbau rc. — Hagel und Seuchen haben viel Unheil gebracht, doch nicht in der Ausdehnung, wie im vorangegangenen Jahre.
Möge das kommende Jahr das vergangene Jahr noch übertreffen, dann wird gewiß gerne jeder Bauer am Jahresschlüsse von 1884 aus- rufen: „Hie gut Württemberg allewege."
Handel und Berkehr.
Altenstaig. Gchrarmen-Zettel vom 9.
Jan.
Neuer Dinkel . . .
7 20
6 58
6 35
Haber.
6 50
6 49
6 40
Gerste.
9 —
8 60
8 —
Wetzen .....
10 60
9 75
9 —
Roggen.
10 —
9 52
9 —
Linsen-Gerste . . .
—
8- -
— -
Welschkorn ....
--
10 —
— -
Biktnalienpreise
auf dem Wochenmarkt in Altenstaig am 9. Jan. Vr Kilo Butter ..... 65 u. 70 Pfg. 2 Eier..12 u. 14 Pfg.
Vom Neckar, 8. Jan. Ueberall bei uns ist im Hopfenhandel seit Neujahr eine merkliche Besserung d. h. regeres Leben bei steigender Tendenz eingetreten. Im Herrenberger, Horber und Rottenburger Bezirk wurde der Zentner bis zu 185 M. bezahlt. ES ist daher sehr wahrscheinlich, daß, da der Vorrath beinahe allenthalben ein nur noch geringer ist, noch 200 M. per Zentner erlöst werden.
Biele Personen klage» darüber, beim Aufstehen von Husten, Rauheit und Druck im Halse und auf der Brust belästigt zu werden. Dies rührt daher, daß sich während der Nacht die Schleimdrüsen der Luftröhre füllen und die meist zähe Masse nur mit großer Anstrengung, welche sich oft bis zum Erbrechen steigert, zu entfernen ist. Als außerordentlich lösend und erleichternd erweist sich hier meist schon ein einziger Schluck des ächten rheinischen Trau- ben-Brust-Honigs von W. H. Zickenheim e r in Mainz. Dieses Trauben-Präparat ist nicht allein als das bequemste und wirksamste anerkannt, sondern zeichnet sich auch aus durch köstlichen Geschmack und ist laut ärztlichen Gutachten dem Körper in jedem Lebensalter gleich dienlich. Käuflich ist das ächte Präparat an hiesigem Platze bei Herrn Chr. Burghard am Marktplatz.
Telegramm
des Blattes „Aus dm Tannen".
Wien, 10. Jan. 5V» Uhr Nachmittags traten 2 Männer in der belebtesten Mariahilf- straße bei Eiserts ein, streuten demselben Sand in die Augen und verletzten ihn lebensgefährlich. Hierauf raubten sie das Portefeuille aus. Auf daS Hilferufen eilte die Gouvernante mit 2 jüngeren Kindern herbei. Die Gouvernante und 1 Kind wurden ebenfalls schwer verletzt und das zweite Kind mittelst einer Hacke erschlagen. Die Thäter sind entflohen.
. nun der Krieg ausbrach, wurde auch Wilhelm eingezogen. Er nahm Abschied von mir, als ob es für immer sei. Jedoch das Schicksal hatte es anders beschlossen. Trotz der großen und unzähligen Gefahren, denen er ausgesetzt, kehrte mein Geliebter zurück. Mit den ehrenvollsten Auszeichnungen geziert, glaubte er den harten S'nn des Vaters nunmehr erweichen zu können. Jndeß schon der erste Versuch zerstörte unsere neu- erwachte Hoffnung, so daß wir jetzt eben so trostlos dastehen, wie vor dem Kriege. Wie schwer, wie unendlich schwer es mir auch geworden, habe ich Wilhelm doch schon wiederholt gebeten, mich aufzugeben und seiner Familie Ruhe und Frieden zurückzubringen. Aber es war umsonst. Wenn ich nicht eine arme und hilfsbedürftige Mutter zu ernähren hätte, dann — dann —"
Der Amtsrichter stockte und faßte mit der Hand nach den Augen. Er konnte nicht weiter erzählen. Nach einer Pause, während die drei Freunde sinnend vor sich hinblickten, sagte der Pfarrer:
„Bei Gott, ein prächtiges Mädchen! Welch ein Adel der Gesinnung! Welch' eine Wärme, eine Tiefe des Gemüths!"
Der Bürgermeister knirrschte mit den Zähnen, wie er zu thun pflegte, wenn er eine gewaltige Aufregung zu bekämpfen hatte. Plötzlich legte er die Linke auf Bernhards, die Rechte auf Veltens Arm.
„Freunde," rief er dann, „was würdet ihr thun, wenn ihr einen Sohn, einen hoffnungsvollen Sohn hättet und dieser Euch um die Er- laubniß bäte, jenes Mädchen heirathen zu dürfen?"
„Wir erfüllten seinen Wunsch!" klang es wie aus einem Munde.
„So mag es denn sein!" rief der Bürgermeister. „Sie sollen glücklich werden, sollen heute Abend noch hierher kommen!"
„Bravo!" jubelten der Amtsrichter und der Pfarrer, indem sie aufsprangen und den Bürgermeister freudig umarmten.
„Das ist der klügste und beste Stretch, den Du je gemacht hast, alter Junge!" sagte Velten.
Friedberg nahm ein Blatt aus seinem Notizbuch und schrieb einige Zeilen.
„Becker," wandte er sich dann an einen in der Nähe stehenden Gendarm, „reitet sofort nach Liebenstetn und bringt diesen Zettel an meinen Sohn, aber beeilt Euch ein wenig!"
Der Pfarrer aber, ein umsichtiger Mann, begab sich in den Tanz- raum, und hatte eine längere Unterredung mit der Frau Bürgermeister und deren Tochter. Dann kehrte er zu den Freunden zurück. —
Ungefähr ein halbes Stündchen später begegneten fich zwei elegante Equipagen in der Nähe des kleinen Häuschens an der Stadtmauer. Beide Wagen waren offen, beide hielten.
„Mutter, liebe Mutter, wie —"
„Jetzt still, mein Sohn, beeile Dich und komm' mit Marien zunächst in die Stadt. Mathilde und ich, wir erwarten euch.!"
Nach dieser kurzen Unterhaltung setzten die Equipagen ihren Weg fort. Bald darauf hielt die eine derselben vor dem kleinen Häuschen.
„Guten Abend!" rief Wilhelm, als er, sich bückend, die dunklen, trauten Räume der Geliebten betrat.
Niemand antwortete.
„Marie," fuhr er fort, „bist Du schon schlafen gegangen?"
Alles blieb still. Er näherte sich dem Sopha und hörte den kurzen schnellen Athem der Kranken.
„Mütterchen," rief er dann, sanft lau den Kopfkissen ziehend, „ist Marie nicht daheim?"
Es regte sich in den Betten.
(Fortsetzung folgt.)